Neuzeitliche Exegese der Bibel

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closs
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#381 Re: Neuzeitliche Exegese der Bibel

Beitrag von closs » So 4. Jan 2015, 16:31

Pluto hat geschrieben: Du willst doch jetzt sicher nicht weismachen wollen, dass alle Bibelwissenschaftler Agnostiker sind.
Die meisten Bibelwissenschaftler sind Christen (vor unserer Diskussion kannte ich nur christliche Bibelwissenschaftler). - Auch historisch-kritische Wissenschaftler sind meines Erachtens meistens Christen - es gibt viele, die sich mit Quellenfrage, historischen Umfeldern, etc. beschäftigen.

Hier geht es lediglich um DEN Teil der historisch-kritischen Forscher, die unter Wegblendung geistiger Gesichtspunkte behaupten, dass Jesus selber an die Naherwartung geglaubt hat. - Wer so etwas meint, sollte sich aus eigenem Interesse zu den Agnostikern zählen. - Ein stinknormaler Christ muss die Bibel wirklich nicht spirituell erschließen können - von einem Theologen jedoch muss man das erwarten. Und dieser Erwartung werden die Genannten nicht gerecht.

Pluto hat geschrieben:Es besteht immerhin ein Konsens unter den Experten.
Der Konsens bezieht sich darauf, dass die Urchristen eine Naherwartung hatten, die dann argumentativ verzögert wurde. - Aber das ist doch etwas ganz anderes als die Aussage, Jesus selber hätte ein Naherwartung gehabt.

closs hat geschrieben:"Das Volk verstand ihn nicht" kommt oft in der Bibel vor. - Das heisst NICHT, dass das Volk einen durchschnittlich geringeren IQ als die Jünger hatte (überhaupt nicht), sondern dass die spirituelle Formatierung beider Gruppen vollkommen unterschiedlich ist.
Wenn es Absicht war, das Volk in die Irre zu führen, dann hast du Recht. Aber warum sollte er nicht deutlich und für alle verständlich reden?

Pluto hat geschrieben: Die gepredigte Naherwartung der Endzeit ist eben nicht eingetreten.
Auch DAS ist allen bekannt. - Darüber gibt es ebenfalls Konsens. - Aber Gründe, warum das so ist, wurden ja inzwischen genug genannt.

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sven23
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#382 Re: Neuzeitliche Exegese der Bibel

Beitrag von sven23 » So 4. Jan 2015, 16:32

Salome23 hat geschrieben:
[color=#800000][b]sven23[/b][/color] hat geschrieben:Es kann nicht sein, daß das Reich Gottes schon da ist, und keiner hats gemerkt. ;)
Guckste hier nochmal ;)

Das wäre aber ein stilles Reich Gottes, das auf so leisen Sohlen daherkommt, daß niemand was merkt.

Nein, mit der Naherwartung ist doch das 2. Wiederkommen Jesu mit Pauken und Trompeten gemeint, mit Gottes/Königsherrschaft usw. und da würde ich closs zustimmen, daß das doch alles irgendwie zusammenhängt.

Die katholische Kirche betont den Zusammenhang zwischen Parusie und jüngstem Gericht.

"Die katholische Kirche stellt in ihrem Katechismus aus dem Jahre 2003 (lateinisch Vatikan 1997) ausdrücklich den Zusammenhang zwischen Parusie und Letztem Gericht her: „Das Letzte Gericht wird bei der herrlichen Wiederkunft Christi stattfinden.“[7] Alle Menschen, die Lebenden und die Toten, werden durch Jesus Christus gerichtet. Diejenigen, die ohne Reue im Zustand der Todsünde gestorben sind, werden am Jüngsten Tag zusammen mit den von Gott abgefallenen Engeln (den Teufeln) zu ewiger Strafe in der Hölle verurteilt. Genaue Aussagen über die Beschaffenheit dieser Strafe vermeidet die Kirche und warnt seit dem Konzil von Trient ausdrücklich vor extremen Darstellungen."
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
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sven23
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#383 Re: Neuzeitliche Exegese der Bibel

Beitrag von sven23 » So 4. Jan 2015, 16:39

closs hat geschrieben:Der Konsens bezieht sich darauf, dass die Urchristen eine Naherwartung hatten, die dann argumentativ verzögert wurde. - Aber das ist doch etwas ganz anderes als die Aussage, Jesus selber hätte ein Naherwartung gehabt.

Natürlich hatte er die. Man sollte ihn doch nicht für so unfähig halten, daß er nicht vermitteln konnte, was er meinte und die Zuhörerschaft ebenfalls nicht.
Im übrigen ist doch keine einzige Stelle bekannt, in der Jesus dem von ihm selbst abgesteckten Zeitrahmen einer Generation/Menschenlebens widersprechen würde. Er sagt lediglich, daß der genaue Termin innerhalb des Zeitrahmens nicht bestimmt werden kann. Und das widerpricht seiner urprünglichen Aussage doch nicht. Oder ist dir eine Stelle bekannt?
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#384 Re: Neuzeitliche Exegese der Bibel

Beitrag von closs » So 4. Jan 2015, 16:40

Münek hat geschrieben:Dass das "Himmlische Reich" in der Endzeit ein "ideales Reich auf Erden sein wird", ist in der "Offenbarung des Johannes, 21 und 22" dokumentiert.
Andere Konfessionen sehen darin ein Gleichnis (Chiffre) für das, was sie dann selbst "Visio Beatifica" nennen - also die geistige Schau Gottes durch die Schöpfung (was natürlich ebenfalls ein Gleichnis ist).

Wir müssen uns damit abfinden, dass das Unerkennbare aus unserer Sicht nur mit Chiffren/Gleichnissen annäherbar ist. - Wenn Jesus sagt "Mein Reich ist nicht von dieser Welt", widerspricht dies einem idealen irdischen Reich.

Münek hat geschrieben: Siehe, ich komme bald ..." Na, wenn das keine klaren, eindeutigen Aussagen über die baldige Parusie Christi und die endzeitliche Errichtung des Reiches Gottes auf Erden sind...
Ja - man wird für beide Seiten Munition sammeln können.

Hier würde ich nachfragen, warum dieser Satz kommt, NACHDEM die Parusie-Verzögerung bereits durch ist.

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Münek
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#385 Re: Neuzeitliche Exegese der Bibel

Beitrag von Münek » So 4. Jan 2015, 16:41

Salome23 hat geschrieben:
Münek hat geschrieben: Dass das "Himmlische Reich" in der Endzeit ein "ideales Reich auf Erden sein wird",
ist in der "Offenbarung des Johannes, 21 und 22"...

Der Apokalyptiker Johannes schrieb in 21, 1-3:
"Und ich sah einen neuen Himmel und eine neue Erde...und ich sah die heilige Stadt,
das neue Jerusalem, von Gott aus dem Himmel herabfahren...und ich hörte eine gro-
ße Stimme von dem Thron, die sprach: siehe da, die Hütte Gottes bei den Menschen!
Er wird bei ihnen wohnen, und sie werden sein Volk sein, und er selbst, Gott, wird mit
ihnen sein
..."
Yo-da steht aber auch:

15 Draußen sind die Hunde und die Zauberer und die Unzüchtigen und die Mörder und die Götzendiener und alle, die die Lüge lieben und tun.
....
27 Und nichts Unreines wird hineinkommen und keiner, der Gräuel tut und Lüge, sondern allein, die geschrieben stehen in dem Lebensbuch des Lammes.

Tja, das versteht wohl keiner. Diese Halunken sollten doch nach dem Weltgericht
alle im Feuersee brutzeln. :devil: :devil: Was ist da schiefgegangen?

Oder hatte sich Johannes, bevor er sich an das letzte Kapitel seines Buches machte,
ein paar Jägermeisterchen :sick: reingezogen?

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#386 Re: Neuzeitliche Exegese der Bibel

Beitrag von closs » So 4. Jan 2015, 16:43

Münek hat geschrieben: Ich habe im Übrigen nicht interpretiert, sondern schlicht den Text des Apokalyptikers so genommen, wie er da steht.
Genau das ist der Fehler: Gleichnisse/Chiffren müssen interpretiert werden, weil sie selber nur Methaphern (oä) sind.

Wenn Du mir sagst, dass Du gestern total im Eimer warst, kann man nicht über Eimer nachdenken, nur weil es da so steht.

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#387 Re: Neuzeitliche Exegese der Bibel

Beitrag von Salome23 » So 4. Jan 2015, 16:48

sven23 hat geschrieben:
Salome23 hat geschrieben:
[color=#800000][b]sven23[/b][/color] hat geschrieben:Es kann nicht sein, daß das Reich Gottes schon da ist, und keiner hats gemerkt. ;)
Guckste hier nochmal ;)

Das wäre aber ein stilles Reich Gottes, das auf so leisen Sohlen daherkommt, daß niemand was merkt.

Nein, mit der Naherwartung ist doch das 2. Wiederkommen Jesu mit Pauken und Trompeten gemeint, mit Gottes/Königsherrschaft usw. und da würde ich
Siehst du-du bringst es wieder durcheinander :angel:
Fehlt dir die "Gabe der Unterscheidung" :mrgreen:

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#388 Re: Neuzeitliche Exegese der Bibel

Beitrag von closs » So 4. Jan 2015, 16:49

sven23 hat geschrieben:Oder ist dir eine Stelle bekannt?
Du suchst Stellen für DEINE Fragen, die Folge Deiner vorliegenden Interpretation sind. - Es wurden hammerharte Argumente gebracht, warum Jesus etwas gesagt hat und dann die Klappe gehalten hat - jedes weitere Wort wäre unnütz gewesen. - Wenn Hefeteig gehen soll, guckt man auch nicht alle 5 Minuten nach.

Jesus hätte sich bei der damaligen Denkweise der Menschen nicht verständlich machen können - er konnte nur etwas sagen, was noch heute genauso verständlich oder nicht-verständlich ist wie damals. - Die einen verstehen es, die anderen nicht - aus Gründen der inneren Ausrichtung. - Man versteht so etwas nicht durch Gelehrtheit, sondern durch inneren Paradigmen-Wechsel.

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Andreas
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#389 Re: Neuzeitliche Exegese der Bibel

Beitrag von Andreas » So 4. Jan 2015, 16:58

closs hat geschrieben:Man versteht so etwas nicht durch Gelehrtheit, sondern durch inneren Paradigmen-Wechsel.
Jesus hat das nicht ganz so geschwollen ausgedrückt. ;)
Mk 1,15 hat geschrieben:Die Zeit ist erfüllt und das Reich Gottes ist herbeigekommen. Tut Buße* und glaubt an das Evangelium!
*Umkehr, Sinnesänderung, Bekehrung

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sven23
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#390 Re: Neuzeitliche Exegese der Bibel

Beitrag von sven23 » So 4. Jan 2015, 17:00

closs hat geschrieben:Du suchst Stellen für DEINE Fragen, die Folge Deiner vorliegenden Interpretation sind. -

Deswegen fragte ich ja nach, hab auch nicht die ganze Bibel im Kopf. ;)

Also halten wir mal fest: es gibt keine Aussagen Jesu, die seinem urprünglich gesteckten Zeitrahmen widersprechen würden.

Keine weiteren Fragen an den Zeugen. :lol:
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
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