Ontologie & Sein - Descartes, Plato und Heidegger

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Savonlinna
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#441 Re: Ontologie & Sein - Descartes, Plato und Heidegger

Beitrag von Savonlinna » Di 9. Dez 2014, 21:47

Pluto hat geschrieben:
closs hat geschrieben:Nur vermischen sich auch hier Kategorien:
Verstehe ich nicht.
Ich sehe keine Vermischung von Kategorien. Wenn der Schöpder in der Kategorie des "Daseins" wirkt, sind diese Fragen durchaus legitim.

closs hat geschrieben:Man kann Gott weder mit noch gegen die Natur definieren oder interpretieren
Wenn man Spinoza heißt, kann und darf man das — deus sive natura — Könnte mein Leitspruch werden.
Selbst dann, wenn Du "Natur" so wie Spinoza verstehst? Also so, wie er "Gott" versteht?
Das erstaunt mich ein "bissli". :)

Salome23
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#442 Re: Ontologie & Sein - Descartes, Plato und Heidegger

Beitrag von Salome23 » Di 9. Dez 2014, 21:54

Pluto hat geschrieben:
Salome23 hat geschrieben:Es kann einem spontan ein "Bild" oder ein Ereignis vor dem inneren Augen(im Gedanken) erscheinen-oder eine Begebenheit, die sich erst ereignen wird.
Klar weiss man im Moment, wo das passiert, nichts damit an zufangen -erst wenn das eingetroffen ist, wird einem der Zusammenhang klar.
Ist es erlaubt, dir eine schüchterne Frage zu stellen? — Könnte es sich in diesem Fall auch um Zufall gehandelt haben?
Falls ja, wie willst du alle ähnlichn Fälle sogenannter Präkognition von Zufällen unterscheiden?
Du fährst das erste Mal in deinem Leben in die Toskana auf Urlaub.
Am ersten Urlaubstag nach dem Mittagessen verlässt du dein Hotel, um einen Nachmittagsspaziergang zu machen, gehst durch eine Zypressenallee, links und rechts von dir Felder und wunderschöne Azaleen- kommst bei einem Laden vorbei und kaufst dir Gelati , schlenderst den Weg zum Dorf entlang und genießt voller Freude dein Himbeergelati.
Auf einmal "siehst" du im Geist eine alte Dame in einem hell-blauen Kostüm, sie trägt einen gelben ausgefallenen Hut, weisse Spitzenhandschuhe und sie trägt eine Brille, die rötlich schimmert-sie sitzt auf einer Holzbank einer Kirche-das Bild verschwindet so schnell, wie es kam....
Nun kommst du in das Dorf siehst dir paar Geschäfte an-gehst in ein Lokal, um etwas zu trinken.
Danach setzt du deinen Spaziergang fort und kommst zu einer kleinen Kirche, deren äusserliches Erscheinungsbild dich so fasziniert, dass du sie dir auch von innen anssehen möchtest und betrittst sie , siehst dich darin um und gehst nach vorne Richtung Altar und auf einmal nimmst du eine alte Dame wahr, welche auf einer der Holzbänke sitzt und-es ist genau jene Dame , die du einige Zeit davor genau so gesehn hast, wie du sie jetz wahrnimmst...
Beurteile selber.

Pluto
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#443 Re: Ontologie & Sein - Descartes, Plato und Heidegger

Beitrag von Pluto » Di 9. Dez 2014, 21:58

Savonlinna hat geschrieben:Selbst dann, wenn Du "Natur" so wie Spinoza verstehst? Also so, wie er "Gott" versteht?
Das erstaunt mich ein "bissli". :)
Spinoza verstand Gott und die Natur als ewig seiend. Ich interpretiere ihn so, dass er Beide als zwei "Attribute" (Zustände?) ein und der selben Substanz sah. Natürlich haben wir heute ein weitaus differenzierteres Bild der Natur mit dem Urknall als Anfang aller Existenz. Doch was zuvor war wissen wir nicht. Deshalb scheint es mir nicht schwer zu argumentieren, dass dr Urknall aus einer "göttlichen Substanz" hervorging.

Was mir allerdings als unüberwinbarer Abgrund erscheint, ist die Verknüpfung zwischen einem solchen göttlich/natürlichen Ursprung von Allem, und dem Gedanken eines personalen Gottes, der über uns wacht und unsere Gebete erhört.
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

Pluto
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#444 Re: Ontologie & Sein - Descartes, Plato und Heidegger

Beitrag von Pluto » Di 9. Dez 2014, 22:18

Salome23 hat geschrieben:...und-es ist genau jene Dame , die du einige Zeit davor genau so gesehn hast, wie du sie jetz wahrnimmst...
Beurteile selber.
Du setzt voraus, dass so was im RL passieren könnte?!
Un das obwohl ich tagtäglich große und kleine "Wunder" um mich herum erkenne.

Wenn ich mich mit dem Küchenmesser versehentlich schneide, und die Wunde innerhalb von wenigen Tagen verschwindet, so ist das ein kleines Wunder der Natur.

Große Wunder dauern etwas länger. ;)
Das Heranwachsen eines fertigen Menschleins aus einem winzigen Zellhaufen im Mutterleib innerhalb von nur neun Monaten — das sehe ich als großes Wunder.

Dass wir Menschen in der Lage sind in Bildern und Symbolen zu denken, und dabei die Alternativen unserer Handlungen recht gut vorhersehen können, ist für mich ebenfalls ein Wunder (unserer Evolution).

Aber eine Dame mit gelbem Hut in einer Kapelle in der Toskana, die ich angeblich zuvor in meinen Tagträumen gesehen haben soll ...
Nee. Das ist für mich kein Wunder, sondern vermutlich das Produkt meiner (schier grrenzenlosen) Fantasie.
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

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Savonlinna
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#445 Re: Ontologie & Sein - Descartes, Plato und Heidegger

Beitrag von Savonlinna » Di 9. Dez 2014, 22:39

Pluto hat geschrieben:
Savonlinna hat geschrieben:Selbst dann, wenn Du "Natur" so wie Spinoza verstehst? Also so, wie er "Gott" versteht?
Das erstaunt mich ein "bissli". :)
Spinoza verstand Gott und die Natur als ewig seiend. Ich interpetiere ihn so, dass er Beide als zwei "Attribute" (Zustände?) ein und der selben Substanz sah.
Zumindest laut den Anfangsdefinitionen - gleich zu Beginn der "Ethik" - könnte das eventuell nicht so ganz stimmen.
Aber ich weiß nicht, ob er das später modifiziert.

Hier ein paar der Anfangsdefinitionen:
3. Unter Substanz verstehe ich das, was in sich ist und aus sich begriffen wird; das heißt das, dessen Begriff nicht eines andern Dinges Begriff bedarf, um daraus gebildet zu werden.
4. Unter Attribut verstehe ich das, was der Verstand an der Substanz, als ihr Wesen ausmachend, erkennt.
5. Unter Daseinsweise verstehe ich die Affektionen der Substanz, oder das, was in einem andern ist, wodurch man es auch begreift.
6. Unter Gott verstehe ich das absolut unendliche Wesen, d. h. die Substanz, die aus unendlichen Attributen besteht, von denen jedes ein ewiges unendliches Wesen ausdrückt.
Erläuterung. Ich sage absolut, nicht aber seiner Art nach unendlich; denn, was nur seiner Art nach unendlich ist, dem können wir unendliche Attribute absprechen; was aber absolut unendlich ist, zu dessen Wesen gehört alles, was Wesen ausdrückt und keine Negation in sich schließt.
Wenn man aber nicht so genau auf die Begriffe guckt, dann könntest Du vielleicht Recht haben. Ich werd mich mal vielleicht wieder langsam durch die "Ethik" durchfressen, der Stil bezaubert mich aufs Neue. Und erheitert mich, wie damals auch schon.

Pluto hat geschrieben:Was mir allerdings als unüberwinbarer Abgrund erscheint, ist die Verknüpfung zwischen einem solchen göttlich/natürlichen Ursprung von Allem, und dem Gedanken eines personalen Gottes, der über uns wacht und unsere Gebete erhört.
Das steht wohl nicht bei Spinoza - aber wer weiß; vielleicht verklausuliert.
Ich hab allerdings mit einer solchen Verknüpfung keine Probleme, ehrlich gesagt.

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#446 Re: Ontologie & Sein - Descartes, Plato und Heidegger

Beitrag von Pluto » Di 9. Dez 2014, 23:05

Savonlinna hat geschrieben:Das steht wohl nicht bei Spinoza - aber wer weiß; vielleicht verklausuliert.
Du hast Recht. So direkt steht es nicht in seiner "Ethik".
Er wurde wegen Heräsie exkommuniziert. Er war ein bekannter Kritiker der die etablierten Kirchen ablehnte. Er betete auch nicht, sondern suchte und fand sein Glück in der Formulierung seiner Ideen über Gott, die Natur und den menschlichen Geist.
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

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#447 Re: Ontologie & Sein - Descartes, Plato und Heidegger

Beitrag von Salome23 » Mi 10. Dez 2014, 01:25

Pluto hat geschrieben:Du setzt voraus, dass so was im RL passieren könnte?!
Nein-ich setze nicht voraus das sowas passieren könnte, ich habe es etliche Male "erlebt"-schon in meiner Kindheit...
Diese Geschichte von der Toskana war nur eines meiner eigenen Erlebnisse-nur ich hab sie etwas verändert ;)
Der Kern der Geschichte ist der selbe, nur die Toskana/Umgebung/Kirche/die alte Dame und ihre Kleidung waren spontan ausgedacht.
(Bei mir handelte es sich nur um eine andre Umgebung /andere Person/nicht in einer Kirche)

Und das obwohl ich tagtäglich große und kleine "Wunder" um mich herum erkenne.
Ich sehe in so einer Präkognition kein "Wunder" und vielleicht könnte so manches(ich sage jetzt nur Wiki-Dame in hellblau ;) )eben auch rein Zufall sein, ist nicht ab zu streiten...
Aber den Sachverhalt , wie in der Toskanastory dargestellt, würde ich nicht einfach als Tagtraum oder Zufall abtun

Aber eine Dame mit gelbem Hut in einer Kapelle in der Toskana, die ich angeblich zuvor in meinen Tagträumen gesehen haben soll ...
Nee. Das ist für mich [d]kein Wunder, sondern[/d] vermutlich das Produkt meiner (schier grrenzenlosen) Fantasie.
Vielleicht ist genau das einer der Gründe, warum Menschen , die Präkognition erleben, nicht darüber sprechen wollen, weil sie ohnehin schon wissen, dass diejenigen, die selber sowas nie erlebten, irgend eine rationale Erklärung dafür finden werden. Amen :angel:

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#448 Re: Ontologie & Sein - Descartes, Plato und Heidegger

Beitrag von closs » Mi 10. Dez 2014, 08:45

Salome23 hat geschrieben:Vielleicht ist genau das einer der Gründe, warum Menschen , die Präkognition erleben, nicht darüber sprechen wollen
Moin. - Heftige Zustimmung. - Das ist übrigens auch eine Grundregel in der Psychologie: Wer sich seiner Gesichte rühmt/offensiv mit ihnen umgeht, schummelt wahrscheinlich.

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Savonlinna
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#449 Re: Ontologie & Sein - Descartes, Plato und Heidegger

Beitrag von Savonlinna » Mi 10. Dez 2014, 11:26

closs hat geschrieben:
Salome23 hat geschrieben:Vielleicht ist genau das einer der Gründe, warum Menschen , die Präkognition erleben, nicht darüber sprechen wollen
Moin. - Heftige Zustimmung. - Das ist übrigens auch eine Grundregel in der Psychologie: Wer sich seiner Gesichte rühmt/offensiv mit ihnen umgeht, schummelt wahrscheinlich.
Wirkliche Forschertypen würden auch nie etwas nur darum abschmettern, weil sie keine Belege dafür kennen.

Abschmettern tun das die, die ein festgefügtes Weltbild haben, an dem sie alles Neue oder Ungewohnte messen.
Eine gesunde Skepsis allerdings befürworte ich, natürlich.
Schon ein halbwegs aufgeschlossener Mensch sollte es doch für möglich halten können, dass es nicht nur das gibt, was die Naturwissenschaft bewiesen hat.

Wer auch nur ein Minimum an Forschergeist in sich hat, müsste sich logisch klar machen können, dass das, was vor zig tausend Jahren als Mensch oder homo sapiens entstanden ist, bislang nicht im Geringsten ausgelotet ist.
Erst vor hundert Jahren begann man, ein bisschen vom "Unterbewussten" zu verstehen.

Dass Menschen in Bezug zueinander stehen, und zwar in ihrer Totalität, sagt mir einfach erst mal schon mein Verstand.
Sie stehen zueinander in Bezug, weil sie aus derselben Suppe kommen. Das kann sich unmöglich nur auf die Gene beziehen.

Daraus folgt, dass man zwar unbändig aufpassen muss, Irrtümern oder Aufgebauschtem aufzusitzen, aber dass es echt spannend ist, zu erforschen, wie Menschen einander beeinflussen oder welche Kanäle es zwischen ihnen gibt.

Diese "Kanäle" habe ich vor langer Zeit auch mal bei mir austaxiert und festgestellt, dass man da einiges zuwege bringen kann. Aber auch festgestellt, dass man sich da komplett vertun kann.

Um mit dem "Vertun" anzufangen:
Ich habe mal von einem - relativ jungen und real existierenden - Mann geträumt, wie er als alter Mann aussieht.
Er war so faszinierend als alter Mann, dass ich das bis heute nicht gänzlich vergessen habe, wie er da in meinem Traum aussah. Ich war durchdrungen davon, dass mein Traum ein Wahrtraum war - was ich sonst von meinen Träumen nie glaube.

Dann habe ich diesen Mann völlig aus dem Auge verloren, bin ihm dann aber tatsächlich als "älterem Mann" begegnet.
Nichts von meinem Traum stimmte, eher völlig das Gegenteil.

Da, wo sich Sachen bewahrheitet hatten, konnte ich immer direkt überprüfen.
Heute beschäftige ich mich damit nicht mehr, aber ein paar Jahre lang hatte mich das interessiert.
So hatte ich mir - seinerzeit - den "Befehl" gegeben, während ich in der Mensa saß:
"Du kriegst genau dann den Impuls, von deinem Tisch aufzustehen und auf die Hauptstraße zu gehen, wenn Mensch X - in den ich verknallt war - draußen auf der Straße vorbei geht."
Das machte ich zweimal, und jedesmal ging Mensch X draußen auf der Straße vorbei.

Das Gleiche machte ich mal in einem Lesesaal bei Mensch Y - in den ich auch verknallt war: "Du stehst dann auf von deinem Arbeitstisch im Saal, wenn Mensch Y auf dem Weg ist, seinen Professoren-Raum zu verlassen, sodass du ihn vor seinem Raum triffst."
Das machte ich an einem Nachmittag dreimal, und Mensch Y sagte erstaunt: "Immer, wenn ich meinen Raum verlasse, treffe ich Sie."

Das sind Kinkerlitzchen, die jeder an sich überprüfen kann. Gerade, wenn man emotional mit einem Menschen verbunden ist, hat man diese Art Draht zu ihm.

Das Unterbewusste "weiß" viel mehr als unser Bewusstsein, und da kann man manches ausprobieren. Und es hat auch psychische Macht über andere, leider eigentlich. Darum ist es vielleicht gut, dass es darüber noch keine wissenschaftlichen Theorien gibt.
Und vielleicht sollte es sie nie geben.

closs
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#450 Re: Ontologie & Sein - Descartes, Plato und Heidegger

Beitrag von closs » Mi 10. Dez 2014, 12:10

Savonlinna hat geschrieben: Darum ist es vielleicht gut, dass es darüber noch keine wissenschaftlichen Theorien gibt.
Die vielen Diskussionen hier auf dem Forum haben meine Vermutung bestärkt, dass geistige Erkenntnis individual sein SOLL. - Denn nachweisbare Erkenntnisse haben einen entscheidenden Nachteil: Sie werden in der Regel nicht subjektiv absorbiert, sondern distanziert als wahr abgehakt.

Das "jadar" ("erkennen" im Sinne von "kapieren" und "sich vereinigen") ist ein intimer Vorgang und kein randomisierbarer Vorgang - prinzipiell. - Allerdings muss man um so mehr betonen, dass subjektive Erkenntnis um so mehr bedroht ist, das Falsche zu "erkennen" bzw. das Wahre mit dem Unwahren zu verwechseln. - Dies scheint mir die Grundlage zu sein für den Begriff des Satanischen - nämlich die Brillanz der Unwahrheit, die sich im Gewand des Wahren unter uns bewegt. - Nicht umsonst spielt unter Christen das Motiv der "Unterscheidung der Geister" eine so große Rolle.

Savonlinna hat geschrieben:Gerade, wenn man emotional mit einem Menschen verbunden ist, hat man diese Art Draht zu ihm.
Das glaube ich ebenfalls - allerdings scheinen mir diesbezüglich Frauen näher dran zu sein. - Übrigens ein Momentum, das in der heutigen Gender-Diskussion völlig außen vor gelassen wird. - Nebenbei: Diesen "Draht" gibt es auch in religiösen/geistigen Dingen - also nicht nur konkret zwischen Menschen.

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