Neuzeitliche Exegese der Bibel

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Pluto
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#351 Re: Neuzeitliche Exegese der Bibel

Beitrag von Pluto » So 4. Jan 2015, 14:18

closs hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:Der rote Faden, die Botschaft des NT is eindeutig: Das Ende der Welt ist nah (zieht euch warm an, Leute).
Das ist bereits eine Interpretation.
Es ist die naheliegendste Interpretation.

closs hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:Man war sich gewiss, das der Zeitpunkt nahe ist, aber um dies nicht zu übertreiben, ließ man sich solche Hintertürchen offen.
Das ist aber arg hingebogen. - Aus meiner Sicht wäre es empfehlenswerter, es aus seinem geistigen Kern heraus zu verstehen.
Wieso hingebogen? Ich erkenne keinen "geistigen Kern". Wo soll der sein?

closs hat geschrieben:Das ist etwas, was die h.k.M. allem Anschein nach vollkommen übersieht.
Was ist die h.k.M.?
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

Pluto
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#352 Re: Neuzeitliche Exegese der Bibel

Beitrag von Pluto » So 4. Jan 2015, 14:22

Andreas hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:
closs hat geschrieben:Die Urchristen (oder viele davon) haben es tatsächlich so interpretiert - sie haben gemeint, Jesus komme noch geschichtlich zu ihren Lebzeiten. - Was sagt das aus?
Dass ihnen das gepredigt wurde?
Nee, nee.
Warum denn nicht?
Es wird doch immer wieder in der Bibel erwähnt. Und die vielen Bibelwissenschaftler sind auch nicht gerade alle Vollpfosten.

Andreas hat geschrieben:Die Urchristen damals haben das genau so falsch verstanden wie Sven23, Münek, Pluto uva. heute noch. Oder wäre das undenkbar?
Unterchätze das Gewicht so vieler Meinungen nicht!
Bei einem könntest du ja recht noch haben, aber bei allen, wird deine Vermutung immer zweifelhafter.
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

Salome23
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#353 Re: Neuzeitliche Exegese der Bibel

Beitrag von Salome23 » So 4. Jan 2015, 14:23

closs hat geschrieben: Ich habe Jahrzehnte gebraucht, bis ich Goethes "Alles Vergängliche ist nur ein Gleichnis" verstanden habe - obwohl es mein alter Prof ständig zitiert hat.
Doch nicht etwa "40 Jahre"? ;)

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Andreas
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#354 Re: Neuzeitliche Exegese der Bibel

Beitrag von Andreas » So 4. Jan 2015, 14:26

Pluto hat geschrieben:Unterchätze das Gewicht so vieler Meinungen nicht!
Bei einem könntest du ja recht noch haben, aber bei allen, wird deine Vermutung immer zweifelhafter.
Ach, heute glauben auch die meisten, dass Wachstum DIE Rettung ist. Dabei meint die Merkel natürlich nicht Wirtschaftswachstum sondern geistiges Wachstum. Ein Missverständnis. :lol:

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#355 Re: Neuzeitliche Exegese der Bibel

Beitrag von closs » So 4. Jan 2015, 14:31

sven hat geschrieben:Das wäre ja ein grandioses Mißverständnis.
Das sind zwei Sachen, die aber aus meiner Sicht zusammengehören. - Jesu Wiederkunft ist der Abschluss des Daseins in unserem Verständnis - dass es da noch irgendwelche Phasen geben kann bis zum "Himmlischen Reich", ist unbenommen. - Aber was macht das in unserer Diskussion hier für einen Unterschied?

Das wäre jetzt im Grunde ein neuer Thread. - Demnach wäre zu diskutieren, ob das "Himmlische Reich" ein ideales Reich auf Erden wäre (manche Glaubensgemeinschaften scheinen das so zu sehen, andere nicht - persönlich schließe ich das aus).

sven23 hat geschrieben:Aber was für einen Sinn macht es, bei einem Ereignis, das in wenigen Tagen eintritt, davon zu sprechen, daß die Leute bis dahin noch nicht gestorben sind?
Das kann auch heißen: Diejenigen, die es sehen, werden es zu Lebzeiten erkennen, und andere nicht. - Das gilt auch für Auferstehung und Pfingsten. - Manche Forums-Mitglieder "werden den Tod nicht schmecken", bis sie das Kreuz verstanden haben - andere sind auch später dran, wenn nämlich Jesus in deren Leben nach deren Daseins-Tod tritt. - Da ist spirituell einiges naheliegend.

sven23 hat geschrieben:Also auch hier, wie immer in der Bibel, eine sehr uneinheitliche Gemengelage.
Das stimmt. - Die Bibeltexte spiegeln oft den Erkenntnis-Stand der Textverfasser wider - das ist im AT schon so. - Und je nach EIGENER Weltanschauung interpretiert man es unterschiedlich:

Du sagst: Anfangs haben sie Jesus richtig verstanden und haben sich korrigiert, weil sie erkannt haben, dass Jesu Worte falsch sagen.
Ich sage: Anfangs haben sie Jesus NICHT richtig verstanden und haben es erst mit der Zeit gecheckt.

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#356 Re: Neuzeitliche Exegese der Bibel

Beitrag von closs » So 4. Jan 2015, 14:49

Pluto hat geschrieben:Dass ihnen das gepredigt wurde?
Vordergründig möglich - im Gesamt-Kontext eigentlich unmöglich. - Ich sehe es so, dass die Jünger erst kapieren mussten, was Jesus da eigentlich gesagt hatte - das ist ein gängiges Motiv in der Bibel.
Pluto hat geschrieben:Es ist die naheliegendste Interpretation.
In den Koordinaten der spirituell neutralen h.k.W. ist das wahrscheinlich so. - Aber das ändert nichts.

Pluto hat geschrieben:Und die vielen Bibelwissenschaftler sind auch nicht gerade alle Vollpfosten.
Nein - aber Kinder ihrer Weltanschauung/Koordinaten. - INNERHALB dieser Koordinaten sind sie ganz sicher KEINER Vollpfosten.

Pluto hat geschrieben:Bei einem könntest du ja recht noch haben, aber bei allen, wird deine Vermutung immer zweifelhafter.
"Das Volk verstand ihn nicht" kommt oft in der Bibel vor. - Das heisst NICHT, dass das Volk einen durchschnittlich geringeren IQ als die Jünger hatte (überhaupt nicht), sondern dass die spirituelle Formatierung beider Gruppen vollkommen unterschiedlich ist. - Dieser Paradigmen-Wechsel des Welt-, Menschen- und Gottesbildes war ja so groß, dass nicht einmal die Jünger überall mitziehen konnten - eben weil sie sich innerhalb ihrer Heilsgeschichte noch entwickeln mussten.

Nimm mal die heutige Zeit (beliebiges Beispiel): Heute meinen viele Menschen WIRKLICH, dass KiTa und erwerbstätigen Mutter für alles Seiten besser ist als das traditionelle Muster der Familie zu Hause. - Warum ist das so? Weil sich über Jahrzehnte ein Paradigmenwechsel durchgesetzt hat. - Wenn man das jetzt übertragen würde, könnte man sagen: "Einige von Euch jungen Menschen, die unter den Koordinaten x aufgewachsen seid, werden den Tod nicht schmecken, bis Ihr erkennt, dass diese Koordinaten falsch sind".

Oder nimm die Vorkriegszeit und die Nachkriegszeit: Es hat in Deutschland bis in die 70er Jahre gedauert, bis ein Paradigmen-Wechsel in Richtung Demokratie halbwegs gelungen ist. - Das sind Prozesse.

So ist das hier auch: Je nach Koordinaten-System/Weltanschauung kommt man zu unterschiedlichen Beurteilungen im Thema "Parusie".

Salome23 hat geschrieben:Doch nicht etwa "40 Jahre"?
Nee - aber 30. - Irgendwann fiel es mir wie Schuppen von den Haaren. :lol: - Im Ernst: Da hat man etwas aufgenommen, das lange ruht - und irgendwann kommt die eigene Erkenntnis, die plötzlich dazu passt. - Und dann weiss man: "Ach sooo hat das Goethe gemeint".

Bei anderen wird es erst gar nicht aufgenommen ODER es wird aufgenommen, aber nie mehr berührt - wie's halt kommt.

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#357 Re: Neuzeitliche Exegese der Bibel

Beitrag von sven23 » So 4. Jan 2015, 15:06

closs hat geschrieben:Nein - das habe ich aber erklärt. - Jesus sagt etwas, von dem er weiss, dass es erst in einem Prozess verstanden werden kann (oder gar nicht).

Jesus spricht in Gleichnissen zu seinem einfachen Publikum, damit er Sachverhalte anschaulich erklären kann, und weiß aber, daß er nicht verstanden wird. Findest du, das ist ein sinnvolles Konzept für den Erlöser der Menschheit?

closs hat geschrieben: Behauptung, für die es genauso viel Pros wie Contras gibt - es hängt vom eigenen Weltbild ab und nicht von Jesus.

Doch, gerade von Jesus, von wem denn sonst? Gibt es denn irgendeine Stelle, in der Jesus explizit vom Zeitrahmen einer Menschgeneration abrückt? Daß er sich innerhalb des Zeitrahmens auf kein festes Datum festlegen läßt, ist geschenkt.

Erst nachdem die erste Generation schon vergangen ist, wird in späteren Texten von der Naherwartung abgerückt. Das ist völlig eindeutig auch für nicht historisch kritische Leser.
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
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#358 Re: Neuzeitliche Exegese der Bibel

Beitrag von sven23 » So 4. Jan 2015, 15:08

Salome23 hat geschrieben:
closs hat geschrieben: Ich habe Jahrzehnte gebraucht, bis ich Goethes "Alles Vergängliche ist nur ein Gleichnis" verstanden habe - obwohl es mein alter Prof ständig zitiert hat.
Doch nicht etwa "40 Jahre"? ;)

Also bei allem Respekt, aber nach der Homöopathie-Debatte wundert mich bei unserem Kurt nichts mehr. :lol:
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
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#359 Re: Neuzeitliche Exegese der Bibel

Beitrag von Pluto » So 4. Jan 2015, 15:12

closs hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:Es ist die naheliegendste Interpretation.
In den Koordinaten der spirituell neutralen h.k.W. ist das wahrscheinlich so. - Aber das ändert nichts.
Was ist h.k.W.? Das hier?

closs hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:Und die vielen Bibelwissenschaftler sind auch nicht gerade alle Vollpfosten.
Nein - aber Kinder ihrer Weltanschauung/Koordinaten. - INNERHALB dieser Koordinaten sind sie ganz sicher KEINER Vollpfosten.
Du willst doch jetzt sicher nicht weismachen wollen, dass alle Bibelwissenschaftler Agnostiker sind, und deshalb nicht fähig seien, die Nahrerwartung der Endzeit zu erkennen?
Es besteht immerhin ein Konsens unter den Experten, die weitaus mehr Gewicht hat als irgendwelche Privatmeinungen.

closs hat geschrieben:"Das Volk verstand ihn nicht" kommt oft in der Bibel vor. - Das heisst NICHT, dass das Volk einen durchschnittlich geringeren IQ als die Jünger hatte (überhaupt nicht), sondern dass die spirituelle Formatierung beider Gruppen vollkommen unterschiedlich ist.
Wenn es Absicht war, das Volk in die Irre zu führen, dann hast du Recht. Aber warum sollte er nicht deutlich und für alle verständlich reden?

closs hat geschrieben:Das sind Prozesse.
Die eingetreten sind.
Nur, die gepredigte Naherwartung der Endzeit ist eben nicht eingetreten.
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

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#360 Re: Neuzeitliche Exegese der Bibel

Beitrag von Andreas » So 4. Jan 2015, 15:14

sven23 hat geschrieben:Jesus spricht in Gleichnissen zu seinem einfachen Publikum, damit er Sachverhalte anschaulich erklären kann, und weiß aber, daß er nicht verstanden wird. Findest du, das ist ein sinnvolles Konzept für den Erlöser der Menschheit?
Offensichtlich!
Mk 4,10-12 hat geschrieben:Und als er allein war, fragten ihn, die um ihn waren, samt den Zwölfen, nach den Gleichnissen.
Und er sprach zu ihnen: Euch ist das Geheimnis des Reiches Gottes gegeben; denen aber draußen widerfährt es alles in Gleichnissen, damit sie es mit sehenden Augen sehen und doch nicht erkennen, und mit hörenden Ohren hören und doch nicht verstehen, damit sie sich nicht etwa bekehren und ihnen vergeben werde.
Da schaugst, gell?

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