Eusebius hat geschrieben: ↑Do 22. Apr 2021, 23:12
Also Du meinst damit: Du glaubst, Gott ist voller Liebe (oder die Liebe selbst). Du schreibst ihm dieses Attribut zu und dem eiferst Du nach, weil Du es sehr wertvoll (und wunderbar) findest? Die Frage, ob Du ihn für wahr hältst, für real existierend, die stellt sich Dir .... überhaupt nicht. Weil... ? Das sowieso immer klar war. Die Frage musste nie gestellt werden. Ist das richtig so oder nicht richtig?
Im Christentum wird geglaubt, dass der Glaube entscheidend ist. "Glaube und Du gewinnst die Gnade Gottes und er vergibt Dir". Also glaubt man Gott ist. Mein Gottesbild ist so, dass es Ihm ziemlich egal ist was du glaubst (außer der Glaube ist ein Werkzeug sich ihm zu nähern, dann ist es als Werkzeug nützlich, nicht als Unterscheidungsmerkmal Gottes für Menschen). Es geht überhaupt nicht darum was wir HABEN (z.B. Glaube), sondern was wir SIND. Gottesnähe ist die Nähe vom Ihm und uns. "Uns" ist dabei etwas was IST und nicht HAT. Ich BIN Ihm nah, oder ich BIN es nicht. Und das wird (wir können nur Vergänglichkeiten aneinanderreihen) immer ein wenig ein hin und her oder mehr oder weniger sein.
Gott ist auf gewisse Art nicht allmächtig. Er kann nicht anders sein als uns zu lieben, ihn drängt es dazu uns so nahe zu sein, dass wir es als Eins werden betrachten können, wenn intensiv empfunden. In diesem Empfinden/Wahrnehmen kann es tatsächlich keinen Zweifel geben. Nur dann, wenn man ganz rational nach Beweiskraft im wissenschaftlichen Sinne vorgeht. Wenn Gott uns extrem nahe kommt, fließt was er IST in uns (kann allerdings auch wieder "abfließen"). So kann dann eine innerlich erfahrbare beeindruckende erfüllende Liebe nichts anderes sein, dass wir lieben (oder "lieb sind").
Im Christentum wird Sünde als Haben verstanden, als Schuld. Das ist für mich nicht (mehr) nachvollziehbar. Sünde ist schlicht das "Sein in Gottesferne" (ein eingebildeter Zustand, da er nur von uns, nicht von Gott ausgeht). Im NT steht ein Satz, dass die Liebe die Sünde zudeckt. Anders ausgedrückt, die "Schuld" (korrekt als Seins-Kategorie: Gottesferne) verschwindet in der Gottesnähe wie von selbst.
Wenn die Gottesnähe eine Sache des so-seins ist und nicht des Glauben-habens, dann kann allerdings auch der Atheist oder Eingeborene in einer entlegenen Gegend Papua-Neugineas Gott nahe sein. Denn eigentlich ist im Menschen bereits all das was er braucht. Er braucht keine Bibel (was nicht ausschließt, dass sie ihm als Ratgeber nützen kann).
Die Sprache bitte ich zu entschuldigen, es ist schwer auszudrücken, wenn man den Christlichen Glauben als dogmatisches Sprachsystem sieht, das die Grenzen des Denkens setzt, die aber überwunden werden müssen. Der christliche Glaube ist zutiefst in unserer Kultur verankert und damit auch was für uns "denk-bar" ist.
Wenn ich von Glauben rede meine ich schon erstmal auf der untersten Ebende das "für wahr halten". Atheisten (Agnostiker ausgenommen) sagen: Es gibt keinen Gott und das ist die Wahrheit. Gläubige sagen: Es gibt ihn. Wir halten das für wahr. Mir war es immer selbstverständlich, dass es ihn gibt - instinktiv. Ohne ein Bild, ohne besondere Attribute. Nur eben, dass er der Größte ist, der Höchste, die Nummer 1.
Spontan dachte ich hier gerade "Eusebius" könnte "Ruth" sein hier im Forum. Als wenn ihr ein wenig geistig verwandt seid.
Wir können sehr froh sein, dass unsere Gesellschaft heute den Wissenschaften einen viel höheren Stellenwert einräumt. Damit können auch viele Fehler ausgeräumt werden, auch bei Gläubigen. Allerdings kann man auch Wissenschaften übertreiben, ja sie zu einer Denk-Diktatur machen. Es gibt - gerade bei "missionarischen Atheisten" - eine strukturelle Eigenart des Argumentierens, was nicht bewiesen werden kann gibt es auch nicht. Was als Phänomen nicht experimentiell erzeugt werden kann gibt es nicht. Und hier finde ich wird übertrieben. Mein Gegenüber wird nicht einmal den Inhalt seiner Gedanken mir gegenüber beweisen können und trotzdem gibt es sie. Es kann auch Erlebnisse geben, die alles Beweisbare in den Schatten stellen. Ich erinnere mich an ein Erlebnis vor vielen, vielen Jahren. Ich ging zum Fenster im dritten Stock Altbau und schaute in den Innenhof, hier reparierte gerade ein Bewohner des Häuserblocks sein Fahrrad. Kaum schaute ich aus dem Fenster, drehte er sich herum und schaute direkt mich an. Kein suchender Blick nach rechts oder links, nein, sein Blick ging geradewegs zu mir. Wie er später sagte, hatte er sich beobachtet gefühlt. Oder man will jemanden anrufen, an den man Jahre nicht mehr gedacht hat und es klingelt das Telefon und derjenige geht heran. Das kennt jeder irgendwo. Man kann es nicht experimentell herbeirufen (wie ein Naturwissenschaftler im Labor-Experiment), aber trotzdem gibt es das. Eine Verbindung zwischen 2 Personen, die nicht materiell ist. Kann man das beweisen? Nein. Ich weiß trotzdem das gibts.
Naja, sicher, die Liebe, ist natürlich das göttliche Attribut und natürlich ist mir das (unendlich) wertvoll, es ist das Wertvollste überhaupt. Natürlich will ich das auch, so liebevoll sein wie er. Wäre ich gerne, irgendwann mal. Ein frommer Wunsch. Und man versucht, sich dem Ideal anzunähern. Man versucht es.
Schön, dass Du es bescheiden ausdrückst. Genaugenommen ist so einfach toll. NIemand verlangt Vollkommenheit, es ist in unserer Vergänglichkeit und Begrenztheit auch gar nicht machbar und da können wir nichts dafür.
Am Ende denke ich, Gott kann nur mit dem Herzen und durch Erleben begriffen werden. Aber Worte sind eine wichtige Brücke, eine Unterstützung, die Orientierung geben kann und Halt schon allein dadurch, dass sie eine Möglichkeit bieten, etwas dafür zu tun, dass man sich im annähert.
Ja. Genau. Man muss sogar aufpassen. Ich z.B. denke viel zu viel und mit dem Ratio kann man sich innerlich sehr schnell auch wieder "wegbringen" von der Gottesnähe. Besonders wenn man dogmatisch argumentieren muss, "verliert man sich" schnell in Bezug auf Gott. Selbst wenn man in der Debatte recht hat. Das Erleben geschieht unmittelbar. Längere Gedankengänge stören da eher. (Einige Atheisten mögen jetzt lachen, aber es ist trotzdem so.)