Queequeg hat geschrieben:
Savonlinna hat geschrieben:
c. dass Goethe komplett Pantheist war.
Kannst Du das nicht, ist Deine Aussage ungültig.
Man kann es beweisen
Lieber Queequeg,
möglicherweise reden wir aneinander vorbei.
Ausgangspunkt dieser Diskussion hier war Zeus's Satz an Novalis:
Zeus hat geschrieben:Goethe glaubte eben nicht, dass Gott sich um jede einzelne Person kümmerte, auch nicht um dich.

KEIN Literaturwissenschaflter würde sich daraufhin versteigen, dass er behauptete, er wüsste über alle psychischen und geistigen Winkel eines Autors Bescheid.
Das wäre das Ende der Karriere eines Literaturwissenschaftlers, wenn er seinen Job so wenig beherrschen würde.
Wie in der Bibel gibt es auch in der Literatur nur Texte oder Selbstaussagen - wie es im Herzen oder sonstwo aussah, darüber treffen Literaturwissenschaftler keine Aussagen. Sie werden sich hüten.
Ich habe im obigen Zitat noch mal geblaut, worum es mir ging: dass keiner wissen kann, ob Goethe KOMPLETT Pantheist war.
Dass man also ausschließen kann, dass Goethe glaubte, dass Gott sich NICHT um jede einzelne Person kümmere.
Das ist erst einmal ein
Negativbeleg.
Ich weiß selber darum, wie stark Goethe das vertritt, was ich auch an Spinoza so bewundere.
Das heißt trotzdem nicht, dass man alles von Goethe weiß.
Ein Positivbeleg ist darin zu sehen, dass Goethe sein ganzes dichterisches Leben lang am "Faust" gearbeitet hat, und der kann also nicht einfach beiseite geschoben werden.
Und was finden wir im "Faust" vor?
Zum einen die Gretchen-Figur in "Faust I".
Gretchen ist Mörderin in zweifacher Hinsicht: Muttermord, Kindesmord. Sie wird mit dem Beil vom Staat oder von der Kirche ermordet.
Mephisto - nachdem Gretchen sich weigert, aus dem Kerker zu fliehen, triumphiert: "Sie ist gerichtet."
Und dann ertönt die Stimme von oben - die Stimme Gottes : "Sie ist gerettet."
Gott kümmert sich im "Faust" also höchstpersönlich um die "einzelne Person" Gretchen.
Und wie ist es mit der Hauptfigur, dem Faust?
Da geht es schon im Prolog um das Einzelwesen des Faust. Mephisto wettet mit Gott, dass er den Faust von seiner Wahrheitssuche abbringen und ihn ins reine Triebleben stürzen kann, und Gott sagt: 'Okay, du hast freie Hand. Du wirst erkennen müssen, dass dies nicht gelingen wird.'
In Faust II, am Ende steht Faust kurz vor dem Tod. Auch er hat sich vielfach schuldig gemacht, auch durch Mord.
Mephisto ist sich sicher, dass Faust verdammt ist.
Und doch ist es nicht so. Gretchens Liebe zu Faust - in "Faust II" Margarethe genannt - zusammen mit Fausts im Grunde nie verlorenen Streben nach Wahrheit "schützen" ihn vor der "Verdammnis". Der unsterbliche Teil des Faust wird gerettet.
"Wer immer strebend sich bemüht, den können wir erlösen.", so heißt es gegen Schluss.
Mir ging es hier nur darum, dass das PERSÖNLICHE Schicksal des Faust in den Augen Gottes das ganze lange Drama hindurch das Hauptthema Goethes war.