Was genau ist denn Geist?

Rund um Bibel und Glaube
closs
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#391 Re: Was genau ist denn Geist?

Beitrag von closs » Di 25. Nov 2014, 20:16

Pluto hat geschrieben: Und ab einer gewissen Schwelle der Komplexität des Gehirns wird auch einem Tieren dieser Geist bewusst.
Auch hier: Wir sprechen von verschiedenen Begriffen, die sich beide des Wortes "Geist" bedienen.

Ähm - ich habe meinen "Neustart" zu Geist falsch eingestellt, weil ich falsch geguckt habe :oops: - reden wir vielleicht hier weiter.

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Savonlinna
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#392 Re: Ontologie & Sein - Descartes, Plato und Heidegger

Beitrag von Savonlinna » Di 25. Nov 2014, 20:19

Hallo Andreas!

Hab den Diskussionslauf zwischen uns mal hintereinandergestellt:

Savonlinna hat geschrieben:
Andreas hat geschrieben:
closs hat geschrieben:"Sein ist Realität unabhängig von Wahrnehmung"
Lieber Don Quichote, der Begriff "Sein" (im Gegensatz zum "Dasein") wird von Vertretern materialistischer Weltanschauungen niemals akzeptiert, geschweige denn definiert werden. Die Begriffe "Realität" und "Wahrnehmung" werden von ihnen rein materialistisch begriffen. Wieso fällt es dir eigentlich so schwer, DAS wahrzunehmen?
Weil es falsch ist. Auch von Geisteswissenschaftlern wie mir - die den Materialismus ablehnen und für keine gute Weltanschauung halten - werden Definitionen, die rein weltanschaulich sind, aber Absolutheitsanspruch erheben, abgelehnt.
Andreas hat geschrieben:@ Savonlinna
Das bedeutet dann wohl, dass für dich "christlicher Glaube" kategorial etwas anderes als "Weltanschauung" ist. Korrekt?
Andreas hat geschrieben:
Savonlinna hat geschrieben:Verstehe nicht genau Deine Frage.
Das hier ...
closs hat geschrieben:Was haltet Ihr von folgender Definition von Sein:
"Sein ist Realität unabhängig von Wahrnehmung"

Was haltet Ihr von folgender Definition von Heiliger Geist:
"Heiliger Geist ist Realität unabhängig von Wahrnehmung"

Was haltet Ihr von folgender Definition von menschlichem Geist:
"Menschlicher Geist ist Instrument, sich dem anzunähern, was unabhängig von Wahrnehmung "ist"
... geht nur auf christlicher Basis.

Theologie läuft im universitären Bereich zwar auch unter "Geisteswissenschaften" nimmt dort aber "irgendwie" eine Sonderstellung ein, die Kirchen gibts ja auch noch - und ein paar Menschen die an Gott glauben sollen auch noch irgendwo rumlaufen.

So wirklich habe ich Deine Frage zwar noch immer nicht verstanden, aber egal:
Ich nehme obigen Text von closs nicht als christlichen wahr. Zum einen habe ich vor Jahren eine ganz ähnliche Diskussion mit einem User geführt, der von Yoga, Buddhismus und noch einer Richtung, die ich vergessen habe, herkam, und auch er bestand auf dem Begriff "Sein". Er benutzte auch den Begriff Gott - war aber kein Christ. Der Begriff "Sein" war für ihn nicht diskutierbar. Auch für ihn schloss dieser Begriff die gesamte Wahrheit ein - er hatte als Referenz einen Yogaweisen, glaube ich.

Was aber wesentlicher für mich ist, ist mir bei diesem Deinen Text aufgegangen:

Andreas hat geschrieben:
closs hat geschrieben:wenn es soweit ist ...
... wird im Sein niemand deiner Worte aus dem Dasein bedürfen - wozu auch? Denn dann werden sie erkennen, wie sie erkannt sind. Hab doch Vertrauen in das Reich und die Kraft und die Herrlichkeit der Liebe. :Herz:
Das "Reich", von dem Du sprichst, ist vermutlich das Reich Gottes.
Und ich verstehe das so, dass Menschen wie ich, die dem ontologischen Sein die absolute Wahrheit absprechen, dann eben nach Eurer Auffassung keinen Zutritt zu diesem Reich haben.

Nirgendwo aber steht in der Bibel: 'Wenn ihr nicht werdet wie die abstrakten Philosophen, die Begriffe nach meinem Sein herleiten, dann werdet ihr nicht in das Reich Gottes kommen.
So hat nicht closs das geschrieben, aber Du zumindest, irgendwie
Auch steht nicht in der Bibel, auch nicht sinngemäß:
"Sein ist Realität unabhängig von Wahrnehmung"

Diesen ganzen scholastischen Ballast schleppe ich schon lange nicht mehr mit mir rum. Und dass gerade dieser Ballast die Eintrittskarte zum "Reich Gottes" sein soll - das kann doch wohl nicht sein, oder?

ThomasM
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#393 Re: Was genau ist denn Geist?

Beitrag von ThomasM » Di 25. Nov 2014, 20:43

closs hat geschrieben:@ Thomas
Gäbe es in Deiner Auffassung so etwas wie "Heiliger Geist" als Existenz, oder stellst Du Dir ihn auch ausschließlich unter funktionalen Gesichtspunkten vor?
Ich stelle mir den heiligen Geist vor als Gott, der mit meinem Geist redet.

In meinen Vorstellungen ist der reine Geist ja die "gespeicherte" Information meines Ichs, die Essenz. Für sich also handlungsunfähig, aber wenn er einen neuen Körper bekommen, wieder ich.
Der heilige Geist hat seine Existenz in Gott. Er verkörpert Gottes Willen, Gottes Wort, seinen Einfluss bei mir. Dadurch dass er in unser Universum taucht bekommt er die zeitliche Komponente, was ich in der Form erlebe, dass er mit mir redet. Dadurch dass ich mich bekehrt habe, ist sein Wirken in mir aktiv geworden, Gott hat Einfluss eben durch seinen Geist. Ein Teil des Ichs Gottes ist in meine Zeitlichkeit gelegt.

Insofern sind es natürlich die funktionalen Komponenten, durch die ich ihn erlebe, das dahinter wird eben durch das Modell vorgegeben. Was falsch sein kann, aber das ist eigentlich gleichgültig.

Gruß
Thomas
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closs
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#394 Re: Was genau ist denn Geist?

Beitrag von closs » Di 25. Nov 2014, 23:11

ThomasM hat geschrieben:Ich stelle mir den heiligen Geist vor als Gott, der mit meinem Geist redet.
Einverstanden - das passt auch in mein Modell.

Zwei Fragen:
1) Könntest Du als Naturwissenschaftler Deine Auffassung zur Frage zum Ausdruck bringen, wie die Datenübertragung zwischen HG und menschlichem Geist funktioniert? - Wenn ich Pluto recht verstehe, geht es hier um die Frage des Energieerhaltungsgesetzes.

2) Wäre Gott in Deinem Modell "gespeicherte Information" oder Sein? - Oder widerspricht das eine dem anderen nicht?

Pluto
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#395 Re: Was genau ist denn Geist?

Beitrag von Pluto » Di 25. Nov 2014, 23:21

closs hat geschrieben:Ähm - ich habe meinen "Neustart" zu Geist falsch eingestellt, weil ich falsch geguckt habe :oops: - reden wir vielleicht hier weiter.
Kein Problem. Ich hol mal die Beiträge rüber. Hoffentlich sind sie dann einigermaßen eingeordnet.
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

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Andreas
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#396 Re: Was genau ist denn Geist?

Beitrag von Andreas » Di 25. Nov 2014, 23:59

Die hast du doch erst gestern abgetrennt. Und jetzt wieder zurück? In beiden Threads sind inzwischen etliche Seiten dazu gekommen.
Pluto hat geschrieben:Kein Problem. Ich hol mal die Beiträge rüber. Hoffentlich sind sie dann einigermaßen eingeordnet.
Man darf gespannt sein.

ThomasM
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#397 Re: Was genau ist denn Geist?

Beitrag von ThomasM » Mi 26. Nov 2014, 13:00

closs hat geschrieben: Zwei Fragen:
1) Könntest Du als Naturwissenschaftler Deine Auffassung zur Frage zum Ausdruck bringen, wie die Datenübertragung zwischen HG und menschlichem Geist funktioniert? - Wenn ich Pluto recht verstehe, geht es hier um die Frage des Energieerhaltungsgesetzes.
Als Naturiwssenschaftler kann ich zum Wie nur dann etwas sagen, wenn es mir messtechnisch zugänglich ist. Das ist es nicht, daher kann ich dazu nichts sagen. Alle bekannten Wechselwirkungen wirken innerhalb unseres Universums. Das, was wir uns vorstellen, würde unser Universum verlassen.

Ja, Pluto hat Recht. Es gibt das Problem des Energieerhaltungsgesetzes.
Anschaulich kann man sich das so vorstellen:
Angenommen, dein Gehirn wäre wie eine Magnetplatte und die Information darauf in Bits gespeichert. Die haben eine Ausrichtung. Nun kommt Gott daher und wirkt auf dich ein. Als Folge davon werden Bits umgekippt. Physikalisch bedarf es dazu Energie. Worher kommt die? Das ist ein altes Problem.

Der Punkt ist, dass im Bereich der Quantenmechanik das Energiegesetz aufgeweicht ist. Aus dem Nichts, über Energiebarrieren kann etwas passieren, auch wenn nicht genug Energie da ist. So können Bits umkippen, ohne dass Energie da ist, die Barriere zu überwinden. Oder anders ausgedrückt: Neuronen können feuern, auch wenn nicht genug Stimulanz da ist. Einfach so "aus Zufall".

Also auch wenn ich die Wechselwirkung dahinter nicht festnageln kann, die Wirkung sehen wir meines Erachtens darin, dass das Universum fundamental statistisch ist.

closs hat geschrieben: 2) Wäre Gott in Deinem Modell "gespeicherte Information" oder Sein? - Oder widerspricht das eine dem anderen nicht?
Was ist der Unterschied? Was enthält Sein mehr als Information und Strukturen?
Mein Kerngedanke ist eher, dass Gott etwas hat, was ein vorher und ein hinterher für ihn identifiziert. Nur so kann Handeln definiert werden.

Gruß
Thomas
Gott würfelt nicht, meinte Einstein. Aber er irrte. Gott nutzt den Zufall - jeden Tag.

closs
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#398 Re: Was genau ist denn Geist?

Beitrag von closs » Mi 26. Nov 2014, 15:03

ThomasM hat geschrieben:Der Punkt ist, dass im Bereich der Quantenmechanik das Energiegesetz aufgeweicht ist.
Das interpretiere ich so, dass die Erhaltung des Energieerhaltungsgesetzes nicht nachgewiesen werden muss, um Gott bzw. die Interaktion zwischen Gott und Menschen zu begründen. - Verstehe ich das richtig? - Würdest Du als Physiker dazu stehen?

ThomasM hat geschrieben:Was ist der Unterschied? Was enthält Sein mehr als Information und Strukturen?
Schon richtig - damit habe ich auch keine Probleme. - Mein eigentlicher Punkt: Wie kann man den Zahn ziehen, dass es diese Informationen und Strukturen geben kann, ohne Projektionen des Menschen zu sein?

Es geht mir nicht darum, ob das Sein/die Realität/das, was der Fall ist, Materie oder Information oder Strukturen sind, sondern dass sie unabhängig von unserer Wahrnehmung sind. - Denn nur dann sind sie nicht Wechselwirkungen innerhalb eigener Projektionen. - Und deshalb ist es aus meiner Sicht so wichtig, Sein/Realität und Wahrnehmung kategorial zu unterscheiden.

ThomasM
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#399 Re: Was genau ist denn Geist?

Beitrag von ThomasM » Mi 26. Nov 2014, 16:15

closs hat geschrieben: Das interpretiere ich so, dass die Erhaltung des Energieerhaltungsgesetzes nicht nachgewiesen werden muss, um Gott bzw. die Interaktion zwischen Gott und Menschen zu begründen. - Verstehe ich das richtig? - Würdest Du als Physiker dazu stehen?
Man kann die Interaktion zwischen Gott und Menschen naturwissenschaftlich nicht begründen. Alles was man kann ist, Eigenschaften der Natur aufzuzeigen, in denen man die Freiheit hat, sie als den Punkt zu interpretieren, in denen man Gott sehen kann ohne den bekannten naturwissenschaftlichen Zusammenhängen zu widersprechen.

Das bedeutet, wenn ich auf die Zufälle in unserem Universum hinweise, dann interpretiere ich das als das Einfallstor Gottes in unser Universum. Für Sven wäre es eben einfach Zufall, Pluto würde sich keine Aussage erlauben. Auf der objektiven Seite sind wir gleich, auf der subjektiven unterschiedlich.

Die Energieerhaltung ist eines der wichtigsten Symmetrien in unserem Universum. Im klassischen Denken verbot das einen Einfluss von Dingen, die außerhalb des Universums liegen. Auch hier haben sich die Aussagen der Naturwissenschaft abgeschwächt. Es genügt jetzt, darauf hinzuweisen, dass die Energieerhaltung im Mittel auch bei einem Eingreifen Gottes gewährleistet ist.

ThomasM hat geschrieben: Mein eigentlicher Punkt: Wie kann man den Zahn ziehen, dass es diese Informationen und Strukturen geben kann, ohne Projektionen des Menschen zu sein?

Es geht mir nicht darum, ob das Sein/die Realität/das, was der Fall ist, Materie oder Information oder Strukturen sind, sondern dass sie unabhängig von unserer Wahrnehmung sind. - Denn nur dann sind sie nicht Wechselwirkungen innerhalb eigener Projektionen. - Und deshalb ist es aus meiner Sicht so wichtig, Sein/Realität und Wahrnehmung kategorial zu unterscheiden.
Meinst du das in dem Sinn "Gibt es den Baum, wenn ihn keiner sieht"
Oder meinst du das im Sinn "Es gibt da ein @23$6$9/h das ist so, dass man es sich weder vorstellen kann, noch gleicht es irgend etwas, noch taucht es irgendwann auf noch kann man überhaupt darüber nachdenken. Aber es gibt es"

Gruß
Thomas
Gott würfelt nicht, meinte Einstein. Aber er irrte. Gott nutzt den Zufall - jeden Tag.

closs
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#400 Re: Was genau ist denn Geist?

Beitrag von closs » Mi 26. Nov 2014, 17:23

ThomasM hat geschrieben:Alles was man kann ist, Eigenschaften der Natur aufzuzeigen, in denen man die Freiheit hat, sie als den Punkt zu interpretieren, in denen man Gott sehen kann ohne den bekannten naturwissenschaftlichen Zusammenhängen zu widersprechen.
Das ist die entscheidende Aussage, nach der ich seit Jahren suche - schön, sie von einem Naturwissenschaftler zu hören. :thumbup:

ThomasM hat geschrieben:Meinst du das in dem Sinn "Gibt es den Baum, wenn ihn keiner sieht"Oder meinst du das im Sinn "Es gibt da ein @23$6$9/h das ist so, dass man es sich weder vorstellen kann, noch gleicht es irgend etwas, noch taucht es irgendwann auf noch kann man überhaupt darüber nachdenken. Aber es gibt es"
Eher Variante 2 - die ich allerdings anders formulieren würden:

"Die Tatsache, dass man etwas nicht oder nicht ausreichend wahrnehmen kann, ist keine Aussage über "Realität" oder "Nicht-Realität" dessen, was man nicht oder nicht ausreichend wahrnehmen kann".

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