Neuzeitliche Exegese der Bibel

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Pluto
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#341 Re: Neuzeitliche Exegese der Bibel

Beitrag von Pluto » So 4. Jan 2015, 11:52

closs hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:An vielen Stellen der Bibel wird von der Naherwartung berichtet.
Zunächst wird erst einmal von der "Erwartung" gesprochen - ob nah oder fern ist Interpretation.
Nein. Es wird immer wieder von der zeitnahen Wiederkunft geschrieben.
Das frühe biblische Christentum war laut Meinung der allermeisten Bibel-Historiker klar eine Endzeitreligion.

Der rote Faden, die Botschaft des NT is eindeutig: Das Ende der Welt ist nah (zieht euch warm an, Leute).

"Denn es wird sich ein Volk gegen das andere erheben und ein Königreich gegen das andere; und es werden Hungersnöte sein und Erdbeben hier und dort. Das alles aber ist der Anfang der Wehen" spricht für Späterwartung.
Es spricht eher für Unwissen.
Hier zeigt sich deutlich der Unterschied zwischen Gewissheit und Wissen: Man war sich gewiss, das der Zeitpunkt nahe ist, aber um dies nicht zu übertreiben, ließ man sich solche Hintertürchen offen.

Demnach spräche aus meiner Sicht viel für eine späte geschichtliche Erwartung und viel für eine frühe persönliche Erwartung - manche werden das Kommen Jesu in sich selber noch erleben, bevor sie "den (Daseins-) Tod schmecken" (andere halt erst danach).
Tut mir leid, aber ich kann mich der Interpretation nicht anschließen.

Wie würdest Du (nur EIN Beispiel) dasobengenannte Zitat interpretieren: "Denn es wird sich ein Volk gegen das andere erheben und ein Königreich gegen das andere; und es werden Hungersnöte sein und Erdbeben hier und dort. Das alles aber ist der Anfang der Wehen" ---???---
Für den Zeitpunkt der Parusie irrelevant: Das ist so nebulös formuliert, dass es alles und nichts bedeuten kann.
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

Salome23
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#342 Re: Neuzeitliche Exegese der Bibel

Beitrag von Salome23 » So 4. Jan 2015, 12:14

[b][color=#800000]sven23[/color][/b] hat geschrieben:
closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Wenn dem so wäre, wäre das erhoffte Ereignis ja längst eingetreten, als Paulus und Petrus ihre Briefe verfaßten.
War es ja auch.
Moment, da entsteht ein neues Problem.
Nein, denn ihr redet von zwei verschiedenen Angelegenheiten
Du sprichst die Wiederkunft Jesus in der Endzeit an
closs aber das "Reich Gottes"
closs hat geschrieben:Weil sie dasselbe nicht gecheckt haben wie heute offensichtlich die Histroisch-Kritischen: Sie haben "das Reich Gottes" als äußeres Phänomen und nicht als inneres Phänomen verstanden. - "Phyloenetisch" ist es ein äußeres Phänomen, "ontogenetisch" ist es ein inneres Phänomen.

Quelle

sven23 hat geschrieben: Wenn Petrus selbst Zeuge der Verklärung Jesu war, warum schrieb er dann noch:
Weil er hier die Wiederkunft Christi in der Endzeit (Matthäus 24/Markus 13) ansprach

9 Der Herr verzögert nicht die Verheißung, wie es einige für eine Verzögerung halten, sondern er ist langmütig euch gegenüber, da er nicht will, dass irgendwelche verloren gehen, sondern dass alle zur Buße kommen.
10 Es wird aber der Tag des Herrn kommen wie ein Dieb; an ihm werden die Himmel mit gewaltigem Geräusch vergehen, die Elemente aber werden im Brand aufgelöst und die Erde und die Werke auf ihr im Gericht erfunden werden2

Salome23
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#343 Re: Neuzeitliche Exegese der Bibel

Beitrag von Salome23 » So 4. Jan 2015, 12:53

[b][color=#408000]Andreas[/color][/b] hat geschrieben: Ist jetzt ein wenig lang geworden.
Danke für deine Gedanken (zu dem Thema), die du "uns" mitgeteilt hast :)

Andreas hat geschrieben:Die "Nachfolge" wiederum schließt direkt an die erste Ankündigung des Leidens und der Auferstehung an und endet mit
Er aber wandte sich um, sah seine Jünger an und bedrohte Petrus und sprach: Geh weg von mir, Satan! Denn du meinst nicht, was göttlich, sondern was menschlich ist.
Das muss man alles im Zusammenhang sehen, dann wird auch klar, warum Jesus den Petrus mit auf den Berg nimmt: Damit er einen Blick für das Göttliche bekommt, und das Menschliche nicht mehr so wichtig nimmt.
Ok-kann sein , das dies ein Grund war.
Johannes nahm er wohl mit, weil dieser der Jünger war, den Jesus lieb hatte.
Aber was hats mit Jakobus auf sich? Warum nahm er den mit?

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sven23
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#344 Re: Neuzeitliche Exegese der Bibel

Beitrag von sven23 » So 4. Jan 2015, 12:55

Salome23 hat geschrieben: Nein, denn ihr redet von zwei verschiedenen Angelegenheiten
Du sprichst die Wiederkunft Jesus in der Endzeit an
closs aber das "Reich Gottes"

Das wäre ja ein grandioses Mißverständnis. Aber ich denke, wir haben hier oft genug über die Parusie, die Naherwartung gesprochen, daß er das schon kapiert hat, worum es geht.


Salome23 hat geschrieben: Weil er hier die Wiederkunft Christi in der Endzeit (Matthäus 24/Markus 13) ansprach.

Dazu muß ich etwas aushohlen. Halman hatte folgende Stelle
(Mk 9,1): "Und er sprach zu ihnen (den Jüngern): Wahrlich, ich sage euch: Es stehen einige hier, die werden den Tod nicht schmecken, bis sie sehen das Reich Gottes kommen mit Kraft."

als die Erfüllung der Naherwartung durch die Verklärung von Petrus u.a. interpretiert.

Aber was für einen Sinn macht es, bei einem Ereignis, das in wenigen Tagen eintritt, davon zu sprechen, daß die Leute bis dahin noch nicht gestorben sind?
Zum anderen kann Petrus selber als Augenzeuge das nicht als Erfüllung der Naherwartung angesehen haben, sonst würde er nicht im 2. Petrusbrief nach Entschuldigungen für die nicht erfüllte Naherwartung suchen und diese in die Ferne verlagern.

Salome23 hat geschrieben: Der Herr verzögert nicht die Verheißung, ....

Interessant ist auch, daß Petrus seinen Verweis in die Ferne nicht als Verzögerung sieht, im Gegensatz zu Paulus, der den Gedanken der Parusieverzögerung entwickelte.
Also auch hier, wie immer in der Bibel, eine sehr uneinheitliche Gemengelage.
Aber auch hier ist zu erkennen, je später die Texte verfaßt wurden, desto mehr rücken sie von der Naherwartung ab, aus verständlichen und nachvollziehbaren Gründen.
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
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Andreas
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#345 Re: Neuzeitliche Exegese der Bibel

Beitrag von Andreas » So 4. Jan 2015, 13:10

Salome23 hat geschrieben:Ok-kann sein , das dies ein Grund war.
Johannes nahm er wohl mit, weil dieser der Jünger war, den Jesus lieb hatte.
Aber was hats mit Jakobus auf sich? Warum nahm er den mit?
Simon, Johannes und Jakobus waren wohl der "harte Kern", der innerste Kreis seiner Jünger. Diese drei tauchen oft zusammen auf, wie zum Beispiel im Garten Gethsemane. Sie bekamen auch als einzige Spitznamen. Petrus (Fels) und die Boanerges (Donnersöhne) - was ja auch sehr gut zu der Verklärung auf dem Berg (Fels) und der Stimme aus der Wolke (Donner) passt. Purer Zufall oder ein "Wink mit dem Zaunpfahl" auf die Wichtigkeit dieses Themas?

Ich glaube es ist kein Zufall. Das hat man oft in der Bibel, dass die Figuren so heißen, wie das, was in den Erzählungen geschieht: Adam = Mensch, Eva = ins Leben rufen, Leben spenden, Noah = Trost - das geht in einer Tour so weiter.

Noch was zur Verklärung. Die Apostel haben vermutlich gar nicht kapiert, dass sich ihre Wahrnehmung veränderte. Ihnen kam es so vor als hätte Jesus sich verändert oder verklärt - und so haben sie es dann eben auch überliefert.
Zuletzt geändert von Andreas am So 4. Jan 2015, 13:34, insgesamt 1-mal geändert.

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#346 Re: Neuzeitliche Exegese der Bibel

Beitrag von Salome23 » So 4. Jan 2015, 13:32

sven23 hat geschrieben: Dazu muß ich etwas aushohlen. Halman hatte folgende Stelle
(Mk 9,1): ]"Und er sprach zu ihnen (den Jüngern):
Wahrlich, ich sage euch: Es stehen einige hier, die werden den Tod nicht schmecken, bis sie sehen das Reich Gottes kommen mit Kraft."
1.)-zu "Reich Gottes"
Mt 12,28 Wenn ich aber die bösen Geister durch den Geist Gottes austreibe, so ist ja das Reich Gottes zu euch gekommen.
2.) zu deiner angeführten Bibelstelle: Bis sie das Reich Gottes kommen sehen mit Kraft
MMn nach ist das "Pfingsten"-der Beginn des Aufbaus des neuen "lebendigen" Tempels= Reich Gottes (Leib Christi)
Apostelgeschichte 2

37 Als sie aber das hörten, drang es ihnen durchs Herz, und sie sprachen zu Petrus und den anderen Aposteln:
Was sollen wir tun, ihr Brüder?
38 Petrus aber sprach zu ihnen: Tut Buße, und jeder von euch lasse sich taufen auf den Namen Jesu Christi zur Vergebung eurer Sünden!
Und ihr werdet die Gabe des Heiligen Geistes empfangen.
39 Denn euch gilt die Verheißung und euren Kindern und allen, die in der Ferne sind, so viele der Herr, unser Gott, hinzurufen wird.
40 Und mit vielen anderen Worten legte er Zeugnis ab und ermahnte sie und sagte: Lasst euch retten aus diesem verkehrten Geschlecht!
41 Die nun sein Wort aufnahmen, ließen sich taufen; und es wurden an jenem Tag etwa dreitausend Seelen hinzugetan.
42 Sie verharrten aber in der Lehre der Apostel und in der Gemeinschaft, im Brechen des Brotes und in den Gebeten.
43 Es kam aber über jede Seele Furcht, und es geschahen viele Wunder und Zeichen durch die Apostel.
44 Alle Gläubiggewordenen aber waren beisammen und hatten alles gemeinsam;
45 und sie verkauften die Güter und die Habe und verteilten sie an alle, je nachdem einer bedürftig war.
46 Täglich verharrten sie einmütig im Tempel und brachen zu Hause das Brot, nahmen Speise mit Jubel und Schlichtheit des Herzens,
47 lobten Gott und hatten Gunst beim ganzen Volk.
Der Herr aber tat täglich hinzu, die gerettet werden sollten.

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#347 Re: Neuzeitliche Exegese der Bibel

Beitrag von closs » So 4. Jan 2015, 14:04

sven23 hat geschrieben:Ach komm schon, so bescheuert muß man die h.k.M. nun auch nicht hinstellen.
Es war ja auch Satire - trotzdem sind h.k.M. und Wortwörtliche hierin strukturell verschwistert.

sven23 hat geschrieben:Und wenn die Jünger ihn (Jesus) nicht verstanden haben, hat er doch alle Zeit der Welt, die Mißverständnisse zu korrigieren.
Nein - das habe ich aber erklärt. - Jesus sagt etwas, von dem er weiss, dass es erst in einem Prozess verstanden werden kann (oder gar nicht).

Nimm doch mal das Forum: Du merkst doch, wie ungeheuer schwer es ist, aus dem einen Weltbild in ein anderes Weltbild zu vermitteln. - Ich habe Jahrzehnte gebraucht, bis ich Goethes "Alles Vergängliche ist nur ein Gleichnis" verstanden habe - obwohl es mein alter Prof ständig zitiert hat.

sven23 hat geschrieben: Jedenfalls widerspricht es nicht der Naherwartung innerhalb einer Generation/Menschenlebens.
Naja - da muss man aber sehr großzügig interpretieren. - Warum kann man nicht in den Kern gehen und die Sache geistig verstehen?

sven23 hat geschrieben:Die Naherwartung ist ein geschichtliches Faktum
Ja

sven23 hat geschrieben:das durch Aussagen Jesu befördert wird.
Behauptung, für die es genauso viel Pros wie Contras gibt - es hängt vom eigenen Weltbild ab und nicht von Jesus.

Münek hat geschrieben: Entsprechende Aussagen sind ihm von Matthäus in dessen etwa im Jahr 80 n. Chr. verfassten Evangelium (16:18) nachträglich in den Mund gelegt worden.
Gut möglich (zumal das Wort "Ecclesia" meines Wissens nur an dieser Stelle vorkommt). Matthäus hat das tatsächlich möglicherweise selbst hinzugefügt oder Jesus falsch verstanden. - Aha - das gibt es also doch? :devil:

Münek hat geschrieben:Sagt Dir übrigens der Begriff "Parusieverzögerung" etwas?
Selbstverständlich - darüber wurde ausführlich gesprochen. - Die Urchristen (oder viele davon) haben es tatsächlich so interpretiert - sie haben gemeint, Jesus komme noch geschichtlich zu ihren Lebzeiten. - Was sagt das aus?

Pluto
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#348 Re: Neuzeitliche Exegese der Bibel

Beitrag von Pluto » So 4. Jan 2015, 14:08

closs hat geschrieben:Die Urchristen (oder viele davon) haben es tatsächlich so interpretiert - sie haben gemeint, Jesus komme noch geschichtlich zu ihren Lebzeiten. - Was sagt das aus?
Dass ihnen das gepredigt wurde?
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

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#349 Re: Neuzeitliche Exegese der Bibel

Beitrag von closs » So 4. Jan 2015, 14:12

Pluto hat geschrieben:Der rote Faden, die Botschaft des NT is eindeutig: Das Ende der Welt ist nah (zieht euch warm an, Leute).
Das ist bereits eine Interpretation. - Die Botschaft ist: Ab sofort ist das Himmelreich nah (was es im AT nicht war). - Ab sofort ist das "Gericht" ("Bewahrheitung") nah - im SCheol gab es kein Gericht, da er ein Wartestand war. - Ab sofort wird es ernst. - Dass das einen bedrohlichen Unterton hatte und keinen Froh-Botschaft-Charakter, halte ich persönlich ebenfalls für eine Kontaminierung - aber da wäre ein anderer Thread.

Pluto hat geschrieben:Man war sich gewiss, das der Zeitpunkt nahe ist, aber um dies nicht zu übertreiben, ließ man sich solche Hintertürchen offen.
Das ist aber arg hingebogen. - Aus meiner Sicht wäre es empfehlenswerter, es aus seinem geistigen Kern heraus zu verstehen.

Pluto hat geschrieben:Tut mir leid, aber ich kann mich der Interpretation nicht anschließen.
Das geht auch nur, wenn man mit dem spirituellen Ansatz kommt. - Der Gag dabei ist: Das ist eigentlich der Ansatz des Christentums, also Jesu. - Das ist etwas, was die h.k.M. allem Anschein nach vollkommen übersieht.

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Andreas
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#350 Re: Neuzeitliche Exegese der Bibel

Beitrag von Andreas » So 4. Jan 2015, 14:16

Pluto hat geschrieben:
closs hat geschrieben:Die Urchristen (oder viele davon) haben es tatsächlich so interpretiert - sie haben gemeint, Jesus komme noch geschichtlich zu ihren Lebzeiten. - Was sagt das aus?
Dass ihnen das gepredigt wurde?
Nee, nee. Die Urchristen damals haben das genau so falsch verstanden wie Sven23, Münek, Pluto uva. heute noch. Oder wäre das undenkbar?

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