Parusieverzögerung III

Themen des Neuen Testaments
closs
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#441 Re: Parusieverzögerung III

Beitrag von closs » So 12. Jul 2015, 21:10

sven23 hat geschrieben:Diese innerseelische Gottesgegenwart wäre wohl das von dir bezeichnete innere Gottesreich.
Ja.

sven23 hat geschrieben:Weiß hatte nachgewiesen
"Nachweisen" kann man auch dieses nur bei entsprechenden Prämissen. - Wir reden hier ständig von "Wissenschaftstheorie" und begreifen nicht einmal, dass Ergebnisse der Wissenschaft Ergebnisse von wissenschaftlichen Modellen sind - also Modell-Ergebnisse sind. - Diese können und sollen selbstverständlich zutreffend sein, sind es aber nicht selbstverständlich aus sich heraus.

Weiß wird in wiki erwähnt - und gleich daneben steht der Satz: "Die historisch-kritische Forschung 'hatte ein antidogmatisches und antikirchliches Interesse, den historischen Jesus zum Vorbild des eigenen aufgeklärten Sittlichkeitsideals zu erheben' ". - Wissenschaft hat also gelegentlich auch Eigen-Interesse, die man NICHT dadurch durchsetzt, indem man schlampig arbeitet, sondern in dem man Prämissen und Modelle dementsprechend gestaltet.

Und damit wären wir im Bereich der Wissenschafts-Geschichte und der Wissenschafts-Philosophie - schon wieder ein ganz neues Feld, das uns alle überfordert.

Wir sollten also nicht zu sehr auf Testimonials machen, sondern logische und text-kritische Zusammenhänge selber begreifen.

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sven23
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#442 Re: Parusieverzögerung III

Beitrag von sven23 » So 12. Jul 2015, 21:26

closs hat geschrieben: "Nachweisen" kann man auch dieses nur bei entsprechenden Prämissen. -
Ok, dann sagen wir, daß er es methodisch begründen konnte.

closs hat geschrieben: Weiß wird in wiki erwähnt - und gleich daneben steht der Satz: "Die historisch-kritische Forschung 'hatte ein antidogmatisches und antikirchliches Interesse, den historischen Jesus zum Vorbild des eigenen aufgeklärten Sittlichkeitsideals zu erheben' ". -
Habe ich doch schon mehrfach angeführt, daß Weiss die "liberale" Jesusforschung als Projektion ihrer Verfasser entlarvt hat. Das muß nicht mal Absicht gewesen sein, sie projizierten ihre jeweiligen ethischen und moralischen Vorstellung auf die Jesusfigur.
Beim nahen Gottesreich durch Jesus hat sich seit Weiß/Schweitzer bis heute nichts geändert. Darin ist sich die NT-Forschung ziemlich einig.
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
George Orwell

closs
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#443 Re: Parusieverzögerung III

Beitrag von closs » So 12. Jul 2015, 21:45

sven23 hat geschrieben:dann sagen wir, daß er es methodisch begründen konnte.
Einverstanden.

sven23 hat geschrieben:Beim nahen Gottesreich durch Jesus hat sich seit Weiß/Schweitzer bis heute nichts geändert. Darin ist sich die NT-Forschung ziemlich einig.
Bin ich nicht tief genug drin - allerdings verwundert das schon. - Vor allem vermute ich noch einen Pferdefuß bei dem, was hier als "DIE" NT-Forschung bezeichnet wird. - Misstrauischerweise könnte man auf den Gedanken kommen, dass DIE NT-Forschung das ist, was historisch-kritischen Modellen entspricht.

Damit wäre die HKM nicht Teil der NT-Forschung (so wie es seit dem 2. Vat. Konzol gemeint ist), sondern "DIE" NT-Forschung. Notabene: Es gibt auch text-kritische NT-Forschung ohne historischen Bezug - das macht nach meinem Dafürhalten sogar den Hauptteil aus.

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Münek
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#444 Re: Parusieverzögerung III

Beitrag von Münek » So 12. Jul 2015, 22:57

closs hat geschrieben: Notabene: Es gibt auch text-kritische NT-Forschung ohne historischen Bezug - das macht nach meinem Dafürhalten sogar den Hauptteil aus.

Nach Deinem Dafürhalten. Soso...

Eine wissenschaftlich Erforschung der neutestamentlichen Schriften ohne historischen Bezug kann ich
mir nicht vorstellen. Gibt es da tatsächlich eine Konkurrenz zur "historisch-kritischen Bibelexegese"?

Wo soll es die geben? Wieso wird diese in den Büchern der Neutestamentler mit Schweigen übergangen?
Da stimmt doch was nicht. :shock:

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#445 Re: Parusieverzögerung III

Beitrag von closs » So 12. Jul 2015, 23:11

Münek hat geschrieben:Eine wissenschaftlich Erforschung der neutestamentlichen Schriften ohne historischen Bezug kann ich mir nicht vorstellen.
Aber selbstverständlich ist das so. - Verwechsle bitte nicht "historisch-kritisch" mit "text-kritisch". Beides überlappt allerdings.

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#446 Re: Parusieverzögerung III

Beitrag von Münek » So 12. Jul 2015, 23:48

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Diese innerseelische Gottesgegenwart wäre wohl das von dir bezeichnete innere Gottesreich.
Ja.

Dann verwechselst Du das "Königsreich Gottes" mit dem "Heiligen Geist".

Kardinalfehler.

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#447 Re: Parusieverzögerung III

Beitrag von Münek » Mo 13. Jul 2015, 00:00

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Eine wissenschaftlich Erforschung der neutestamentlichen Schriften ohne historischen Bezug kann ich mir nicht vorstellen.
Aber selbstverständlich ist das so. - Verwechsle bitte nicht "historisch-kritisch" mit "text-kritisch". Beides überlappt allerdings.

Ganz offensichtlich verstehst Du den Begriff "textkritisch" falsch.

In der Textkritik geht es um den Versuch der wissenschaftlich betriebenen Rekonstruktion des Urtextes
bei unterschiedlich überlieferten Textfassungen.

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#448 Re: Parusieverzögerung III

Beitrag von closs » Mo 13. Jul 2015, 00:45

Münek hat geschrieben:Dann verwechselst Du das "Königsreich Gottes" mit dem "Heiligen Geist".
Münek hat geschrieben:Ganz offensichtlich verstehst Du den Begriff "textkritisch" falsch.
Du bist sehr agil mit Deinen Aussagen. Das geht nur bei ein-dimensionaler Betrachtung - da geht alles leicht.

Münek hat geschrieben:Dann verwechselst Du das "Königsreich Gottes" mit dem "Heiligen Geist".
Der Heilige Geist ist immer irgendwo da - im AT heisst er öfter mal "Geistbraus", generell ist er erkannt oder unerkannt im Menschen zu allen Zeiten präsent oder nicht präsent, inkarniert ist er in Jesus, als Ereignis erscheinend ist er bspw. an Pfingsten. - Die Nähe des Reichs Gottes hat natürlich auch etwas mit dem HG zu tun - allein deshalb, weil der HG eine Offenbarungsform Gottes ist, also immer da ist, wo Gott ist.

Ob nun diese Nähe Gottes in Gestalt eines äußeren Königreichs im Sinne der Offenbarungs-Bildhaftigkeit oder aks innere Nähe dargestellt wird, ist deshalb wurscht - wo Gott ist, ist auch der HG.

Dazu kommt noch, dass das, was die Schreiber aus ihrer AT-Formatierung als "Königreich Gottes" darstellen, im NT-Sinne durchaus auch "innere Nähe Gottes" bedeuten kann - warum das so ist, haben wir jetzt lange genug diskutiert. - Und somit vermischen sich kommunikativ zeitlich nahe äußere Vorstellungen mit substantiell nahen inneren Vorstellungen.

Keiner behauptet, dass man in jedem Fall dem Text entnehmen kann, ob ein Ausdruck alttestamentarisch äußerlich oder neutestamentarisch innerlich gemeint ist - dazu ist die Rezeption des durch Jesus Gesagten (und vor allem Gemeinten) zu unklar nachvollziehbar.

Münek hat geschrieben:Ganz offensichtlich verstehst Du den Begriff "textkritisch" falsch.
Deine Definition ist aus meiner Sicht im Kern richtig - aber es gibt doch schon Überlappungen mit historischen Dingen, weil Textfassungen aus unterschiedlichen Zeiten historisch unterschiedlich bewertbar sein können.

Klassisches Beispiel: Wenn Ihr darauf hinweist, dass die auf eine lange Zeitdauer hinweisenden Texte in Bezug auf die Wiederkunft Jesu eher späteren Datums sind, ist dies genau ein gutes Beispiel für die Überlappung textkritischer und historisch-kritischer Belange.

Übrigens: "Textkritik" heisst AUCH, dass man nicht nur Urtexte aus verschiedenen Quellen rekonstruiert, sondern auch aus ihrer jeweiligen Zeit UND unter Einbeziehung der Person des Verfassers interpretiert. - Zwei Beispiele:

Wenn Goethe sein "Dichtung und Wahrheit" und Adenauer seine Memoiren schreiben, MUSS man unter textkritischen Gesichtspunkten wissen, dass beide Bücher geschrieben wurden, als beide noch in der Öffentlichkeit standen - also der Inhalt nicht unbedingt der reinen Wahrheit gewidmet sind, sondern öffentlicher Wirkung verpflichtet sind. - Das gehört auch dazu.

Wo jetzt genau die Grenze zwischen textkritisch und historisch-kritisch ist, weiss ich ehrlicherweise auch nicht ganz genau. - Wir haben es an der Uni so gehalten, dass wir alles rein Textliche und den Autor Betreffende unter "Textkritik" subsummiert haben, während wir äußere Erscheinungen zur Zeit der Textverfassungen (Politik, Naturkatastrophen, gesellschaftliche Trends, etc.) unter "historisch-kritisch" gebucht haben. - Das ist plausibel und funktioniert in der Praxis ganz gut.

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#449 Re: Parusieverzögerung III

Beitrag von Münek » Mo 13. Jul 2015, 01:21

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Ganz offensichtlich verstehst Du den Begriff "textkritisch" falsch.
Deine Definition ist aus meiner Sicht im Kern richtig - aber es gibt doch schon Überlappungen mit historischen Dingen, weil Textfassungen aus unterschiedlichen Zeiten historisch unterschiedlich bewertbar sein können.

Klassisches Beispiel: Wenn Ihr darauf hinweist, dass die auf eine lange Zeitdauer hinweisenden Texte in Bezug auf die Wiederkunft Jesu eher späteren Datums sind, ist dies genau ein gutes Beispiel für die Überlappung textkritischer und historisch-kritischer Belange.

Nein. Habe ich mich so unklar ausgedrückt?

Googel mal nach unter dem Stichwort "Textkritik".

Es findet auch keine Überlappung "textkritischer und historisch-kritischer Belange" statt. Du bist im falschen Film...

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#450 Re: Parusieverzögerung III

Beitrag von Münek » Mo 13. Jul 2015, 01:34

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Dann verwechselst Du das "Königsreich Gottes" mit dem "Heiligen Geist".
Münek hat geschrieben:Ganz offensichtlich verstehst Du den Begriff "textkritisch" falsch.
Du bist sehr agil mit Deinen Aussagen. Das geht nur bei ein-dimensionaler Betrachtung - da geht alles leicht.

Lieber Kurt, auch wenn Du Dich in der argumentativen Devensive befindest, ist das noch lange kein Grund,
überheblich zu werden.

Wenn ich mich in mein persönliches "Reich der Fantasie" begebe, verfüge ich selbstverständlich wie Du auch über
mehr als ein-dimensionale Möglichkeiten und Betrachtungsweisen. Aber nur da. Hier im Forum bleibe ich sachlich-
nüchtern... ;)

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