Hexerei, Zauber bzw. schwarzes Magie.

Themen des alten Testaments
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Münek
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#161 Re: Hexerei, Zauber bzw. schwarzes Magie.

Beitrag von Münek » Fr 13. Nov 2015, 19:06

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Was ich geschrieben habe, entspricht den Tatsachen.
Den Tatsachen, dass man bei Untersuchung von Text und Autor zu solchen SChlüssen kommen kann. - Das sei gewährt.

Es wird die wissenschaftlich forschenden Theologen in höchstem Maße entzücken, dass
Du ihnen zugestehst ("gewährst"), zu Ergebnissen zu kommen, zu denen sie kommen.


Nur zur Erinnerung:

Es ist eine Tatsache (und nur um diese Tatsache geht es), dass die theologische Wissenschaft
es für erwiesen ansieht, Jesus habe seinen Landsleuten den unmittelbar bevorstehenden An-
bruch der Gottesherrschaft auf Erden verkündigt.

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Andreas
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#162 Re: Hexerei, Zauber bzw. schwarzes Magie.

Beitrag von Andreas » Fr 13. Nov 2015, 19:07

Münek hat geschrieben:
closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Das war und ist nicht das Thema.
Sorry - ich dachte es ging um Bibel und Christentum.

Um die Auslegung biblischer Texte: ja. Um den "geistigen Gehalt des Christentums": nein.
Um die mathematische Auslegung von E=mc² : ja. Um den physikalischen Gehalt von E=mc² : nein.

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sven23
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#163 Re: Hexerei, Zauber bzw. schwarzes Magie.

Beitrag von sven23 » Fr 13. Nov 2015, 19:26

Thaddäus hat geschrieben: Nein, nicht Jesus korrigiert die Naherwartung seiner Jünger, vielmehr haben spätere christliche Verfasser die Naherwartung Jeshuas korrigiert, als nämlich fortgesetzt kein apokalyptisches Weltende kam und die Gläubigen in den Gemeinden immer lauter fragten, was denn nun mit dem Weltende sei!
Genau so sieht es auch die neutestamentliche Forschung.

Thaddäus hat geschrieben: Da es fortgesetzt kein Weltende gab, musste die von Jeschua ursprünglich gepredigte Naherwartung relativiert werden, weshalb diverse Erzählungen verändert und andere ergänzt wurden.
Was man unter dem Stichwort "Parusieverzögerung" zusammenfassen kann.


Thaddäus hat geschrieben: Weil dieser harmonisierende Überlieferungsprozess so ablief, kann heute überhaupt nur herausgefunden werden, was der Wanderprediger Jeschua ursprünglich vermutlich tatsächlich selbst gesagt hat: nämlich immer das, was am wenigstens in das spätere Glaubenszeugnis passen will, - sonst hätte man es nämlich nicht relativieren müssen. Es gilt das Prinzip der lectio difficilior, das heißt, dass die schwierigere Lesart wahrscheinlich die ältere ist.
Es ist ein ganz wichtiges Kriterium der Forschung, die älteren Texte zu identifizieren. Nur so läßt sich die Entstehungsgeschichte der Texte und ihre Veränderung rekonstruieren.

Thaddäus hat geschrieben: Mit der erfundenen Volksbefragung und der Weihnachtsgeschichte wurde aber nachträglich versucht, Jeschuas Geburtsort nach Bethlehem zu verlegen, damit er zu der altestamentlichen Prophezeihung passt.
Auch das ist Stand der Forschung.
Man kann erahnen, warum die Kirche diese Erkenntnisse nicht offensiv kommuniziert.
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
George Orwell

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sven23
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#164 Re: Hexerei, Zauber bzw. schwarzes Magie.

Beitrag von sven23 » Fr 13. Nov 2015, 19:34

closs hat geschrieben: Das Ergebnis war in etwa:
* Historisch-kritisch ist es naheliegend, dass Jesus eine Naherwartung hatte, da Textverfasser offensichtlich dieser Meinung waren (insb. Paulus).
* Nicht naheliegend muss es sein, wenn man andere Textstellen berücksichtigt bzw. anders interpretiert.
Thaddäus hat das sehr differenziert dargestellt. Wichtig ist, welches die älteren Texte sind und welche Veränderungen sie erfuhren. Die Parusieverzögerung ist doch kein Hirngespinst, sondern eine gut belegte Erklärung dafür, daß die Texte mit zunehmendem Abstand zum Tod Jesus in Richtung Fernerwartung umgedeutet wurden. Dieser Tranformationsprozess ist in der NT-Forschung gut belegt.
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
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Thaddäus
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#165 Re: Hexerei, Zauber bzw. schwarzes Magie.

Beitrag von Thaddäus » Fr 13. Nov 2015, 19:44

closs hat geschrieben:
Thaddäus hat geschrieben:Nein, nicht Jesus korrigiert die Naherwartung seiner Jünger, vielmehr haben spätere christliche Verfasser die Naherwartung Jeshuas korrigiert
Über dieses Thema wurde hier hunderte Seiten lang diskutiert.

Das Ergebnis war in etwa:
* Historisch-kritisch ist es naheliegend, dass Jesus eine Naherwartung hatte, da Textverfasser offensichtlich dieser Meinung waren (insb. Paulus).
* Nicht naheliegend muss es sein, wenn man andere Textstellen berücksichtigt bzw. anders interpretiert.
Natürlich hatte Jesus eine Naherwartung, denn die findet sich in seinen Aussagen im NT.
Und natürlich gibt es auch Aussagen im NT, die diese Naherwartung wieder relativieren, denn das voraussgesagte apokalyptische Weltende stellte sich ja nicht ein.
Ihr habt in eurer Diskussion also wieder einmal festgestellt, dass es sich widersprechende Aussagen gibt. Das festzustellen ist banal. Die FRage ist, wer die plausibelste Erklärung für diese Widersprüche liefern kann.
Textfundamentalisten, die versuchen zu erklären, dass Jesus einmal so und ein anderes Mal ganz anders gepredigt hat, als ob er sich hätte nicht klar ausdrücken können. Oder die Historisch-Kritische-Methode, die historisch und überlieferungsgeschichtlich erklärt, wie es zu diesen Widersprüchen kommen konnte.
Die Textfundamentalisten befürchten, dass, wenn sie eingestehen, der Text des Neuen Testamentes habe sich entwickelt und verändert, genau so, wie das auch bei anderen Textüberlieferungen im profanen Bereich zu beobachten ist, dann würde das NT unglaubwürdig. Sie sehen die Autorität Jesu dadurch infrage gestellt und ihren Glauben insgesamt. Das treibt sie in die Verzweiflung.
So menschlich nachvollziehbar diese Angst ist, ist sie ein Zeichen von Kleingläubigkeit, die eben vor allem von der Angst umgetrieben ist. Ein erwachsener, kritischer und gleichzeitig starker Glaube versteht, dass es zu diesen Widersprüchen kommen kann, dass sich aber dennoch im NT ein ernst gemeinter und wahrhaftiger Glaube von Christen unter den Bedingungen und Umständen der damaligen Zeit manifestiert. Dennoch waren sie gläubige Menschen, die sich versuchten an Jeschua und denen, die von ihm erzählten, was er lehrte, zu orientieren.

closs hat geschrieben:Wie man eine solch verzwickte Problematik historisch-kritisch souverän in den Griff bekommen kann, konnte bisher nicht geklärt werden.
Ich habe oben versucht, an Beispielen ein wenig zu erklären, auf welchen Plausibilitästschlüssen die Historisch-kritische-Methode beruht und zu welchen Schlüssen sie kommt.
Zuletzt geändert von Thaddäus am Fr 13. Nov 2015, 20:04, insgesamt 1-mal geändert.

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Thaddäus
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#166 Re: Hexerei, Zauber bzw. schwarzes Magie.

Beitrag von Thaddäus » Fr 13. Nov 2015, 20:02

sven23 hat geschrieben:
Thaddäus hat geschrieben: Nein, nicht Jesus korrigiert die Naherwartung seiner Jünger, vielmehr haben spätere christliche Verfasser die Naherwartung Jeshuas korrigiert, als nämlich fortgesetzt kein apokalyptisches Weltende kam und die Gläubigen in den Gemeinden immer lauter fragten, was denn nun mit dem Weltende sei!
Genau so sieht es auch die neutestamentliche Forschung.
Ich weiß, von der habe ich es ja! ;) :lol:

sven23 hat geschrieben: Es ist ein ganz wichtiges Kriterium der Forschung, die älteren Texte zu identifizieren. Nur so läßt sich die Entstehungsgeschichte der Texte und ihre Veränderung rekonstruieren.
Genau richtig! Das rekonstruieren die Textkritik, die Literarkritik und die Überlieferungsgeschichte.

sven23 hat geschrieben:
Thaddäus hat geschrieben: Mit der erfundenen Volksbefragung und der Weihnachtsgeschichte wurde aber nachträglich versucht, Jeschuas Geburtsort nach Bethlehem zu verlegen, damit er zu der altestamentlichen Prophezeihung passt.
Auch das ist Stand der Forschung.
Man kann erahnen, warum die Kirche diese Erkenntnisse nicht offensiv kommuniziert.
Was ich oben geschrieben habe, ist jedem Theologen bekannt, evangelischen wie katholischen. Es ist aber sehr schwierig, diese Ergebnisse z.B. in einer Predigt zu kommunizieren, denn die Gläubigen, die in den Bänken sitzen sind keine Theologen und deshalb überfordert, wenn aus einer Predigt, ein alt- oder neutestamentliches Seminar wird. Die Menschen sind irritiert, wenn ihnen klar gemacht wird, dass die Dinge viel komplizierter liegen, als sie sich dessen bewusst sind. Das alles scheint auch gar nichts mit ihrem Glauben, der einfach nur existenzielle Sicherheit geben soll, zu tun zu haben. Dieser theologische Widerspruch ist praktisch nicht aufzulösen. Deshalb habe ich die Theologie aufgegeben (und weil die Theologie viel zu viele äußerst merkwürdige philosophische Annahmen machen muss, die Vorne und Hinten nicht zusammenpassen: z.B. der naive Seelenbegriff und was mit einem Menschen passiert zwischen seinem Tod und seiner Auferstehung usw.).

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sven23
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#167 Re: Hexerei, Zauber bzw. schwarzes Magie.

Beitrag von sven23 » Fr 13. Nov 2015, 20:13

Thaddäus hat geschrieben: Was ich oben geschrieben habe, ist jedem Theologen bekannt, evangelischen wie katholischen.
Genau so ist es. Innerhalb der Kirchen sind diese Dinge schon lange bekannt. Dieses "Insiderwissen" soll aber nicht nach außen kommuniziert werden. Da müßte man schon im Religionsunterricht beginnen, aber das ist wohl wegen des Einflusses der Kirchen auf die Bildungspolitik nicht gewollt.
Man kann aber sagen, daß im heutigen Informationszeitalter jeder Zugang zu Informationen hat und sich informieren kann, wenn er es denn will.
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#168 Re: Hexerei, Zauber bzw. schwarzes Magie.

Beitrag von closs » Fr 13. Nov 2015, 21:16

Thaddäus hat geschrieben:Natürlich hatte Jesus eine Naherwartung, denn die findet sich in seinen Aussagen im NT.
Dass Du hier denselben logischen Fehler machst wie andere, macht vollkommen klar, warum man es für "gesichert" halten kann, dass Jesus eine Naherwartung hatte. - Begründung:

a) Es gibt die Ebene "Jesus", also das, was er gesprochen hat - nennen wir es "Realität". - Diese "Realität" würden wir kennen, wenn wir uns für 20 Jahre um 2000 Jahre in die Vergangenheit beamen lassen würden und dort Jesus auf Schritt und Tritt begleiten würden - ihm am besten ein Aufnahmegerät vor den Mund halten würden.

b) Es gibt die Ebene "Jesus-Rezeption". - Wie haben ihn damals seine Jünger verstanden - wie haben sie es aufgeschrieben - wie haben diejenigen das Aufgeschriebene übernommen und verändert, deren Niederschriften wir heute kennen.

Die historisch-kritischen Methode ist ausschließlich für b) zuständig. - Insofern kann Deine Aussage maximal sein: Nach den historisch-kritisch verwertbaren Quellen hatte Jesus eine Naherwartung. - Diese Aussage ist etwas ganz anderes als "Jesus HATTE eine Naherwartung".

Thaddäus hat geschrieben:Die FRage ist, wer die plausibelste Erklärung für diese Widersprüche liefern kann.
Das ist dann die Wertungs-Ebene, bei der es aus unterschiedlichen Gründen unterschiedliche Plausibilitäten geben kann. - Da können sich dann die Fachleute streiten.

Thaddäus hat geschrieben:Ich habe oben versucht, an Beispielen ein wenig zu erklären, auf welchen Plausibilitästschlüssen die Historisch-kritische-Methode beruht und zu welchen Schlüssen sie kommt.
Hast Du Schwäche erkannt, die sie in sich trägt - siehe oben.

Mal ganz nebenbei: Zu meiner Uni-Zeit hat man sehr genau zwischen "Realität" und "Rezeption" unterschieden. - Ich bin fassungslos, dass man auf so einer Banane ausrutschen kann (nimm's nicht persönlich - mir wird nur langsam das Ausmaß klar). - Rutscht man, kann man es als "Tatsache" verstehen, dass Jesus eine Naherwartung hatte.

sven23 hat geschrieben: Die Parusieverzögerung ist doch kein Hirngespinst, sondern eine gut belegte Erklärung dafür, daß die Texte mit zunehmendem Abstand zum Tod Jesus in Richtung Fernerwartung umgedeutet wurden. Dieser Tranformationsprozess ist in der NT-Forschung gut belegt.
Das wiederum ist sehr wissenschaftlich formuliert.
* Kein Hirngespinst - richtig.
* Umdeutung von Texten mit der Text - logisch nachvollziehbar.
* Wissenschaftlich gut belegt - auch richtig.

Aber es ist etwas ganz anderes als: "Es ist eine Tatsache, dass ...". - Warum es keine Tatsache sein muss, ist ebenfalls gut belegt. - Aber darüber haben wir lange genug diskutiert - das müssen wir wirklich nicht nochmal aufwärmen.

Hier geht es - vereinfacht gesagt - um den Unterschied zwischen "Realität" und "Rezeption" und wofür die HKM zuständig sein KANN.

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Thaddäus
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#169 Re: Hexerei, Zauber bzw. schwarzes Magie.

Beitrag von Thaddäus » Fr 13. Nov 2015, 22:05

closs hat geschrieben:
Thaddäus hat geschrieben:Natürlich hatte Jesus eine Naherwartung, denn die findet sich in seinen Aussagen im NT.
Dass Du hier denselben logischen Fehler machst wie andere, macht vollkommen klar, warum man es für "gesichert" halten kann, dass Jesus eine Naherwartung hatte. - Begründung:

a) Es gibt die Ebene "Jesus", also das, was er gesprochen hat - nennen wir es "Realität". - Diese "Realität" würden wir kennen, wenn wir uns für 20 Jahre um 2000 Jahre in die Vergangenheit beamen lassen würden und dort Jesus auf Schritt und Tritt begleiten würden - ihm am besten ein Aufnahmegerät vor den Mund halten würden.

b) Es gibt die Ebene "Jesus-Rezeption". - Wie haben ihn damals seine Jünger verstanden - wie haben sie es aufgeschrieben - wie haben diejenigen das Aufgeschriebene übernommen und verändert, deren Niederschriften wir heute kennen.

Die historisch-kritischen Methode ist ausschließlich für b) zuständig.
Lieber closs,
Es gibt nur b) - aus den von dir oben selbst genannten Gründen. Weder existieren irgendwelche Textzeugnisse von Jeshua selbst (und auch die müssten ausgelegt werden!), noch können wir uns 2000 Jahre zurückbeamen, um selbst Beobachtungen anstellen zu können.
Die damalige Realität kann auschließlich durch historische-kritische Textanalysen sowie durch archeologische Funde und Methoden rekonstruiert werden. Dass dies nur annäherungsweise über Plausibitätsüberlegungen geschehen kann und man nur von Wahrscheinlichkeiten reden kann, ist selbstverständlich.
Da uns a) prinzipiell verschlossen ist, bleibt nur b).

closs
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#170 Re: Hexerei, Zauber bzw. schwarzes Magie.

Beitrag von closs » Fr 13. Nov 2015, 22:35

Thaddäus hat geschrieben:Da uns a) prinzipiell verschlossen ist, bleibt nur b).
So hatte ich Dich auch eingeschätzt.

Aber warum dann der Satz:
Thaddäus hat geschrieben:Natürlich hatte Jesus eine Naherwartung,
Dies klingt wie eine Tatsache - denn genau so wird es dann auch kolportiert. - Deshalb meine inzwischen abgeflaute Erregung.

Oder wäre "Tatsache" etwas anderes als "Realität"? - Wenn ja: Wer wüsste dies außer Wissenschaftlern? - Für den "normalen" Leser sind "Tatsache" und "Realität" Synonyme.

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