Schulmedizin — ein Segen?

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Pluto
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#81 Re: Schulmedizin — ein Segen?

Beitrag von Pluto » Sa 6. Jun 2015, 20:36

sven23 hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben: Und wie viel besser können wir vorbeugen, als durch die Früherkennung von Krankheiten. Ich bin für Vorsorgeuntersuchungen, aber es müssen die richtigen Krankheiten untersucht werden.
Das habe ich auch mal gedacht. Aber nach der Cochrane-Studie bin ich mir da nicht mehr so sicher. Das Verstörende war ja gerade, daß selbst die Früherkennung eines Krebses keinen großen Einfluß auf die Sterblichkeit hatte.
Deshalb muß die Frage lauten: wie sinnvoll ist das Massenscreening von Gesunden?
Was soll denn deiner Meinung nach anstelle von Vorsorgeuntersuchungen gemacht werden? — Gar nichts?

Ich bleibe zuversichtlich, dass Prävention auch in Zukunft das beste Mittel sein wird. Es kommen zurzeit neue Medikamente auf Basis von genveränderten eigenen Antikörpern auf den Markt, die vielversprechende Ergebnisse verheißen.

sven23 hat geschrieben:Die Alternative wäre z. B. , Risikogruppen zu idenfizieren und diese in einem engeren Raster zu untersuchen.
Ja. Das sollte man unbedingt tun. Die Frage ist, kann man denn Risikogruppen eindeutig identifizieren?
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barbara
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#82 Re: Schulmedizin — ein Segen?

Beitrag von barbara » So 7. Jun 2015, 00:20

sven23 hat geschrieben: Die Alternative wäre z. B. , Risikogruppen zu idenfizieren und diese in einem engeren Raster zu untersuchen.

Das wär mal eine sinnvolle Sache!

Hab soeben eine interessante Doku gesehen auf NHK (japanischer Sender in englisch), und da wurden höchst interessante Dinge über Darmbakterien und ihre Fähigkeiten erzählt. :-)

gruss, barbara

Pluto
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#83 Re: Schulmedizin — ein Segen?

Beitrag von Pluto » So 7. Jun 2015, 00:23

barbara hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben: Die Alternative wäre z. B. , Risikogruppen zu idenfizieren und diese in einem engeren Raster zu untersuchen.
Das wär mal eine sinnvolle Sache!
Ja, das wäre sinnvoll, wenn man die Risikogruppen eindeutig definieren könnte.

Frage an die anwesenden Experten... Aber wie soll man das definieren?
Mich dünkt hier wird "die Rechnung ohne den Wirt gemacht".
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

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#84 Re: Schulmedizin — ein Segen?

Beitrag von barbara » So 7. Jun 2015, 00:24

Pluto hat geschrieben: Frage an die anwesenden Experten... Aber wie soll man das definieren?
Mich dünkt hier wird "die Rechnung ohne den Wirt gemacht".

Mit Statistik Daten auswerten. Sollte ja wohl nicht unerreichbar schwierig sein, sowas. Daten sind ja zahlreich vorhanden.

gruss, barbara

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#85 Re: Schulmedizin — ein Segen?

Beitrag von Pluto » So 7. Jun 2015, 00:30

barbara hat geschrieben:Mit Statistik Daten auswerten. Sollte ja wohl nicht unerreichbar schwierig sein, sowas. Daten sind ja zahlreich vorhanden.
Damit erreich man gar nichts.
Das Problem bei Erkrankungen und gerade bei Krebs, ist, dass diese Fälle statistisch nicht erfassbar sind.

Mein Sohn treibt Sport, ist schlank und lebt gesund. Bei ihm wurde vor einigen Wochen ein Lymphom diagnostiziert. Dabei gibt es in unserer Familie keine Präzedenzfälle irgendwelcher Krebsfälle.

Also bleibt eigentlich nur das flächendeckende "Screening" auf ausgewählte Krankheiten. Und ein Schwerpunkt sollte dabei wohl der Krebs sein.
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

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#86 Re: Schulmedizin — ein Segen?

Beitrag von barbara » So 7. Jun 2015, 00:42

Pluto hat geschrieben: Das Problem bei Erkrankungen und gerade bei Krebs, ist, dass diese Fälle statistisch nicht erfassbar sind.

Ach. Immer kommt ein Monster und klaut den Wissenschaftlern den Bleistift aus der Hand, gerade wenn sie anfangen wollen mit der Statistik, oder warum um Himmels Willen sollte das nicht gehen?


Mein Sohn treibt Sport, ist schlank und lebt gesund. Bei ihm wurde vor einigen Wochen ein Lymphom diagnostiziert. Dabei gibt es in unserer Familie keine Präzedenzfälle irgendwelcher Krebsfälle.

Es tut mir leid um deinen Sohn, aber wie du weisst: ein Sohn ist Anekdote und nicht Statistik.

gruss, barbara

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#87 Re: Schulmedizin — ein Segen?

Beitrag von sven23 » So 7. Jun 2015, 07:43

Pluto hat geschrieben:Ja, das wäre sinnvoll, wenn man die Risikogruppen eindeutig definieren könnte.
Frage an die anwesenden Experten... Aber wie soll man das definieren?
Mich dünkt hier wird "die Rechnung ohne den Wirt gemacht".
Man muß Testverfahren entwickeln, die möglichst viele aus den Risikogruppen herausfiltern, so z. B. genetisch dispositionierter Brust- oder Darmkrebs.
Mit dem jetzigen Massensreening nach dem Gießkannenprinzip sind die Erfolge sehr bescheiden, aber die Kosten enorm hoch.
Im 10-Jahresvergleich liegt die Sterblichkeitsrate mit Screening bei 74 je 1000, ohne Screening bei 75 je 1000.
Das ist imo einfach zu wenig, um den riesigen Aufwand zu rechtfertigen. Man wird in Zukunft punktgenaueres Screenig benötigen.
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
George Orwell

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#88 Re: Schulmedizin — ein Segen?

Beitrag von Pluto » So 7. Jun 2015, 10:14

barbara hat geschrieben:Ach. Immer kommt ein Monster und klaut den Wissenschaftlern den Bleistift aus der Hand, gerade wenn sie anfangen wollen mit der Statistik, oder warum um Himmels Willen sollte das nicht gehen?
Krebs ist nun mal sehr stark vom Zufall abhängig (vgl. mein Sohn).

Das Experiment liefert in den allermeisten Fällen (immer?) die besten Antworten. Also versuchs mal statistisch zu erfassen.

barbara hat geschrieben:Es tut mir leid um deinen Sohn, aber wie du weisst: ein Sohn ist Anekdote und nicht Statistik.
Ich weiß das. Und wie willst du diese vielen unterschiedlichen Lebensgeschichten statistisch unter einen Hut bringen.

sven23 hat geschrieben:Man muß Testverfahren entwickeln, die möglichst viele aus den Risikogruppen herausfiltern, so z. B. genetisch dispositionierter Brust- oder Darmkrebs.
Das ist schon richtig. Statistische Filter funktionieren in der Praxis recht gut. Wird aber nur ein Teil der Bevölkerung zur Vorsorgeuntersuchung aufgerufen, werden sich wahrscheinlich irgendwelche Aktivisten beschweren. Und zwar selbst dann, wenn die Menschen eigentlich gar keine Lust haben zur Untersuchung zu gehen.
Ich denke die Zukunft liegt eher darin, dass man die Verfahren vereinfacht. Man kann bereits heute ohne Weiteres Blutzucker, Blutdruck, einige Blutwerte sowie die körperliche Anstrengung überwachen und auf einem Mikrochip speichern, der nur wenige Cent kostet (bei Krebs gibst das noch nicht). Solche breitflächig angelegte Methoden der Überwachung von Körperfunktionen sind IMO der Weg der Zukunft. Scheitern tun solche Systeme noch an der paranoiden Angst der Menschen vor der "orwellianischen" Überwachung.

Als ich meine Karte von der Krankenkasse erhielt, war ich enttäuscht, dass nur Geburtsdatum und Adresse gespeichert waren. Dabei wäre es möglich einen Großteil der Krankengeschichte drauf zu sichern.

Es gab neulich einen Bericht im TV über experimentelle Bürolandschaften, wo die Menschen kein Büro mehr haben, sondern sie dort hingehen wo die Arbeit ist. Der "intelligente" Arbeitsplatz richtet sich der Person entsprechend ein, so dass man sich ungehindert der anstehenden Aufgabe widmen kann. So wird nicht nur die gewohnte Arbeitsoberfläche am Bildschirm bereitgestellt, sondern Tisch und Stuhl werden in die ergonomisch bevorzugte Lage gebracht, und der Computer erinnert einen, wann es Zeit für eine Pause ist, oder ob man eine Weile im Stehen arbeiten soll.

Das bedingt, dass alle unsere Vorlieben dem Computer bekannt sind. Die technischen Möglichkeiten bestehen schon heute.
Das Hindernis liegt in unseren verkrusteten Ansichten zum Datenschutz. Aber der "gläserne Mensch" kommt, ob wir es wollen oder nicht.
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

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#89 Re: Schulmedizin — ein Segen?

Beitrag von barbara » So 7. Jun 2015, 11:05

Pluto hat geschrieben:Krebs ist nun mal sehr stark vom Zufall abhängig (vgl. mein Sohn).

Das Experiment liefert in den allermeisten Fällen (immer?) die besten Antworten. Also versuchs mal statistisch zu erfassen.

"Vom Zufall abhängig" kann auch einfach heissen "wir wissens's noch nicht, es ist kein Muster ersichtlich und darum nenne wir es Zufall."

Zugang zu Patientendaten hab ich nicht - ist auch richtig so - aber hier ist einer, der behandelt Krebs mit Mathematik und das offenbar erfolgreich:
http://www.newsweek.com/2014/03/28/gett ... 48029.html

Eine der wichtigesten Aussagen seiner Forschungen ist, dass niedrig dosierte Medikamentengabe oft erfolgreicher ist als der Versuch, den Krebs ganz auszulöschen. Und dass es zwei Sorten von Krebszellen gibt,die eine Art weniger aggressiv als die andere, und dass man gut damit bedient ist, wenn die weniger aggressive Sorte die Aggressiven umhüllt und so am Wachsen hindert.

Ich weiß das. Und wie willst du diese vielen unterschiedlichen Lebensgeschichten statistisch unter einen Hut bringen.

indem viele Kriterien abgefragt werden. Ist halt aufwendig und mit Arbeit verbunden, aber keineswegs unmöglich.


Solche breitflächig angelegte Methoden der Überwachung von Körperfunktionen sind IMO der Weg der Zukunft. Scheitern tun solche Systeme noch an der paranoiden Angst der Menschen vor der "orwellianischen" Überwachung.

und hoffentlich werden sie weiterhin daran scheitern. Hast du echt Lust darauf, dass deine Krankenversicherung wieder einen Prozentpunkt teurer wird, weil du dir wieder mal eine Flasche Wein gekauft hast? Befürchtungen sind mehr als berechtigt.

Als ich meine Karte von der Krankenkasse erhielt, war ich enttäuscht, dass nur Geburtsdatum und Adresse gespeichert waren. Dabei wäre es möglich einen Großteil der Krankengeschichte drauf zu sichern.

Es hindert dich bestimmt niemand daran, deine Krankengeschichte auf einem USB-Stick immer mit dir zu tragen, oder deine Krankengeschichte auf dem Internet öffentlich zu stellen, wenn du das willst und einen Nutzen darin erkennst.


Es gab neulich einen Bericht im TV über experimentelle Bürolandschaften, wo die Menschen kein Büro mehr haben, sondern sie dort hingehen wo die Arbeit ist. Der "intelligente" Arbeitsplatz richtet sich der Person entsprechend ein, so dass man sich ungehindert der anstehenden Aufgabe widmen kann. So wird nicht nur die gewohnte Arbeitsoberfläche am Bildschirm bereitgestellt, sondern Tisch und Stuhl werden in die ergonomisch bevorzugte Lage gebracht, und der Computer erinnert einen, wann es Zeit für eine Pause ist, oder ob man eine Weile im Stehen arbeiten soll.

och herjee. das ist ja wirklich ein Albtraum, in einer solchen Bürolandschaft zu antworten. Ich find's schon nervig genug, wenn mein Computer bei gewissen Formulierungen auf einer Autokorrektur besteht, die ich gar nicht brauche. Wenn ich zB in einem englischen Text "its" schreibe und mein Compi aber immer noch meint, es sei deutsch, und beharrlich "ist" daraus macht :roll:

neinnein, Maschinen sind gut darin, in kurzer Zeit viele Daten durchzuarbeiten, aber Intelligenz sollen sie bitte bis auf Weiteres den Menschen überlassen.

Aber der "gläserne Mensch" kommt, ob wir es wollen oder nicht.

ja mach du dich doch mal gläsern, wenn du das so toll findest, ich werde bis auf weiteres noch damit warten.

gruss, barbara

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#90 Re: Schulmedizin — ein Segen?

Beitrag von Pluto » So 7. Jun 2015, 11:20

barbara hat geschrieben:"Vom Zufall abhängig" kann auch einfach heissen "wir wissens's noch nicht, es ist kein Muster ersichtlich und darum nenne wir es Zufall."
Richtig!
Also versuchs mal mit einem Experiment.

barbara hat geschrieben:Zugang zu Patientendaten hab ich nicht - ist auch richtig so - aber hier ist einer, der behandelt Krebs mit Mathematik und das offenbar erfolgreich:
http://www.newsweek.com/2014/03/28/gett ... 48029.html
Wie sagtest du noch vorhin? Anekdotische Evidenzen... ;)

barbara hat geschrieben:Eine der wichtigesten Aussagen seiner Forschungen ist, dass niedrig dosierte Medikamentengabe oft erfolgreicher ist als der Versuch, den Krebs ganz auszulöschen.
Wenn ich die Krankengeschichte meines Sohnes betrachte glaube ich nicht daran.
Er ist übrigens an der Onkologie des Unikrankenhauses in Zürich... eine der anerkanntesten Kliniken diesseits des Atlantik. Ich denke da ist er besser aufgehoben als bei Leuten die glauben mit Mathematik Krebs heilen zu können.

barbara hat geschrieben:
Ich weiß das. Und wie willst du diese vielen unterschiedlichen Lebensgeschichten statistisch unter einen Hut bringen.
indem viele Kriterien abgefragt werden. Ist halt aufwendig und mit Arbeit verbunden, aber keineswegs unmöglich.
Stimmt. Aber wir suchen nach kostengünstigen Methoden der Prävention.


Hast du echt Lust darauf, dass deine Krankenversicherung wieder einen Prozentpunkt teurer wird, weil du dir wieder mal eine Flasche Wein gekauft hast? Befürchtungen sind mehr als berechtigt.
Falsche Frage, liebe Barbara.
Es geht darum, dass was heute technisch möglich ist, morgen zur Realität wird. Außerdem sollte man es positiv sehen.
Ich stelle mir vor, dass der Chip der Zukunft mir eine Nachricht auf das Handy-App schickt, wenn mein Blutalkohol zu hoch geworden ist. Das braucht doch die Kasse nichts angehen, sondern wäre ein wichtiger Beitrag zur Prävention von Alkohol bedingten Unfällen.

barbara hat geschrieben:Es hindert dich bestimmt niemand daran, deine Krankengeschichte auf einem USB-Stick immer mit dir zu tragen, oder deine Krankengeschichte auf dem Internet öffentlich zu stellen, wenn du das willst und einen Nutzen darin erkennst.
Das wäre der falsche Weg.
Meine Krankengeschichte sollte denen zugänglich sein die es etwas angeht. Also dem behandelnden Arzt und vielleicht der Krankenkasse.

barbara hat geschrieben:och herjee. das ist ja wirklich ein Albtraum, in einer solchen Bürolandschaft zu antworten. Ich find's schon nervig genug, wenn mein Computer bei gewissen Formulierungen auf einer Autokorrektur besteht, die ich gar nicht brauche. Wenn ich zB in einem englischen Text "its" schreibe und mein Compi aber immer noch meint, es sei deutsch, und beharrlich "ist" daraus macht :roll:
Das war einmal... Die Computer der Gegenwart werden immer besser. Bald wird er sich merken können, wann du die Autokorrektur brauchst, und wann nicht.
Aber ich befürchte, auch das wird dich nicht zufrieden stellen.

barbara hat geschrieben:
Aber der "gläserne Mensch" kommt, ob wir es wollen oder nicht.
ja mach du dich doch mal gläsern, wenn du das so toll findest, ich werde bis auf weiteres noch damit warten.
Du scheinst mich falsch zu verstehen.
Es geht nicht darum, wozu ich oder du, oder andere Menschen Lust haben... sondern darum, dass dies in, sagen wir mal, 100 Jahren zur Selbstverständlichkeit des Lebens werden wird.

Wozu sich dem Unvermeidlichen widersetzen wollen? Es erinnert allzusehr an Don Quichotes Kampf gegen Windmühlen.
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

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