Tyrion hat geschrieben:
Klar darfst du fragen

. Postnatale "Abtreibung" ist das Töten eines Menschen. Die Frage ist generell, wann man das Recht hat, einen Menschen zu töten. Tyrannenmord? Selbstverteidigung? Sterbehilfe? Dass ich dagegen bin, kleine Kinder zu töten, sollte eigentlich aus meinen Beiträgen klar hervorgegangen sein. Insofern: natürlich bin ich gegen "postnatale Abtreibung".
Freut mich.
Wie bewertest Du Peter Singers praktische Bioethik?
Tyrion hat geschrieben:Zur Säkularisierung in Frankreich... Ja, die war sinnvoll, finde ich. Nicht sinnvoll sind aber Verbrechen, die im Zusammenhang damit begangen wurden. Leider wird bei Revolutionen fast immer Gewalt angewendet - hier wären wir wieder bei der Frage, wann Gewalt gerechtfertigt ist. Ich lehne Gewalt zur Erreichung politischer Ziele ab. Was wäre aber, wenn man durch Gewalt Menschenleben retten würde? Alles schwer zu beantworten. Das Töten von Priestern fällt da aber ganz sicher nicht darunter. Insofern: natürlich bin ich dagegen.
Mir geht es darum, die menschliche Neigung Gewalt zu verüben nicht einzig und allein der Religion anzulasten. Meiner Meinung nach können Ideologien zur Gewalt führen, weil diese dazu neigen Ideen so sehr zu überhöhen, dass dafür ethische Grenzen überschritten werden. Dies gilt für religiöse Ideologien ebenso wie für säkulare -.
Es ist eben ein großer Unterschied, ob wir über den Sozialismus von Willy Brandt sprechen, oder über den Bolschewismus von Lenin und Trotzki. Ebenso ist es ein großer Unterschied ob wir über die mittelalterliche katholische Kirche reden oder über die heutige.
Natürlich ist die Geschichte religiös motivierter Gewalt länger, weil Religonen in der Vergangenheit eine größere Rolle spielten als gegenwärtig in den stark säkularisierten Kulturkreisen des Westens und Fernostasiens. Dies bedeutet aber nicht zwingend, dass damit das Gewaltproblem gelöst sei. Denke nur an Pol Pot, Nordkorea und die Sowjetunion.
Zitat aus "Der Atheimsus-Wahn" v. Alister McGrath (Seiten 98-99):
Die sowjetischen Behörden haben in ihren Bemühungen, die atheistische Ideologie durchzusetzen, zwischen 1918 und 1941 systematisch die große Mehrheit der Kirchen und Priester ausgelöscht."²
Alister McGrath verweist in sein Buch auf das Beispiel von Tutea:
Zitat aus "Der Atheimsus-Wahn" v. Alister McGrath (Seiten 99-100):
Der Oxford-Professor Alexander Popescu zeigte in seiner herausragenden Darstellung des interlektuellen Christen Petre Tutea (1902-1991) - einem rumänischen Regimekritiker-, dass Tutea, als Opfer der systematischen Religionsverfolgung in Rumänien während der sowjetischen Ära bis zum Niedergang und zur Hinrichtung Ceausescus, physische und mentale Erniedrigung erleiden musste.³ Tutea verbrachte während dieser Zeit 13 Jahre als politischer Häftling und 28 Jahre in Hausarest.
Doch nicht nur im Namen des antitheistischen Kommunismus' wurde großes Unrecht begangen. Diesbezüglich verweise ich auf den Fall von Madame Rolande:
Zitat aus "Der Atheimsus-Wahn" v. Alister McGrath (Seiten 103):
Die franzöische Schriftstellerin Madame Rolande wurde 1792 zur Guillotine geführt, um dort aufgrund von falschen Anschuldigungen hingerichtet zu werden. Während sie sich auf ihren Tod vorbereitete, verbeugte sie sich spöttisch in Richtung Freiheitsstatue, die auf dem Platz der Revolution stand und sagte jene Worte, die siche nciht in Vergessenheit gerten ließen: „Oh Freiheit, welche Verbrechen werden in deinem Namen begangen“. Alle Ideale, seien sie göttlichen, transzendenten, menschlichen oder erfunden Ursprungs, können missbraucht werden. Das entspricht der Natur des Menschen. Und weil wir das wissen, müssen wir etwas tun, um dies zu verhindernn, nicht einfach nur unreflektiert gegen das Phänomen an sich vorgehen.
²
Anna Dickinson: "Quantifying Religious Oppression: Russian Orthodox Church Closures and Repression of Priests 1917-41", in: Religion, State and Society, Bd. 28 (2000), S. 327-335.
³
Alexander D. Popescu: Petre Tutea: Between Sacrifice and Suicide. Aldershot: Ashgate, 2004.
Tyrion hat geschrieben:Meines Wissens distanziert sich
Prof. Siegfried Zimmer von regriden Fundamentalismus. Seine Vorträge in der MEDIATHEK legen davon Zeugnis ab.
Ein evangelischer Theologe lehnt also rigiden Fundamentalismus ab. Ist das nicht selbstredend?
Als evangelischer Theologe repräsentiert er immerhin die evangelische Kirche und diese ist in der Christenheit eine bedeutsame Größe.
Tyrion hat geschrieben:Meiner Meinung nach gehört zum Christsein, entschieden die
Kreuzzüge und die
Inquisition zu verurteilen und zwar nicht im Widerspruch zu christlicher Ethik, sondern auf Grundlage christlicher Ethik.
Freut mich!

Schön, dass Dich mein christliches Zeugnis freut. Nicht alle Atheisten vertreten Singers Bioethik, nicht alle Atheisten sind Kommunisten. Nicht alle Christen sind antijudaistisch und frauenfeindlich. Ich bin z.B. pro-jüdisch und pro-zionistisch eingestellt.
Mir geht es um Differenzierung.