Sophismen und logische Fehlschlüsse

Philosophisches zum Nachdenken
closs
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#151 Re: Sophismen und logische Fehlschlüsse

Beitrag von closs » Do 11. Mai 2017, 13:12

Pluto hat geschrieben:Die Frage ist, woher willst du das überhaupt wissen.
"Wissen" tut der Mensch gar nichts außer unter den Bedingungen seiner Wahrnehmungs-Systeme - aber vermuten kann man aufgrund eines Komplexes an Einsichten, die es nahelegen.

Pluto hat geschrieben:Definiere mal geistige Existenz ohne Körper!
Das bist bspw. Du, wenn Du einmal leiblich gestorben bist - die Identität "Pluto" unter ganz anderen als natrualistischen Bedingungen. - WELCHE Bedingungen das sind, ist nur geistig erschließbar, aber nicht erlebbar, solange wir "hier" sind.

SilverBullet
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#152 Re: Sophismen und logische Fehlschlüsse

Beitrag von SilverBullet » Do 11. Mai 2017, 20:12

Halman hat geschrieben:Was erwartest Du denn für eine Antwort?
Eine Antwort mit Inhalt.

Wenn die Frage aus dem Verdacht lautet „wer oder was hat die Welt erschaffen?“, dann stellt „der Schöpfer“ keine Antwort dar sondern steht für die Formulierung „der, der die Welt erschaffen hat“, was letztlich nur eine blödsinnige Reaktion ist (der du ja offensichtlich in vollem Umfange mächtig bist).

Eine Antwort liefert Zusammenhänge, mit denen die Ausgangsfrage als abgehandelt gelten kann.

Das ist simpelste Logik, die du doch eigentlich „so hoch“ halten möchtest.

Halman hat geschrieben:Inwiefern sollte denn die Tatsache, dass unsere Wahrnehmung im Gehirn entsteht, bedingen, dass ich nicht an einen „Schöpfer der Welt“ glauben dürfe
Das kannst du nur fragen, weil du immer noch das Wort „Geist“ als „nicht materielles Sein“ behandelst. Ohne diesen Schabernack ist eine Suggestion à la „Intelligenz im Unsichtbaren/Unerreichbaren/Unverstehbaren“ gar nicht mehr möglich.

Halman hat geschrieben:Der Geist als geistige Denkkraft verstanden setzt keine dualistische oder idealistische Weltanschauung voraus.
Du willst „Geist“ erläutern, verwendest das Wort in „geistige Denkkraft“ und willst etwas „verstehen“ können, was „keine dualistische oder idealistische Weltanschauung voraussetzt“.
Das ist Blödsinn.

Dir sollte langsam klar geworden sein, dass der Begriff „Geist“ nichts taugt und „von der Antike bis heute“ einen gehörigen Anteil Nicht-Materiell-Spinnerei umfasst. Dein Link ist hierbei eindeutig und unmissverständlich.

Wenn du das Gehirn und die dortigen Abläufe als ausreichend ansehen würdest, dann würdest du keine Phänomene ausrufen und das Wort „Geist“ nicht einmal mehr mit der Beisszange anfassen (ich verwende das Wort nur noch in Verbindung der Frage, um was es dabei gehen soll).

Hier zeigt sich jedoch die Scheinheiligkeit der Philosophie: man führt ein Schauspiel auf, als würde man die neuesten Erkenntnisse berücksichtigen, nur um dann letztlich wieder in das gleiche „Geist-Theater“ abzubiegen wie bisher.

Ich gehe davon aus, dass du dir dessen gar nicht bewusst bist und lediglich nachplapperst, was du aus diesen Kreisen gelesen hast.

Halman hat geschrieben:Diese Problematik versuchte die Identitätstheorie zu lösen. Das rätselhafte Bewusstsein wird demnach auf folgende Weise erklärt:…
Vielleicht erinnerst du dich nicht mehr, aber ich habe dich nach den Leistungen der Philosophie gefragt und nicht nach dem dort fabrizierten Blödsinn.

Halman hat geschrieben:Du hast den Begriff der Geisteswissenschaft offenkundig immer noch nicht verstanden.
Was hast du aus deinem Link nicht verstanden, dass „Geist“ nicht geklärt ist und lediglich einheitlich ein „Polaritätsanspruch zum materiellen Sein“ erhoben wird (also ein reines So-Tun-Als-Ob-Theater)?

=> Philosophie schafft kein Wissen zum Wort „Geist“.

Formulierungen wie „geistiges Leben“, „Geistwesen“, „geistige Denkkraft“, „geistige Fähigkeit“ taugen dann genauso wenig für eine Klärung und signalisieren nur einen Fehler bei demjenigen der die Aussage macht.

Das ist simpelste Logik, aber weil man in der Philosophie und der Anhängerschaft den Anspruch haben möchte „grossartig zu sein“ (und zwar auf eine nicht materielle Art!), will man es nicht akzeptieren – das Ergebnis ist ein „Rotnasentänzchen“.

Halman hat geschrieben:Du setzt ja voraus, dass die “Café wall illusion” auch bei mir funktioniert. Ich könnte doch einfach behaupten, dass dem nicht so ist. Du kannst doch nicht wahrnehmen, was ich sehe.
Das darfst du ruhig behaupten, denn der Effekt ist bereits derart oft bestätigt, dass einzelne Ausnahmen eher auf ein Defizit hindeuten würden und man „deinen Fall“ bestimmt gerne untersuchen würde, um Details über die Funktionsweise herauszubekommen.

Das wäre so, wie bei Menschen, die auf Musik nicht emotional reagieren können.

Halman hat geschrieben:Dieses ermitteln wir mit einem Messwerkzeug (z.B. einem langen Wandtafel-Lineal, wie Du es vermutlich aus der Schulzeit kennst), also wieder mit Wahrnehmung. Warum sind wir uns dann darüber einig, dass wir dieser Wahrnehmung vertrauen dürfen?
Weil es sich um das Ablesen eines Werkzeugs handelt, das seinen Dienst noch nie versagt hat, sondern einwandfrei funktionierende Zusammenhänge liefert (in ganz anderen Anwendungen). Warum sollte der gleiche Vorgang, der anderweitig beliebig oft funktionierte, jetzt plötzlich ungültig sein?

Des Weiteren kannst du die Illusion ja auch durch Abdecken der Flächen „abschalten“. Folglich müssen die Linien parallel sein.

Du solltest auch beachten, dass ich eine andere Variante zeige, bei der parallele Randbereiche sehr dominant vorhanden sind und dennoch in der Mitte dieser linearen Abhängigkeit eine lineare Unabhängigkeit „verstanden“ wird. Die Konstruktion eines derartigen „Bildes“ ist nicht möglich.
Das, was hierbei wahrnehmungstechnisch vor sich geht, hat nichts mit Existenzen zu tun, denn die mathematischen Grundlagen sind regelrecht aufgehoben.

Du solltest dir klar machen, dass dein „ich habe ein subjektives Erleben“ genauso viel wert ist, wie „die Linien sind schräg“.

Halman hat geschrieben:Was Du hier betreibst ist pedantische Wortklauberei.
Tja, es ist eine exakte Wiedergabe deines Anspruches, den 1.Fall als unbedeutenden Effekt und den 2.Fall als klare Wahrheit darstellen zu können.
Für diesen Anspruch gibt es aber keinen Anhaltspunkt.
Mit welchem Werkzeug hast du denn nachgemessen, dass du ein „subjektives Erleben“ hast?
Du kannst es ja noch nicht einmal beschreiben, sondern möchtest mit „Qualia“ ein Phänomen ausrufen. Woher weisst du eigentlich, was es sein soll, wenn du es weder beschreiben noch analysieren kannst?
=> ganz einfach: genau wie bei den „schrägen Linien“ läuft eine festgelegte Reaktion ab.

Halman hat geschrieben:Ich fühle mich hier nicht angesprochen, denn ich verstehe den Menschen naturalistisch. Es gibt keinen menschlichen Geist „hinter“ dem Gehirn. Das Gehirn erzeugt den Geist über neurologische Erregungsmuster.
Oje, ich schreibe extra alle Fälle in meinen Beitrag hinein (explizit: Soll das Organ jedoch mit einem (1.)„nicht körperlichen Ding“(?) in Verbindung stehen, (2.) ein „nicht körperliches Ding produzieren“(?) oder (3.) „nicht körperliche Eigenschaften haben, dann…“), dann kommst du mit „das Gehirn erzeugt Geist“ (-> 2. und/oder 3.) und möchtest deine „Händchen in Unschuld waschen“.

Peinlich, peinlich, peinlich

Halman hat geschrieben:Ich würde das „ICH“ nicht als Objekt bezeichnen; dieses Wort scheint mir die irreführende Konnotation eines materiellen Gegenstandes zu implizieren. Das Gehirn ist ein Objekt. Das „ICH“ hat eher prozesshaften Charakter, weil es über neurolgische Erregungsmuster erzeugt wird.
Was kann man aus neurologischen Erregungsmustern bauen/erzeugen?
Für wen ist das neurologische Erregungsmuster ein Muster, also wer nimmt die Aktivitätsverteilung in den Neuronen als Muster wahr?
Da du behauptest ein „subjektives Erleben“ zu haben, musst du ja letztlich etwas sein, das etwas derartiges(?) hat. Was ist das „Ich“ nachdem es vom Gehirn erzeugt wurde (bisher hast du ja nur von „Charakter“ gesprochen)?

Wie kann ein „prozesshafter Charakter“ zum einen ein subjektives Erleben haben und zum anderen eine „Schräge“ vor sich haben, wo keine ist?
Gehirn und „prozesshaft“ bedeutet „Datenverarbeitung“. Wie willst du damit bei einem Subjekt „ankommen“ und existente Phänomene ausrufen können?

Ich habe den Eindruck du plapperst Formulierungen nach, ohne sie verstanden zu haben, vermutlich um dich, wie es in der Philosophie Brauch ist, „an der Wasseroberfläche halten zu können“.

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Thaddäus
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#153 Re: Sophismen und logische Fehlschlüsse

Beitrag von Thaddäus » So 14. Mai 2017, 19:47

Halman hat geschrieben: In dem PDF-Dokument Die moderne Kosmologie und die Feinabstimmung der Naturkonstanten auf Leben hin führt Prof. Dr. Peter C. Hägele die sechs hier bereits genannten Deutungen der Feinabstimmung auf und kommentiert diese.
Du vertritts die 3. Deutung (unterstützt von der 1. Deutung) und ich vertrete die 6. Deutung. Nachfolgend stelle ich diese bieden konkurrierenden Deutungen gegenüber:
3.
Die Feinabstimmung wird ... als notwendig vorkommend und als verstanden angenommen. Hier wird mit naturwissenschaftlichen Spekulationen argumentiert, dass unser Kosmos nur einer von unendlich vielen mit unterschiedlichen Gesetzen und Konstanten ist. Einer davon — der unsrige — hat dann notwendigerweise die gerade passenden Gesetze und Konstanten.
Lieber Halman,
ich möchte nur der guten Form halber darauf hinweisen, dass es zu diesem Punkt 3 natürlich noch eine weitere Lesart im Sinne des schwachen anthropischen Prinzips gibt, die nicht annimmt, dass dieses Universum mit genau seinen Naturkonstanten notwendigerweise existiert. Das heißt, es muss quantenmechanisch nicht unbedingt jede Wellenfunktion realisiert sein, - und so muss auch nicht zwangsläufig ein Viele-Welten-Szenario angenommen werden. Im Sinne des anthropischen Prinzips kann auch angenommen werden, dass die so genannte Feinabstimmung unseres Universums schlicht und einfach kontingent ist, also ganz zufällig so wie sie ist. Das schwache anthropische Prinzip bleibt davon unberührt, denn auch, wenn die Naturkonstanten und alle kosmologischen Werte rein zufällig so sind, wie sie eben in unserem Universum sind, sind sie offensichtlich die für die evolutionäre Entstehung von intelligentem Leben gerade passenden Werte. Nur in einem Universum, mit genau diesen Werten ist menschliches Leben und Bewusstsein evolutionär möglich, so dass auch nur in einem solchen Universum Menschen die Frage stellen können, warum genau ihr Universum existiert und warum es genau diese kosmologischen Werte aufweist. Existieren keine weiteren Universen, in denen alle weiteren möglichen Werte realisiert sind, dann ist es eben ein unerhörter Zufall, dass es genau dieses Universum geworden ist. Aber wäre es eben nicht dieses Universum mit genau seinen Werten geworden, gäbe es eben niemand, der die Frage, warum es genau diese Werte sind, stellen könnte.

Falls das Viele-Welten-Szenario nicht nur mathematisch-kosmologische Phantasie ist, dann ist freilich klar, dass es keinerlei mögliche Verbindung zwischen den Universen eines Multiversums geben kann, denn jedes einzelne hätte seine eigene Raum-Zeit. Wir können über diese parallelen Universen schlicht nichts herausfinden, und wir können sie natürlich auch nicht beobachten. Wir können sie nur mit einem mathematischen Modell postulieren, aus dem sie sich allerdings logisch zwangsläufig ergeben.

Halman hat geschrieben: Dem stelle ich die christliche Deutung gegenüber (farbliche Hervorhebungen von mir).
6.
Die Feinabstimmung wird als Design interpretiert: Ein Designer, eine Intelligenz hat den Kosmos geplant und wollte Leben ermöglichen. Diese Deutung ist keineswegs weniger plausibel als die bisher angeführten. Ihr finaler Charakter muss nicht als Konkurrenz zu einer kausalen Erklärung verstanden werden.
Richtig an 6. ist, dass ein etwaiger intelligenter Designer ebenfalls eine kausale Erklärung für unser Universum darstellt. Aber er ist keine natürliche Erklärung, sondern eben eine über-natürliche! Das bedeutet, es muss ein (allmächtiges) Wesen angenommen werden, das zwar selbst nicht zur natürlichen Welt der Physik gehört, das aber die natürliche physikalische Welt trotzdem erschafft und gestaltet. Es gibt keine Möglichkeit, es auf naturwissenschaftlichem Wege zu bestätigen. Das ist ein Problem. Wenn die Naturwissenschaften solche Wirkungskräfte akzeptieren, müssen sie sich von genau dem verabschieden, was Natur-Wissenschaft zur Natur-Wissenschaft macht. Und die Geistes-Wissenschaften müssten sich von dem verabschieden, was sie zu Geistes-Wissenschaften macht. Denn auch die Geisteswissenschaften müssen selbstverständlich so argumentieren, dass die Argumente nicht unbedingt logisch eindeutig beweisbar sind, sie müssen aber wenigstens plausibel naheliegend sein. Die Annahme aber eines nicht zur physikalischen Welt gehörenden, allmächtigen Wesens, dass aber in die natürliche Welt eingreift, ohne dass man es rückschließend auf natürlichem Wege nahelegen kann, ist keine plausible und naheliegende Erklärung. Es postuliert nur die Existenz eines Wesens, welches sich jeder Nachprüfbarkeit entzieht.


Sehr erheiternd für Philosophen ist das recht absurde Philosphenbashing von SilverBullet: er beruft sich ausgerechnet auf die Logik. Die wurde nun aber, abgesehen von ein paar Mathematikern, ausgerechnet von Philosophen ausgearbeitet. So war es z.B. Ludwig Wittgenstein, der den tautologischen Charakter der Logik erkannte, und es war der Philosoph Betrand Russel, der zusammen mit dem Philosophen Alfred North Whitehead die "Principia Mathematica" schrieb, und es war der Mathematiker und Philosoph Kurt Gödel, der die Möglichkeiten und Grenzen logischer Systeme mit seinem Vollständigkeitsbeweis und seinem Unvollständigkeitsbeweis ausarbeitete und festlegte. Und es war der Philosoph Gottlieb Frege, der seine berühmte und epochemachende "Begriffsschrift" ausarbeitete, - und alle diese Philosophen haben die ganze Logik und die philosophischen Grundlagen der Logik als Hilfsdisziplin der Philosophie so ausgearbeitet, wie sie auch noch heute gültig sind. Und auf diese Philosophen beruft sich SilverBullet ausgerechnet mit seinem Philosophenbashing. SilverBullet basht die Philosphen und beruft sich gleichzeitig auf ihre Einsichten und Erkenntnisse ... das ist sehr spassig ... :lol:

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#154 Re: Sophismen und logische Fehlschlüsse

Beitrag von SilverBullet » So 14. Mai 2017, 22:03

Thaddäus hat geschrieben:Sehr erheiternd für Philosophen ist das recht absurde Philosphenbashing von SilverBullet: er beruft sich ausgerechnet auf die Logik. Die wurde nun aber, abgesehen von ein paar Mathematikern, ausgerechnet von Philosophen ausgearbeitet.
…
SilverBullet basht die Philosphen und beruft sich gleichzeitig auf ihre Einsichten und Erkenntnisse
Du schreibst maximal unlogischen Blödsinn.

1.
Die Frage, wieso Philosophie als „Geisteswissenschaft“ bezeichnet werden soll, wenn doch exakt der philosophische Begriff „Geist“ in der Philosophie vollständig ungeklärt ist und alle Ansätze wohl nur ein „Nicht-Materiell“-Gefasel eint (siehe Halmans-Link), also gerade kein Wissen in Bezug auf „Geist“(?) geschaffen wurde, ist kein „Philosophen-Bashing“ sondern die berechtigte Frage, „warum der Kaiser eigentlich so offensichtlich nackig ist und man dennoch so tun soll, als hätte er etwas an“.

2.
Wenn ich mich einer Logik bediene und dieses nicht in Verbindung mit philosophisch/mathematischen „Ausarbeitungen“ bringe, dann kann dies nur damit zusammenhängen, dass diese „Ausarbeitungen“ dazu nicht benötigt werden, die von mir eingesetzte Logik also eine menschliche Wahrnehmungsfähigkeit ist, die nicht auf diese Arbeiten „gewartet“ hat. Dein Anspruch von „philosophischen Leistungen“ als Basis meiner Aussage, ist somit nicht gerechtfertigt.

Dass du die Fehlersituation der Philosophie nicht erkennst und stattdessen Unsinn schreibst, zeigt, dass du einen überheblichen Denkgültigkeitsanspruch vor dir her schiebst – eine Art „Religion light“.

Ein Mensch, der nachdenkt, ist nicht allein deshalb bereits „philosophisch tätig“, sondern wenn er den Anspruch erhebt, dass sein Denken für das Erreichen von Gültigkeit ausreicht, z.B. weil ein „Nicht-Materieller-Geist“ das Fundament bilden soll. (Man erkennt dies teilweise daran, dass Philosophen immer mal wieder einen Status als „übergeordnete Wissenschaftler“ beanspruchen – „wie weit bist du davon weg?“)

Sorry, ich bin kein Anhänger dieses Kasperltheaters.

Du wolltest mit deinem Beitrag eine Art „Souveränität“ vorgaukeln, hast aber mit deiner hilflosen Aufzählung von möchte gern „Philosophie-Leistungen“ klar gezeigt, dass meine Argumente für dich „eine Ansammlung von Reissnägeln darstellt, die dich erheblich schmerzen“ – gut so, vielleicht hilft es ja etwas.

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#155 Re: Sophismen und logische Fehlschlüsse

Beitrag von Halman » So 14. Mai 2017, 23:34

:wave: liebe Thaddäus,

schön, dass Du wieder hier bist. Endlich!

Thaddäus hat geschrieben:
Halman hat geschrieben: In dem PDF-Dokument Die moderne Kosmologie und die Feinabstimmung der Naturkonstanten auf Leben hin führt Prof. Dr. Peter C. Hägele die sechs hier bereits genannten Deutungen der Feinabstimmung auf und kommentiert diese.
Du vertritts die 3. Deutung (unterstützt von der 1. Deutung) und ich vertrete die 6. Deutung. Nachfolgend stelle ich diese bieden konkurrierenden Deutungen gegenüber:
3.
Die Feinabstimmung wird ... als notwendig vorkommend und als verstanden angenommen. Hier wird mit naturwissenschaftlichen Spekulationen argumentiert, dass unser Kosmos nur einer von unendlich vielen mit unterschiedlichen Gesetzen und Konstanten ist. Einer davon — der unsrige — hat dann notwendigerweise die gerade passenden Gesetze und Konstanten.
Lieber Halman,
ich möchte nur der guten Form halber darauf hinweisen, dass es zu diesem Punkt 3 natürlich noch eine weitere Lesart im Sinne des schwachen anthropischen Prinzips gibt, die nicht annimmt, dass dieses Universum mit genau seinen Naturkonstanten notwendigerweise existiert. Das heißt, es muss quantenmechanisch nicht unbedingt jede Wellenfunktion realisiert sein, - und so muss auch nicht zwangsläufig ein Viele-Welten-Szenario angenommen werden. Im Sinne des anthropischen Prinzips kann auch angenommen werden, dass die so genannte Feinabstimmung unseres Universums schlicht und einfach kontingent ist, also ganz zufällig so wie sie ist. Das schwache anthropische Prinzip bleibt davon unberührt, denn auch, wenn die Naturkonstanten und alle kosmologischen Werte rein zufällig so sind, wie sie eben in unserem Universum sind, sind sie offensichtlich die für die evolutionäre Entstehung von intelligentem Leben gerade passenden Werte. Nur in einem Universum, mit genau diesen Werten ist menschliches Leben und Bewusstsein evolutionär möglich, so dass auch nur in einem solchen Universum Menschen die Frage stellen können, warum genau ihr Universum existiert und warum es genau diese kosmologischen Werte aufweist. Existieren keine weiteren Universen, in denen alle weiteren möglichen Werte realisiert sind, dann ist es eben ein unerhörter Zufall, dass es genau dieses Universum geworden ist. Aber wäre es eben nicht dieses Universum mit genau seinen Werten geworden, gäbe es eben niemand, der die Frage, warum es genau diese Werte sind, stellen könnte.
Ja, Deine Argumenation ist logisch. Natürlich müssen Naturkonstanten so "fein austariert" sein, damit wir hier sein können. Die Frage ist nur, wie glaubhaft es ist, dass ein unerhörter Zufall vorliegt. Die Anthropische Koinzidenz erklärt nicht, warum die 37 Naturkonstanten so "fein austariert" sind, dass wir hier sind.

Thaddäus hat geschrieben:Falls das Viele-Welten-Szenario nicht nur mathematisch-kosmologische Phantasie ist, dann ist freilich klar, dass es keinerlei mögliche Verbindung zwischen den Universen eines Multiversums geben kann, denn jedes einzelne hätte seine eigene Raum-Zeit. Wir können über diese parallelen Universen schlicht nichts herausfinden, und wir können sie natürlich auch nicht beobachten. Wir können sie nur mit einem mathematischen Modell postulieren, aus dem sie sich allerdings logisch zwangsläufig ergeben.
Dies wäre eine logische Möglichkeit. So ein Multiversum könnte man mit folgendem Bild veranschaulichen.
Bild
Grafikquelle

Jede Blase symbolisiert ein Universum und als Teil so eines Universums ist es unmöglich Kenntnis über andere Universen zu erlangen. Es sei denn, es käme zu einer Kollision von Universen. Diese könnte als Spur in der CMB sichtbar sein. Vielleicht gibt es sogar so eine Spur. Der kalte Fleck – Überbleibsel einer Kollision zweier Universen?

Allerdings gibt es meiner Kenntnis nach auch mindestens ein kosmologisches Szenario, welches ein Multiversum beschreibt, in denen alle Universen zur selben Raumzeit gehören. Ob es hier angebracht ist, von einem Multiversum zu sprechen, kann sicher kritisch hinterfragt werden.
Lindes ewige Inflation beschreibt einen ewigen Kosmos, in dem unser beobachtbares Universum Teil einer sog. Domäne ist. Falls es Dich interessiert, empfehle ich Dir meinen Nachtrag zu meinen Thread: Wurden die Naturkonstanten sehr fein austariert?

Darin schrieb ich u.a.: Ein kosmische Inflationsphase im frühen Universum erscheint sehr wahrscheinlich und soweit ich es verstanden habe, löst sie einige Probleme:
— die Dichteschwankungen werden durch die Inflation "geglättet"
— das Horizontproblem wird gelöst, weil während der Inflationsphase noch eine kausale Verbindung im gesamten jungen Universum bestand, wodurch sich die physikalischen Verhältnisse angleichen konnten
— dies führt zur Homogenität der CMB

Die Die chaotische Inflation von Andrei D. Linde (1983) wurde von ihm zur ewigen Inflation (1986) weiterentwicklt und beschreibt ein "Multiversum", von dem unser "Universum" nur eine Domäne unter sehr vielen ist. Die Grafik veranschaulicht die Entstehung von Domänen ("Universen").
Bild
Grafiquelle

Wie die Grafik deutlich macht, hängen die Domänen topologisch zusammen. Falls man die Domänen als Universen bezeichnet, wäre Lindes Kosmos ein Multiversum mit einer Raumzeit, die ewig und unendlich ist.
Agent Scullie erklärte mir:
bei der ewigen Inflation befindet sich der größte Teil des Universums seit ewigen Zeiten in einem Zustand beschleunigter Expansion, mit einer Energiedichte nahe der Planck-Dichte. Ab und zu scheidet aber mal eine Region aus dieser inflationären Expansion aus, weil die Energiedichte des Inflatonfeldes unter einen kritischen Wert fällt, und expandiert dann verlangsamt weiter, mit abnehmender Energiedichte. Nach der Theorie leben wir heute in einer solchen Region.
Für tieferen Aufschluss empfehle ich seinen Beitrag im SciFi-Forum.

Thaddäus hat geschrieben:
Halman hat geschrieben:Dem stelle ich die christliche Deutung gegenüber (farbliche Hervorhebungen von mir).
6.
Die Feinabstimmung wird als Design interpretiert: Ein Designer, eine Intelligenz hat den Kosmos geplant und wollte Leben ermöglichen. Diese Deutung ist keineswegs weniger plausibel als die bisher angeführten. Ihr finaler Charakter muss nicht als Konkurrenz zu einer kausalen Erklärung verstanden werden.
Richtig an 6. ist, dass ein etwaiger intelligenter Designer ebenfalls eine kausale Erklärung für unser Universum darstellt. Aber er ist keine natürliche Erklärung, sondern eben eine über-natürliche! Das bedeutet, es muss ein (allmächtiges) Wesen angenommen werden, das zwar selbst nicht zur natürlichen Welt der Physik gehört, das aber die natürliche physikalische Welt trotzdem erschafft und gestaltet. Es gibt keine Möglichkeit, es auf naturwissenschaftlichem Wege zu bestätigen. Das ist ein Problem. Wenn die Naturwissenschaften solche Wirkungskräfte akzeptieren, müssen sie sich von genau dem verabschieden, was Natur-Wissenschaft zur Natur-Wissenschaft macht. Und die Geistes-Wissenschaften müssten sich von dem verabschieden, was sie zu Geistes-Wissenschaften macht. Denn auch die Geisteswissenschaften müssen selbstverständlich so argumentieren, dass die Argumente nicht unbedingt logisch eindeutig beweisbar sind, sie müssen aber wenigstens plausibel naheliegend sein. Die Annahme aber eines nicht zur physikalischen Welt gehörenden, allmächtigen Wesens, dass aber in die natürliche Welt eingreift, ohne dass man es rückschließend auf natürlichem Wege nahelegen kann, ist keine plausible und naheliegende Erklärung. Es postuliert nur die Existenz eines Wesens, welches sich jeder Nachprüfbarkeit entzieht.
Darüber gibt es unterschiedliche Meinungen. Der theoretische Physiker Walter Thirring vertrat diesbezüglich eine andere Sichtweise. Vielleicht magst Du ein bisschen in seinen Buchseiten von ihm stöbern.

Thaddäus hat geschrieben:... SilverBullet basht die Philosphen und beruft sich gleichzeitig auf ihre Einsichten und Erkenntnisse ... das ist sehr spassig ... :lol:
Ja, das kann ich gut verstehen. Er fordert von mir Resultate der Philosophie und stört sich am Begriff Geist.
Tja, ein Proton müsste man sein: Dann würde man die Quantenphysik verstehen, wäre immer positiv drauf und hätte eine nahezu unendliche Lebenszeit:-) - Silvia Arroyo Camejo

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#156 Re: Sophismen und logische Fehlschlüsse

Beitrag von Thaddäus » So 14. Mai 2017, 23:36

SilverBullet hat geschrieben: Du schreibst maximal unlogischen Blödsinn.
Qué va! Also - maximal - unlogischen Blödsinn schreibe ich?
Wenn etwas unlogisch ist, dann ist es unlogisch. Maximal unlogisch gibt es nicht. Dann müsste es ja minimal unlogisch geben. Gibt es aber auch nicht. :lol:

SilverBullet hat geschrieben: 1.
Die Frage, wieso Philosophie als „Geisteswissenschaft“ bezeichnet werden soll, wenn doch exakt der philosophische Begriff „Geist“ in der Philosophie vollständig ungeklärt ist und alle Ansätze wohl nur ein „Nicht-Materiell“-Gefasel eint (siehe Halmans-Link), also gerade kein Wissen in Bezug auf „Geist“(?) geschaffen wurde, ist kein „Philosophen-Bashing“ sondern die berechtigte Frage, „warum der Kaiser eigentlich so offensichtlich nackig ist und man dennoch so tun soll, als hätte er etwas an“.
Was "Geist" bedeutet (unter Ausnahme des Begriffs im Sinne von Geisterglauben), kannst du in jedem Konversationslexikon nachlesen. Noch bessere Auskunft über den Begriff im Sinne des griechischen "nous" wird dir im Historischen Wörterbuch der Philosophie geliefert. Lesen bildet ungemein ... :yawn:

SilverBullet hat geschrieben: 2.
Wenn ich mich einer Logik bediene und dieses nicht in Verbindung mit philosophisch/mathematischen „Ausarbeitungen“ bringe,
Du kannst die Logik nicht nicht in Verbindung mit philosophisch/mathematischen „Ausarbeitungen“ dazu bringen, denn es gibt keine Logik jenseits ihrer philosophischen und mathematischen Begriffsbestimmung. Logike techne ist die Kunst des Denkens. Was sie leisten kann, warum sie allgemeingültig ist, wo ihre Grenzen liegen und warum logische Schlüsse wahr sind, wird alles durch die philosophischen und mathematischen Arbeiten zur Logik bestimmt. Erkläre mir mal den simplen logischen Satz der Identität A = A ohne Bezugnahme auf das Identitätsgesetz, das von dem Philosophen Gottfried Wilhelm Leibniz formuliert wurde.
Du denkst allen Ernstes, du könntest ohne Philosophie auskommen, wenn du elementare Logik dazu verwenden möchtest, deine - wirklich ausgesprochen widersprüchlichen - Aussagen hier mit Hinweis auf diese Logik zu stützen. Mit Verlaub, - das ist dämlich. Und alle Naturwissenschaftler sind dämlich, die ähnliches versuchen und behaupten mögen, dass es möglich sei. Die meisten Naturwissenschaftler sind aber ncht so blöde ...

SilverBullet hat geschrieben: die von mir eingesetzte Logik also eine menschliche Wahrnehmungsfähigkeit ist, die nicht auf diese Arbeiten „gewartet“ hat.
Logik soll eine --- menschliche Wahrnehmungsfähigkeit --- sein?!!! :lol: :clap: :lol: :shock: :roll: :roll: :roll:
Jede Art von Wahrnehmung unterliegt offenkundig einer bestimmten Form der Sinnlichkeit. Du behauptest: Logik ist eine Form der Wahrnehmung. Welche Art der Sinnlichkeit ist denn die logische? Ich kenne nur die fünf Sinne des Menschen. Logik gehört da nicht dazu. Welches Organ der Wahrnehmung ist denn für die logische Wahrnehmung zuständig?
Hm, ist es vielleicht die Vernunft? Jene Vernunft, die vielleicht eine organisierende Form des Geistes ist? Ui, da sollte dir doch schwindelig werden ...
Die Logik muss in der Tat nicht auf irgendwelche philosophischen Arbeiten warten. Diese philosophischen Arbeiten legen aber dar, was Logik überhaupt ist. Armer armer SilverBullet: Viel lernen du noch musst ... :mrgreen:

SilverBullet hat geschrieben: Dein Anspruch von „philosophischen Leistungen“ als Basis meiner Aussage, ist somit nicht gerechtfertigt.
Das ist nicht mein Anspruch, das ist dein Anspruch. Du berufst dich doch darauf, dass deine Behauptungen logisch sind (was sie im Übrigen natürlich nicht sind).

SilverBullet hat geschrieben: Dass du die Fehlersituation der Philosophie nicht erkennst und stattdessen Unsinn schreibst, zeigt, dass du einen überheblichen Denkgültigkeitsanspruch vor dir her schiebst – eine Art „Religion light“.
Im Verdacht besonders religiös zu sein, stehe ich nun wirklich nicht. Und die Fehlersituation der Philosophie ist ungefähr so umfangreich, wie die Fehlersituation der Physik.

SilverBullet hat geschrieben: Ein Mensch, der nachdenkt, ist nicht allein deshalb bereits „philosophisch tätig“, sondern wenn er den Anspruch erhebt, dass sein Denken für das Erreichen von Gültigkeit ausreicht,
Nun, dein Denken reicht jedenfalls nicht für das Erreichen von Gültigkeit aus. Denn es ermangelt ihm erheblich an Logik. Und stimmt: nicht jeder, der irgendwie herumdenkt, betreibt schon Philosophie. Um gute Philosophie betreiben zu können, muss man folgerichtig, kreativ und selbstreflexiv denken können.

SilverBullet hat geschrieben: Sorry, ich bin kein Anhänger dieses Kasperltheaters.
Warum veranstaltest du dann ein Kasperletheater?

SilverBullet hat geschrieben: Du wolltest mit deinem Beitrag eine Art „Souveränität“ vorgaukeln,
Nein, ich möchte mit meinen Beiträgen Menschen unterhalten und im Idealfalle zum Nachdenken anregen ... Das gelingt mir leider nicht immer und bei jedem.

SilverBullet hat geschrieben: hast aber mit deiner hilflosen Aufzählung von möchte gern „Philosophie-Leistungen“
Ist ungefähr so, als sprächest du über Nobelpreisträger als Möchtegern-Nobelpreisträger mit ihren Möchtegern-Leistungen.

SilverBullet hat geschrieben: dass meine Argumente für dich „eine Ansammlung von Reissnägeln darstellt, die dich erheblich schmerzen“ – gut so, vielleicht hilft es ja etwas.
Ich fürchte, da missverstehst du etwas gründlich, mein lieber SilverBullet. ;)
Zuletzt geändert von Thaddäus am Mo 15. Mai 2017, 00:27, insgesamt 1-mal geändert.

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#157 Re: Sophismen und logische Fehlschlüsse

Beitrag von Thaddäus » Mo 15. Mai 2017, 00:26

Halman hat geschrieben::wave: liebe Thaddäus,

schön, dass Du wieder hier bist. Endlich!
Danke lieber Halman!
Ein bisschen enttäuschend ist freilich, dass ihr hier im Forum in den letzten zwei jahren nicht besonders viel weiter gekommen zu sein scheint. Das betrifft vor allem den undendlichen Thread "Alles Teufelszeug". Da werden offenbar dieselben Argumente in gebetsmühlenartiger Wiederholung vorgebracht und die, die tatsächlich korrekt sind - konsequent nicht beachtet.

Halman hat geschrieben: Ja, Deine Argumenation ist logisch. Natürlich müssen Naturkonstanten so "fein austariert" sein, damit wir hier sein können. Die Frage ist nur, wie glaubhaft es ist, dass ein unerhörter Zufall vorliegt. Die Anthropische Koinzidenz erklärt nicht, warum die 37 Naturkonstanten so "fein austariert" sind, dass wir hier sind.
Es ist einigermaßen wichtig, dass der eigentlich Witz des anthropischen Prinzips auch wirklich verstanden wird. Sein Witz besteht hierin: Wenn ein Universum nicht die Naturkonstanten und kosmologischen Werte hat, wie das unsere, wird es zumindest keinen Menschen geben, der die Frage stellen kann, warum es genau diese Werte und Konstanten hat. Das bedeutet, dass es dieses Problem nicht gibt. Hat es genau die Konstanten und Werte, die es haben muss, damit es darin menschliche intelligente Wesen geben kann, die dieses Frage stellen können, dann MUSS es genau diese Werte auch haben. Und das bedeutet: auch in diesem Falle gibt es kein Problem mit der - vermeintlichen - Feinabstimmung. Es ist einfach dieses Universum, in dem Menschen entstehen konnten. Seine Zufälligkeit stellt kein Problem dar, weil die Kategorie der "Zufälligkeit" nicht greift. Verstehst du, was ich meine? Rückwirkend kann jedes Ereignis quasi beliebig zufällig gemacht werden. Wenn ich 10 000 mal mit einem Würfel würfle und notiere jedesmal die Augenzahl und du kommst ins Zimmer, wenn ich gerade fertig bin. Dann kannst du mir ausrechnen, dass meine Augenzahlliste, die ich notiert habe, praktisch unendlich unwahrscheinlich zu erwürfeln ist (6 hoch 10 000). Aber ich habe sie ja gerade erwürfelt und wurde fertig, als du ins Zimmer kamst und begonnen hast, ihre unendliche Unwahrscheinlichkeit auszurechnen.

Denkbar ist übrigens auch ein Jojo-Universum bzw. die Theorie einer ewigen Wiederkehr von Universen, von denen unseres eines ist, welches nun genau die Werte hat, die es haben muss, um uns hervorzubringen. Unzählige Universen vor unserem und nach unserem Universum werden genau diese Werte nicht mehr haben. So würde sich das Problem unerhörter Zufälligkeit ebenfalls lösen, da in unendlichen Zeiträumen alles passiert, was physikalisch realisiert werden kann.

Halman hat geschrieben: Allerdings gibt es meiner Kenntnis nach auch mindestens ein kosmologisches Szenario, welches ein Multiversum beschreibt, in denen alle Universen zur selben Raumzeit gehören. Ob es hier angebracht ist, von einem Multiversum zu sprechen, kann sicher kritisch hinterfragt werden.
Stimmt, dieses Model gibt es auch und in diesem sind Wechselwirkungen zwischen den Universen möglich.

Halman hat geschrieben: Darüber gibt es unterschiedliche Meinungen. Der theoretische Physiker Walter Thirring vertrat diesbezüglich eine andere Sichtweise. Vielleicht magst Du ein bisschen in seinen Buchseiten von ihm stöbern.
Das müsste ich mir mal ansehen. Ich kann mir allerdings nur schwer vorstellen, wie er dieses grundsätzliche Problem lösen will. Eine intelligente Lösung des Problems hat übrigens der deutsche Newcomer-Philosoph Markus Gabriel mit seiner Sinnfeldtheorie gefunden. Allerdings dürfte dir seine Lösung nicht wirklich gefallen.


Halman hat geschrieben:Er fordert von mir Resultate der Philosophie und stört sich am Begriff Geist.
SilverBullet will philosophische Antworten und stört sich an der Philosophie! :)

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Halman
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#158 Re: Sophismen und logische Fehlschlüsse

Beitrag von Halman » Mo 15. Mai 2017, 16:27

SilverBullet hat geschrieben:
Halman hat geschrieben:
SilverBullet hat geschrieben:Zusammenhänge können von einem Wahrnehmungssystem aufgestellt werden, „Existenz“ kann hingegen nicht erreicht werden.
Was willst Du mir damit sagen?
Wahrnehmung ist Reaktion, was eine Wechselwirkung voraussetzt.
Korrekt.

SilverBullet hat geschrieben:Wenn man nun durch Forschung die untersuchte „Existenzauflösung“ immer mehr reduziert (sprich: immer „feiner“ wird), dann reduziert man auch die Wechselwirkungsmöglichkeiten.
Sobald es keine Wechselwirkungsmöglichkeiten mehr gibt, ist Schluss mit Wahrnehmung.
=> Man kann dann keine Zusammenhänge mehr aufstellen.
Naturwisssenschaft umfasst mehr als das Sammeln von empirischen Daten. Die Zusammenhänge werden i. d. R. dadurch hergestellt, dass man die Daten in theoretischen Modellen einordnet und in diesen idealerweise Vorhersagen tätigt. Theorien (Modelle) können Forschern also sagen, wonach sie nun suchen sollen. So kann es sein, dass man auf Phänomene aufmerksam wird, die man zuvor schlicht übersehen hatte. Können die Vorhersagen verifiziert werden, handelt es sich um eine gute Theorie mit Vorhersagekraft. Weichen die Messungen deutlich von den Vorhersagen ab, muss die Theorie entweder korrigiert und so "gerettet" werden, oder sie muss als falsifiziert verworfen werden.

SilverBullet hat geschrieben:Wie man aus deinem Link (oben) leicht erkennen kann, geben sich die Philosophen einer vollständigen Nicht-Materiell-Spinnerei hin, woraus sich ihr Anspruch ergibt, auch über die Wahrnehmungsgrenze hinaus ein „es ist denkbar“-Gefasel präsentieren zu dürfen.
Du machst hier den Fehler, „die Philosophen“ wie einen monolithischen Block zu behandeln. Vielleicht stellst Du sie Dir ja so vor wie Borg in Star Trek.

In der Philosophie werden Fragen kontrovers diskutiert und dabei werden durchaus unterschiedliche Meinungen vertreten, so auch in der Philosophie des Geistes.
Nichtreduktiver Materialismus und Emergenz

Bei vielen Philosophen kommen zwei Überzeugungen zusammen:

Der Materialismus ist wahr, mentale Zustände müssen materielle Zustände sein.
Die einzelnen reduktiven Vorschläge sind alle unbefriedigend: Mentale Zustände lassen sich nicht auf Verhalten, Gehirnzustände oder funktionale Zustände zurückführen.

SilverBullet hat geschrieben:Am Ende kommt dann solcher Blödsinn heraus:
Zitat-Halman: Es ist durchaus möglich, basierend auf bekannten Fakten, weiter zu extrapolieren.

Nö, wenn keine Zusammenhänge aufgestellt werden können (mangels Wechselwirkung, sprich keine Reaktion), dann ist es nicht möglich Zusammenhänge aufzustellen - Punkt.
Das ist eine ziemlich infantile Weltsicht.

Nimm als Beispiel die Rekonstruktion von archäologischen Funden. Je mehr Scherben man findet, desto besser. Die Lücken lassen sich bis zu einem gewissen Grad rekonstruieren (z.B. bei Tonvasen). Ein Beispiel dafür, wo die Grenze der Rekonstruktionsmöglichkeit erreicht ist, ist die Nase der Sphinx. Wir wissen einfach nicht, wie sie aussieht.
Aus den Funden lassen sich Rückschlüsse auf die vergangene Kultur ziehen (z.B. die altägyptische). Natürlich beinhalten solche Rekonstruktionen immer die Gefahr von Fehlern. Dies könnte man mit dem Ergänzen eines unvollständigen Puzzels vergleichen, oder mit der Rekonstruktion eines Bildes.
Wenn man z.B. ein rotes Feld hat, dann eine kleine Lücke und dann ein gelbes Feld, so kann man die Lücke mit einem orangen Übergang rekonstrurieren. Hätte man ein oranges "Puzzelstück" in diesem Bereich (der Lücke), erscheint die Richtigkeit einer solchen Rekonstruktion wahrscheinlicher.

SilverBullet hat geschrieben:Zitat-Halman: Wenn man Naturkonstanten ermittelt, deren Werte notwendige Vorraussetzungen für unsere Existenz sind, ist es denkbar, dass sie genau austariert wurden.

Nein. Das Beschreibungsmittel der Mathematik gehört zur Wahrnehmung.
Die Mathematik ist doch ein theoretisches Konstrukt?

SilverBullet hat geschrieben:Egal welcher Zusammenhang aufgestellt wird, es gibt in der Wahrnehmung immer die Möglichkeit auch so zu reagieren, als läge dieser Zusammenhang nicht vor (ein einfaches „Nicht-Reagieren“ oder „Anders-Reagieren“ reicht hier aus). Dies hat aber nichts mit dem zu untersuchenden Sachverhalt zu tun, sondern nur mit demjenigen, der hier untersucht.
Ich könnte auch die Anzeige eines Barometers ignorieren. Aber dies macht keinen Sinn, oder?

SilverBullet hat geschrieben:Dein „es ist denkbar“ ist nichts wert, denn du denkst dabei gar nichts, sondern du lehnst nur den Zusammenhang ab, der vorliegt – das ist aber keinerlei Kunststück und hat keine Aussagekraft.
Häh? Indem ich eine Feinabstimmung der Naturkonstanten annehme, lehne ich einen Zusammenhang ab? Welchen denn?

SilverBullet hat geschrieben:
Halman hat geschrieben:Es geht mir nicht um Thaddäus' Ansichten zum menschlichen Geist oder dem Buch von Markus Gabriel, sondern um ihre logische Argumentation, der Du seltsamerweise nicht folgen willst.
Das ist lächerlich, du hast keinen Zugang zu dem, was dort gesagt wurde, willst es aber als „logische Argumentation“ verkaufen – eine wirklich „sehr preisgünstige“ Suggestion :-)
Interessant. Du folgerst aufgrund von Informationen und irrst. Deine Annahme, dass ich keinen "keinen Zugang zu dem, was dort gesagt wurde" hätte, folgt aus welcher Wahrnehmung? Du extrapolierst falsch. Der Beitrag von Thaddäus ist selbsterklärend und unmittelbar einleuchtend. Ob dabei monistisch, dualistisch, naturalistisch oder holistisch gedacht wird, ist völlig irrelevant.

SilverBullet hat geschrieben:
Hallman hat geschrieben:Deine Herausforderung ist völlig überzogen und in ihrem Umfang
schwerlich erfüllbar.
Mach dich doch nicht derart lächerlich.
Die Philosophie zieht offensichtlich ein durchgeknalltes „Geist“-Theater ab und versucht sich den Wissenschaftsstatus zu erschwindeln.
Dass die „Philosophie des Geistes“ offiziell die Ergebnisse der Gehirnforschung zu Grunde legen will, ist nichts als ein simpler Versuch, sich „an der Wasseroberfläche“ zu halten, um halbwegs mitzuschwimmen. Dein Link bringt es deutlich auf den Punkt, dass dies nur eine Show ist.
Du unterschlägst den Kontext, auf dem sich mein Satz bezog. Am Fr 5. Mai 2017, 17:55 hattest Du gefordert:
Herausforderung:
Verwende sämtliche dieser „Fachgebiete“, lies in allen „Fachbüchern“ nach und erkläre dann ganz einfach, was „Geist“ sein soll – ich prophezeie ein Komplettversagen! :-)
(farbliche Hervorhebung von mir)

Mit dieser völlig überzogenen Forderung hattest Du doch lächerlich gemacht. Hast Du auch nur eine Vorstellung davon, wie umfangreich sämtliche philosophische Literatur ist? Wie schwer verständlich viele Texte sind, denn Du verwies ja ausdrücklich auf Fachbücher.
Wie wäre es mit einer Alternative: Disktiere doch mit Thaddäus über ihr Fachgebiet, sie ist Philosophin. ;)
Tja, ein Proton müsste man sein: Dann würde man die Quantenphysik verstehen, wäre immer positiv drauf und hätte eine nahezu unendliche Lebenszeit:-) - Silvia Arroyo Camejo

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#159 Re: Sophismen und logische Fehlschlüsse

Beitrag von Halman » Mo 15. Mai 2017, 16:29

SilverBullet hat geschrieben:
Hallman hat geschrieben:Die Kaffeehaus-Täuschung ist doch ein "Bild", welches im Gehirn erzeugt wird. Wir sehen es doch? Wer sehen mit den Augen und dem Gehirn. Wenn wir Bilder wahrnehmen, dann werden diese Bilder von verschiedenen Hirnbereichen unseres distributiv arbeitenen Gehirns aus den Informationen, die es von den Augen erhält, konstruiert und zwar über vernetzte neurologische Erregungsmuster.
Eine „Aktivitätsverteilung im Gehirn“ ist eine Aktivitätsverteilung im Gehirn und kann lediglich zu einer neuen Aktivitätsverteilung im Gehirn führen –> nix „Bild“, nix „Farbe“, nix „Fläche“.
Man nennt dies über die Zeit hinweg ganz einfach „ein Verhalten“.
Wenn ich Träume, dann entstehen in meinen Kopf auch "Bilder". Dass dies keine buchstäblichen Bilder sind, wie man sie im Fotoalbum findet oder an der Wand hängen, sollte klar sein.
Im Gehirn werden keine Bilder abgelegt, es gibt auch keine holograpische Speicherung. Mehr dazu in meinen Beitrag vom Mi 8. Apr 2015, 16:12.
Unser Problem ist ein semantisches.

SilverBullet hat geschrieben:Nimm einfach mal zwei Fingerchen:
=> da ist also kein Bild,
=> aber es findet ein Verhalten statt.
Häh?

SilverBullet hat geschrieben:Was liegt näher, als dass ein Verhalten stattfindet, so als ob „eine Welt gesehen“ würde –> nix „Geist“ -> „nur“ Gehirnaktivität.
=> Das Gehirn ist ein Organ des Körpers und es spult ein Verhalten im Sinne des Körpers ab (so wie jedes andere Organ auch).
Du hast wirklich ein sprachliches Problem. Das Wort „Geist“ impliziert außerhalb des religiösen Kontextes keineswegs notwendigerweise eine supernaturalistische oder supranaturalistische Weltsicht, sondern meint schlicht die Denkkraft des Menschen. Diese verdankt der Mensch seinem Gehirn, dem Organ, von dem hier die Rede ist. Der Geist ist genauso natürlich wie der Herzschlag. Ich stimme den Hirnforschern Kornhuber und Deecke zu:
Zitat aus Wille und Gehirn (Seiten 87-88):
In der inneren Führung durch Willen im Bunde mit der schöpferischen Fähigkeit des Frontalhirns liegt die Freiheit zu neuen Lösungen, Freiheit nicht gegen, sondern mit der Natur. Ausstieg aus der Natur ist unmöglich; auch für geistige Tätigkeit, die ja Informationsverarbeitung durch Ordnungsänderung ist, ist Energie nötig. Der Wille steht nicht über dem Gehirn, der Geist sitzt nicht hinter dem Gehirn. Bei einer Verletzung der Retina des Auges z.B. sieht das Sehhirn (der visuelle Cortex) den Defekt als dunkles Skotom. Hingegen wird ein akuter Ausfall der ganzen Sehrinde (durch bilateralen Gefäßinsult der Arteria calcarina) nicht wahrgenommen: Der Patient ist blind, ohne dies zu sehen (Rindenblindheit, auch Seelenblindheit genannt). ... Das Seelische lebt nicht außer dem Gehirn, sondern es ist der Innenaspekt der Informationsverarbeitung im Menschengehirn, das bewusste Sehen ist beim Menschen eine Funktion der Hirnrinde (...). Ähnlich ist es mit dem Gewissen: wenn es durch Läsion des Frontalhirns verschwindet, merkt der Mensch den Verlust zunächst nicht; er kann sich sogar fröhlich einer Witzelsucht hingeben, durch leidvolle Erfahrung und Übung kann er aber einsichtiger werden.
Mehr dazu in meinen Beitrag vom Mi 26. Okt 2016, 20:00.

Das Wort Geist ist ein Polysem, bitte begreife das endlich.

SilverBullet hat geschrieben:(irgendwie bezweifle ich, dass du deine zwei Fingerchen vernünftig einsetzen wirst :-))
Ich habe keinen Schimmer, was Du hier von mir willst.

SilverBullet hat geschrieben:
Halman hat geschrieben:Zu Qualia gibt es unterschiedliche Meinungen in der Philosophie.
Tja, nur solltest du nicht verschweigen, dass „Qualia“ unter dem Deckmäntelchen von „Geist“, also einer „Polarität zum Körperlichen“(?) phantasiert wird (dein Link ist sehr hilfreich :-)).
Damit setzen diese Philosophen jedoch eine Fähigkeit voraus, die sie nicht abklären können -> wertlose „Prämisse“, die zu einer nutzlosen „Folgerung“ führt.
Was ist Qualia?
Qualia (von lat. qualis "wie beschaffen") ist der Fachterminus für den subjektiven Erlebnisgehalt eines mentalen Zustandes.
Verstehst Du das?

SilverBullet hat geschrieben:Wenn du schon mal deine beiden Fingerchen im Einsatz hast, hier noch eine kleine Rätselfrage:
Wenn ein Verhalten stattfinden kann, als ob „ein Bild“ da wäre, obwohl gar kein Bild da ist, wie könnte man dann „Bedeutung“ herstellen?
Anschlussfrage: wie könnte man „subjektives Erleben“ herstellen?

(Achtung: das ist eine Rätselfrage an der die Philosophie regelrecht verzweifelt – „die Armen“ :-))
Also, meine Finger verwende ich zurzeit nur, um zu Schreiben. Was Du diesbezüglich von mir willst, ist mir schleierhaft.

Der obige Link zur Qualia geht auf die Fragen ein. Es geht um folgende zwei Betrachtungen der Welt:
1. Die objektive (die Qualia, wie salziger Geschmack, existieren objektiv gar nicht).
2. Die subjektive (das subjektive Erleben, wie salzig, süß, rot usw.)
Tja, ein Proton müsste man sein: Dann würde man die Quantenphysik verstehen, wäre immer positiv drauf und hätte eine nahezu unendliche Lebenszeit:-) - Silvia Arroyo Camejo

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#160 Re: Sophismen und logische Fehlschlüsse

Beitrag von Thaddäus » Mo 15. Mai 2017, 20:17

Halman hat geschrieben: Der obige Link zur Qualia geht auf die Fragen ein. Es geht um folgende zwei Betrachtungen der Welt:
1. Die objektive (die Qualia, wie salziger Geschmack, existieren objektiv gar nicht).
2. Die subjektive (das subjektive Erleben, wie salzig, süß, rot usw.)
In einem Punkt gebe ich SilverBullet ausdrücklich recht. Es ist manchmal geradezu unerträglich, welchen Unsinn zu verzapfen manche Philosophen fähig sind. Eine dieser absurden Unsinnigkeiten ist der eliminative Materialismus, den prominent das Philosophenehepaar Paul und Patricia Churchland vertritt. Ihre Begründung einer Leugnung von Qualia (das ist übrigens der Plural, der Singular heißt "Quale") ist nicht dumm, - im Ergebnis läuft es aber darauf hinaus, das Vorhandensein von Qualia (und im Grunde sind das nichts anderes als Empfindungen, also qualitative Bewusstseinsinhalte) zu leugnen. Jeder Mensch, der Sinneswahrnehmungen hat, weiß freilich sehr gut, was er empfindet und fühlt: wie sein Wein schmeckt oder sein Essen, wie ein Ton klingt oder welche Farben auf einer Ampel zu sehen sind. Diese Qualia sind absolut elementar und man empfindet sie permanent. Sie bilden die Grundlage unserer gesamten Welterfahrung und - sie sind die Basis aller unserer Naturwissenschaften. Sie zu leugnen, ist so ziemlich das Aburdeste, was man tun kann.

Wir sehen doch nicht die Farben des sichtbaren Farbspektrums, WEIL die physikalische Optik das Licht in Wellenbereiche zerlegt. Die Optik zerlegt das Licht in Wellenbereiche, WEIL wir diesen Wellenbereichen des sichtbaren Lichts Farben zuordnen, die wir qualitativ empfinden. Die Farbempfindungen sind elementar, nicht die Bestimmung von Wellenbereichen des Lichts, die es nicht gäbe, wenn wir entweder gar keine Augen hätten oder wir einen anderen optischen Sinnesapparat hätten. Intelligente Wesen, die es irgendwo im Universum vielleicht geben mag, die andere Wellenbereiche des Lichts sehen als wir, würden auch eine andere physikalische Optik ausarbeiten und die Spektren des Lichts anders bestimmen.

Wenn man unter chronischen Schmerzen leidet und geht darum zum Arzt, kann es sein, dass dieser fragt, wie stark diese Schmerzen auf einer Skala von 1 bis 10 sind. Wonach fragt der Arzt hier eigentlich?
Die Antwort: meine C-Nervenfasern sind im Augenblick im Erregungszustand xy ist jedenfalls keine Antwort, mit der der Arzt etwas anfangen könnte. Danach fragt er nicht. Er fragt, wie stark die Schmerzen aktuell empfunden werden. Er fragt nach der subjektiven Empfindung des Schmerzes. C-Nervenfasern sind eine notwendige Voraussetzung dafür, dass man überhaupt Schmerzen empfinden kann. Aber die konkrete Empfindung, das Quale Schmerz, das ich gerade erlebe und empfinde, ist nicht identisch mit dem spezifischen Erregungszustand meiner C-Nervenfasern. Das Quale, die Empfindung, ist etwas anderes, nämlich ein konkreter und ganz bestimmter qualitativer Bewusstseinsinhalt.

Neuro-Materialisten müssen Qualia mit einem exakt bestimmbaren elektro-chemischen Zustand identifizieren, das heißt, sie müssen ein Gleichheitszeichen! zwischen einem letztlich physikalischen Zustand und einem Bewusstseinsinhalt setzen. Das passt aber vorne und hinten nicht. So ist es möglich, dass zwei Subjekte A und B den exakt gleichen elektrochemischen Zustand ihrer C-Nervenfasern aufweisen und dennoch sagt A, er spüre einen Schmerz der Stärke 4 auf einer Skala von 1 - 10, Person B sagt jedoch, er empfinde seinen Schmerz in der Stärke 6.

Der Hype um die Neurowissenschaften und auch der Hype, den die Naturwissenschaften zur Zeit erleben, verblödet tatsächlich viele ansonsten intelligente Menschen und bringt sie dazu, die Existenz von etwas zu leugnen, das zu ihrem Menschsein auf einer ganz elementaren Ebene dazugehört und das sie auch sehr gut kennen und täglich erfahren. Man mache sich das einmal ganz klar: da gibt es Leute, die bestreiten oder es zu einer Illusion erklären möchten, dass ich Empfindungen und qualitative Bewusststeinsinhalte erlebe. Wie absurd ist das?

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