Was ist eigentlich die Gnosis? (Bibelforum)

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Rembremerding
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#51 Re: Was ist eigentlich die Gnosis? (Bibelforum)

Beitrag von Rembremerding » So 10. Mai 2015, 10:16

closs hat geschrieben:
Ist der Mensch
a) "de Deo" geschaffen (also aus Gott heraus - so wie ein Kind aus der Mutter kommt), oder
b) "ex nihilo" geschaffen (also von Gott so geschaffen, wie ein Komponist eine Symphonie schafft).

Ich würde schon sagen, a). - Ist Deine Gegenüberstellung dieselbe wie meine?
a) bedeutet Emanation. Dies ist eine typisch gnostische Lehre, die dem Platonismus und Neoplatonismus entspringt. Im Christentum wurde sie in der Christologie bereits von Origines im 3. Jh. verworfen (also, dass der Sohn und der Hl. Geist ein Ausfluss von Gottvater ist). Augustinus ließ Emanation dann auch in der Schöpfungslehre nicht mehr gelten. Im Mittelalter waren es die Mystiker Meister Eckhart und Albertus Magnus, welche die Emanationslehre vertraten. Später formulierte Thomas von Aquin in seiner Summa theologiae, dass der "Schöpfungsvorgang eine Emanation alles Seienden aus der universalen Ursache" ist.
Im Judentum waren es die Kabbalisten, quasi die jüdischen Gnostiker, welche die Emanationslehre vertraten. Hegel, Schelling, Leibniz, allesamt vom Neoplatonismus beeinflusst, taten dasselbe.
Aller Problem ist, dass sie ungenügend erklären können, warum die Distanz zwischen dem "Hervorgegangenen" und dem Urgrund so groß ist. Die Gnostiker schalten da den Demiurgen ein, einen unvollkommenen Schöpfer, aus dem alles ausfließt, wobei im Hintergrund ein "fremder" Gott steht, welcher der Vollkommene ist und Licht in die unvollkommene Schöpfung einstrahlt.

b) bedeutet den bewussten Willensakt des Schöpfers eigentlich weniger aus dem nichts, sondern aus seiner Liebe heraus zu schaffen. Nichtseiendes kann nur Nichtseiendes schaffen, aber das Sein setzt eine Person mit Eigenschaft voraus, die Wille, Kraft und Tätigkeit sowie eine Korrespondenz dieser Eigenschaften hat, die Beziehung oder auch Liebe ist. Die Schöpfungslehre kommt also nicht ohne diese Liebe aus, die Gott bekanntlich ist. Die unendlich große Distanz zwischen Schöpfer und Geschaffenen, welche die Schöpfungslehre verursacht, wird in der Hl. Schrift ausreichend erklärt, aber auch das Rettungsprogramm Gottes und die Erhöhung des Geschaffenen dadurch.
Die Kirche lehrt, dass jeder Geist, jede Seele, welche die Form des Leibes bildet, unmittelbar von Gott geschaffen ist und nicht von Eltern hervorgebracht. Sie kann auch nicht zugrunde gehen, ist unsterblich. Die Emanationslehre war eine Häresie, seit 1870 ist sie mit einem Anathema belegt.

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closs
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#52 Re: Was ist eigentlich die Gnosis? (Bibelforum)

Beitrag von closs » So 10. Mai 2015, 18:14

Rembremerding hat geschrieben:also, dass der Sohn und der Hl. Geist ein Ausfluss von Gottvater ist
So würde ich es auch nicht verstehen - sondern dass Vater, Sohn und HG "Ausflüsse" (= Selbstoffenbarungen) Gottes/Jahwes ins Dasein hinein sind. - Aber hier stößt man auf begrifflichen Klärungsbedarf.

Rembremerding hat geschrieben:Im Mittelalter waren es die Mystiker Meister Eckhart und Albertus Magnus, welche die Emanationslehre vertraten.
Da wäre genauer nachzugucken - im Sinne von "dass der Sohn und der Hl. Geist ein Ausfluss von Gottvater ist" oder "dass Vater, Sohn und HG "Ausflüsse" (= Selbstoffenbarungen) Gottes/Jahwes ins Dasein hinein sind" - himmelweiter Unterschied.

Rembremerding hat geschrieben: Später formulierte Thomas von Aquin in seiner Summa theologiae, dass der "Schöpfungsvorgang eine Emanation alles Seienden aus der universalen Ursache" ist.
Wie könnte man da widersprechen? - Was wäre die Alternative?

Rembremerding hat geschrieben:Aller Problem ist, dass sie ungenügend erklären können, warum die Distanz zwischen dem "Hervorgegangenen" und dem Urgrund so groß ist.
Ich kann dieses Problem nicht erkennen. - Wenn man dem "Hervorgegangenen" die Eigenschaft des Ich-Bewusstseins zuspricht UND erkennt, dass das Ich eine zweite Orientierungs-Größe neben Gott sein kann, ist diese Dialektik aus "gut" und "böse" erklärt, ohne damit Gott in seiner Reinheit auf die Füße zu treten.

Rembremerding hat geschrieben:Die Schöpfungslehre kommt also nicht ohne diese Liebe aus, die Gott bekanntlich ist.
Eben - und wenn Gott die Liebe "ist", kommt das, was aus Liebe kommt, aus Gott - also sind wir schon wieder bei a).

Rembremerding hat geschrieben:Die unendlich große Distanz zwischen Schöpfer und Geschaffenen
... bleibt aus meiner Sicht auch bei a) deutlich, wenn man a) dementsprechend definiert.

Rembremerding hat geschrieben: Die Emanationslehre war eine Häresie, seit 1870 ist sie mit einem Anathema belegt.
Die RKK denkt sich was dabei, wenn sie so etwas tut. - Um so wichtiger wäre zu klären, was sie GENAU mit Emanation meint.

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#53 Re: Was ist eigentlich die Gnosis? (Bibelforum)

Beitrag von Rembremerding » So 10. Mai 2015, 21:16

closs hat geschrieben:Da wäre genauer nachzugucken - im Sinne von "dass der Sohn und der Hl. Geist ein Ausfluss von Gottvater ist" oder "dass Vater, Sohn und HG "Ausflüsse" (= Selbstoffenbarungen) Gottes/Jahwes ins Dasein hinein sind" - himmelweiter Unterschied.
Meister Eckhard betrachtet hier allein die Schöpfung und nicht die Trinität. "Ausfluss" bedeutet, dass das Göttliche sich ins Dasein ergießt. Die menschliche Seele erhält somit Anteil am Göttlichen, wobei man hier vermeiden muss daran zu denken, Gott besteht aus vielen Teilen.
closs hat geschrieben:
Rembremerding hat geschrieben:Aller Problem ist, dass sie ungenügend erklären können, warum die Distanz zwischen dem "Hervorgegangenen" und dem Urgrund so groß ist.
Ich kann dieses Problem nicht erkennen. - Wenn man dem "Hervorgegangenen" die Eigenschaft des Ich-Bewusstseins zuspricht UND erkennt, dass das Ich eine zweite Orientierungs-Größe neben Gott sein kann, ist diese Dialektik aus "gut" und "böse" erklärt, ohne damit Gott in seiner Reinheit auf die Füße zu treten.
Es war sogar ein Vertreter der Emanationslehre, Nikolaus von Kues, der den Begriff Unendlichkeit einführte. Unendlich betrachtete er den Abstand vom Schöpfer zur Schöpfung und damit disqualifizierte er das Ich des Menschen als Orientierungsgröße. Dafür brachte er seine Koizidenztheorie ins Gespräch, die besagt: Das Eine (Gott) ist nur dadurch unendlich, dass es zugleich auch das Viele ist. Gott ist also Einfaltung der Welt, die Welt Ausfaltung Gottes (sehr interessant hinsichtlich der Urknalltheorie mit Ausdehnung und wieder Kontraktion des Weltalls). Dies hat zur Folge, wenn der Einzelne eine "einfache Einheit" durch geistige Bestrebungen in sich erreicht von seiner Seele und der göttlichen Seele, die in ihm ist, dann ist dieses absolute Minimum zugleich das absolute Maximum. Sehr kompliziert. Ich kann mir den Einstieg dadurch merken, indem ich ein Bild nehme: Der Leib ist das Ganze, er wird von vielen kleinen Zellen gebildet, die wiederum in jedem Teil in der DNA das Ganze beinhaltet. Die Zelle ist (fast) unendlich weit weg vom Ganzen, dem Leib, wenn sie aber ihre "einfache Einheit", ihren Grund findet, denn das "Viele", also den ganzen Leib kann sie nicht finden, dann wird sie gleichzeitig zum absoluten Maximum, als Teil des ganzen Leibs. Oweh, war das in etwa verständlich. Das hat übrigens nichts mit Gnosis zu tun.
Vielleicht hilft https://de.wikipedia.org/wiki/Nikolaus_ ... enztheorie weiter:
Dieses Maximum ist keine besondere Substanz, die neben anderen Substanzen besteht, sondern es ist das, worin die Unterschiedlichkeit der Substanzen und überhaupt aller Einzeldinge gründet. Es ist eine Einheit, die in allem erscheint und alles umfasst, also auch das philosophierende und erkennende Subjekt einschließt. Da die Menschen jedoch in ihrem vom Widerspruchsprinzip beherrschten Denken befangen sind, erkennen sie diese Einheit nicht als Grund der Welt, sondern nähern sich ihr auf stets einseitige Weise. Erkennen sie das Unbefriedigende dieser Einseitigkeiten, so gelangen sie zur Auffassung, die Wahrheit sei unerreichbar. Dabei betrachtet sich der Wahrheitssucher als Subjekt, das selbst außerhalb der Wahrheit steht und diese daher in etwas anderem suchen muss. Sein Zweifel an der Auffindbarkeit der Wahrheit kann jedoch überwunden werden, wenn er versteht, dass sie nicht im Anderen zu suchen ist. Vielmehr ist sie gerade das Nicht-Andere (non-aliud), denn jedes Einzelne enthält in sich die gesamte Wirklichkeit, mit der es ungeachtet seiner individuellen Separatheit verbunden ist. Das Anderssein kommt nur den Weltdingen zu, insoweit der Verstand sie betrachtet.
Die unendliche Einheit veranschaulicht Nikolaus mit dem Beispiel einer unendlichen Geraden. Diese ist nicht nur Gerade, sondern zugleich auch ein Dreieck (mit größter Grundseite und kleinster zugehöriger Höhe), ein Kreis und eine Kugel (mit unendlich großem Durchmesser)
Indem Kues übrigens die Schöpfung als unendlich entfernt von Gott ansah, hörte man auf göttlich werden zu wollen, sondern man strebte nun danach das Göttliche in sich ins Reine zu bringen. Gleichzeitig begann man sich auch mit dem Rest der Schöpfung zu befassen, sie zu sezieren und erforschen. Kues war der Vater der modernen Naturwissenschaft, weil er als erster Naturphilosoph das geistige Fundament schuf.
closs hat geschrieben:
Rembremerding hat geschrieben: Die Emanationslehre war eine Häresie, seit 1870 ist sie mit einem Anathema belegt.
Die RKK denkt sich was dabei, wenn sie so etwas tut. - Um so wichtiger wäre zu klären, was sie GENAU mit Emanation meint.
Habe ich versucht zu erklären. Emanation: Die gesamte Schöpfung ist Ausfluss, oder vielmehr ein Überfliessen aus Gott (Liebe ist Ausfluss, überfließend). Dieser Überfluss ist ewig und andauernd.
Die Kirche lehrt, dass die Schöpfung ein Willensakt Gottes ist, die er aus seiner Liebe heraus durch das Wort vollzog und vollzieht, denn auch hier schafft Gott ständig. Grob gesagt ist in der Emanationslehre die unsterbliche Seele ein ungeschaffenes Teil Gottes, in der kirchlichen Schöpfungslehre ein geschaffenes Eben-/Abbild Gottes ("eingehaucht"), das dadurch unsterblich wird.

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#54 Re: Was ist eigentlich die Gnosis? (Bibelforum)

Beitrag von closs » So 10. Mai 2015, 21:33

Rembremerding hat geschrieben:wobei man hier vermeiden muss daran zu denken, Gott besteht aus vielen Teilen.
Stimmt - deshalb finde ich den Begriff "Ableitung" gut. - "Ebenbildlichkeit" heisst ja nichts anderes als "Ableitung" - so wie ein Kreis-Schatten die Ableitung des Kugel-Volumens ist.

Der Mensch ist also keine "kleine Kugel", die aus der "großen Kugel" Gott kommt, sondern eine Ableitung in niederer Dimension.

Rembremerding hat geschrieben:damit disqualifizierte er das Ich des Menschen als Orientierungsgröße.
Moment - aber genau das IST doch der Sündenfall, dass der Mensch sein Ich anstelle von Gott stellt. - Natürlich ist es keine WAHRE Orientierungsgröße.

Rembremerding hat geschrieben:Grob gesagt ist in der Emanationslehre die unsterbliche Seele ein ungeschaffenes Teil Gottes, in der kirchlichen Schöpfungslehre ein geschaffenes Eben-/Abbild Gottes ("eingehaucht"), das dadurch unsterblich wird.
Das verstehe ich - und da entspricht die Version der Kirche auch meiner Meinung.

Aber hier gibt es echte Begriffs-Verwirrung - deshalb mal ein praktischer Versuch: Wenn eine Frau ein Kind kriegt - was wäre anders, wenn sie es nach der Emanations-Lehre bekäme?

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#55 Re: Was ist eigentlich die Gnosis? (Bibelforum)

Beitrag von Rembremerding » So 10. Mai 2015, 21:48

closs hat geschrieben:
Rembremerding hat geschrieben:damit disqualifizierte er das Ich des Menschen als Orientierungsgröße.
Moment - aber genau das IST doch der Sündenfall, dass der Mensch sein Ich anstelle von Gott stellt. - Natürlich ist es keine WAHRE Orientierungsgröße.
Ich dachte, Du hast ins Gespräch gebracht, dass das menschliche Ich Orientierungsgröße wäre, war wohl ein Missverständnis.

closs hat geschrieben:Aber hier gibt es echte Begriffs-Verwirrung - deshalb mal ein praktischer Versuch: Wenn eine Frau ein Kind kriegt - was wäre anders, wenn sie es nach der Emanations-Lehre bekäme?
Nichts, es muss einfach raus aus der Gebärmutter. :lol:
Nein, das hat sich nur so lustig gelesen.
Das Problem mit einer göttlichen Seele aufgrund der Emanationslehre ist folgende: Traditionell sahen griechische Philosophen den Leib als Gefängnis der göttlichen Seele und verachteten den Leib (fressen, saufen, huren). Später gab es Strömungen, die den Menschen als "kleinen" Gott ansahen, also schon erlöst. Dann gab es Strömungen, in denen das Erkennen des "Gottes" in sich, auch durch Verstandesübungen, zur Erlösung führte (Gnosis). Jesus Christus wurde überflüssig > Selbsterlösung.
Lediglich Meister Eckhart und Tauler konnten Emanation und Gnade leidlich verbinden ohne Selbsterlösung.
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#56 Re: Was ist eigentlich die Gnosis? (Bibelforum)

Beitrag von closs » So 10. Mai 2015, 22:10

Rembremerding hat geschrieben:war wohl ein Missverständnis.
Wahrscheinlich - noch mal deutlicher: Ich als Orientierungs-Größe = Sündenfall. - Denn damit stellt der Mensch der Orientierungs-Größe Gott eine "Schlangen"-Alternative gegenüber. - Philosophisch ausgedrückt: Die "Erkennung" des Ich als Orientierungs-Größe ist der Beginn der Dialektik. - Seitdem gibt es es These und Anti-These.

Rembremerding hat geschrieben:Lediglich Meister Eckhart und Tauler konnten Emanation und Gnade leidlich verbinden ohne Selbsterlösung.
OK - das ist damit geklärt - wir sind uns einig.

Ein anderes Problem bleibt mir noch - die Unterscheidung von Schöpfung "de Deo" und Schöpfung "ex nihilo".

Unter "ex nihilo" verstehe ich, dass es keine wesensmäßige Beziehung zwischen Gott und Schöpfung gibt - so wie es keine wesensmäßige Beziehung zwischen mir gibt und einem Bild, das ich male. - Denn wenn mir das Bild nicht gefällt, zerreiße ich es, ohne etwas von mir zu zerreißen - mache ich halt ein Neues, bis es mir gefällt. - Das fände ich un-christlich - allerdings: Leider gibt es in der Bibel das Bild von "Töpfer und Krug", der diese Version unterstreicht. - Das stört mich.

Unter "de Deo" versteht ich NICHT die Emanations-Version (das haben wir geklärt), sondern dass etwas nicht von Gott wesensfremd gemacht wird, sondern dass es in ihm gezeugt ist.

Der Unterschied: Im "Ex-nihilo-Fall" könnte es Gott wurscht sein, ob er was verliert - dann wird halt der Ausschuß entsorgt. - Wie siehst Du dieses Problem?

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#57 Re: Was ist eigentlich die Gnosis? (Bibelforum)

Beitrag von Rembremerding » So 10. Mai 2015, 22:50

closs hat geschrieben: Ein anderes Problem bleibt mir noch - die Unterscheidung von Schöpfung "de Deo" und Schöpfung "ex nihilo".

Unter "ex nihilo" verstehe ich, dass es keine wesensmäßige Beziehung zwischen Gott und Schöpfung gibt - so wie es keine wesensmäßige Beziehung zwischen mir gibt und einem Bild, das ich male. - Denn wenn mir das Bild nicht gefällt, zerreiße ich es, ohne etwas von mir zu zerreißen - mache ich halt ein Neues, bis es mir gefällt. - Das fände ich un-christlich - allerdings: Leider gibt es in der Bibel das Bild von "Töpfer und Krug", der diese Version unterstreicht. - Das stört mich.

Unter "de Deo" versteht ich NICHT die Emanations-Version (das haben wir geklärt), sondern dass etwas nicht von Gott wesensfremd gemacht wird, sondern dass es in ihm gezeugt ist.

Der Unterschied: Im "Ex-nihilo-Fall" könnte es Gott wurscht sein, ob er was verliert - dann wird halt der Ausschuß entsorgt. - Wie siehst Du dieses Problem?
Unter uns Betschwestern: Wir wissen natürlich anhand der Heilsgeschichte, dass wir Gott nicht wurscht sind.
Gott schuf durch das Wort, er hat seine Schöpfung aus- und angesprochen. Und natürlich war zuvor nicht nichts, sondern Gottes Wille, seine Kraft und die Bewegung, Tätigkeit. Allerdings ist der Mensch Schöpfung und nicht Gott und damit nicht mit Gott wesensgleich. Doch Gott sehnst sich so sehr nach unserer Gemeinschaft, er liebt jeden von uns so sehr, dass er Geschaffenes wesensgleich machen will. Das geht aufgrund der "Dialektik", wie Du es beschreibst, jedoch nicht so einfach. Und da kommt, nicht nur da, sondern bei allem, was den Menschen betrifft - Jesus Christus ins Spiel, die Offenbarung Gottes ins Fleisch, in das Geschaffene, seine Schöpfung.
Dadurch nahm Gott neben seiner göttlichen, die zweite Natur an: Das Fleisch, das Menschliche, das Geschaffene. Die Schöpfung kann dadurch ins Göttliche eintreten! Eine Ungeheuerlichkeit und etwas wunderbar liebevolles!
Zwei Dinge geschehen nun: 1. Gott ist Mensch und kann im Leben dem Menschen in seiner menschlichen Natur unmittelbar beistehen, denn er hat alles selbst erlebt, was ein Mensch erleben kann. Er kann im Mneschen den Menschen verändern. 2. Der Mensch, sofern er es will (...dein Wille geschehe), er also einen Teil von sich aufgibt (...Gelassenheit, Jesus in mir), wird im Leben vorbereitet, damit er nach dem Tod mit seinem menschlichen Herrlicheits-Leib hineingenommen werden kann in den Herrlichkeits-Leib des Herrn, quasi umkleidet mit Göttlichem (die Hochzeit mit dem Bräutigam) und mit diesem Kleid (dem Brautkleid) wird es dem Menschen möglich in der göttlichen Dimension, der Ewigkeit Gemeinschaft mit Gott zu haben (dort steht der Baum des Lebens).
Die Substanz des Tones des Kruges wird quasi in die Substanz des Schöpfers verwandelt, weil der Krug und Töpfer dem Wesen nach ist. Soweit klar?

Diese Gemeinschaft (...Gott zeltet unter dem Menschen) ist zum einen mit Jesus Christus (der wahrer Mensch und wahrer Gott ist), in dem der Mensch IST, zum andern mit dem Gottvater, indem er durch Jesus Christus (wahrer Gott) diese Beziehung erhält und mit dem Hl. Geist, weil diese Beziehung zum Menschen und des Sohnes zum Vater die reine Liebe ist, der Hl. Geist in Person.

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closs
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#58 Re: Was ist eigentlich die Gnosis? (Bibelforum)

Beitrag von closs » So 10. Mai 2015, 23:37

Rembremerding hat geschrieben: Allerdings ist der Mensch Schöpfung und nicht Gott und damit nicht mit Gott wesensgleich.
NAtürlich nicht. - Eine Frage: Ist ein Kreis mit der Kugel wesensgleich oder wesensähnlich? - Ich meine "wesensähnlich" und würde dies als Synonym für "ebenbildlich" verstehen.

Rembremerding hat geschrieben:Die Substanz des Tones des Kruges wird quasi in die Substanz des Schöpfers verwandelt, weil der Krug und Töpfer dem Wesen nach ist. Soweit klar?
Wenn man es so versteht, ist das gut - andere werden es unter "ex nihilo"-Gesichtspunkten sehen, was aus meiner Sicht NICHT gut wäre.

Rembremerding hat geschrieben:Zwei Dinge geschehen nun
Alles nachvollziehbar. - Was sagt das über "de Deo" und "ex nihilo" aus?

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#59 Re: Was ist eigentlich die Gnosis? (Bibelforum)

Beitrag von 2Lena » Mo 11. Mai 2015, 10:47

Also, so geht die "Gnosis" nicht ... :-(
All die Unverständlichkeiten und vermeintlichen Rückschlüsse kamen durch eine nicht nachvollziehbare Basis.

Ganz anders wirken die "Ergebnisse" wenn die Schlüsse nachvollzogen werden.
Ich sehe, dass die gnostischen Schriften fast gleich gemacht wurden wie die rabbinischen "Erklärungen".

Rabbi Akiba wird dieser Spruch zugeschrieben:
In Jericho wurden keine Pferde bei den Ruinen eingesetzt, sondern Ochsen"
So ein Schmarrn aber auch, wie kann er das wissen?

Das Ergebnis ist definitiv richtig!
Bei Ruinen helfen keine [susim] keine Freuden - nur Ringen (Ochsen)

Ein Ochs ist [schor] und hat dann entsprechende Spielarten. (schar sehen, sar, kämpfen)
Man sprach über ein geschichtliches Drama und wie analoge Situationen beseitigt werden. Deshalb hat sich Rabbi Akiba auch nicht mit den "Posaunen", aufgehalten, die Mauern einstürzen lassen, sondern mit obigem Satz die Geschichte "auf den Punkt" gebracht.

Rembremerding
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#60 Re: Was ist eigentlich die Gnosis? (Bibelforum)

Beitrag von Rembremerding » Mo 11. Mai 2015, 12:08

closs hat geschrieben: Eine Frage: Ist ein Kreis mit der Kugel wesensgleich oder wesensähnlich? - Ich meine "wesensähnlich" und würde dies als Synonym für "ebenbildlich" verstehen.
Wesensähnlich. Aber übertragen wir dies doch auf den Menschen. So wie die Seele die Form (nicht als Negativform betrachten!) des Leibes ist, so ist Gottes Geist die Form des menschlichen Geistes.

closs hat geschrieben: Alles nachvollziehbar. - Was sagt das über "de Deo" und "ex nihilo" aus?
Zunächst kann "de Deo" zu jener Religionspraxis führen, die ich bereits beschrieben habe:
Traditionell sahen griechische Philosophen den Leib als Gefängnis der göttlichen Seele und verachteten den Leib (fressen, saufen, huren). Später gab es Strömungen, die den Menschen als "kleinen" Gott ansahen, also schon erlöst. Dann gab es Strömungen, in denen das Erkennen des "Gottes" in sich, auch durch Verstandesübungen, zur Erlösung führte (Gnosis). Jesus Christus wurde überflüssig > Selbsterlösung.
"de Deo" hat auch Logikprobleme. Dazu muss man zur Christologie wechseln. Die Gnosis kennt im Grunde keine Christologie, weil sie Jesus Christus (in einigen Strömungen) weder als historisch noch als Mensch betrachtet. Im besten Fall ist Christus eine "große Seele" oder ein "großer Geist". Gnosis ist in vielen Strömungen leibfeindlich. Aber wie gesagt: Die Gnosis ist keine einheitliche Philosophie, sondern hat viele Ausformungen.
"de Deo" bedeutet, dass Gott ja schon in die Materie gekommen ist, die Materie ist Werkzeug für den Menschen, sich erlösen zu können, durch Erkenntnis und gute Taten. Gott ist Teil der Seele und dieser Teil muss in der Gnosis erkannt werden, um sich erlösen zu können, durch geistige Übungen oder Verstandesarbeit. Das Problem: Dann hätte Gott sich das Opfer seines Sohnes sparen konnen, er hätte einfach "im Himmel" entschieden: o.k. ihr seid so weit, ihr habt mich in euch erkannt, ihr seid erlöst mit eurem Geist. Da wird die Gnosis eben verdächtig elitär zu werden oder eine Lehrhierarchie zwischen Gott und den Menschen etablieren zu wollen. Jesus Christus als Mensch, ja überhaupt als Sohn Gottes, als Vermittler und als Offenbarung im Dasein wäre überflüssig.

"ex nihilo" (aber nicht verstanden als nichts aus dem Nichts) sieht auch die Erlösung des Leibes vor. Gottes Sohn kam in die Materie und nahm sie in Herrlichkeit verwandelt wieder in das Reich Gottes mit. Deshalb werden auch nun die Leiber der Menschen verherrlicht in das Reich Gottes gelangen, samt ihrer Geistseele, die zusammen ihre Persönlichkeiten bilden.
Die menschliche Geistseele muss sich im Christentum ihrer Form (Gottes Geist) erinnern, sie ihr gleichgestalten. Dazu muss sie nur sagen: Ja, ich will, dass Dein Wille geschehe.

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