Pluto hat geschrieben:Und warum meinst du, die Ontologie sei das geeignete Werkzeug um das "was der Fall ist" zu untersuchen?
Das wäre ein Missverständnis. - Dafür sind Systeme zuständig (KR, Hermeneutik - je nachdem, in welcher Disziplin man unterwegs ist).
Unter ontologischen Gesichtspunkte soll zunächst (und vielleicht reicht das auch insgesamt) erkennbar gemacht werden, dass es immer eine kategoriale Differenz zwischen Wahrnehmung und Sein gibt - in aller Konsequenz. - Damit würde sich alles andere von allein ergeben.
Pluto hat geschrieben:definiert die Ontologie die Existenz des Seins
Ja - sie sagt, dass es etwas gibt, das unabhängig von Wahrnehmung der Fall ist - das reicht schon. - Dabei besteht man NICHT darauf zu wissen, WAS der Fall ist. - Aber man behauptet eben auch nicht, dass das Sein eine abhängige Größe von Wahrnehmung ist.
Pluto hat geschrieben:Auch hier sind die Argumente Anselms platt, weil sie von unbegründeten Setzungen über Begriffe wie Vollkommenheit, Vorstelungskraft und Existenz ausgehen.
JEDES System hat nicht-falsifizierbare Grundlagen - das wäre beispielsweise eine ontologische Aussage.
Anselm hat vermutlich denselben Fehler gemacht, den man auch heute findet: Man setzt etwas voraus, was man beweisen will - und meint dann, das q.e.d. wäre erreicht.
Pluto hat geschrieben:Anselm sebst hat das Wort nie benutzt. Das taten erst später seine Anhänger und Kritiker.
Aha - das ist nicht überraschend - also hat Anselm eigentlich wenig mit unserer Diskussion zu tun.
Pluto hat geschrieben:Es heißt "ontologischer Naturalismus" und bedeutet die Negierung der Ontologie in der naturwissenschaftlichen Methodik.
Das macht Sinn - denn Naturwissenschaft definiert ihren Zuständigkeitsraum sehr professionell über ihre Methodik - da bedarf man keiner übergeordneten Fragestellungen. - Die Meta-Ebene wäre dann interessant, wenn man etwa mit Popper ÜBER seine Methodik sprechen würde . aber nicht innerhalb.
Frage: Warum sagt man "ontologischer Naturalismus", wenn man Ontologie negiert? - Wäre es nicht besser. "nicht-ontologischer Naturalismus" zu sagen?
Pluto hat geschrieben:Kannst du mal zusammenfassen, was die Lehre vom Sein überhaupt ist, außer der reinen Vorstellung eines "Über-Daseins".
Das ist wirklich kurz gesagt:
"Sein" ist eine von Wahrnehmung unabhängige Größe - das ist die Kernaussage. - Das heisst, dass jegliche Aussage über Sein ("Realität", "was der Fall ist") mit einem Glaubens-Vorbehalt behaftet ist. - Das macht auch nichts, denn man muss auch Vertrauen in den eigenen Geist haben dürfen.
Und so glaube ich (weil ich es nicht wissen kann), dass meine Wahrnehmung der naturalistischen Welt authentisch ist. - Somit glaube ich auch, dass die naturwissenschaftliche Objektivität keine Objektivierung einer Selbst-Projektion ist, sondern einer vorhandenen naturalistischen Welt. - Somit glaube ich auch, dass die Logik uns nicht irreführt, wenn sie unendlich viele Dimensionen bereitstellt. - Somit glaube ich auch, dass die besten unserer Denker auf der richtigen Spur des Erkennens waren. - Und so halte ich es für mehr als plausibel, dass es "Gott" gibt (wobei man in einem eigenen Thema spezifizieren müsste, was man darunter über Chiffren hinaus vestehen kann).
Die "Lehre" besteht also darin, dass man glauben muss, um sich auf seine sinnlichen/geistigen Wahrnehmungen einlassen zu können - sogar dass man glauben muss, dass man nicht träumt, wenn man ein Messgerät abliest. - Eben weil Wahrnehmung kategorial etwas anderes ist als Sein/"Realität"/"was der Fall ist".
In der Praxis spielt das zunächst keine Rolle - es spielt nur eine Rolle, wenn man Wahrnehmungs-Systeme vergleicht und meint, dazwischen kategoriale Unterschiede sehen zu können, nur weil die jeweilige Methodik anders ist/sein muss.
Ich stoppe jetzt mal - kommt die Zielrichtung halbwegs durch?
Um zuletzt die Kurve zum Thread zu finden: Geist ist, wenn man mit Wahrnehmung auf Sein/"Realität" trifft - ob dies innerhalb eines Systems methodisch nachweisbar ist oder nicht, spielt dabei keine Rolle (wiewohl es uns allen lieber ist, wenn es nachweisbar ist). - Geist ist, wenn man auf Sein/"Realität" trifft, ob man es weiss oder nicht. - Das wäre aus meiner Sicht eine ontologische Aussage zum Thema "Geist".