seeadler hat geschrieben:Nein, nicht unbedingt! Denn was scheinbare Widersprüche sind, können auch vollkommen andere Kriterien sein, die in ein gegebenes Modell ebenso hineingreifen, ohne dass man dann auf die "verrückte Idee" kommen muss, an Stelle der Widersprüche flugs so etwas wie dunkle Materie und dunkle Energie einsetzen zu müssen, nur um an ein Modell festhalten zu können... das ist mir ehrlich gesagt bisweilen ein wenig "billig". Ist jedenfalls nicht mein Stil, und wäre es ganz sicher auch nicht, wenn ich euer fundamentales Wissen hätte. Mein Instinkt (nicht mein Wissen) sagt mir, hier lauft etwas gehörig schief und lenkt von der Möglichkeit einer vollkommenen Neuorientierung bzw einem Paradigmenwechsel ab.
So ein Paradigmenwechsel fällt schwer.
Die Problematik wird m. E. noch durch den Druck verschärft, in dem sich Forscher befinden, denn zum einen wird die Zahl ihrer Veröffentlichen gezählt und zum anderen wird ermittelt, wie oft sie zitiert wurden. Mir erschließt sich allerdings nicht, inwiefern die Zitationsanalyse etwas über die Qualität fachlicher Veröffentlichungen aussagt.
So ist mir berichtet wurden, dass einige Forscher sogar absichtlich falsche Werte in ihren Veröffentlichtungen plazierten, um auf diese Weise die Anzahl der Zitate zu erhöhen, denn je mehr ein Wissenschaftler zitiert wird, als je bedeutender gilt er und hierbei geht es ja auch um Forschungsgelder.
Der Scienceblogs-Artikel
Dunkle Welten V: Gibt es vielleicht doch keine Dunkle Materie? könnte Dich verleicht interessieren.
Der vermutlich beste Hinweis für die Existenz Dunkler Materie ist der Bullet-Cluster.

Gravitationslinsenverzerrungen sprechen dafür, dass sich in den indigo-blau eingefärbten Bereichen Materie befindet, die den Teleskopen im gesamten EM-Band verborgen bleibt.
Aus dem Artikel wird deutlich, dass MOND nicht imstande ist, diesen Befund völlig ohne Dunkler Materie zu erklären.
Den Bullet-Cluster mit MOND alleine zu erklären, ist aber auch recht schwierig. Mordehai Milgrom schreibt dazu selbst:
“Even after correcting with MOND you still need in the cluster some yet undetected matter in roughly the same amount as that of the visible matter.â€
Selbst mit MOND wird also immer noch Materie benötigt, die man nicht sehen kann, um die Beobachtungen zu erklären. Das spricht nicht zwingend gegen MOND, im Prinzip kann sowohl dunkle Materie existieren als auch MOND korrekt sein. Aber da MOND ja nur eingeführt wurde, um eine Alternative zur dunklen Materie zu bieten, ist es nicht sonderlich zielführend, wenn man sie nun nur gemeinsam mit dunkler Materie nutzen kann. Dann kann man sie auch gleich weglassen…
MOND
könnte sich dazu eignen, die Gravitationstheorie für intergalaktische Distanzen zu modifizieren und so Dunkle Materie einzusparen, aber völlig auf sie verzichten können wir nicht.
seeadler hat geschrieben:Ich habe so ein bisschen das Problem, euren Ausdruck "Beobachtbares, respektive auch tatsächliches Universum" einfach so hinzunehmen, als hätte da längst jemand seinen Maßstab genommen, und wäre wie mein adäquates Zimmer durch diesem geeilt, und hätte nachgemessen. Nur das ist etwas, was ich wirklich glauben kann, wenn es jemand real nachgemessen hat. Alles andere ist für mich pure Theorie. Eigentlich auch nur eine Hypothese.
Eigentlich ist Dein Modell nur eine Hypthese, richtig? Dann halte ich es für legitim, mich ebenfalls auf eine Theorie/Hypthese zu stützen. Da wir nicht wie GOTT ein Maßband anlegen können, bleibt uns auch nichts anders übrig, wenn wir darüber dskutieren wollen.
Bezüglich der Messungen und Berechnungen vertraue ich einfach den Experten. Vielleicht ist dies bequem, andererseits sehe ich für mich keine Alternative.
Sofern das Weltalter mit 13,82 Milliarden Jahren korrekt ist und sofern die berechnete Expansion ebenfalls zutreffend ist, so darf ich gem. diesen Prämissen davon ausgehen, dass der Teil, den wir sehen können (beobachtbares Universum) ca. 46,6 Milliarden Lichtjahre Radius umfasst. Alles, was hinter diesem Horizont liegt, ist nicht beobachtbar. Höchstwahrscheinlich ist das Universum größer als der Teil, den wir beobachten können.
seeadler hat geschrieben:Einer meiner ersten Gedanken, vor etwa zwanzig Jahren, als ich vom expandierenden Universum las war der: wenn ich also in den Nachthimmel schaue, so müssen mir paradoxer Weise die entferntesten Objekte eigentlich am nächsten sein. Das heißt, die entferntesten Objekte müssen zugleich diejenigen sein, die mir am nächsten sind. Das heißt, ich muss hier bei meiner Entfernungsbestimmung der beobachtbaren Objekte logischer Weise einen x-Factor mit einbeziehen, ähnlich der Gravitationskonstante, durch den ich dann den damals realen Abstand bestimme.
Dies leuchtet mir nicht ein. Warum sollten die entferntesten Objekte die nächsten sein? Was ist der x-Factor?
seeadler hat geschrieben:Den heutigen Wert bestimmen zu wollen, also den heutigen Abstand halte ich dabei für "Augenwischerei", bzw zugleich auch Anmaßung, genau zu wissen, wie sich seither alles im Kosmos entwickelt hat. Dies alles können dann allenfalls wiederum nur Modelle sein, die aber von der Wirklichkeit abwichen können.
Astronomen und Astrophysiker schauen doch in die Vergangenheit. Wie wissen, wie der Mond vor 1,28 Sekunden aussah. Wir sehen, in welchem Zustand sich α Orionis (Beteigeuze) vor ca. 642,5 (± 150) Jahren befand und wie Andromeda (M31) vor 2.200.000 Jahren aussah. Wie sehen also die Geschichte des Universums, bis wir 380.000 Jahre nach dem Anfang an eine "Grenze" stoßen, die CMB - dar früheste Licht, welches wie sehen können. So bleiben uns die ersten 380.000 Jahre verborgen, doch den größten Teil der Geschichte können wir beobachten.
seeadler hat geschrieben:Also, zu behaupten, das Universum wäre heute mehr als 46 Milliarden Lichtjahre groß halte ich denn doch - vorsichtig ausgedrückt - für sehr gewagt. Richtig hingegen wäre auf jeden Fall, wenn ich das Urknallszenario favorisiere, dass ich behaupte, die weit entferntesten Objekte sind uns allesamt am Nächsten, sie beginnen ihren Expansionsweg quasi in meinem Augapfel.
Ist diese Aussage nicht viel gewagter?
seeadler hat geschrieben:Wenn ich nun die Expansionsgeschwindigkeit zu jedem Zeitpunkt weiß, oder besser gesagt, aus meiner Beobachtungsanalyse ableite, so muss ich denn auch brav und ordentlich wie ich bin, jenen Punkt selbstverständlich in meiner Rechnung mit einfließen lassen. Und siehe, aus einem damals postulierten Größenwert von 9 Milliarden Lichtjahren wird gerade mal ein Universum von etwa maximal 4,5 Milliarden Lichtjahren. Und dann lass ich die Erkenntnis mit einfließen, dass wir eigentlich zugleich auch unseren eigenen Standort sehen, je weiter wir blicken (Carl Sagan) . jedoch von hinten, dann muss ich jenen Wert noch einmal durch 2 pi teilen, also sprich aus 4,5 Milliarden werden dann 716 Millionen Lichtjahre, in denen ich all jene beobachtbaren Objekte einfügen muss.
Bei entsprechender Geometrie wäre dies durchaus möglich. Dein Modell zeichnet sich ja u.a. durch eine völlig andere Geometrie aus.
Im Spektrum-Artikel
Ist das Universum ein Torus? steht auf Seite 28 zu diesen Gedanken ein bemerkenswerter Absatz:
In all diesen Fällen wäre das (endliche) Universum – dessen Volumen beschränkt ist – aber grenzenlos. Denn irgends stößt man an ein Ende. Wie bei einer Reise auf einem Großkreis um einen Globus würde man in jeder beliebigen Richtung irgendwann wieder am Ausgangspunkt anlangen. Im Prinzip könnte man sogar seinen eigenen Hinterkopf sehen. Auch am Himmel könnten entfernte leuchtende Objekte, ähnlich wie in einer Spiegelgalerie in unterschiedlichen Richtungen mehrfach abgebildet erscheinen.
Gleich in Deinem Modell unser Universum einer Spiegelgalerie?
seeadler hat geschrieben:Klar, so schlau wie wir aber sind, wenden wir dann einen Trick an, und lassen das Universum mal so eben mit unendlich hoher Geschwindigkeit expandieren, also mehr als der Lichtlaufzeit.
Der Raum kann global gem. der ART überlichtschnell expandieren.
seeadler hat geschrieben:Und schon bekomme ich von Anbeginn ein grenzenloses unendlich weit entferntes Universum, welches angeblich in der ersten Sekunde bis zum Zeitraum 380.000 Jahre ohne wirkliche Geschwindigkeitsbegrenzung auseinander geflogen ist.
War die Expansion in den ersten 380.000 Jahren wirklich konstant? (Das weiß ich wirklich nicht.)
Im Spektrum-Artikel über die
Inflation wird erklärt, dass sich die extrum kurze Phase beschleunigter Expansion von 10^
-36 bis 10^
-33 erreignete - eine unvorstellbar kurze und superrasante Zeit. War die Expansion des Raumes danach konstant und wenn, bis wann?
Gab es die Inflation? Das weiß ich nicht, doch halte ich dies inzwischen für wahrscheinlich.
Seit 5 bis 6 Milliarden Jahren scheint sich die Expansion unter dem Einfluss eines negativen Drucks, den wir Dunkle Energie nennen, zu beschleunigen.