Daniel 1,1-2 (Luther):
Im dritten Jahr der Herrschaft Jojakims, des Königs von Juda, zog Nebukadnezar, der König von Babel, vor Jerusalem und belagerte es.
2 Und der Herr gab in seine Hand Jojakim, den König von Juda, und einen Teil der Geräte aus dem Hause Gottes. Die ließ er ins Land Schinar bringen, in den Tempel seines Gottes, und tat die Geräte in die Schatzkammer seines Gottes.
Jojakim regierte über Juda nach meinen Unterlagen von -608 bis -598. Die Zählung der 70 Jahre bis zur Rückkehr aus dem Exil begann danach mit der Überführung Daniels und dessen Freunde an den Hof Nebukadnezars. Ähnlich die Zählung der 430 Jahre Aufenthalt der Stämme Israels in Ägypten bis zum Exodus, die mit dem Verkauf Josephs an eine Karawane durch seine Brüder und den Weiterverkauf an den Ägypter Potifar beginnt...
Ebenso wie Joseph eine herausragende Stellung in der Geschichte der Menschheit einnimmt, ist Daniels Einfluss durch seine die Weltgeschichte betreffenden Vorhersagen von nicht zu überschätzender Bedeutung. Ich weiß selbstverständlich gut genug, was Theologen und Historiker von den Vorhersagen halten. Diese Experten sind gewiss keine Schwachköpfe, doch mit ihre Haltung stellen sie sich nicht als Freunde der Menschheit dar. Denn diese Einstellung gestattet ihnen nicht, das Buch Daniel als historisch einwandfrei zu akzeptieren. Ähnlich ihre Haltung zum Schöpfungs- und dem Flutbericht.
Auch wenn die Naturalisten im Quadrat springen: Die insbesondere für unsere Zeit höchst bedeutungsvollen Vorhersagen im Danielbuch können nicht hoch genug eingeschätzt werden. Daher ist es selbstverständlich wichtig, die Zuverlässigkeit der Vorhersagen nicht durch nicht berechtigte Zweifel an der 70jährigen Dauer des Exils der “Juden†70 Jahren in Frage zu stellen.
Die Abwicklung der Vorhersage beschreibt Flavius Josephus in seinem Werk “Jüdische Altertümer†wie folgt:
1. Im ersten Jahr der Regierung des Cyrus, dem siebzigsten seit der Überführung unseres Volkes nach Babylon, erbarmte sich Gott der Gefangenschaft und der Drangsal, welche jene Ünglücklichen ertragen mussten, wie er ihnen durch den Seher Jeremia vorhergesagt hatte, ehe die Stadt zerstört wurde: nachdem sie Nabuchadnosor und seinen Nachfolgern als Knechte gedient und diese Sklaverei siebzig Jahre lang erduldet hätten, werde er sie wieder in ihr Heimatland zurückführen, damit sie den Tempel aufbauen und ihr früheres Glück wiedergewinnen können. Dieser Verheißung getreu bewog Gott den Cyrus, in ganz Asien ein Rundschreiben zu erlassen folgenden Inhalts: “Also spricht der König Cyrus: Da mich der allmächtige Gott zum Könige des Erdkreises gemacht hat, glaube ich, dass er es ist, den das Volk der Israeliten anbetet. Er hat durch die Propheten meinen Namen vorhersagen und verkünden lassen, dass ich seinen Tempel zu Jerusalem im Lande Judaea wieder aufbauen würde.â€
2. Das hatte der König erfahren bei der Lesung des Buches der Weissagungen, welches Esaias zweihundertzehn Jahre früher geschrieben hatte. Dieser verkündete nämlich, Gott habe ihm insgeheim offenbart: “Ich will, dass Cyrus, den ich zum König über viele und große Völkerschaften gemacht habe, mein Volk in sein Heimatland zurücksende und meinen Tempel wieder aufrichte.†So prophezeite Esaias einhundertvierzig Jahre vor der Zerstörung des Tempels. Als Cyrus es gelesen hatte, bewunderte er Gottes Vorsehung und ward von regem Eifer erfüllt, dasjenige auszuführen, was geschrieben stand. Er ließ daher die vornehmsten Juden in Babylon zusammenkommen und sagte ihnen, er gebe ihnen die Erlaubnis, in ihr Vaterland zurückzukehren, um die Stadt Jerusalem und den Tempel Gottes wieder aufzubauen. Gott selbst werde sie dabei unterstützen: er aber wolle seinen Beamten und Satrapen in den an das Land der Juden grenzenden Provinzen schreiben, dass sie ihnen Gold und Silber zum Tempelbau wie auch Vieh zu den Opfern lieferten.
3. Als Cyrus den Israeliten diese Erlaubnis gegeben, machten sich die Oberhäupter der beiden Stämme Juda und Benjamin sowie die Leviten und Priester sogleich auf den Weg nach Jerusalem.
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Flavius Josephus: Jüdische Altertümer. Darmstadt 1982, XI, 1, 1-3.
Übliche Antwort darauf ist, die “Juden†hatten Cyrus getäuscht, oder Josephus hatte die den “Juden†gefällige Geschichte erfunden.