Und nochmal: Sein und Wahrnehmung

Säkularismus
Geistliches und Weltliches verbinden
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Savonlinna
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#621 Re: Und nochmal: Sein und Wahrnehmung

Beitrag von Savonlinna » Fr 9. Okt 2015, 13:35

closs hat geschrieben:
JackSparrow hat geschrieben:Du verlangst, man solle sich einen nicht vorhandenen denkenden Menschen vorstellen.
Nein - einen außerhalb Deiner Wahrnehmungs-Prämissen vorhandenen Menschen. - Ist das so schwer? Langsam glaube ich es wirklich.
Es ist ja auch Dir unmöglich, closs.

closs hat geschrieben:
SilverBullet hat geschrieben:Voraussetzungen und Schlussfolgerungen können bei natürlichen/materiellen Zusammenhängen i.d.R. unabhängig von der Behauptung und dem Behauptenden kontrolliert werden.
Aber daraus kann man doch nicht schließen, dass es keine nicht-materielle Zusammenhänge gäbe, die man NICHT kontrollieren kann - es sei denn, man ist mit seinen Prämissen so verwachsen, dass man gar nicht mehr weiss, dass es welche sind. - Das würde ich immanente Dogmatik nennen.
Letzteres ist auch mein Problem mit Dir.

Du hast es gut auf den Punkt gebracht: Du bist so verwachsen mit Deinen Prämissen, dass Du sie gar nicht mehr als Prämissen erkennen kannst.

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Münek
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#622 Re: Und nochmal: Sein und Wahrnehmung

Beitrag von Münek » Fr 9. Okt 2015, 13:46

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Pauli Auffassung widerspricht allerdings dem jüdisch-echatologischen Glauben und dem Glauben Jesu und des Johannesapokalyptikers, die von einer (unpneumatischen) konkret-leiblichen Auferstehung aus den Gräbern ausgehen.
Kann es nicht sein, dass Paulus in seiner intellektuellen Art einfach nur etwas feiner chiffriert hat?

Nein, das sehe ich nicht so. Ich habe den Eindruck, Du bist mit der (biblischen) Materie nicht so vertraut.

Im Apostolischen Glaubensbekenntnis (ursprüngliche Fassung) heißt es übrigens: "Ich glaube an... die Auferstehung des Fleisches".

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Münek
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#623 Re: Und nochmal: Sein und Wahrnehmung

Beitrag von Münek » Fr 9. Okt 2015, 14:05

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:ewige Isolation des Geistwesens und unaufhörliche spirituelle Selbstbeschäftigung
Ja - das wäre in der Tat ein eigenes Thema - sorry, dass ich mich auf "mein" Thema beschränkt habe...

"Isolation" verstehe ich gar nicht - bei einem "Alles in Einem" gibt es keine Isolation.

Von einem "Alles in Einem" (Paulusspruch) war in Deinem Gedankenexperiment überhaupt nicht die Rede.

Diese Glaubensprämisse (!) hast Du jetzt nachträglich dazugemogelt. Nicht die feine Art. :thumbdown:

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Queequeg
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#624 Re: Und nochmal: Sein und Wahrnehmung

Beitrag von Queequeg » Fr 9. Okt 2015, 14:50

closs hat geschrieben:
Queequeg hat geschrieben:das ist nur noch narrative Willkür als Beleg für deinen Sophismus
Aus meiner Sicht ist es eine glasklare Frage, deren Beantwortung weiterführen würde, wenn es so sein dürfte. - Mein Vorwurf des Dogmatismus bleibt bestehen.

"Stelle dir vor, du würdest nach deinem leiblichen Tod feststellen, das du als betageuziger Dunderklumpen existierst".

Eine glasklare Frage. Beantworte diese und sei nicht feige (dein Terminus.)

Dieser, also unser identitätstheoretische Referenzgegenstand ist von analytischer Äquivalenz, auch logisch-semantischer Äquivalenz, wenn schon, denn schon die dicke Berta des „Principium identitatis indiscernibilium".

Dein Hauptproblem ist, und hier wirst du an das Kreuz geschlagen:

x = y <-» A A.Ax <-» Ay

„x ist identisch mit y genau dann, wenn für alle Aussageformen A gilt: A wird von x erfüllt genau dann, wenn A von y erfüllt wird".
(Aus - Zur Logik der Gleichheit siehe Lorenzen, 1962, und Hartmann, 1990, 1.3.4.).

Gut, löse also dieses „salva veritate" für - beide Behauptungen für uns auf, denn dieses hier und bleibt kindisch, bleibt von steriler Eigensinnig und ist nur das ängstliche Rufen im Walde:

Mein Vorwurf des Dogmatismus bleibt bestehen.

hier sind wir dann wieder beim closs'schen Simplizismus - "Schmerzen sind Vorgänge im Gehirn. Ich habe Schmerzen in meinem linken großen Zeh. Also habe ich Gehirnvorgänge in meinem linken großen Zeh."

und dieses. also dein schnulzig radebrechendes, pseudopsychologisches Genuschel zieht sich nun von Beitrag zu Beitrag durch den gesamten Thread.

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#625 Re: Und nochmal: Sein und Wahrnehmung

Beitrag von closs » Fr 9. Okt 2015, 15:15

Savonlinna hat geschrieben:"Gott" ist - wenn überhaupt Produkt - ein Produkt jahrtausendelanger Prozesse von Abermillionen Menschen und nicht eins von Dir und mir.
Das Wort "Gott" und die Vorstellungen, die man damit verbindet, sind in der Tat ein Produkt des Menschen.

Savonlinna hat geschrieben:Letzlich willst Du vielleicht wissen, ob es "Gott" schon gab, bevor der Mensch entstand?
JA - ob das, was man sich unter "Gott" vorstellt, NUR Vorstellung ist, oder auf etwas trifft, was "da" ist auch ohne menschliche Vorstellung.

Savonlinna hat geschrieben:Auf jeden Fall ist der Gedanke, dass es einen Gott gibt, erst mit dem Menschen entstanden. Stimmst Du dem zu?
Ja - sehr sogar. - Weil aus meiner Sicht der Mensch das einzige Wesen ist, das tranzsendent reflektieren kann. - DIese Fähigkeit ist geradezu DAS Unterscheidungs-Kriterium zwischen Mensch und Tier (die Gene sind es sicherlich NICHT - da sind wir Trockennasenaffen).

Savonlinna hat geschrieben:Der eine sagt: "Gott" habe sich sofort dem Menschen offenbart, sobald der Mensch entstanden ist.
JA.
Savonlinna hat geschrieben:Der andere sagt: Die Idee, dass "Gott" existiert, ist eine Idee, die aus dem Menschen stammt und also etwas über den Menschen erzählt.
Auch JA, aber eine ganz andere Ebene.

Savonlinna hat geschrieben:Nach ewigen Grübeleien kann ich in beiden Aussagen keinen Unterschied erkennen.
Kategorial sehe ich sehr wohl einen Unterschied.

Denn "Gott offenbart sich" heisst, dass "etwas/jemand" "ist", der ein geistiges Potential im Menschen anstößt. - Gott als "Idee aus dem Menschen" sagt nichts darüber aus, ob da "etwas/jemand" "ist", sondern lässt offen, ob die Idee ein Erkennen von "etwas/jemand" "ist", was da ist, oder eine Erfindung von "etwas/jemand" ist, das es erst durch die Erfindung gibt.

Wo ich Dir zustimme, ist, dass es aus reiner Wahrnehmungs-Sicht nicht objektiv unterscheidbar ist, ob das eine oder der andere der Fall ist. - Beide könnten also recht haben.

Savonlinna hat geschrieben:Der dritte sagt: Ich bezeichne es nicht als "Gott", weder außerhalb noch innerhalb.
Das ist Sprachregelung. - Substantiell bin ich der Ansicht, dass es viele De-facto-Christen gibt, die gar nicht wissen, dass sie es sind - Röm. 2,13.

Savonlinna hat geschrieben:Schließlich gibt es aber noch die, die sagen, Gott sei in jeglichem Sinn "ausgedacht", sei Illusion.
Was ist der Unterschied zwischen dieser Variante und der anderen Version:Der andere sagt: Die Idee, dass "Gott" existiert, ist eine Idee, die aus dem Menschen stammt? - Das habe ich noch nicht verstanden.

Savonlinna hat geschrieben:Weiterhin kann man unterscheiden: Inhalte des Verstehens, deren Träger die einen mit "Gott" bezeichnen, die anderen - siehe oben - eben nicht. - Die Inhalte des Verstehens sind aber gleich oder zumindest ähnlich.
Ich denke, dass man dies mit sprachlichen Mitteln NICHT unterscheiden kann. - Verschiedenstes kann sprachlich im gleichen Gewand erscheinen.

Savonlinna hat geschrieben:Insofern kann ich Deine oben gestellte und von mir blau angemalte Frage nur so beantworten: Es hängt völlig davon ab, was man mit "Gott" verbindet.
Analytisch ist das richtig. - Meine Frage war an Dich persönlich gerichtet - oder ist das zu früh?

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#626 Re: Und nochmal: Sein und Wahrnehmung

Beitrag von closs » Fr 9. Okt 2015, 15:19

Savonlinna hat geschrieben:Du hast es gut auf den Punkt gebracht: Du bist so verwachsen mit Deinen Prämissen, dass Du sie gar nicht mehr als Prämissen erkennen kannst.
JEDER hat Prämissen - und zu meinen stehe ich doch (und kann sie vor allem begründen - aber as würde WIRKLICH zu weit führen).

Der Punkt ist ein anderer:
Der Naturalismus/Materialismus erweckt den Eindruck, er habe KEINE Prämisse - so als sei er nicht dogmatik-gefährdet. - Inzwischen bin ich soweit zu vermuten, dass die Dogmatik des Naturalismus/Materialismus darin besteht, sich einzureden, man habe keinen. - Aus meiner Sicht ein perfekter Weg zur Selbst-Immunisierung.

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#627 Re: Und nochmal: Sein und Wahrnehmung

Beitrag von SilverBullet » Fr 9. Okt 2015, 15:27

closs hat geschrieben:Aber die Frage, ob Geistiges etwas vom Menschen Unabhängiges sein kann kann[und sollte man meines Erachtens schon "binär" anworten bekönnen.

Eine Frage kann man nur beantworten, wenn man weiss, worum es gehen soll.
Das Wort „Geist“ ist nun mal komplett frei verfügbar und wurde bereits mit den unterschiedlichsten Zusammenhängen belegt.

Auf das, was du darunter verstehen und durch dein „Hineinfühlen“ erkennen möchtest, kann ich nur mit der Was-Soll-Das-Sein-Frage reagieren.
Ohne brauchbare Antwort gibt es danach keine Existenz-Überlegungen.

closs hat geschrieben:Aber daraus kann man doch nicht schließen, dass es keine nicht-materielle Zusammenhänge gäbe

Ich wiederhole:
Ohne brauchbare Was-Soll-Das-Sein-Antwort gibt es keine Existenz-Überlegungen.

„Nicht-Materiell“ ist keine Definition sondern lediglich ein „unscharfer Verdacht“.

closs hat geschrieben:Das würde ich immanente Dogmatik nennen.

laut Wiki:
immanent= innerhalb der Grenzen der Erfahrung, der Erkenntnis bleibend

Falls du damit andeuten möchtest, dass ein Wahrnehmungssystem nur über das urteilen kann, was „als etwas“ (also „als Vorstellung“) vorliegt, dann stimme ich zu.
Ohne Vorstellung eine Haltung zur Existenzmöglichkeit von ??? einzunehmen, macht nicht besonders viel Sinn, denn sobald jemand die Was-Soll-Das-Sein-Frage stellt, sieht man, dass „der Kaiser ja gar keine Kleider an hat“…

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#628 Re: Und nochmal: Sein und Wahrnehmung

Beitrag von closs » Fr 9. Okt 2015, 15:30

Münek hat geschrieben:Im Apostolischen Glaubensbekenntnis (ursprüngliche Fassung) heißt es übrigens: "Ich glaube an... die Auferstehung des Fleisches".
Danach heisst es im Symbolum Quicumque "des Leibes". - WAS das für ein Leib ist, wissen wir nicht - beschrieben wird er meines Wissens als perfekte Leiblichkeit mit allen individuellen Zügen des jeweiligen Ich (es gäbe also keine körperlichen Beschwernisse oder Behinderungen) - wenn ich mich recht erinnere, steht irgendwo in der Bibel, dass Jesus mit seinem Leib (nach seiner Auferstehung) durch geschlossene Türen oder Wände gehen konnte. - Es wäre also ein "Leib", wie wir ihn nicht kennen, selbst wenn er "so" aussieht.

Kann sein, ändert aber nichts daran, dass es ein Leib wäre, der nach dem Daseins-Tod existieren würde - und darum ging es ja.

Münek hat geschrieben:Diese Glaubensprämisse (!) hast Du jetzt nachträglich dazugemogelt.
Das habe ich eingebracht, weil Du mit "isoliert" kamst. - Soll ich vorher wissen, mit was Du kommst?

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#629 Re: Und nochmal: Sein und Wahrnehmung

Beitrag von closs » Fr 9. Okt 2015, 15:38

Queequeg hat geschrieben: "Stelle dir vor, du würdest nach deinem leiblichen Tod feststellen, das du als betageuziger Dunderklumpen existierst". - Eine glasklare Frage. Beantworte diese und sei nicht feige (dein Terminus.)
Da müsste ich zurückfragen, was dieser Klumpen ist. - Diese Frage ist bei meinem Beispiel nicht nötig, weil bei meinem Beispiel Du kein betageuziger Dunderklumpen wärest, sondern "Du" bliebest. - Vollkommen daneben.

Queequeg hat geschrieben: Zur Logik der Gleichheit siehe Lorenzen, 1962, und Hartmann, 1990, 1.3.4.
Willst Du damit sagen, dass das Gedanken-Experiment, Du würdest nach Deinem Daseins-Tod als "Du" existieren, logisch unmöglich ist? - Kann es sein, dass mit solchen Sprüchen auch nachgewiesen :devil: werden kann, dass es Gott nicht gibt?

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#630 Re: Und nochmal: Sein und Wahrnehmung

Beitrag von closs » Fr 9. Okt 2015, 15:42

SilverBullet hat geschrieben:Eine Frage kann man nur beantworten, wenn man weiss, worum es gehen soll.
Hier geht es um
a) Existenz im Dasein (das, was Du wahrscheinlich als "Welt" bezeichnest)
b) Existenz nach dem körperlichen Tod

SilverBullet hat geschrieben:Ohne brauchbare Was-Soll-Das-Sein-Antwort gibt es keine Existenz-Überlegungen.
Kennst Du den Unterschied zwischen Methodik und Philosophie?

SilverBullet hat geschrieben:Falls du damit andeuten möchtest, dass ein Wahrnehmungssystem nur über das urteilen kann, was „als etwas“ (also „als Vorstellung“) vorliegt, dann stimme ich zu.
Da stimme ich Dir doch im Sinne des Kritischen Rationalismus zu - welcher eine M E T H O D I K ist.

Das hat doch ganz und gar nichts damit zu tun, ob es "Sein" gibt jenseits der Möglichkeiten dieser Methodik. - Kann es sein, dass unsere Zeit Methodik und Weltanschauung vermischt?

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