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von Bastler » Mo 10. Nov 2014, 19:23
An der Demütigung, die Sven immer wieder betont, ist allerdings tatsächlich was dran. Zumindest empfinde ich da ähnlich - allerdings nicht gleich.
Ich glaube, dass auch die Szene, als Gott aus dem Gewittersturm dem Hiob antwortet, aus der Perspektive Hiobs geschrieben ist.
Beschrieben wird hier die Situation eines Leidenden, der jetzt all seine Vorwürfe Gott entgegengeschleudert hat.
Und dann wird er auf den Boden der Tatsachen geschmettert:
"Du Winzling, der Du Dir überhaupt kein Urteil erlauben kannst über Dinge, die weit, weit, weit über Deine Hutschnur gehen!"
Das kann man (aus der Perspektive Gottes) als aktive Demütigung sehen.
Aus der Perspektive des Leidenden ist es allerdings eher ein Einsehen, wie fruchtlos dieses ganze Hadern war (und auf immer bleibt).
Dann kommt aber noch ein zweites Element hinzu. Und erst mit diesem Element ergibt sich die spezifische Hiob-Einstellung.
Er sieht diese "Demütigung" nicht als Anlass, jetzt der völligen Verzweiflung anheim zu fallen. Sondern im Gegenteil!
Mich erinnert das sehr an einen Blick in die Weite Sternenhimmels. Wenn man sich bewusst wird, dass man auf einem Miniaturstäubchen nämens Planet Erde steht. Klein und unbedeutend.
Nicht gedemütigt,
sondern eher demütig
vor etwas, was unerfassbar größer ist, als man selbst.
Diese Form der Demut steht mir zumindest sehr nahe. Und auch Hiob gibt keine Anzeichen von sich. Er verhält sich nicht so, als ob er sich gedemütigt fühlen würde.
Sein Verstummen vor der unbegreiflichen Größe Gottes, dessen Beweggründe er ja wirklich nicht kennt (literarisch dargestellt, indem er nicht mal was von der Wette weiß) wirkt nicht gedemütigt, sondern vertrauend.
Das ist erst mal überraschend.
EIGENTLICH (schönes Wort ...) müsste er sich deprimiert und gedemütigt vorkommen.
Überraschenderweise fühlt er sich aber ganz anders.
In meinen Ohren schwingt da noch mal das "ich weiß, dass mein Erlöser lebt" mit. Er fühlt sich mitten in dem ganzen Desaster, in dem ihm Gott bislang gnadenlos im Stich lässt, unbegreiflicherweise geborgen und seine Anfragen und Anklagen verstummen in diesem Gefühl.
Ich könnte damit gar nichts anfangen, wenn ich nicht selbst schon solche Momente erlebt hätte.