Rembremerding hat geschrieben:Ja, in etwa und es ist weitaus schlimmer als ich gedacht habe.
In Deinem Beitrag sind trotzdem viele Sachen, denen ich zustimmen würde - merkwürdig.
Rembremerding hat geschrieben:dass die Ebenbildlichkeit des Menschen nur zu einem bösen Menschen geführt hat
Das "nur" würde ich streichen - ansonsten verstehe ich Luther schon: Die Ebenbildlichkeit ist, einmal aktiviert, mit Bewusstsein verbunden - dieses Bewusstsein pendelt zwischen Selbst-Maßstäblichkeit ("böse") und Gott-Maßstäblickeit ("gut"). - Aus dieser Dialektik kann sich der Mensch nicht alleine befreien.
Rembremerding hat geschrieben: er kurz davor stand einen dialektischen Gott anzunehmen
Ist mir nie aufgefallen - wie und wo das? - Mir ist eher aufgefallen, dass Luther dem Erasmus den Kopf gewaschen hat, weil dieser dem menschlichen Vermögen zuviel Macht beigemessen hat.
Rembremerding hat geschrieben: dort geht man aber so weit, dass menschliche intellektuelle Bemühungen erlösen können
Das wäre Selbst-Erlösung - dann bräuchten wir Gott im Menschen (Jesus) nicht. - Übrigens der Grund für meinen Argwohn gegenüber sogenannten "aufgeklärten" Gottesbildern - auch "Entscheidung" als Voraussetzung für Erlösung hat so was an sich.
Rembremerding hat geschrieben:damit man wieder zum "Nicht-Selbst" werden kann, um so leidlos im Nirvana aufzugehen.
Das ist selbstverständlich auch nicht christlich. - Und das ist der richtige Moment, sich zu wundern, warum die hegelsche Dialektik innerhalb der Theologie nicht verwendet (nicht verstanden?) wird: Nach Hegel ist die Dialektik eines Dualismus (hier: Selbst-Orientierung/Gott-Orientierung) aufhebbar, indem a) diese Dialektik in EINES zusammengefasst wird (also als Einzelnes "aufgehoben wird im Sinne von "gilt nicht mehr") und b) das Ich in diesem Einen "aufgehoben" wird im Sinne von "bewahrt". - Das menschliche Ich wird durch Gott-Orientierung also nicht nirwanisch zum Nicht-Selbst, sondern ganz im Gegenteil in Gott veredelt.
Rembremerding hat geschrieben:Als der Mensch sündigte, erkannte er sofort, dass er nackt war, er musste es nicht erst lernen.
Das war der erste Akt der Erkenntnis. - Hier mein Senf dazu:
3,7 Und sie erkannten, dass sie nackt waren
3,20 Adam nannte seine Frau Eva
Was ist Erkennen? – Unter ontologischen Gesichtspunkten ist „Erkennen“ die bewusste Unterscheidungsfähigkeit zwischen verschiedenen Realitätsebenen – also dem Sein und dem Dasein sowie dem ebenbildlichen Dasein und dem nicht-ebenbildlichen Dasein.
In diesem Sinne kann Adam bereits vor dem Essen vom Baum bewusst zwischen Seinesgleichheit und Nicht-Seinesgleichheit unterscheiden, indem er Nicht-Seinesgleiches unterhalb seiner Ebenbildlichkeits-Qualität (die Tiere) mit Namen benennt (vgl. zu 2,18). – Gott als Nicht-Seinesgleichheit über sich und die Gefährtin auf gleicher Ebene jedoch kann er jedoch nicht benennen. – Zwar gebraucht die Gefährtin den Namen „Gott“, als sie Gottes Schutzgebot (vgl. 3,3) zitiert, jedoch erscheint dieses Wort nicht als Adressierung, sondern als Abgrenzungs-Chiffre für Nicht-Seinesgleichheit. Erst nach dem Sündenfall kann Adam erstmals Gott erkennend addressieren („Ich habe Dich im Garten kommen hören“ (3,10)).
Adam nimmt also vor dem Essen vom Baum wahr, dass weder Gott (nach „oben“) noch die Tiere (nach „unten“) Seinesgleiche sind. Adam nimmt weiterhin die Gefährtin als Seinesgleiche wahr. Man ist vom selben „Bein“ (2,23), „nackt“ und „schämt sich nicht“ (2,25). – Aber erst nach dem Essen vom Baum der Erkenntnis „erkennen“ sie, dass sie nackt sind. Erst nach dem Essen vom Baum können sie sich auf seinesgleicher Ebene benennen (vgl. 3,20) und Gott darüber addressieren, also eigene Identität und göttliche Identität bewusst als Unterschiedliches wahrnehmen und somit von A nach B addressieren, also kommunizieren – was Adam mit denen von ihm benannten Tieren nicht tut (vgl. zu 2,18).
Im Umkehrung ihrer Schamunfähigkeit (vgl. 2,25) können sich beide in Folge ihrer Identitäts-Erkenntnis-Befähigung weiterhin schämen – sonst würden sie sich nicht „einen Schurz“ (3,7) machen. - Die Aktivierung der Ebenbildlichkeit im eigenen Bewusstsein erlaubt also das Erkennen der Ebenbildlichkeit im Gegenüber. - Dies ist – ontologisch gesehen – der Moment, in dem sich die Realitätsebene des Daseins von der Realitätsebene des Seins trennt – Adam und Eva lösen sich vom „Drinsein“. - Beide Realitätsebenen sind existent, aber das Sein umfängt nicht mehr das Dasein. Es gibt keinen „Holon“ mehr.
Warum nun geht Scham mit Erkennen einher? - Psychologisch versteht man unter „Scham“ die Erkenntnis des „Versagens vor einer Idealnorm“. Scham ist demnach eine Folge von Erkenntnis - somit ist Erkenntnis die Voraussetzung für Scham. Auch hier ein menschliches Beispiel: Kinder sind erst schamfähig, nachdem sie in ihrer Entwicklung das nötige Maß an erkennender Selbst-Wahrnehmung dazu haben.- Aber warum ist es die Nacktheit, die beim heranwachsendes Kind zur Scham führt? Vor welcher „Idealnorm“ „versagt“ es? – Zur Beantwortung dieser Frage zurück zu Adam und Eva: Die Idealnorm, vor der Adam und Eva versagen, ist Gott. Da aber der Mensch durch den eingehauchten göttlichen „Lebensatem“ Abbild Gottes ist, ist es das Göttliche im Menschen (vgl. zu 2,7), vor dessen Idealnorm der Mensch ebenso versagt.
Eine weitergehende Frage ist dann: Warum überhaupt bezieht sich Scham auf die Geschlechtlichkeit? – Ontologisch geantwortet: Weil das Geschlechtliche wesensmäßig verbunden ist mit der göttlichen Gabe der Wieder-Schöpfung durch die Schöpfung (also Zeugung und Geburt) - diese Gabe wird mit dem Erkennen zu einer erkannten Gabe. - Ontologisch gesagt: Das Dasein wird erkennungsfähig für die göttliche Schöpfungskraft des Seins im Dasein. Damit wird das Dasein schamfähig in einem göttlichen Feld, vor dessen Idealnorm es versagt hat. - Wie eng „Erkennen“ und „Körperliche Vereinigung von Mann und Frau“ verbunden ist, zeigen die Bedeutungen des hebräischen Wortes „jadah“, das sowohl „erkennen“ (im heutigen Sinne), als auch „beischlafen“ heißt (in den Nebenbedeutungen von „an die Hand nehmen“ und „vertraut sein“, was zumindest per analogiam in Begriffsgebiete wie „trauen“ und „treu“ führt).
Ruft man sich ins Gedächtnis zurück, dass unter ontologischen Gesichtspunkten „Erkennen“ die bewusste Unterscheidungsfähigkeit zwischen verschiedenen Realitätsebenen bezeichnet, dann ist beides, „Erkennen“ im geistigen Sinne und „Erkennen“ im Sinne von Beischlaf, Ausdruck eines erkannten Zusammentreffens von Sein und Dasein. Geschieht dieses Zusammentreffen in Reinheit des Daseins dem Sein gegenüber, entfällt die Scham – dies gilt sowohl für geistiges wie auch für körperliches Zusammentreffen.
Rembremerding hat geschrieben: Die Aktivierung der Ebenbildlichkeit ist keine Frage des Erkennens oder des Lernens, sondern des Liebens, das konnte der Mensch schon immer, auch im göttlichen Sinn.
Liebt ein 2 Monate altes Baby seine Mutter? - Wäre das das richtige Wort? - Ich meine nein, weil "Liebe" mit "Erkennen" (s.o.) einhergeht, was aber beim 2 Monate alten Kind noch nicht vorgesehen ist - es sei denn, es ist kein bewusstes Erkennen. - Aber dann brauchen wir auch nicht über "Entscheidung" zu sprechen. - "Entscheidet" ein Kind, dass es in die Windel macht?
Mich stört nach wie vor, dass man sich für Liebe "entscheiden" könne. - Würde mir in einer anderen Kultur eine Frau vorgesetzt, die ich heiraten sollte/müsste, würde ich mich natürlich bemühen, sie lieben zu können - DAS könnte man "Entscheidung" nennen - meinst Du so etwas? - Aber für die "Naturgewalt Liebe" kann man sich nach meiner Definition des Wortes NICHT entscheiden - es sei denn, die Erkenntnis im doppelten Wortsinn ("jadah") geht voran.