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von Bastler » Mo 17. Nov 2014, 13:11
Ich finde einige der Gottesbilder im Hiobbuch ... naja, Münek wird das sicher kritisieren ... gar nicht so schlecht.
Das Buch stellt sich gegen das Gottesbild der drei Freunde: Gott, der einem Menschen Lohn oder Strafe zumisst, je nach der Sündigkeit oder Tadellosigkeit des Menschen. Daran gefällt mir schon mal nicht, dass Gott somit zum exekutiven Popanz menschlicher Taten wird. Mein (kleines, aber dennoch prima funktionierendes) evangelisches Hirnzentrum signalisiert mir zudem, dass dies auf eine Werke-, Gesetzes- und Buchstabenfrömmigkeit hinausläuft. Denn dann kann man sich durch gute Taten durch eigene Kraft das Glück des Lebens erarbeiten: "Handle gemäß der Gesetze und der Bibel oder auch nur gemäß dessen, was Du als Gottes Willen erkennst - und dann wird alles gut."
Ich befürchte, dass man sich diesen Leistungsgedanken in aller Ruhe abschminken darf. So funktioniert das Leben in dieser Welt nicht. Auch der Rechtschaffenste kann ins bitterste Elend rutschen. Hiob ist dafür ein Beispiel. Noch deutlicher wird es bei Jesus. Bei Jesus hat dieses "ich handle gut, dann wird mich Gott vor dem Leiden bewahren" nicht geklappt.
Manchmal kommt es einem doch wirklich so vor, dass man sich nur noch fragen kann, was Gott mit diesem oder jenem Elend bewirken will.
Die Bescheidenheit gegenüber dem Heilsplan Gottes steht mir sehr nahe.
Und ich muss notgedrungen auf Gottesbilder zurückgreifen, die geheimnisvoll sind. Keine Ahnung, was der da oben so treibt und was er will. Und wie er das Elend der Menschen als sinnvollen Teil seines Planes einbaut. Und ob überhaupt. Gottes Absichten sind meinem Erkennen verborgen.
Therese von Lisieux war eine diesbezüglich geniale Gottesbild-Bastlerin.
Sie, die unbedingt Braut Christi sein wollte,
wurde in jungen Jahren bereits von Tuberkulose heimgesucht.
Und wie hat sie das gedeutet?
Sie fühlte sich wie eine Spielzeugpuppe in den Händen ihres geliebten Jesus. Manchmal spielte er mit er, wie ein kleines Mädchen mit seiner Puppe spielt, sie herzt, ihr schöne Puppenkleider näht, sie in eine Puppenwiege bettet oder mit ihr in der Puppenküche was Schönes kocht.
Und manchmal (sehr oft sogar) fühlte sie sich ins Eck geworfen. Nicht mehr beachtet. Nur noch danach schmachtend, dass Jesus endlich wieder ein Einsehen hat, sich an sein Theresepüppchen erinnert, sie vom Boden hochhebt und ihr seine spielerische Liebe zeigt.
Nicht einmal einen durchgängig starken Glauben hat er ihr gegeben. Zweifel kamen in ihr hoch. Und immer das Gefühl, sie müsse für die Atheisten, die ja sowieso nicht glauben (und somit keine ihrer geliebten "Tröstungen" erfahren) gleich noch mitglauben.
Ich finde das Gottesbild Thereses wirklich genial. Und ausgesprochen liebenswert.
Der Zockergott der Rahmengeschichte ist auch nicht so weit weg vom Empfinden. Manchmal könnte man doch wirklich denken, dass die ganzen Katastrophen der Weltgeschichte (samt der individuellen Katastrophen) nicht Teil eines göttlichen Planes, sondern eine saublöde Zockerei sind. Statt "saublöd" könnte man auch sagen: "rein zufällig, nicht von einem Willen gelenkt".
Auch diesem Gottesbild widerspricht aber das Hiobbuch.
Der Gott, der dann aus dem Gewittersturm heraus spricht, scheint einen Plan zu haben. Allerdings ist dieser Plan nichts, was so kleine Würmchen wie Hiob (oder Du. Oder ich) verstehen könnten.
Das ganze Hochstilisieren der Boshaftigkeit dieses Gewittersturmgottes kann ich nicht mitempfinden.
Sondern:
Da ist Gott, der völlig Überlegene.
Und da ist der Mensch,
der den Plan Gottes nicht erkennen kann.
Die Worte des Gewittersturm-Gottes bewirken am Ende auch nicht, dass Hiob danach völlig deprimiert und hoffnungslos ist. Sondern er atmet auf - wenn auch in seiner Asche.
Und dieses Aufatmen in der Asche geschieht NICHT erst dann, wenn Hiob wieder Wohltaten bekommt. Sondern dieses Aufatmen ist eine Konsequenz der Begegnung mit dem Gewittersturmgott.
Mich fasziniert dieses tiefgreifende Vertrauen Hiobs, der sich durch die ganzen gottgesandten Unbilden nicht von seinem Vertrauen abbringen lässt.
In diesem Vertrauen dürfte auch der Unterschied zwischen Glauben und Atheismus liegen.
Denn für den Glauben bekommt Hiob nichts (im Buch Hiob wirklich gar nichts) an die Hand. Keine Argumente, keine Beschwichtigungen, keine Perspektive auf eine zukünftige Zuwendung seines Gottes.
Hiobs Glaube erscheint mir "phänomenal" - also ein Phänomen, das Hiob subjektiv als rätselhaft und geheimnisvoll erscheint. Eigentlich hätte er keinen Grund für dieses Vertrauen. Aber er vertraut unerklärlicherweise dennoch.