Leider hatte ich in den Wochen, in denen die Feiertage so wunderbar vielen, aus familiären Gründen (familäre Gemeinschaft bot sich da einfach an) leider nur wenig Zeit für das Forum, so dass ich meistens nur still mitlesen konnte. Wie ich mit Freude feststelle, entwickelt sich diese lebendige Diskussion dynamisch weiter und bei all der schönen Produktivität komme ich gar nicht mehr hinterher.
Natürlich ist es klar, dass gerade bei diesem Unterthema zur Exegese die Meinungen sehr verschieden sind, je nach zugrundeliegender Bibelhermeneutik, welche ja jeder Exegese voran geht. Daher habe ich einfach mal in Wikipedia zu diesem kontroversen Thema nachgeschlagen; im Artikel über die
Naherwartung habe ich hierzu einige interessante Anmerkungen gefunden. Im Abschnitt über die
Naherwartung in den Evangelien wird festgestellt:
In den synoptischen Evangelien sind drei verschiedene Aussagen-Reihen in Bezug auf das Kommen des Reiches Gottes zu finden: Erstens Hinweise auf eine rasche Wiederkehr Jesu, zweitens Hinweise auf ein Verzögern dieser Wiederkehr,
Ferner wird unter diesem Abschnitt im 4. Abs. angeführt, dass einige jesuanische Gleichnisse und der Auftrag zur weltweiten Verkündigung des Evangeliums auf einen längeren Zeitraum hinweisen.
Besonders interessant fand ich die Erklärung unter dem Abschnitt über
Andere Texte des Neuen Test:
Für bald finden wir den griechischen Ausdruck en táchei, wiederzugeben durch schnell, eilends oder mit großer Geschwindigkeit. Davon leitet sich unser Fremdwort Tachometer (Geschwindigkeitsmesser) ab. Dieses Wort steckt auch in Jesu Ankündigung "Ich komme bald" (Offenbarung 3,11; 22,7.12.20), griechisch tachy. Das sagt nicht unbedingt, dass der Zeitraum bis zum Kommen Jesu kurz ist, sondern vor allem, dass sein Kommen blitzartig und überraschend sein wird.
Dies deckt sich auch mit dem Gesamtkontext jesuanischer Prophezeiungen. Es geht nicht um eine bestimmbare Zeit (bspw. zu meinen Lebzeiten), sondern um die Unbestimmbarkeit von Jesu plötzlichem Kommen wir ein "Dieb in der Nacht".
Manche erwarten eine sichtbare Ankunft („Advent“) Jesu. Der Begriff
Advent leitet sich vom lateinischen
adventus ab, was „Kommen“ oder „Ankunft“ bedeutet. Dies ist allerdings eine irreführende Übersetzung des griechischen Wortes παÏουσία (
parousÃa), welches „Gegenwart“ oder „Anwesenheit“ bedeutet. Ferner entnehme ich dem prophetischen Worten des NT, dass Jesu
ParousÃa unsichtbar sein würde, da die Mehrheit laut Jesu Worten (wie in den Tagen Noahs) davon keine Kenntnis nehmen würden - gewissermaßen verhüllt in einer Wolke (so war ja auch die Himmelfahrt).
In der Verklärung/Umwandlung gewährte Jesus drei seiner Jünger eine visionäre Vorschau seiner himmlischen Herrlichkeit in seinem [König]Reich. Dieser Verklärung ging gem.
Luk 9:27 folgendes Versprechen voraus:
27 Ich sage euch aber in Wahrheit: Es sind einige unter denen, die hier stehen, die den Tod nicht schmecken werden, bis sie das Reich Gottes gesehen haben.
28 Es geschah aber etwa acht Tage nach diesen Worten, dass er Petrus und Johannes und Jakobus mitnahm und auf den Berg stieg, um zu beten.
Und dort sahen sie das Reich Gottes. Der lukanische Hinweis
"nach diesen Worten" stellt m. E. einen innertextlichen Zusammenhang zwischen Jesu Versprechen und der Verklärung auf dem Berg her.
Markus stellt diese Verbindung (analog zu Matthäus) einfach mit dem Wort "Und"* her, womit Jesu Ankündigung mit der Umwandlungsszene auf dem Berg verknüpft wurde.
Zitat aus
Mk 9,1-2:
1 Und er sprach zu ihnen: Wahrlich, ich sage euch: Es sind einige von denen, die hier stehen, die den Tod nicht schmecken werden, bis sie das Reich Gottes in Kraft haben kommen sehen.
2
Und nach
sechs Tagen nimmt Jesus Petrus und Jakobus und Johannes mit und führt sie für sich allein auf einen hohen Berg. Und er wurde vor ihnen umgestaltet;
*Im griechischen Grundtext steht das griechische Bindewort Καὶ (
kai):
Zitat aus
Mk 9:
1 Καὶ ἔλεγεν αá½Ï„οῖς, Ἀμὴν λÎγω ὑμῖν ὅτι εἰσίν τινες ὧδε τῶν ἑστηκότων οἵτινες οὠμὴ γεÏσωνται θανάτου ἕως ἂν ἴδωσιν τὴν βασιλείαν τοῦ θεοῦ á¼Î»Î·Î»Ï…θυῖαν á¼Î½ δυνάμει.
2 Καὶ μετὰ ἡμÎÏας
ἓξ παÏαλαμβάνει ὠἸησοῦς τὸν Î ÎÏ„Ïον καὶ τὸν Ἰάκωβον καὶ τὸν Ἰωάννην, καὶ ἀναφÎÏει αá½Ï„οὺς εἰς ὄÏος ὑψηλὸν κατ’ ἰδίαν μόνους. καὶ μετεμοÏφώθη ἔμπÏοσθεν αá½Ï„ῶν,
Analog zu Matthäus verstreichen laut Makus nur ἓξ (
hex, sechs) Tage, doch laut Lukas sind es
etwa οκτω (acht) Tage.
Zitat aus
Luk 9,28:
28 εγενετο δε μετα τους λογους τουτους ωσει ημεÏαι
οκτω και παÏαλαβων τον πετÏον και ιωαννην και ιακωβον ανεβη εις το οÏος Ï€Ïοσευξασθαι
Woher dieser kleine Diskrepanz herrührt, vermag ich nicht festzutellen.
Nach jüdischer Zählung wurden auch angebrochene Tage mitgezählt. Vielleicht brach ein weiterer Tag an, als Jesus mit Petrus, Jakobus und Johannes auf dem Berg stieg, so dass es an die sieben Tage waren.
Lukas stellte laut seiner Einleitung eigene Recherchen an und legte sich durch das Wort ωσει (
hósei, etwa) nicht genau auf einen Tag fest.
Abschließend stelle ich fest, dass sich alle drei Synoptiker darin einig sind, dass Jesu Versprechen in dieser Begebenheit innertextlich mit der Verkärung Jesu verknüpft ist.
Ich denke, dass dieser Sachverhalt den Theologien auch bekannt ist. Dieser innertextliche Zusammenhang wird wohl nicht geleugnet. Der Neutestamentler Prof. Dr. Klaus Berger drückte sich diesbezüglich so aus, dass gem. der Exegese
die Verklärung als fehlplazierter Osterbericht eingestuft wird, also als eine nachträgliche Umdeutung der Synoptiker. Dies ist eine Theorie, welche nicht die innertextliche Aussage infrage stellt, sondern die Historität der geschilderten Begebenheit - eine Theorie, welcher Berger ausdrücklich widerspricht.
Von Sven kam die berechtigte Frage auf, warum Jesus etwas ankündigt, was sich innerhalb einer Woche erfüllt. Leider enthüllen die Evangelien dies nicht, ebensowenig die Petrusbriefe, so dass ich hier eine Antwort schuldig bleiben muss. Doch für mich ist der innertextliche Zusammenhang klar.
Da Jesus und sein VATER auf diese Weise das Versprechen erfüllten, damit einige seiner Jünger noch zu ihren Lebzeiten das Reich Gottes schauen könnten, folgere ich, dass sie es ohne dieses Wunder nicht gesehen hätten, bis sie gestorben wären. Zu ihren Lebzeiten sollte sich also Jesu
ParousÃa nicht erfüllen.
Jesu Verklärung/Umwandlung fand wahrscheinlich im Herbst des Jahres 32* auf dem Berg Hermon statt, kurz vor dem Sukkot (Laubhüttenfest). Kurz zuvor hatte Petrus erkannt, dass Jesus der Christus ist und Jesus hatte erstmals sein Leiden angekündigt. Dem Kontext entnehme ich, dass Jesus mit seinen Jüngern von den Dörfern in den Gegenden von Cäsarea Philippi zum Berg ging, der ihn vermutlich für seine
Umwandung ideal erschien, um dort mit drei seiner Jünger zu beten.
Zudem war Jesu Zeitrahmen begrenzt (etwa ein halbes Jahr vor seinem Tod).
(s.
Israel-Karte)
*
Ich orientiere mich an die lukanische zeitliche Einordung.