
Vielleicht gelingt es uns ein paar Gedanken aus verschiedenen Blickwinkeln über die Fastenzeit zusammenzutragen. Was für einen Sinn und welchen Impuls kann eine Zeit des Innehaltens im Christsein geben? Welche Veränderungen nehme ich persönlich wahr, welche Veränderung des Fastens hat die säkulare Gesellschaft bewirkt?
Es geht hier weniger um eine Diskussion, ob fasten oder nicht, sondern mehr um eine Diskussion um das Fasten oder das, was man persönlich darunter versteht.
Zu Beginn mein Beitrag dazu (für @Salome: Gibts schon anderswo

Mein Nabel und das Buch der Richter
Die Fastenzeit ist auch eine Zeit, in der man über seine Beziehungen reflektieren kann. Welche Beziehung ist mir wichtig und warum? Nütze ich eine Beziehung aus oder werde ich ausgenützt und macht mir dies etwas aus? Viele Menschen haben niemanden, den sie als Freund bezeichnen können. Warum ist dies so?
Sucht man Freunde, wenn man sie nicht braucht, hat man welche, wenn man sie braucht. Man findet Freunde, wenn man Freund ist. Es ist die Treue, die Freundschaft erhält und beweist, wie Spr 18:24 eindrucksvoll bekundet: „Manche Freunde führen zum Verderben, und mancher liebe Freund ist treuer als ein Bruder“. Die Liebe ist es, die Treue selbstverständlich macht.
Braut und Bräutigam, die Ehe, es sind zwei Bilder, die Gott verwendet, um seinen liebevollen Willen auszudrücken, dass er mit dem Menschen Gemeinschaft wünscht. In seiner Dreifaltigkeit liegt das Ur-Sein dieser Sehnsucht nach Gemeinschaft, getragen von der Liebe. Der Mensch als ähnliches Abbild Gottes trägt diese Sehnsucht nach Beziehung und Gemeinschaft in sich. Es liegt am Willen des Menschen in dieser Sehnsucht das Ur-Sein als deren erste Erfüllung zu erkennen und diese Sehnsucht von Liebe getragen auch auf irdische Beziehungen auszuweiten.
Im Lichte dieser Veranlagung des Menschen zur Beziehung wird mir auch der Text der Hl. Schrift in Ri 18:7;27-28 verständlich: „Die fünf Männer gingen weiter und gelangten nach Lajisch. Sie sahen, daß das dortige Volk in Sicherheit wohnte, wie etwa die Sidonier, in Ruhe und Frieden. Es mangelte an nichts im Lande; man war sehr reich. Sie waren aber weit entfernt von den Sidoniern und hatten zu Aram keine Beziehungen“ … „Jene stahlen das, was Micha angefertigt hatte, und den Priester dazu, der bei ihm war. Sie zogen gegen Lajisch, gegen die ruhigen und sorglosen Leute. Sie schlugen sie mit der Schärfe des Schwertes und zündeten die Stadt an. Ein Retter fand sich nicht; denn die Entfernung von Sidon war zu groß und man hatte zu Aram keine Beziehungen. Sie lag ja im Tal von Bet-Rechob. Dann bauten sie die Stadt wieder auf und siedelten sich darin an.“
Man neigt dazu die Israeliten, hier der Stamm Dan, als hinterlistig und gewalttätig zu bezeichnen und dieses Verhalten voreilig auch gleich auf den Charakter Gottes auszuweiten. Er lässt zu, dass sein Volk ruhige und sorglose Leute überfällt. Es ist aber sicherlich nicht jene Ruhe, die Paulus in Hebr 4:11 anspricht: „Laßt uns also mit Eifer danach streben, »einzugehen in diese Ruhe«, damit keiner zu Fall komme in der gleichen Weise des Ungehorsams“. Es ist wohl eher jene Ruhe, die Gleichgültigkeit gegenüber seinen Nächsten hervorruft, denn „sie waren aber weit entfernt von den Sidoniern und hatten zu Aram keine Beziehungen“, wie es gleich zweimal im Text heißt. Nicht Hass ist das Gegenteil von Liebe, sondern Gleichgültigkeit. Hasst man jemanden, nimmt man ihn wenigstens wahr.
Doch gerade dieser zweimalige Textbezug der fehlenden Beziehungen der Leute aus Lajisch zu ihren Nachbarn ist wohl eine der Botschaften dieses Gottesworts: Der Mensch ist ein Beziehungswesen, er braucht Freunde, auch in dieser Welt, er ist auf Gemeinschaft ausgelegt und so kann er besser seinen Feinden trotzen. Dann findet sich ein Retter. Einer, wie Jesus Christus, der Freund all jener, die an ihn glauben.
Ich blicke auf meinen Bauch und dort befindet sich mein Nabel. Er ist das Siegel für meine erste Beziehung als Mensch. Sie galt meiner Mutter, mit der ich von Anbeginn meines Werdens mit einer Schnur verbunden war. Unser Nabel bezeugt uns: Wir Menschen sind Beziehungswesen, weil wir von Gott, der Beziehung an sich, so gewollt sind. Dieser Gott reicht uns seine Hand, weil auch er Beziehung zu uns will. Das Kreuz ist dafür sein Siegel für uns. Gott bezeugte uns seine Treue und seine Liebe durch das Opfer seines eingeborenen Sohnes. Gott und sein Sohn stillt unsere Sehnsucht nach der Gemeinschaft in Ewigkeit, die im Dasein in unser Herz gelegt ist, indem er uns den Hl. Geist dort hinein gießt.
Beziehungen sind lebensnotwendig und sie können Feinde abwehren. Auf eines werde ich deshalb in der Fastenzeit nicht verzichten: Auf rechte Beziehungen.
Servus und danke fürs zu Ende lesen
