Ontologie & Sein - Descartes, Plato und Heidegger

Philosophisches zum Nachdenken
closs
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#71 Re: Ontologie & Sein - Descartes, Plato und Heidegger

Beitrag von closs » Mi 26. Nov 2014, 01:22

Pluto hat geschrieben:Wenn das Sein tatsächlich existent wäre.
Realität existiert also NICHT?? :o

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Savonlinna
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#72 Re: Ontologie & Sein - Descartes, Plato und Heidegger

Beitrag von Savonlinna » Mi 26. Nov 2014, 08:01

closs hat geschrieben:
Savonlinna hat geschrieben:'Hiermit definiere ich das Joppi als das, was außerhalb unserer Wahrnehmung geschieht.'
Sprache ist Konvention - wenn vereinbart ist, dass "ödafgikeruw" zukünftig für "Gott" steht, ist das nicht ungewöhnlich.
Einverstanden.

closs hat geschrieben:
Savonlinna hat geschrieben:Man katapultiert ihn dahin, wo niemand mehr was behaupten oder widerlegen kann
Gott IST im Dasein weder verifizierbar noch falsifizierbar.
Natürlich. Aber darin sind wir uns doch einig. Wieso definierst Du Gott hier aber auf der Basis der Naturwissenschaft?

closs hat geschrieben:Das ist doch gerade der Fehler, dass man absichtlich oder unbewusst "Realität"/Sein als von der Wahrnehmung abhängige Größe definiert - mit der Begründung: Ja, wenn wir es nicht grapschen können - was sollen wir dann damit?
Uff. Genau das machst ja Du mit Deiner Definition. Du definierst ihn in eine Ecke, wo jeder Naturwissenschaftler sich die Hände reibt.
Und wo Du jeden Gläubigen mit vor den Kopf stößt. Du zerstörst ihm seinen Gott, als Nihilist. Oder versuchst es zumindest durch diese Definition.

closs hat geschrieben:Verwundert bin ich weiterhin, dass man den Satz "Sein ist das, was unabhängig von unserer Wahrnehmung der Fall ist" weltanschaulich begreift. - Was könnte daran weltanschaulich sein? -
Weil das nun mal eine Gottesdefinition ist, von der Du behauptest, dass sie die einzig gültige ist.
Wenn jemand sagt: Gott ist wahrnehmbar, ich nehme ihn innerlich wahr - dann wäre das eine Gegenposition, die Du durch Deine Definition ausschaltest.
Das sind dann zwei unterschiedliche Weltanschauungen. Du definierst Gott unerkennbar, nicht wahrnehmbar, andere anders.

Weiterhin ist es wissenschaftlich unzulässig, etwas zu definieren, was man erforschen will. Das zeigt auch klar den weltanschaulichen Ansatz Deines Versuches.

closs hat geschrieben: Wäre der Satz richtiger: "Sein ist das, was abhängig von unserer Wahrnehmung der Fall ist" ---???---
Jegliche Behauptung über Gott - als Definition - ist in sich schon zum Scheitern verurteilt. Egal, was man als Gott definiert: kaum jemand wäre bereit, von closs sich vorschreiben zu lassen, was Gott zu sein hat.
Du kannst definieren, was immer Du willst als Gott - immer erhebst Du Dich als jemand, der Bescheid weiß und keinen Widerspruch duldet. Und das auch noch im Namen der Wissenschaft, durch Missbrauch der Wissenschaft.

Da Du aber vom "Sein" sprichst - und nicht von Gott - ist das ohnehin auf einer ganz anderen Schiene gelagert. Ich habe immer nur gegen Deinen Seinsbegriff anargumentiert, und zwar auf philosophischer Ebene. Mit Gott hat das nichts zu tun.

closs hat geschrieben:WÄRE man der Meinung, dass "Realität"/Sein abhängig von Wahrnehmung ist, wäre Realität Projektion von Wahrnehmung - oder nicht? - Kann das gewollt sein?
Ich glaube, wenn man redlich ist, ist anderes nicht aussagbar. Nur scheinst Du "Wahrnehmung" rein auf naturwissenschaftliche Wahrnehmung zu reduzieren. Andere Wahrnehmung willst Du per definitionem ausschalten, und das entpuppt Deinen Versuch als naturwissenschaftlich Verblendeten.

closs hat geschrieben:Nachdem dies aus meiner Sicht NICHT gewollt sein soll, halte ich es für selbstverständlich, dass man "Realität"/Sein kategorial trennt: (A) Es gibt, was es gibt - (B) der Mensch nimmt es wahr oder nicht. - (A) schert sich nicht darum, was bei (B) abläuft - da irrelevant.

Ist dieser gemeinsame Nenner erzielbar?
Natürlich ist er NICHT erzielbar. Hier erklärst Du ja ausdrücklich, dass es nur Deine persönliche Weltsicht ist. "Aus Deiner Sicht", sagst Du, kann dies und jenes nicht gewollt sein.
Deine Sicht aber ist eben Deine persönliche Wahrnehmung. Wie willst Du aus Deiner persönlichen Sicht ableiten, was ohne diese persönliche Sicht "der Fall" ist?

Es ist nach wie vor - ich beschreibe nur deine Definitionsversuche, selbstverständlich nicht Dich selber - die Verblendung eines Gläubigen, der seine Subjektivität nicht wahrnehmen kann, sondern sich für das Sprachrohr Gottes hält.

Du wirst Beifall bei denen bekommen, die gleich Dir solche subjektiven Definitionen verallgemeinern.
Andreas gibt Dir Recht und schreibt sogar, dass die, die Dir nicht folgen, quasi die Wahrheit nicht erkennen.
Das hat den Verdacht einer esoterischen Sekte in mir ausgelöst, wo Du als ihr Prophet giltst und alle, die Dir widersprechen, "nicht in der Wahrheit sind".

Kann einfach nicht begreifen, warum Du definieren willst. Und damit alles lebendige Erkennen in den Menschen totdefinieren willst.

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Savonlinna
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#73 Re: Ontologie & Sein - Descartes, Plato und Heidegger

Beitrag von Savonlinna » Mi 26. Nov 2014, 08:56

Nachtrag

Wie es der Zufall will, bin ich gerade eben, direkt nach dem Schreiben des vorigen post, in einer Novelle - die ich für einen Nachhilfeschüler, der eine Arbeit darüber schreibt, vorbereite - an die Stelle gekommen, die perfekt zu unserem Thema passt.
Die Novelle - ein Kunstmärchen - stammt von Adelbert Chamisso - der vor allem ein großer Pflanzenforscher war - und heißt "Peter Schlehmils wundersame Geschichte".

Die Geschichte handelt von Peter Schlemihl, der an einen Mann im grauen Anzug in einem Anflug von Goldfaszination seinen Schatten weggibt zugunsten eines Goldsäckels, das immer Gold enthält.
Schlemihl bereut es rasch, er kann den Handel nicht rückgängig machen, aber der Graue ist bereit, ihm seinen Schatten wiederzugeben, wenn er dafür Schlemihls Seele nach dessen Tod haben kann.

Schlemihl ist so angewidert, dass er seinen Goldsäckel wegwirft und sich entscheidet - er hat inzwischen Siebenmeilenstiefel von einem Kind bekommen -, in der ganzen Welt seltene Pflanzen zu erforschen und seine Schattenlosigkeit als Strafe für seine Goldfaszination auf sich zu nehmen.

Als er sich nach diesem Entschluss auf den Weg macht, tritt ein Mitreisender hinzu, der eine Weile mit ihm wandert, und um diese Szene geht es mir. Ich werde sie mal zitieren. Das mir in unserem Zusammenhang Wichtige habe ich gefettet:

Adelbert von Chamisso, Peter Schlehmil hat geschrieben:Es gesellte sich bald ein Fußgänger zu mir, welcher mich bat, nachdem er eine Weile neben meinem Pferde geschritten war, da wir doch denselben Weg hielten, einen Mantel, den er trug, hinten auf mein Pferd legen zu dürfen; ich ließ es stillschweigend geschehen. Er dankte mir mit leichtem Anstand für den leichten Dienst, lobte mein Pferd, nahm daraus Gelegenheit, das Glück und die Macht der Reichen hoch zu preisen, und ließ sich, ich weiß nicht wie, in eine Art von Selbstgespräch ein, bei dem er mich bloß zum Zuhörer hatte.
Er entfaltete seine Ansichten von dem Leben und der Welt, und kam sehr bald auf die Metaphysik, an die die Forderung erging, das Wort aufzufinden, das aller Rätsel Lösung sei. Er setzte die Aufgabe mit vieler Klarheit aus einander und schritt fürder zu deren Beantwortung.
Du weißt, mein Freund, dass ich deutlich erkannt habe, seitdem ich den Philosophen durch die Schule gelaufen, dass ich zur philosophischen Spekulation keineswegs berufen bin, und dass ich mir dieses Feld völlig abgesprochen habe; ich habe seither vieles auf sich beruhen lassen, vieles zu wissen und zu begreifen Verzicht geleistet, und bin, wie du es mir selber geraten, meinem geraden Sinn vertrauend, der Stimme in mir, so viel es in meiner Macht gewesen, auf dem eigenen Wege gefolgt. Nun schien mir dieser Redekünstler mit großem Talent ein fest gefügtes Gebäude aufzuführen, das in sich selbst begründet sich emportrug, und wie durch eine innere Notwendigkeit bestand. Nur vermisst ich ganz in ihm, was ich eben darin hätte suchen wollen, und so ward es mir zu einem bloßen Kunstwerk, dessen zierliche Geschlossenheit und Vollendung dem Auge allein zur Ergötzung diente; aber ich hörte dem wohlberedten Manne gerne zu, der meine Aufmerksamkeit von meinen Leiden auf sich selbst abgelenkt, und ich hätte mich ihm willig ergeben, wenn er meine Seele wie meinen Verstand in Anspruch genommen hätte.
Mittlerweile war die Zeit hingegangen, und unbemerkt hatte schon die Morgendämmerung den Himmel erhellt; ich erschrak, als ich mit einem Mal aufblickte und im Osten die Pracht der Farben sich entfalten sah, die die nahe Sonne verkünden, und gegen sie war in dieser Stunde, wo die Schlagschatten mit ihrer ganzen Ausdehnung prunken, kein Schutz, kein Bollwerk in der offenen Gegend zu ersehn! und ich war nicht allein! Ich warf einen Blick auf meinen Begleiter, und erschrak wieder. – Es war kein anderer, als der Mann im grauen Rock.

In dieser Textstelle wird die rein in sich ruhende Abstraktion der Gedanken, als reines Gedankengebäude, dem Teufel zugesprochen. Es werde nur der Verstand angesprochen, nicht die Seele.
Ich habe mich seinerzeit viel mit der Epoche der Romantik beschäftigt, sie bezweifelt insgesamt häufig die Turmbauerei metaphysischer Abstraktionen und setzt ihr z.B., wie hier, die innere Stimme entgegen.

Das nur als Beleg, wie unterschiedlich man metaphysische Konstrukte bewerten kann.

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Savonlinna
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#74 Re: Ontologie & Sein - Descartes, Plato und Heidegger

Beitrag von Savonlinna » Mi 26. Nov 2014, 09:42

Andreas hat geschrieben:
closs hat geschrieben:Ist dieser gemeinsame Nenner erzielbar?
Ich wusste, dass das nicht funktioniert. Ich hab hier eben noch versucht klar zu machen, wieso das erfahrungsgemäß nicht geht - und hier nochmal.
Du tust closs keinen Gefallen damit, dass Du meine Argumentation in eine bestimmte Ecke schiebst - und Deine "Erfahrungen" mit Menschen wie mir behauptest. Dadurch wirkt Ihr beide wirklich wie ein esoterischer Klüngel, wo jeder Widerspruch schon ein Verbrechen an der Wahrheit ist.

Damit verhinderst Du noch zusätzlich, dass man über Redlichkeit in der Argumentation spricht, statt andauernd darüber, dass closs die Wahrheit definiere, während ich, der das Christentum ohne selbstherrliche Definitionen zu verstehen suche, abgestempelt werde als naturwissenschaftlicher Fanatiker.
Denn ich stehe der Naturwissenschaft, sobald sie Ideologie wird, mehr als kritisch gegenüber. Ich lehne das grundsätzlich ab und decke das auf, wo immer ich kann.

Das alles aber scheinst Du nicht zu verstehen. Für Dich scheint jeder, der closs widerspricht, armselig zu sein, der die hohen Geistesflüge von closs nicht erfassen kann.

Du sagst doch selbst, dass es besser wäre, closs würde einfach nur die Begiffe "jenseitig" und "diesseitig" benutzen.
Der Begriff Sein hat da gar nichts verloren.
Diese Begriffe wären nämlich auch hinterfragbar - aber das hehre Wort "Sein" muss es ja offenbar sein. Ich will die ganze Zeit sagen, dass man sich daran verhebt - weil man "Sein" als nicht mehr menschlich erfundenes Wort umdeutet, obwohl man noch nicht mal was von Sprachwissenschaft versteht.

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#75 Re: Ontologie & Sein - Descartes, Plato und Heidegger

Beitrag von closs » Mi 26. Nov 2014, 10:19

Savonlinna hat geschrieben:Wieso definierst Du Gott hier aber auf der Basis der Naturwissenschaft?
Gott selber definiere ich rein geistig - hier geht es darum, Gott aus Sicht des Naturwissenschaftlers verständlich zu machen.

Savonlinna hat geschrieben:Du definierst ihn in eine Ecke, wo jeder Naturwissenschaftler sich die Hände reibt. Und wo Du jeden Gläubigen mit vor den Kopf stößt.
Merkwürdig. - Die Aussage "Gott ist Sein unabhängig von Wahrnehmung" hätte diese Wirkung? - Oder auf welche Definitions beziehst Du Dich?

Savonlinna hat geschrieben:Weil das nun mal eine Gottesdefinition ist, von der Du behauptest, dass sie die einzig gültige ist.
Das ist auch eine Menschen-Definition oder eine Guglhupf-Definition - ein Guglhupf ist ontologisch nur dann, wenn er es auch ohne meine Wahrnehmung ist (die und die Zutaten, so und so lange im Ofen, etc.). - Gott, Mensch und Guglhupf sind also unabhängig von meiner Wahrnehmung existent, WENN es sie gibt. - Eine inhaltliche Definition (Gott ist die Liebe, Guglhupf enthält viele Proteine ist das NICHT).

Savonlinna hat geschrieben: Gott ist wahrnehmbar, ich nehme ihn innerlich wahr - dann wäre das eine Gegenposition, die Du durch Deine Definition ausschaltest.
OK - vielleicht liegt hier das Missverständnis - also anders:

"Gott ist Sein unabhängig von unserer Wahrnehmung - er ist also derselbe, ob wir ihn wahrnehmen oder nicht" - so war's gemeint.

Savonlinna hat geschrieben:Jegliche Behauptung über Gott - als Definition - ist in sich schon zum Scheitern verurteilt.
Wie gesagt: Dass Gott nur dann so bezeichnet werden kann, wenn er keine Projektion des Menschen ist, sondern unabhängig von der Wahrnehmung des Menschen "ist", ist aus meiner Sicht noch keine einengende Definition. - Wenn man sagt "Ein Stuhl ist zum Sitzen da", dient es doch erst einmal der Aufklärung, worum es überhaupt geht. "Definition" in Deinem Sinne wäre dann: Dieser Stuhl ist schön, alt, unbequem - auf dieser Ebene bin ich noch gar nicht angekommen.

Savonlinna hat geschrieben: kaum jemand wäre bereit, von closs sich vorschreiben zu lassen, was Gott zu sein hat.
Zu Recht: Wenn aber 5 Leute völlig verschiedene Definitionen von Gott haben, kann es dadaistisch werden:

1) Gott ist mein Erlöser
2) Gott ist eine Halluzination
3) Gott ist ein Verteidiger bei Borussia Dortmund ("Kohler - Du bis ein Fußball-Gott" - kennst Du den noch?)
4) ...

Savonlinna hat geschrieben:Ich glaube, wenn man redlich ist, ist anderes nicht aussagbar.
Zustimmung - der Mensch kann nur wahrnehmen. - Um so wichtiger, dass man die Wahrnehmung nicht als Produkt seiner Phantasie versteht, sondern als eigenständiges Sein.

Savonlinna hat geschrieben:das entpuppt Deinen Versuch als naturwissenschaftlich Verblendeten.
Da ordnest Du mich diametral falsch ein. Mir geht es darum, materialistisch Denkenden aus deren Sicht verständlich zu machen, dass Realität auch jenseits der Methode des Kritischen Rationalismus sein kann.

Savonlinna hat geschrieben:Mit Gott hat das nichts zu tun.
Wenn aber Gott Sein/"Realität" (also nicht Projektion) ist, kann man ihn doch kategorial als eben das einordnen - wäre das in Deinem Sinne bereits ein Eingriff?

Savonlinna hat geschrieben: Hier erklärst Du ja ausdrücklich, dass es nur Deine persönliche Weltsicht ist.
Ist es eine persönliche Gottessicht, wenn man Gott als Sein/"Realität" einstuft? - Unter "persönlicher Gottessicht" würde ich verstehen, dass einer meint, er sei ein alter Mann mit Bart, etc.

Savonlinna hat geschrieben: Und damit alles lebendige Erkennen in den Menschen totdefinieren willst.
Echtes Erkennen bezieht sich doch auf ein Sein/eine "Realität" - sonst wäre es doch eine solipsistische Veranstaltung. - Wärest Du mit einem Gottes-Begriff zufrieden, demnach Gott die Folge eigener Befindlichkeiten "ist".

Savonlinna hat geschrieben:In dieser Textstelle wird die rein in sich ruhende Abstraktion der Gedanken, als reines Gedankengebäude, dem Teufel zugesprochen. Es werde nur der Verstand angesprochen, nicht die Seele.
Da sind wir uns einig. - Alles Dia-Lektische ist Dia-Bolisch. - Und die tiefen Christen, die ich kenne, sind keine Dialektiker, weil sie nichts erklären müssen.

Ich stimme Dir mehr zu, als Du ahnst. - Aber denke es bitte zu Ende: Würde man den "Seelenweg" gehen, gäbe es weder Bibel noch Theologie noch Philosophie - und wäre die Welt geistig heil, bräuchte man dieses auch nicht. - "Werdet wie die Kinder" darf man diesbezüglich ernst nehmen.

Der Verstand ist nich an sich diabolisch, sondern etwas, was sich selbst überwinden muss - genau so hat es Kant gemacht - und Thomas von Aquin auch. - Aber Verstand kann man nicht überwinden, indem man ihn auslässt.

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#76 Re: Ontologie & Sein - Descartes, Plato und Heidegger

Beitrag von closs » Mi 26. Nov 2014, 10:37

Savonlinna hat geschrieben: dass man sich daran verhebt - weil man "Sein" als nicht mehr menschlich erfundenes Wort umdeutet
Alle Worte sind erfunden - aber nicht notwendigerweise das, worauf sie sich beziehen. - Mit anderen Worten: "Sein"/"Realität"/"das, was der Fall ist" ist doch nicht Ergebnis des Wortes, sondern postulierte Voraussetzung dafür.

Nun ist ein "Postulat" natürlich eine Wahrnehmungs-Größe - aber wir haben halt nichts anderes - es gibt nur Wissen innerhalb menschlicher Setzung, also immer Folge von Glaube (außer "ich-bin"). - Ist das für Dich nachvollziehbar?

Savonlinna hat geschrieben:Der Begriff Sein hat da gar nichts verloren.
Doch - allerdings nicht begriffs-historisch, sondern nüchtern verwendet: "Etwas 'ist'" - bzw. postulierend verwendet (wir können ja nichts anderes). - Im Grunde sind wir jetzt volle Kanne in der Sprachkrise des 20. Jh. gelandet, die man sogar noch ausweiten müsste, wenn man davon ausgeht, dass man nichts sagen kann, sobald es auf einer Setzung beruht. - Täte man dies, dürfte jeder nur noch sagen "Ich-bin", "Ich-bin" "Ich-bin" "Ich-bin" "Ich-bin" "Ich-bin" "Ich-bin". - Alles andere wäre Interpretation insofern, dass es Folge einer Setzung wäre - aber das wollen wir doch nicht - oder?

Lena
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#77 Re: Ontologie & Sein - Descartes, Plato und Heidegger

Beitrag von Lena » Mi 26. Nov 2014, 10:42

closs hat geschrieben: "Ich-bin", "Ich-bin" "Ich-bin" "Ich-bin" "Ich-bin" "Ich-bin" "Ich-bin".

Ich bin neugierig, lieber closs. Hast Du absichtlich 7x "ich bin" gewählt?
Kannst du mir helfen, dich richtig zu verstehen?
Erbreich 

Salome23
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#78 Re: Ontologie & Sein - Descartes, Plato und Heidegger

Beitrag von Salome23 » Mi 26. Nov 2014, 10:47

@clösschen

Da ordnest Du mich diametral falsch ein.
Ich vermute, dass sie dich eher-also deine Aussagen- so wahrnimmt, dass sich für sie dieses "Bild von dir" ergab.

closs
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#79 Re: Ontologie & Sein - Descartes, Plato und Heidegger

Beitrag von closs » Mi 26. Nov 2014, 10:52

Lena hat geschrieben:Ich bin neugierig, lieber closs. Hast Du absichtlich 7x "ich bin" gewählt?
Nein - vielleicht war es Fügung. ;)

Salome23 hat geschrieben:Ich vermute, dass sie dich eher-also deine Aussagen- so wahrnimmt, dass sich für sie dieses "Bild von dir" ergab.
Nur so kann es sein. - Was dann bei mir wieder auslöst: Wie denkt man im 21. Jh., dass dies möglich ist. - Alles hochinteressant - wir kommen der Sache, wie ich meine, langsam näher.

Pluto
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#80 Re: Ontologie & Sein - Descartes, Plato und Heidegger

Beitrag von Pluto » Mi 26. Nov 2014, 11:24

closs hat geschrieben: Alles andere wäre Interpretation insofern, dass es Folge einer Setzung wäre - aber das wollen wir doch nicht - oder?
Stimmt. Ich brauche weder Setzung noch sonstige Hilfsmittel für das "ich bin"; ich sehe in jedem Moment meines Wachseins, dass es stimmt; du etwa nicht?

Aber da wir es hier mit philosophischen Überlegungen zu tun haben, müssen wir auch zugeben, dass René Descartes einen wohlwollenden Gott voraussetzen musste, damit sein "cogito" uantastbar würde. Ein missgünstiger Gott hätte das vereiteln können. Dass Descartes sich hier irrte, glaube ich auch.
Ein Trost: Solche Irrtümer geschehen dann, und nur dann, wenn man die empirische Ebene verlässt, und sich in die Erlebniswelt der Fantasie begibt.
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

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