sven23 hat geschrieben:Fazit: das menschliche Gehirn ist eine Spitzenleistung der Evolution, aber es ist nicht perfekt und auch fehleranfällig in bestimmten Situationen. Unsere Wahrnehmung läßt sich täuschen.
Ja - und ich weiss jetzt möglicherweise, wo der Hase im Pfeffer liegt:
Das Gehirn ist - wie Du selbst sagst - in der Regel in der Lage, komplexe Wahrnehmungen richtig zu interpretieren - manipuliert man es bewusst im Wissen um seine Arbeitsweise, erbringt es Fehlleistungen. Das heisst: Man kann den Sinn des Gehirns situativ aushebeln - daraus schließt man dann, dass die reduktive Annäherung an das Objekt die bessere sein. - Klingt logisch.
All das fällt jedoch zusammen wie ein Kartenhaus, wenn man umgekehrt setzt, dass nicht die reduktiv fassbare Welt der Maßstab ist, sondern die eigene "con-scientia" (Mit-Wissen, Erkenntnis, etc.) - mit anderen Worten: Der Mensch ist nicht deshalb primär im Dasein, um die Natur zu erkennen, sondern um umgekehrt mithilfe der Natur sich und Gott zu erkennen. - Oder noch härter formuliert: Wäre der sogenannte "Sündenfall" nicht nötig, hätte man keine naturalistische Welt gebraucht.
Nun ist es aber so, wie ist: Wir sind im Dasein/in der naturalistischen Welt. - Nun hat man zwei Möglichkeiten: Entweder man vermisst die Welt reduktiv und interessiert sich für nichts, was nicht vermessbar ist. - Oder man interessiert sich (bei anderer Setzung) für die Existenz des Menschen an sich und deren Woher und Wohin - dann wird man nur so viel vermessen, wie man braucht.
Insofern sind optische Täuschungen nur deshalb möglich, weil der Mensch etwas konstruiert, was in Bezug auf den eigentlichen Zweck des Menschen nicht vorkommt (das Gestell des Japaners ist eine brillante Menschen-Leistung, aber keine Leistung der Natur). Es handelte also um eine Täuschung den Menschen und dessen Lebenssinn gegenüber.
Wir sprechen also von zwei Weltanschauungen mit diametralen Grundlagen: Der eine versteht die Vermessung der Welt als Aufklärung - der andere versteht geistige Erkenntnis als Aufklärung. - Im ersten Fall spricht die Missinterpretation konstruierter Situationen durch das Gehirn für das Primat der Vermessung - im zweiten Fall gilt die Konstruktion von Täuschungen als brillante Ablenkung vom eigentlichen Sinn der menschlichen Existenz.
Diese Gegenüberstellung wird man sicherlich differenzieren müssen: Aber eines scheint klar zu sein - hier prallen zwei vollkommen unterschiedliche Bilder aufeinander in Bezug auf den Sinn des Menschen.