Fügung vs. Freier Wille

Philosophisches zum Nachdenken
Pluto
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#81 Re: Fügung vs. Freier Wille

Beitrag von Pluto » Fr 9. Jan 2015, 20:12

closs hat geschrieben:Da gibt es einige, in die Macht/das Können Gottes beschrieben wird (einige Kollegen werden da konkreter sein als ich) - konkret fällt mir gerade nur 2.Kön. 19.25 ein:
"Hast du nicht gehört, dass ich es lange zuvor bereitet und von Anfang an geplant habe? Nun aber habe ich's kommen lassen?"
Wenn der Mensche weiß, es gibt/gab eine Fügung, dann weiß der Mensch auch, Freiheit ist nichts weiter als eine Illusion.

closs hat geschrieben:Aber diese Experten gehen von einem anderen Weltbild aus. - Wenn jemand am Nordpol steht, ist der Äquator im Süden, vom Südpol aus ist er im Norden - die Perspektive ist eine andere.
Bei den zur Diskussion stehenden Begriffen ist die Sicht irrelevant. Es geht um allgemein gültige Definitionen und Logik.

closs hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:Wenn die Kugeln nämlich nicht an besagtem Ort und zur besagten Zeit auf dem Baum hängen, so wäre das keine Allwissenheit mehr, oder?
Richtig.
Also doch keine Allwissenheit?

closs hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:Wirst sehen, das ist die einzig richtige Interpretation.
Dass das aus Sicht Deines Weltbildes so ist, glaube ich Dir ungeprüft.
Nochmals: Es hat mit Weltbildern nichts zu tun, sondern ganz allein mit Logik.
Dein Ausweg ist natürlich immer, "Gott steht über der Logik", doch dann ist Gott beliebig. So fällt auch das "cogito ergo sum" einer solchen Beliebigkeit zum Opfer.
Aus diesem Dilemma hilft kein Weltbild, denn es handelt sich um grundlegende erkenntnis-theoretische Fragen.
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

closs
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#82 Re: Fügung vs. Freier Wille

Beitrag von closs » Fr 9. Jan 2015, 20:36

Scrypt0n hat geschrieben:Somit wäre die "freie" Entscheidung vorab determiniert gewesen
In diesem Fall ja, da Gott nicht nur aus über-zeitlicher Beobachtung gewusst hat, sondern laut Text auch geplant hat. Trotzdem hat der Assyrer-König vollkommen frei entschieden - so wie Du vielleicht morgen spontan entscheidest, abends in München einen Musical-Besuch zu machen. - Mir ist der Begriff "Determinismus" dann wurscht, wenn er nicht damit kontaminiert ist, dass deshalb der Assyrer-König nicht hätte frei entscheiden können - denn genau das hat er getan.

Scrypt0n hat geschrieben:Gibt es nicht, Zeit ist (empirisch nachweislich) relativ.
Gott ist ÜBER der Zeit und deshalb nicht der Zeit unter-geordnet.

Scrypt0n hat geschrieben:Über-Zeitlichkeit gibt es jedoch nicht, kann es nicht geben
Sag das mal bei Gelegenheit Gott - er wird die Hände überm Kopf zusammenschlagen und sagen: "Scheiße - jetzt wo Du's sagst's, riech' ich's auch" :devil: .

Scrypt0n hat geschrieben:Per Definition schlicht nicht möglich
Nach unserem Wahrnehmungs-Verständnis kann das gut sein - aber es geht hier nicht um uns.

closs
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#83 Re: Fügung vs. Freier Wille

Beitrag von closs » Fr 9. Jan 2015, 20:44

Pluto hat geschrieben:Wenn der Mensche weiß, es gibt/gab eine Fügung, dann weiß der Mensch auch, Freiheit ist nichts weiter als eine Illusion.
Nein - der Mensch weiss, dass das, wofür er sich jetzt entscheidet, zur Fügung wird. - Man kann das von beiden Seiten sehen.

Pluto hat geschrieben: Es geht um allgemein gültige Definitionen und Logik.
Ja - und Logik funktioniert immer auf Voraussetzungen, die unterschiedlich sein können. - Mit "gültigen Definitionen" ist es etwas komplizierter, weil deren Gültigkeit ja in deren Zuständigkeitsbereich anerkannt ist - wir reden hier aber von anderen Bereichen.

Pluto hat geschrieben:Also doch keine Allwissenheit?
Doch - es ist doch vorher gewusst, was endgültig dort hängen wird.

Pluto hat geschrieben: Es hat mit Weltbildern nichts zu tun, sondern ganz allein mit Logik.
Nochmals: Logik arbeitet auf System-Voraussetzungen.

Pluto hat geschrieben: "Gott steht über der Logik", doch dann ist Gott beliebig
Ob Gott über der Logik stehen kann, weiss ich nicht - da würde ich gerne mal die Gödels der Welt fragen, wo sie (als Mensch) die Grenzen der Logik sehen.

Unabhängig davon ist Deine Schlussfolgerung willkürlich: Warum sollte Gott in Bezug auf die Welt beliebig sein, selbst wenn wir nicht ermessen können, wie sein eigenes Verhältnis zur Logik ist. - Offensichtlich scheint ja die naturalistische Welt logisch ganz gut organisiert zu sein - stammt das alles (wie von Christen geglaubt) von Gott, wäre Gott dann NICHT beliebig in Bezug auf die naturalistische Welt - das muss für uns reichen.

Pluto hat geschrieben: So fällt auch das "cogito ergo sum" einer solchen Beliebigkeit zum Opfer.
Zumindestens die Einordnung der Wahrnehmung gegenüber den Res extensa - beim Cogito kann ich es nach wie vor nicht erkennen.

Salome23
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#84 Re: Fügung vs. Freier Wille

Beitrag von Salome23 » Fr 9. Jan 2015, 20:56

Scrypt0n hat geschrieben:Weil sie sonst nicht allzeitlich (oder mind. vorraus) gewusst werden kann!
Andernfalls: Wie denn?
Gesetzt dem Fall, Folgendes würde es geben:
Ich schau in meine Kristallkugel und kann sehn, dass du rote Kugeln auf den Baum hängen wirst, dann hat das mit mir(Gott) gar nix zu tun.
Ich habe es ja nicht (vorraus)bestimmt, dass du rote Kugeln auf einen Baum hängen wirst, noch dass du einen Baum kaufen wirst oder Weihnachten feiern wirst...
Das ist deine freie Entscheidung.
Du hättest genau so gelbe oder blaue Kugeln nehmen können.
Dann hätte ich eben das in meiner Glaskugel vorraus gesehn...
Ich seh ja nur das Endergebnis vorraus.

Pluto
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#85 Re: Fügung vs. Freier Wille

Beitrag von Pluto » Fr 9. Jan 2015, 21:09

closs hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben: Es geht um allgemein gültige Definitionen und Logik.
Ja - und Logik funktioniert immer auf Voraussetzungen, die unterschiedlich sein können. - Mit "gültigen Definitionen" ist es etwas komplizierter, weil deren Gültigkeit ja in deren Zuständigkeitsbereich anerkannt ist - wir reden hier aber von anderen Bereichen.
Du spannst den Karren vors Pferd.
Die Logik dient der Setzung als Grundlage. Ohne die Regeln der Logik, können wir nichts setzen.
Richtig ist, erst akzeptiert man die Logik, danach erst kann man setzen.

closs hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:Also doch keine Allwissenheit?
Doch - es ist doch vorher gewusst, was endgültig dort hängen wird.
Un wenn das Subjekt dank Freiem Willen anders entscheidet...?
Das ist der Sinn des eingangs gebrachten Gedankenexperiments: Man kann Allwissenheit überlisten, in dem man dank der Wahlfreiheit und der Logik das Unerwartete tut.

closs hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben: Es hat mit Weltbildern nichts zu tun, sondern ganz allein mit Logik.
Nochmals: Logik arbeitet auf System-Voraussetzungen.
Nein. Wenn du so sicher bist, dann sage mir auf welchen Voraussetungen Logik arbeitet?

closs hat geschrieben:Unabhängig davon ist Deine Schlussfolgerung willkürlich: Warum sollte Gott in Bezug auf die Welt beliebig sein, selbst wenn wir nicht ermessen können, wie sein eigenes Verhältnis zur Logik ist.
Gottes Verständnis der Logik ist was es ist.
Es geht aber um uns; genau genommen darum, ob unsere (wahrgenommenen) Regeln der Logik verletzt werden. Falls ja, dann erscheint Gott für uns beliebig.

Offensichtlich scheint ja die naturalistische Welt logisch ganz gut organisiert zu sein - stammt das alles (wie von Christen geglaubt) von Gott, wäre Gott dann NICHT beliebig in Bezug auf die naturalistische Welt - das muss für uns reichen.
Eben.
Wenn die Welt den Regeln unserer Logik entspricht, dann steht Descartes' "cogito", und die (von dir postulierte) Allwissenheit muss geopfert werden.

Du kannst nicht den Weggen haben und den Groschen behalten.
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

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#86 Re: Fügung vs. Freier Wille

Beitrag von Scrypt0n » Fr 9. Jan 2015, 21:10

Salome23 hat geschrieben:
Scrypt0n hat geschrieben:Weil sie sonst nicht allzeitlich (oder mind. vorraus) gewusst werden kann!
Andernfalls: Wie denn?
Gesetzt dem Fall, Folgendes würde es geben:
Ich schau in meine Kristallkugel und kann sehn, dass du rote Kugeln auf den Baum hängen wirst, dann hat das mit mir(Gott) gar nix zu tun.
Nein, doch meine Handlung wäre dadurch bereits determiniert (innerhalb deines Beispieles dabei natürlich angenommen, dass immer und unausweichlich das eintritt, was du in deiner Kristallkugel siehst).

Salome23 hat geschrieben:Ich habe es ja nicht (vorraus)bestimmt, dass du rote Kugeln auf einen Baum hängen wirst, noch dass du einen Baum kaufen wirst oder Weihnachten feiern wirst...
Habe ich auch nicht behauptet.

Salome23 hat geschrieben:Das ist deine freie Entscheidung.
Nein, sie wäre vorab determiniert gewesen; sie wäre nur scheinbar frei - ich selbst würde aber meinen, frei entschieden zu haben!

Salome23 hat geschrieben:Ich seh ja nur das Endergebnis vorraus.
Ein Endergebnis kann nur vorausgesehen werden, wenn es bereits determiniert ist. :)

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#87 Re: Fügung vs. Freier Wille

Beitrag von Scrypt0n » Fr 9. Jan 2015, 21:14

closs hat geschrieben:
Scrypt0n hat geschrieben:Somit wäre die "freie" Entscheidung vorab determiniert gewesen
In diesem Fall ja, da Gott nicht nur aus über-zeitlicher Beobachtung gewusst hat, sondern laut Text auch geplant hat.
Auch in jedem anderen Fall, in dem Gott nicht geplant aber gewusst hätte! :)

closs hat geschrieben:Trotzdem hat der Assyrer-König vollkommen frei entschieden
Von sich aus gesehen ja, subjektiv eben. Objektiv und damit tatsächlich aber eben nicht.

closs hat geschrieben:
Scrypt0n hat geschrieben:Gibt es nicht, Zeit ist (empirisch nachweislich) relativ.
Gott ist ÜBER der Zeit und deshalb nicht der Zeit unter-geordnet.
Ist nicht welcher Zeit untergeordnet?
Unserer? Mag sein; dennoch hat er eine Eigenzeit. Hat er diese nicht, ist Gott nicht mehr Gott. :0)

closs hat geschrieben:
Scrypt0n hat geschrieben:Über-Zeitlichkeit gibt es jedoch nicht, kann es nicht geben
Sag das mal bei Gelegenheit Gott
Würde es etwas, geben, was dem Begriff "Gott" auch nur annähernd Gerecht werden würde; warum? Er wüsste es doch bereits! ^_-

closs hat geschrieben:[
Scrypt0n hat geschrieben:Per Definition schlicht nicht möglich
Nach unserem Wahrnehmungs-Verständnis kann das gut sein
Nein, nach der Definition von Zeit kann es nicht sein!
Ebenso wenig, wie es den verheirateten Junggesellen nicht geben kann; diese Existenz ist nicht möglich, aber freilich würdest du selbst das bestreiten wenn es notwendig für dich und deine Glaubenswelt wäre.

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#88 Re: Fügung vs. Freier Wille

Beitrag von Salome23 » Fr 9. Jan 2015, 21:16

Scrypt0n hat geschrieben:
Salome23 hat geschrieben:Ich seh ja nur das Endergebnis vorraus.
Ein Endergebnis kann nur vorausgesehen werden, wenn es bereits determiniert ist. :)
Du kannst rote Kugeln auf den Baum hängen, weil der Kugelhersteller rote (blaue, gelbe , orange, grüne, lila Kugeln hergetellt hat)
Dadurch determiniert, aber die Wahl der Farbe oder Form ist deine freie Entscheidung.

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#89 Re: Fügung vs. Freier Wille

Beitrag von Scrypt0n » Fr 9. Jan 2015, 21:22

Salome23 hat geschrieben:Dadurch determiniert, aber die Wahl der Farbe oder Form ist deine freie Entscheidung.
Wenn du aber vorher bereits das Wissen erlangen kannst (egal ob durch Gott, durch eine Glaskugel, eigene Fähigkeiten oder sonst wie), für welche Farbe und Form ich mich zukünftig entscheiden werde, ist meine Entscheidung entgegen deiner Aussage eben nicht frei, sondern nur "scheinbar" (und somit nicht wirklich) frei.

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#90 Re: Fügung vs. Freier Wille

Beitrag von Pluto » Fr 9. Jan 2015, 21:25

Salome23 hat geschrieben:Du kannst rote Kugeln auf den Baum hängen, weil der Kugelhersteller rote (blaue, gelbe , orange, grüne, lila Kugeln hergetellt hat)
Dadurch determiniert, aber die Wahl der Farbe oder Form ist deine freie Entscheidung.
Welche Kugeln der Hersteller anbietet ist völlig irrelevant.
Was ist, wenn er sich entscheidet gar keine Kugeln aufzuhängen, sondern Lametta? Oder (schlimmer noch) gar keinen Baum kauft?
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

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