Münek hat geschrieben:Was sollte der Sinn einer endzeitlichen Botschaft sein, die weder von den Jüngern noch vom Volk verstanden wird?
Dass Gott nahe ist - und zwar unmittelbar. - Das war die eigentliche Botschaft, die man sowohl äußerlich als auch innerlich interpretieren kann.
Die Zuhörer Jesu waren auf äußerliche Nähe formatiert - der Paradigmenwechsel bei Jesus war das Primat der Innerlichkeit.
Nur EIN Zitat, das hier thematisch nicht ganz passt, aber den Paradigmenwechsel deutlich macht:
Röm. 2,14f "Denn wenn Heiden, die das Gesetz nicht haben, doch von Natur tun, was das Gesetz fordert, so sind sie, obwohl sie das Gesetz nicht haben, sich selbst Gesetz. Sie beweisen damit, dass in ihr Herz geschrieben ist."
Hier steht im Grunde, dass das äußerliche Gesetz nicht der Ausgangspunkt der Werte ist, sondern nur deren Festschreibung. Der Ausgangspunkt der Werte ist das, was ins "Herz geschrieben ist". Das haben die Menschen damals auch nicht (ohne weiteres) verstanden, für die doch die "heilige" Torah - als das Äußere - mit ihren Gesetzen der Ursprung war.
Dasselbe gilt für die äußere und innere Beschneidung ("Beschneidung des Herzens"), die keiner mehr sieht, die aber das eigentliche Zentrum ist. - Und viele Beispiele mehr. - Das ist ein Paradigmen-Wechsel durch Jesus ("Ich aber sage ich Euch").
Nun sind dies theologische Diskussionen, die in einer historisch-kritischen Betrachtung offensichtlich nichts zu tun haben. - Trotzdem ist es historisch-kritisch von Belang, dass dieser Paradigmen-Wechsel in der Luft lag (wie die 1968er Revolution in Deutschland auch in der Luft lag, bevor sie ausbrach). - Denn nur so kann man wissen, in welcher mentalen Lage die Zuhörer waren, wenn sie Jesus hörten - und nur so kann man text-kritisch untersuchen, wie die Worte Jesu rezipiert und somit weitergetragen, also in die Bibel-Texte gelangt sind.
Die Antwort darauf ist unsicher: Hat's bei den Leuten gleich geblitzt und sie haben es gecheckt - oder haben sie weiter alttestamentarisch äußerlich gedacht und es im Sinne ihres hergebrachten Denkens (also äußerlich) verstanden - und somit auch aufgeschrieben. - So gesehen kan man die "Parusie-Verzögerung" auch als "verzögertes Verstehen" verstehen - man checkt langsam, dass sich Jesu Worte eben NICHT mit dem Inventar alttestamentarischen Denken vereinbaren lassen. - Aber das dauert halt.
Diesem Gedanken kann man folgen oder nicht - biblisch und heilsgeschichtlich ist er naheliegend. - Historisch-kritisch ist er erst mal NICHT naheliegend, weil man da am liebsten einen Text hat, dem man vertrauen kann und ihn dann nach allen Regeln der Kunst auseinander nimmt. - Aber man kann es sich halt nicht immer nicht aussuchen - und text-kritisch muss man auch diesen Fall bedenken.
Rembremerding hat geschrieben:aber bitte bis zum Abendmahlsaal zu Pfingsten denken
So weit habe ich hier NICHT gedacht, weil es mir erst einmal um den groben Pflock ging, den man auf hartem Boden reinrammen muss. - Aber im feineren Kontext hast Du natürlich recht.