Neuzeitliche Exegese der Bibel

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sven23
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#71 Re: Neuzeitliche Exegese der Bibel

Beitrag von sven23 » So 28. Dez 2014, 19:22

closs hat geschrieben:Da ist was dran. - Wenn man von sich aus nicht checkt, wo's lang geht, wird man angreifbar. - Aber selbst dann kann man seine Studien in einem anderen Department weiterführen - meinetwegen "Kulturwissenschaften" o.ä. - Ich wende mich nur dagegen, dass die "Lehre von Gott" in eine "Lehre gegen Gott" bei Beibehaltung des Begriffs "Theologie" betrieben wird.

Gott muß sich auch Kritik gefallen lassen. Das ist der Unterschied zu früheren Jahrhunderten oder zu heutigen Koranschulen, wo nur auswendig gelernt wird und geistige Zuchtmeister herangezüchtet werden.

closs hat geschrieben: "Ich bin nicht gekommen, um wegzuwerfen, sondern um es aufzuheben!" - so ähnlich. - Es ist noch da, aber zugunsten einer höheren Interpretation außer Kraft gesetzt - die alte Interpretation geht in das Höhere der neuen Interpretation auf.
Nein - das "aufheben" gehört inhaltlich dahin, wo das "erfüllen" steht. - Für dialektische Deutungen ist Deine Übersetzung irreführend.

Das komische ist nur mal wieder, daß keine einzige Übersetzung mit "aufzuheben" übersetzt, sondern alle mit "erfüllen". Das ist mal wieder closssche Exegese. ;)
Nach deiner Version hieße der Satz ja so:
"Denkt nicht, ich sei gekommen, um das Gesetz und die Propheten aufzuheben. Ich bin nicht gekommen, um aufzuheben, sondern um es aufzuheben." :lol:

Nur was das konkret heißen soll, wenn die alte Interpretation in die neue aufgehen soll, bleibt im Unklaren.


closs hat geschrieben: Das ist ok - "adaptieren" sagt man dazu.

Eine Doktorarbeit, die nur aus Adaption besteht, ist nicht viel wert. :lol:
Ok, die Eigenleistung der Bibelschreiber war, daß sie vorhandene Mythen mit der Person des Wandpredigers verbanden. Aber neu war das alles nicht, wie immer gerne behauptet wird.
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
George Orwell

closs
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#72 Re: Neuzeitliche Exegese der Bibel

Beitrag von closs » So 28. Dez 2014, 19:44

Münek hat geschrieben:kann ich mir diesen "Paradigmenwechsel" nur so erklären, dass die Professoren an den Fakultäten allesamt vom Satan besessen sind.
Du übertreibst - zumal ich es immer noch für möglich halte, dass bspw. Bultmann weit differnzierter denkt, als er hier dargestellt wird. - Allein sein Bekenntnis zur Dialektischen Theologie spricht dafür.

Ansonsten kann jeder machen, was er will - es geht hier um die Frage des Etikettenschwindels, und das muss ja nicht sein.

sven23 hat geschrieben:Gott muß sich auch Kritik gefallen lassen.
Du kannst ihn angreifen, ihn verprügeln, ihn kritisieren - alles möglich. - Aber "müssen" tut Gott gar nichts.

sven23 hat geschrieben:Das ist der Unterschied zu früheren Jahrhunderten oder zu heutigen Koranschulen, wo nur auswendig gelernt wird und geistige Zuchtmeister herangezüchtet werden.
Du hat also die Geistlichen gemeint - das ist etwas anderes - und bei uns wirklich nicht ein Thema, um das man kämpfen müsste.

Allerdings genügen hier die Rituale unserer Meinungs-Gesellschaft NICHT - Selbst-Profilierung durch "Was wird noch nicht gemeint? - Dann mein ich das halt mal" oder andersrum "Was ist zur Zeit in" geht hier nicht.

sven23 hat geschrieben: "Ich bin nicht gekommen, um aufzuheben, sondern um es aufzuheben."
Nein - sondern: "Ich bin nicht gekommen, um aufzuheben, sondern um zu kommen." :geek:

sven23 hat geschrieben:Das komische ist nur mal wieder, daß keine einzige Übersetzung mit "aufzuheben" übersetzt, sondern alle mit "erfüllen".
"Erfüllung" IST Aufhebung im dialektischen Sinn. - Übersetzer müssen ja nicht Hegel nach dem Mund reden - aber zur Erklärung ist es halt wichtig. - Du erinnerst Dich: Du hast "aufheben" nur im Sinne von "auflösen" verstanden - und dieser Irrtum lässt sich über Hegel ganz gut klären.

sven23 hat geschrieben:Aber neu war das alles nicht, wie immer gerne behauptet wird.
Bereits das Gilgamesch-Epos (2Jt v.Chr) beginnt mit der Feststellung, dass eigentlich schon alles gesagt sei. - Es gibt Archetypen, die in vielen Kulturen ähnlich sind - was schließen wir daraus? :?: :geek:

Die Ferse von Achilles und die Lindenblatt-Stelle bei Siegfried bedienen denselben Archetypus - und bestimmt findet man sowas auch im alten China.

Salome23
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#73 Re: Neuzeitliche Exegese der Bibel

Beitrag von Salome23 » So 28. Dez 2014, 20:04

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben: "Ich bin nicht gekommen, um aufzuheben, sondern um es aufzuheben."
Nein - sondern: "Ich bin nicht gekommen, um aufzuheben, sondern um zu kommen." :geek:
:?:

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sven23
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#74 Re: Neuzeitliche Exegese der Bibel

Beitrag von sven23 » So 28. Dez 2014, 20:12

closs hat geschrieben:Du kannst ihn angreifen, ihn verprügeln, ihn kritisieren - alles möglich. - Aber "müssen" tut Gott gar nichts.

Verprügeln, wie soll das gehen?
Aber er hat sich so einiges gefallen lassen, z.B. daß die Menschen ihm seine Gefährtin Aschera weggenommen haben. Ich hätte denen was gehustet. :lol:

closs hat geschrieben: Nein - sondern: "Ich bin nicht gekommen, um aufzuheben, sondern um zu kommen." :geek:

????

closs hat geschrieben: Bereits das Gilgamesch-Epos (2Jt v.Chr) beginnt mit der Feststellung, dass eigentlich schon alles gesagt sei. - Es gibt Archetypen, die in vielen Kulturen ähnlich sind - was schließen wir daraus? :?: :geek:

Daß die Bibelschreiber auch diese Geschichte klauen, äh, adaptieren, und sie die Noah Geschichte nennen.

closs hat geschrieben: Die Ferse von Achilles und die Lindenblatt-Stelle bei Siegfried bedienen denselben Archetypus - und bestimmt findet man sowas auch im alten China.

Eben und Achilles und Siegfried waren mythologische Figuren und keine historischen.
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sven23
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#75 Re: Neuzeitliche Exegese der Bibel

Beitrag von sven23 » So 28. Dez 2014, 20:13

Salome23 hat geschrieben:
closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben: "Ich bin nicht gekommen, um aufzuheben, sondern um es aufzuheben."
Nein - sondern: "Ich bin nicht gekommen, um aufzuheben, sondern um zu kommen." :geek:
:?:

Das versteht nur einer......sie nannten ihn closs. :lol:
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#76 Re: Neuzeitliche Exegese der Bibel

Beitrag von R.F. » So 28. Dez 2014, 21:36

Münek hat geschrieben:
closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Man sagt ja nicht umsonst, daß der beste Weg zum Agnostiker/Atheist ein Theologiestudium ist.
Da ist was dran. - Wenn man von sich aus nicht checkt, wo's lang geht, wird man angreifbar. - Aber selbst dann kann man seine Studien in einem anderen Department weiterführen - meinetwegen "Kulturwissenschaften" o.ä. - Ich wende mich nur dagegen, dass die "Lehre von Gott" in eine "Lehre gegen Gott" bei Beibehaltung des Begriffs "Theologie" betrieben wird.

Sollte Deine obskure Unterstellung zutreffen, kann ich mir diesen "Paradigmenwechsel"
nur so erklären, dass die Professoren an den Fakultäten allesamt vom Satan besessen
sind
. :devil: :devil: :devil:

Jaja, der "Fürst dieser Welt", der alte Drache, gibt auch in diesen "letzten Tagen" keine
Ruhe.

:lol: :lol: :lol:
Feigheit engt den Interpretations-Spielraum dieser Hochbezahlten ein...Diese Analyse habe ich übrigens von einem bekannten Theologen...

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#77 Re: Neuzeitliche Exegese der Bibel

Beitrag von closs » So 28. Dez 2014, 21:41

Salome23 hat geschrieben: :?:
Das war wirklich ein Joke, um Svens Kalauer zu toppen.

sven23 hat geschrieben:????
:!:

sven23 hat geschrieben:Eben und Achilles und Siegfried waren mythologische Figuren und keine historischen.
Durch den Mythos wird das Dasein der Menschen mit dem Ursprung des Daseins verknüpft. (frei nach wik) - Es ist irrig, in Historie mehr Wahrheit als in Mythen zu wähnen.

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Münek
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#78 Re: Neuzeitliche Exegese der Bibel

Beitrag von Münek » So 28. Dez 2014, 21:57

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:kann ich mir diesen "Paradigmenwechsel" nur so erklären, dass die Professoren an den Fakultäten allesamt vom Satan besessen sind.
Du übertreibst - zumal ich es immer noch für möglich halte, dass bspw. Bultmann weit differnzierter denkt, als er hier dargestellt wird. - Allein sein Bekenntnis zur Dialektischen Theologie spricht dafür.

Wenn Du so einen offenkundigen Unsinn schreibst ("Lehre gegen Gott"), darfst
Du Dich nicht wundern, wenn ich den Teufel :devil: argumentativ bemühe..

Übrigens: "Da zudem Barth, Bultmann und Brunner in den 1930er Jahren bedeu-
tende Wandlungen ihrer Theologie vollzogen, gilt zumeist 1933 als das Ende der
Dialektischen Theologie
."

(Quelle: Zitat Wiki "Dialektische Theologie")

Also alles Schnee von gestern. :thumbup:

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#79 Re: Neuzeitliche Exegese der Bibel

Beitrag von closs » So 28. Dez 2014, 22:43

Münek hat geschrieben:Also alles Schnee von gestern. :thumbup:
In geistigen Dingen ist das oft der bessere Schnee - ich kann philosophisch seit dem 20. Jh. (mild ausgedrückt) keinen Fortschritt erkennen.

Münek hat geschrieben:Wenn Du so einen offenkundigen Unsinn schreibst ("Lehre gegen Gott")
Das ist keine Frage, sondern eine Frage an die Betroffenen: "Habt Ihr das Christentum wirklich begriffen, bevor Ihr darin geforscht habt oder nicht?". - Die Zitate, die hier zu hören sind, lassen Schlimmstes befürchten. - Andererseits müsste man die Leute selber interviewen (was halt nicht mehr geht).

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Halman
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#80 Re: Neuzeitliche Exegese der Bibel

Beitrag von Halman » Mo 29. Dez 2014, 00:02

sven23 hat geschrieben:
Halman hat geschrieben: Wenn Du der schweizer Webside über Bibelkritik vertraust, ist es für mich völlig in Ordnung, ich schließe mich dem aber nicht an. Dazu bin ich zu rebellisch. ;)

Also ich bin auch nicht immer Mainstreamfähig.
Die Website ist zugegeben kritisch, aber ich habe noch keine inhaltlichen oder sachlich falschen Behauptungen gefunden.
Sie ist sehr, sehr umfangreich - viel zu umfangreich, um dies hier nebenbei zu behandeln. Es steckt wirklich sehr viel Recherche-Arbeit darin und falls sie da der eine oder andere Fehler eingeschlichen haben sollte, würde dies nicht grundsätzlich etwas die Seriösität der Quelle aussagen, denn Fehler sind menschlich.

Vieles ist sicher auch Interpretationssache.
Mir ist allerdings unter dem Frage Wann kommt Jesus wieder? auf Anhieb ein Punkt aufgefallen, der m. E. zumindest strittig ist und zwar geht es um die "Verklärung Jesu". Dazu folgende Zitate aus der hier verlinkten Webside:
Zitat von Bibelkritik:
Er wurde nicht müde, auf seine baldige Wiederkehr hinzuweisen (Mt 16,28 und Lk 9,27): "Es stehen einige hier, die werden den Tod nicht schmecken, bis sie den Menschensohn kommen sehen in seinem Reich."

(Mk 9,1): "Und er sprach zu ihnen (den Jüngern): Wahrlich, ich sage euch: Es stehen einige hier, die werden den Tod nicht schmecken, bis sie sehen das Reich Gottes kommen mit Kraft."

(Mt 16,28): "Wahrlich, ich sage euch: Es stehen einige hier, die werden den Tod nicht schmecken, bis sie den Menschensohn kommen sehen in seinem Reich."
Zwar räume ich ein, dass die Majorität der Theologen dieser Kritik gem. der Exegese zustimmt, doch verwundere ich mich über diese Interpretation.
Klaus Berger vertritt in seinem Buch "Die Bibelfälscher" eine gegenteilige Position, in der ich ihm in diesem Punkt zustimme. Aus dem Kontext (auch dem altgriechischem Grundtext) geht bei allen Synoptikern hervor, dass sich diese jesuanische Verheißung innertextlich auf die Verklärung Jesu bezieht und sich somit ca. eine Woche später gem. den Texten erfüllte (bei Bedarf kann ich dies etwas genauer ausführen). Gewiss, dies ist natürlich Glaubenssache, aber hier geht es um die innertextliche Aussage und diese verweist eben auf die Verklärung. Daher ist diese Stelle denkbar unbeeignet, um eine gescheiterte Eschatologie zu belegen.

Dies betrifft ebenfalls den folgenden Kritikpunkt, wenn auch aus einem anderen Grund:
Zitat von Bibelkritik:
(1. Jh 2,18): "Kinder, es ist die letzte Stunde! Und wie ihr gehört habt, dass der Antichrist kommt, so sind nun schon viele Antichristen gekommen; daran erkennen wir, dass es die letzte Stunde ist."
"Johannes" bezieht sich hier nach meiner bescheidenen Erkenntnis nicht auf die Apokalypse oder die parousía Jesu, sondern auf seinen baldigen Tod (vgl bitte Apg 20:29, 2Thess 2:3 u. 2Thess 2:7).
Er spricht seine christlichen "Geschwister" mit "Kinder" an. Dies passt zu den anderen johannesischen Briefen, in denen sich der Schreiber als "der Älteste" (presbýteros) bezeichnet.
Zugegeben, dies ist eine bestreitbare Interpretation, denn Du und Münek können sicher die fundierte Kritik vorbringen, dass Presbýteros im NT eine allgemeine Bezeichnung für führende Männer (Älteste) in der urchristlichen Gemeinde ist, dies muss nicht auf ein hohes Lebensalter hinweisen. Doch i.V.m. der frühkirchlichen Überlieferung und der Anrede "Kinder" scheint es mir hier doch der Fall zu sein, denn die "apostolische Autorität", mit der der Schreiber in seinen Briefen ganz selbstverständlich auftritt, scheint mir auch über der von Presbýteroi und Epískopoi zu liegen, von denen es in den angeschriebenen Gemeinden sicher viele gab. Die Stellung des Schreibers scheint mir eher vergleichbar mit Paulus und Petrus zu sein. Solange er noch dar war, konnte er den Antichristen in der Urchristengemeinde entgegenwirken. Doch es war die "letzte Stunde" und nach seinen Fortgang würden sie am Einfluss gewinnen. (Diese Interpretation ist natürlich sehr unkatholisch.)
Tja, ein Proton müsste man sein: Dann würde man die Quantenphysik verstehen, wäre immer positiv drauf und hätte eine nahezu unendliche Lebenszeit:-) - Silvia Arroyo Camejo

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