Pluto hat geschrieben:Savonlinna hat geschrieben:Sonst macht die Frage überhaupt keinen Sinn. Es ist ein Abstraktum. Abstrakta gibt es als Begriffe, klar.
Ja, da ist echt was dran!
Deshalb bin wohl insgeheim ein Anhänger von Spinoza: Gott stelle ich mir als das vor, was alles lenkt, so wie die Naturgesetze —
deus sive natura übersetze ich locker als Gott und die Natur sind austauschbare Sichten der Weltordnung.
Im Studium habe ich Spinozas
Ethik verschlungen, er hat mir hundert Schleier von den Augen gerissen. Ob ich das heute noch so sehe, habe ich noch nicht wirklich überprüft, die Faszination ist aber nicht mehr so da.
"Natur" ist aber bei ihm nicht die Natur der Naturwissenschaft.
Als gelenkt vorstellen kann ich mir so manches, das höchstens in
Anlehnung an die Naturgesetze formuliert werden könnte. Ich habe das ja mit dem Beispiel der Hypnose versucht zu thematisieren, aber das Thema ging dann nur noch auf Hypnose, für mich war das nur ein Beispiel, wie Menschen einander beeinflussen können. Ich denke, dass wir alle uns unaufhörlich beeinflussen und damit einer Sache folgen, die größer ist als der Einzelne, auch größer ist als die Summe aller Teile.
Und das könnte ich auch ohne Mühe als "Gott" bezeichnen, will es nur nicht, aus verschiedenen Gründen.
Für mich hat der Mensch Ahnungen, was in den Menschen und in ihrer Beziehung zueinander wirksam ist, und ich glaube sogar, dass es "ein Trick der Natur" ist, dass so Wenige davon überzeugt sind.
Wären es nämlich viele, die davon überzeugt sind, gäbe es mehr gefährliche Demagogen. Es gibt so schon genug von denen, die wissen, an welchen Strippen man ziehen muss, damit das Individuum ihnen verfällt. Da ist es mir dann noch lieber, man nennt diese irgendwo lauernde und in uns latent vorhandene Macht "Gott, der weit entfernt ist", als dass man sie "Führer" nennt.
Denn das Bedürfnis, diese "Allmacht" an sich selber auszuprobieren - und sich ihr zu unterwerfen -, ist nun mal da, und manchen gelingt es, da weiterzukommen.
Pluto hat geschrieben:Freundschaft ist für mich etwas anderes. Sie ist eher so was wie ein Gefühl, die Regung des hingezogen sein zum Freund. Dabei ist die Frage ob körperlich oder geistig einerlei, weil Beide so eng miteinander verquickt sind.
Eben. Und Ähnliches könnte auch zur Erspürbarkeit von "Göttlichem" geführt haben. Nur über das Wort selber kann man dann disputieren.
Pluto hat geschrieben:Savonlinna hat geschrieben:Begriffe werden in ihrer Aussagefähigkeit für mich daran geprüft, ob sie nur Tradition sind, bei denen man sich nichts mehr denkt, oder ob sie innerlich gefüllt sind.
Wie stellt man das denn fest? Wenn z. Bsp. das "Gute" oben (im Himmel) ist, und das Böse unten (Hölle) erscheint, ist das eine Tradition oder entsteht diese Assoziation aus unserem Innern; aus unserer menschlichen "Natur"?
Das wäre für mich klar Rationalisierung.
Aber die Frage ist ja, ob das überhaupt wirklich so wahrgenommen wird.
Manche können ja überhaupt selber nicht unterscheiden, welches Bedürfnis in ihnen aktualisiert wird, wenn sie meinen, den Aussagen der Kirchen zu folgen.
Man kann ja nicht einmal wissen, welches Bedürfnis in Menschen gestillt wird, wenn sie zum Mörder oder Folterer werden. Dostojewski beschreibt in seinem "Schuld und Sühne" einen Mörder, der nur darum zum Mörder wird, weil er sich nachweisen möchte, dass er nicht zu den Durchschnittsmenschen gehört; dass er "groß" in dem Sinne ist, dass er sowas locker wegstecken kann. Die Ermordete war ihm ganz gleichgültig.
Und warum Leute sich das Gute oben und das Böse unten vorstellen, kann mit allem Möglichen zusammenhängen, das hat ja nun eine lange Tradition. Schon in den griechischen Mythen ist das Erdhafte, das Chthonische, unten - die Erde ist unter unseren Füßen, die Verstorbenen befinden sich nach der Beerdigung unter uns, unter der Erde, und das malt man dann räumlich aus.
Im Christentum kam hinzu, dass das Böse unten im Körper lauere.
Trotzdem denke ich, dass das Marginalien sind - also die räumliche Vorstellung. Innerlich wird das anders ablaufen.
Feststellen - wie Menschen göttliche Führung oder göttliche Zusammenhänge wahrnehmen -, kann man nur, wenn Menschen bereit sind, darüber zu reden, und auch gewohnt sind, mit Sprache umzugehen und ihre inneren Regungen zu registrieren.