Das sieht eigentlich jeder so - auch Heidegger.Scrypt.on hat geschrieben:Unsere Wahrnehmung basiert im Großen und Ganzen auf der Realität
Heidegger und kein Ende?
#61 Re: Heidegger und kein Ende?
#63 Re: Heidegger und kein Ende?
Deshalb griefe ich auch auf die Aussagen von Jürgen Habermas zurück, sowie auf die Aussagen von Betrand Russell, der einst schrieb:closs hat geschrieben:Keiner hier im Forum kann Heidegger einigermaßen beurteilen...
Russel beschreibt Heidegger als Exzentriker und vermutet dass seine Sprache Amok läuft.Betrand Russel hat geschrieben:Highly eccentric in its terminology, [Heideggers] philosophy is extremely obscure. One cannot help suspecting that language is here running riot.
Spricht das für Heidegger...??
Da die ontologische Differenz auch reine Illusion sein könnte, ist diese immer auf persönliche Ansichten angewiesen.closs hat geschrieben:es gibt also (außer im Begriff "Ich") nie eine Konstellation, in der es keine ontologische Differenz zwischen Objekt/"Realität" und Subjekt/Wahrnehmung/Messung gibt.
Ich traue mir durchaus zu, zwischen Subjekt und Objekt zu unterscheiden, werde aber dennoch nicht von Heideggers Fantasien enzückt. Ich würde seine Sprache und seine Philosophie eher als obskurantistisch bezeichnen.Wenn man diese Autonomie und Objekt und Subjekt verstanden hat, erfüllen einem Aussagen von Heidegger mit größtem Entzücken.![]()
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.
- Savonlinna
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#64 Re: Heidegger und kein Ende?
Wenn Heidegger ein Mensch ist und kein Gott, ein irdischer Philosoph ist, dann kann man seine philosphischen Werke - nach Lektüre - schon beurteilen.closs hat geschrieben:Keiner hier im Forum kann Heidegger einigermaßen beurteilen - das wäre eine Lebensaufgabe. -
Er kann sich nicht der Beurteilung entziehen, und falls er es versucht hat, dann gehört er entzaubert.
"Objekt" und "Subjekt" sind Begriffe aus der Grammatik. Sie können in der Grammatik sehr wohl von der Bedeutung her zusammenfallen.closs hat geschrieben:Eigentlich geht es erst einmal um die Grund-Erkenntnis (warum braucht man da eigentlich Heidegger dazu?), dass (vereinfacht gesagt) Objekt und Subjekt nie EINS sein können -
Löst man diese Begriffe aus dem kontextuellen Zusammenhang der Grammatik und benutzt sie philosophisch, muss bei diesem Schritt nachgewiesen werden, dass man nicht einfach nur schwafelt, sondern dass dieser Transfer konkret an unserer konkreten Wahrnehmung begründbar ist.
Das heißt, man muss aufzeigen, welches Modell man benutzt, um mit den Begriffen "Subjekt" und "Objekt" arbeiten zu können.
Ob sie zusammenfallen können oder nie zusammenfallen können, hängt von den Eigenschaften ab, die man diesen beiden Wörtern zuordnet. Das ist reine Definitionssache. Diese Begriffe kann man nicht finden wie Fische im Teich, sondern sie sind von Menschen hausgemacht.
Selbst die Aussage "Der Inhalt einer Wurscht bleibt immer unerfurscht" ist heute nicht mehr gültig, man kann die Wurscht inzwischen erfurschen.

Zusammenfallen tut in der Grammatik Subjekt und Objekt zum Beispiel in dem Satz "Er sieht sich". "Er" ist Subjekt", "sich" ist Objekt, in dem Fall Akkusativobjekt. Wen oder was sieht er? Sich. Beides sind die gleichen Personen.
Das Thema hatte ich schon in meiner Referendarzeit im Fach Philosophie in der Oberstufe durchhehmen müssen.
Die Grammatik zwingt einen in dem erwähnten Fall, sich selber als geteilt wahrzunehmen, obwohl der, der sieht, derselbe ist, den er sieht.
Das hat dazu geführt - ist zu lang, hier auszuführen - dass man das Objekt sich selber entfremden lassen kann -> man findet sich in sich selber nicht mehr wieder.
Ist höchstwahrscheinlich ein Ergebnis der Dominanz der Grammatik, die schon im Kindesalter diese künstliche Subjekt-Objekt-Beziehung einpflanzt in die Wahrnehmung.
Hochspannend war, als ich bei einigen Nachhilfeschülern in Latein feststellen musste, dass selbige darum so miserabel in lateinischer Übersetzung waren, weil sie den Unterschied zwischen Subjekt und Objekt einfach nicht begriffen. Sie übersetzten Objekt wie das Subjekt und umgekehrt, gerade, wie es ihnen in den Sinn kam oder von ihrer dichterischen Phantasie her passend schien.
Ich habe ihnen mit Bauklötzern oder Plüschtieren demonstriert, wie man an den Formen erkennt, ob der Mann den Jungen zieht oder der Junge den Mann zieht - das half für die Stunde, aber in einer Woche war das wieder vergessen.
Ich fand dann den Begriff "Dysgrammatismus", der hier wohl zutraf.
Bei Wikipedia wird das als "Störung" beschrieben, was für mich nicht in Frage kommt. Abweichung von den meisten ist keine "Störung", sondern zeigt auf, dass es unterschiedliche Menschen gibt, die nicht so anfällig sind für kulturelle Indoktrination.
Mir ist dabei interessant, dass es Menschen gibt, die für dieses grammatische Raster, das schon in das Kleinkind implantiert wird, nicht zugänglich sind. Es sind eher künstlerische Kinder, an denen dieses Raster einfach abgleitet.
Es gibt meines Wissens auch Sprachen, die dieses Subjekt-Objekt-Denken nicht haben -> was soviel heißt wie: Es ist eine kulturelle Sonderheit, keine allgemein-menschliche.
Auch der junge Heidegger sah das nicht so - wenn ich das gestern auf die Schnelle bei Wikipedia habe feststellen können.closs hat geschrieben:Die Grundlage, dass "Realität" und Wahrnehmung grundlegend unterschiedliche Kategorien sind, scheint nicht akzeptiert zu sein - was aus meiner Sicht überraschend ist.
Ob er es überhaupt so sah, kann ich zur Zeit noch nicht beurteilen.
Aber langsam bin ich weichgekocht in dem Sinne, dass ich Heidegger mal lesen will. Schon, um ihn zu "entzaubern".

Was die "ontologische Differenz" ist, werde ich dann erfahren.
Offenbar aber sah er es ursprünglich wie Habermas in "Erkenntnis und Interesse": das Subjekt ist immer im Objekt enthalten.
Es ist heute vermutlich in keiner Wissenschaft mehr gültig, dass der Erkennende nicht das Erkannte beeinflusst:
also ist der Erkennende immer im Erkannten enthalten.
Der altbackene Realitätsbegriff hat sich in allen Disziplinen verändert.
Siehe dazu den Begriff "linguistic turn", den wir gerade im Thread "Parallelen Geisteswissenschaft - Naturwissenschaft" andiskutiert haben.
Die Modelle der Wahrnehmung sind stets eine Sprache. Und Sprache "bildet nicht ab", sondern macht ein Modell von dem, über das, was beobachtet wird.
Zuletzt geändert von Savonlinna am Mo 4. Mai 2015, 12:18, insgesamt 1-mal geändert.
#65 Re: Heidegger und kein Ende?
Für einen Ausländer ist das schwer zu beurteilen - so gesehen wären Buber und Th. Mann auch Exzentriker. - Richtig ist, dass man ab und zu Wort-Neuschöpfungen machen muss, um etwas auszudrücken, wofür kein bestehendes Wort zur Verfügung steht - das machen die genannten Herren reichlich.Pluto hat geschrieben:Russel beschreibt Heidegger als Exzentriker
Wie kann man bei Heidegger von "Fantasien" sprechen? Es gibt kaum etwas, was anstrengender und nüchterner ist als Heideggers Sprache.Pluto hat geschrieben:Heideggers Fantasien
Verstehe ich nicht - wie kann die kategoriale Unterscheidung von Subjekt und Objekt "Illusion" sein?Pluto hat geschrieben:Da die ontologische Differenz auch reine Illusion sein könnte
#66 Re: Heidegger und kein Ende?
Da die "Methode" der Ontologie in erster Linie auf reiner subjektiver Willkür baut.closs hat geschrieben:Verstehe ich nicht - wie kann die kategoriale Unterscheidung von Subjekt und Objekt "Illusion" sein?Pluto hat geschrieben:Da die ontologische Differenz auch reine Illusion sein könnte
Darum wohl?!
#67 Re: Heidegger und kein Ende?
Das würde Heidegger wahrscheinlich auch unterschreiben - denn er ist es doch, der sagt, dass "das Sein" ("Realität") nur dann bewusst wird, wenn es vom "Seienden" ("Subjekt") thematisiert wird - und somit auch individuell kolorisiert wird.Savonlinna hat geschrieben:also ist der Erkennende immer im Erkannten enthalten.
Aber das heisst eben NICHT, dass "das Sein" deshalb a priori kolorisiert wäre - jede Wahrnehmung ist ein Gestaltungs-Akt des Wahrnehmenden am Objekt/dem Sein/der "Realität" - genau das ist doch die ontologische Differenz: Man bekommt immer nur SEINE Wahrnehmungs-Version dessen, was ist.
Wie passen diese Aussagen in Deinen linguistischen Background?
#68 Re: Heidegger und kein Ende?
Sind wir nicht alle Ausländer, wenn es um die alten Griechen und Römer geht, und dennoch gibt es viele Leute die behaupten sie zu verstehen. Auch denke ich, dass ein Philosoph vom Format eines Bertrand Russel ist durchaus in der Lage sich eine Meinung über einen anderen Philosophen zu bilden.closs hat geschrieben:Für einen Ausländer ist das schwer zu beurteilen - so gesehen wären Buber und Th. Mann auch Exzentriker.Pluto hat geschrieben:Russel beschreibt Heidegger als Exzentriker
Richtig ist, dass man ab und zu Wort-Neuschöpfungen machen muss, um etwas auszudrücken, wofür kein bestehendes Wort zur Verfügung steht - das machen die genannten Herren reichlich.[/quote] Der Unterschied im Denken liegt IMO woanders: Die deuts/französiche Philosophie wird seit Kant und Rousseau "Kontinental-Philosophie genannt. Aus der "angelsächsischen" Richtung die auf Locke und Hume zurückgeht, entwickelte sich die moderne analytische Philosophie.
Anstregend ja undschwer zu verstehen.closs hat geschrieben:Wie kann man bei Heidegger von "Fantasien" sprechen? Es gibt kaum etwas, was anstrengender und nüchterner ist als Heideggers Sprache.Pluto hat geschrieben:Heideggers Fantasien
Aber nüchtern? Ich würde ihn eher als mystisch, nebulös bezeichnen.
Verstehe ich nicht - wie kann die kategoriale Unterscheidung von Subjekt und Objekt "Illusion" sein?[/quote]Du weißt genau, dass ich das nicht meine.Pluto hat geschrieben:Da die ontologische Differenz auch reine Illusion sein könnte
Die ontologische Differenz bezieht sich auf den behaupteten Unterschied zwischen einem materialistischen Dasein und einem äußerst nebulösen metaphysischen "Sein".
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.
#69 Re: Heidegger und kein Ende?
Gut möglich - aber was heisst das qualitativ?Pluto hat geschrieben:Der Unterschied im Denken liegt IMO woanders: Die deuts/französiche Philosophie wird seit Kant und Rousseau "Kontinental-Philosophie genannt. Aus der "angelsächsischen" Richtung die auf Locke und Hume zurückgeht, entwickelte sich die moderne analytische Philosophie.
"Mystisches" konnte ich bei ihm überhaupt nicht erkennen - und das "Nebulöse" liegt meistens daran, dass man ihn selber nicht versteht. - H. hat offensichtlich eine eigene Sprache entwickelt, um sein System konsistent aufzubauen. - Wie gesagt: Ich kenne H. viel zu wenig, um all das näher zu beurteilen - aber das, was ich verstanden habe, war klar.Pluto hat geschrieben:Ich würde ihn eher als mystisch, nebulös bezeichnen.
Da macht H. erst mal keine Unterschiede - die ontologische Differenz gilt auch für die naturalistische Welt.Pluto hat geschrieben:Die ontologische Differenz bezieht sich auf den behaupteten Unterschied zwischen einem materialistischen Dasein und einem äußerst nebulösen metaphysischen "Sein".
#70 Re: Heidegger und kein Ende?
Das glaub ich kaum.closs hat geschrieben:die ontologische Differenz gilt auch für die naturalistische Welt.
Nenne doch mal ein Beispiel für die Verwendung innerhalb der naturalistischen Welt - da bin ich ja mal gespannt...
