Wie führt Wahrnehmung zu Erkenntnis?

Säkularismus
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Salome23
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#61 Re: Wie führt Wahrnehmung zu Erkenntnis?

Beitrag von Salome23 » Do 12. Nov 2015, 06:30

Novalis hat geschrieben: Ich neige eher zum subjektiv idealistischen Denken...
Ach?
Ich denke, du neigst eher dazu, über das zu schwurbeln, was du aus deinen unzähligen literarischen Werken (etc. etc.) entnommen hast :D

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Thaddäus
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#62 Re: Wie führt Wahrnehmung zu Erkenntnis?

Beitrag von Thaddäus » Do 12. Nov 2015, 08:17

Salome23 hat geschrieben: Wenn ich auf Grund von Muskelverspannungen oder einer Nierenkolik höllische Schmerzen verspüre, werde ich mir sicher nicht die philosophische Frage stellen, ob die Schmerzen nun in einem tatsächlich realen Körper stattfinden oder eben nur in einer simulierten Scheinwelt, in einem simulierten Körper mit simulierten Organen und simulierten Nervensträngen .... :roll:
Dann stelle dir die Frage doch, wenn du gerade keine Muskelverspannungen oder eine Nierenkolik hast!
Wenn man die gerade hat, fällt es auch schwer, die Fenster zu putzen oder einen Teilchenbeschleuniger zu bedienen.
Du scheinst eine Überflüssigkeit der Philosophie damit begründen zu wollen, dass dich ihre Fragen einfach nicht interessieren. Das ist ok, ich interessiere mich nicht für Dressurreiten oder wie man einen Automotor repariert.

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Thaddäus
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#63 Re: Wie führt Wahrnehmung zu Erkenntnis?

Beitrag von Thaddäus » Do 12. Nov 2015, 08:59

Salome23 hat geschrieben:
Thaddäus hat geschrieben: Vor allem bringen aber die Antworten auf philosophische Fragen Erkenntnisgewinn
Nennen sie ein Beispiel und den praktischen Nutzen davon :)
Im Höhlengleichnis Platons wurde zum ersten Mal grundsätzlich und ausführlich in einem philosophischen Gleichnis formuliert, inwiefern unsere als so sicher erscheinende alltägliche Erfahrung einer umfassenden Täuschung unterliegen könnte. In der Folge dieses deutlich gewordenen Problems, wurde eine ganze Disziplin in der Philosophie ausentwickelt, nämlich die Erkennntitheorie, die die Frage beantworten soll, was ich überhaupt sicher wissen kann.
Eine praktische Folge dieser Problementwicklung spielt bis in die Kopenhagener Interpertation der Quantenphysik hinein. Ein ganzer Haufen an Science-Fiction- und Fantasy-Unterhaltungsliteratur ist ohne die Einsicht in die Problemstellung des Höhlengleichnisses undenkbar. Die praktische Folge ist, dass zahllose Menschen sich durch solche Literatur unterhalten lassen und sie bereit sind, Geld für derartige Unterhaltungsliteratur auszugeben: Milliardenbeträge. Filme wie Welt am Draht von Reiner Werner Fassbinder, The 13th Floor von Roland Emmerich, Matrix, von den Wachowski Brüdern, Inception und zuletzt Interstellar von Christopher Nolan, sind ohne philosophische Einsichten der letzten 2500 Jahre undenkbar. Abgesehen davon, dass sich ein weltweites Millionenpublikum ganz offensichtlich von diesen Filmen faszinieren lässt, gibt es weltweit mehrere Hundermillionen US$ dafür aus, insbesondere solche Mindgame-Blockbuster sehen zu können. Die ganze Literatur- und Filmindustrie lebt zu einem großen Teil von fantastischen und philosophischen Szenarien. Zehntausende Menschen verdienen weltweit mittelbar mit Literatur, der Phantasie von Autoren und Szenarien und Fragen, die letztlich aus der Philosophie stammen, ihr Geld. Die paar Philosophieprofessoren an der Uni fallen da nicht ins Gewicht.

Das sind ein ganzer Haufen praktischer und realer Folgen von Philosophie, denke ich.

Abgesehen davon gibt es in der Philosophie sogar ganz handfeste Erkenntnisse, an denen praktisch kein an einer Universität lehrender Philosoph mehr zweifelt (mit wenigen Ausnahmen, die als entsprechende "Exoten" betrachtet werden). So kenne ich keinen philosophischen Experten, der noch von einer "Seele" in der Weise sprechen würde, es handele sich dabei um eine feinstoffliche Substanz, die in einem Körper sitzt und diesen verlässt, wenn er stirbt.

Hat man irgendwie noch immer diese Vorstellung von Seele, egal ob gläubig oder nicht, dann weiß man nur noch nicht, dass man einem naiven Irrtum aufsitzt, der ungefähr so erheblich ist, wie daran zu glauben, man stünde auf der anderen Seite der Welt mit dem Kopf nach unten.

Es ist keineswegs die wichtigste Aufgabe der Philosophie, etwa Ergebnisse zu ihren Fragen zu finden, schon gar keine endgültigen. Aufgabe der Philosophie ist es vielmehr, alle ihre Fragen immer wieder neu zu durchdenken und mit ihren Methoden zu analysieren; neue Fragen zu finden, Antworten auf diese Fragen zu versuchen und gefundene Antworten sogleich wieder infrage zu stellen. Das heißt Denken!


Die Philosophin Hypathia hat es in dem von mir irgendwo verlinkten Filmtrailer zu Agora wunderbar formuliert, was Philosophie ausmacht:
"Ihr zweifelt nicht an dem, was ihr glaubt. Ich aber muss das tun!"

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#64 Re: Wie führt Wahrnehmung zu Erkenntnis?

Beitrag von Salome23 » Do 12. Nov 2015, 09:57

Thaddäus hat geschrieben:
Salome23 hat geschrieben: Wenn ich auf Grund von Muskelverspannungen oder einer Nierenkolik höllische Schmerzen verspüre, werde ich mir sicher nicht die philosophische Frage stellen, ob die Schmerzen nun in einem tatsächlich realen Körper stattfinden oder eben nur in einer simulierten Scheinwelt, in einem simulierten Körper mit simulierten Organen und simulierten Nervensträngen .... :roll:
Dann stelle dir die Frage doch, wenn du gerade....
Worin bitte liegt der Unterschied, ob ich nun in einer realen Welt meiner beruflichen Tätigkeit nachgehen muss oder ob ich es in einer simulierten Scheinwelt tun muss?
Warum also sollte ich darüber sinnen, ob wir nun in einer echten, realen Welt leben oder nur in einer simulierten Scheinwelt? Welchen Nutzen habe ich dadurch? :)

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#65 Re: Wie führt Wahrnehmung zu Erkenntnis?

Beitrag von Pluto » Do 12. Nov 2015, 10:11

Salome23 hat geschrieben:Worin bitte liegt der Unterschied, ob ich nun in einer realen Welt meiner beruflichen Tätigkeit nachgehen muss oder ob ich es in einer simulierten Scheinwelt tun muss?
Warum also sollte ich darüber sinnen, ob wir nun in einer echten, realen Welt leben oder nur in einer simulierten Scheinwelt? Welchen Nutzen habe ich dadurch? :)
Du hast Recht! Sich darüber Gedanken zu machen ist wirklich ziemlich sinnlos, zumal die Vorstellungen einer "Matrix" oder ähnlich Analogien wie das Gehirn im Tank ohnehin an der Komplexität einer Echt-Zeit Simulation scheitern.

cui bono (wem nützt es)?
Und welche Intelligenz hat den Computer gebaut? Hinzu kommt, dass es schlicht unmöglich ist, einen Computer zu bauen, der die Komplexität der Welt der Gefühle in Echt-Zeit simulieren könnte. Hinzu kommt die Frage nach dem Sinn (Nutzen) einer solchen Simulation...

Bei solchen Vorstellungen handelt es sich um naive philosophische Gedankenexperimente die unser Denken anregen sollen.
Mehr steckt aber nicht dahinter.
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

closs
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#66 Re: Wie führt Wahrnehmung zu Erkenntnis?

Beitrag von closs » Do 12. Nov 2015, 10:34

Savonlinna hat geschrieben:Aber wir sprechen hier davon, "grundlegende philosophische Fragen diskutieren zu wollen".
Ja - damit in den "normalen" Diskussionen nicht ständig diesselben Bolzen passieren.

Salome23 hat geschrieben:Wenn ich auf Grund von Muskelverspannungen oder einer Nierenkolik höllische Schmerzen verspüre, werde ich mir sicher nicht die philosophische Frage stellen, ob die Schmerzen nun in einem tatsächlich realen Körper stattfinden oder eben nur in einer simulierten Scheinwelt
RIchtig - das wäre auch albern.

Es geht hier ausnahmslos um moderne Weltanschauungen, die partout glauben, sie würden keiner Prämissen bedürfen. Diesen Zahn zu ziehen, scheint fast aussichtslos zu sein.

Welchen Sinn macht es, über Religion und Naturwissenschaft zu sprechen, wenn Naturalisten tatsächlich glauben, Religion sei so etwas wie ein Anhängsel von Körper-Funktionen? - Noch viel schlimmer: Sich gar nicht vorstellen können, dass es anders sein könnte.- DAS ist der Hintergrund für meinen Wunsch, "grundlegende philosophische Fragen" zu diskutieren.

Salome23 hat geschrieben:Wir sind hier nicht im Philosophieunterforum sondern :"Gott, die Welt und der Säkularismus "
Wenn gewisse Grundlagen nicht erkannt sind: Welchen Sinn macht es, solche anspruchsvoll klingenden Unterforen-Titel aufrecht zu erhalten?

Pluto hat geschrieben:cui bono (wem nützt es)?
Der Horizont-Erweiterung des heutigen Denkens.

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Thaddäus
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#67 Re: Wie führt Wahrnehmung zu Erkenntnis?

Beitrag von Thaddäus » Do 12. Nov 2015, 11:32

Salome23 hat geschrieben: Worin bitte liegt der Unterschied, ob ich nun in einer realen Welt meiner beruflichen Tätigkeit nachgehen muss oder ob ich es in einer simulierten Scheinwelt tun muss?
Wenn du nur in einer simulierten Scheinwelt deiner Arbeit nachgehst, dann sitzt du ganz offensichtlich dem kapitalen Irrtum auf, zu glauben, du gingest deiner Arbeit in einer ganz anderen Welt nach, nämlich der, von der du glaubst, dass sie die Wirklichkeit sei.

Salome23 hat geschrieben: Warum also sollte ich darüber sinnen, ob wir nun in einer echten, realen Welt leben oder nur in einer simulierten Scheinwelt? Welchen Nutzen habe ich dadurch? :)
Wenn mit philosophischen Argumenten widerlegt werden kann, dass du lediglich in einer simulierten Scheinwelt lebst, dann hast du den Vorteil, die Wahrheit zu kennen (oder zumindest sehr gute Gründe dafür zu haben, davon auszugehen, dass es die Wahrheit ist).
Diese Widerlegung stammt übrigens von Hilary Putnam und sein sehr komplizierter Beweis wurde von dem dt. Philosophen Olaf Müller in zwei dicken Bänden überprüft: Wirklichkeit ohne Illusionen I - Hilary Putnam und der Abschied vom Skeptizismus oder Warum die Welt keine Computersimualtion ist und Wirklichkeit ohne Illusionen II - Metaphysik und semantische Stabilität oder Was es heißt, nach höheren Wirklichkeiten zu fragen .

Bild

Wenn dich die Wahrheit oder Falschheit deiner alltäglichen Überzeugungen nicht interessiert, dann bedeutet das nur, dass Philosophie kein geeignetes Hobby für dich ist und du es vielleicht mal mit Dressurreiten versuchen solltest. ;)

Keinesfalls bedeutet deine Einstellung aber, dass die in irgendeiner Weise die Philosophie überflüssig machen würde.

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#68 Re: Wie führt Wahrnehmung zu Erkenntnis?

Beitrag von Savonlinna » Do 12. Nov 2015, 11:46

closs hat geschrieben:
Savonlinna hat geschrieben:Aber wir sprechen hier davon, "grundlegende philosophische Fragen diskutieren zu wollen".
Ja - damit in den "normalen" Diskussionen nicht ständig diesselben Bolzen passieren.
Warum passieren Dir selber dann am laufenden Band dieselben Bolzen?

Das ist doch das Unglaubwürdige: Du machst dasselbe wie die Naturalisten, weichst aus wie sie, bringst undurchdachte Zitate wie sie.
Philosophieren ist das nicht, was Du machst, weiß Gott nicht.
Fang bei Dir selber an, frage radikal, was "Sein" ist.
Wenn Du das einmal hinkriegen würdest, würde hier die Sonne aufgehen.

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#69 Re: Wie führt Wahrnehmung zu Erkenntnis?

Beitrag von closs » Do 12. Nov 2015, 12:05

Savonlinna hat geschrieben:Fang bei Dir selber an, frage radikal, was "Sein" ist.
Das habe ich oft genug angeboten: "Sein" ist das, was unabhängig von unserer Wahrnehmung existiert.

Wenn das erst mal durch ist, können wir uns darüber unterhalten, als was man eigene Projektionen bezeichnen mag oder gewisse QM-Phänomene. - Eins nach dem anderen.

Mein obiges Definitions-Angebot ist mir deshalb wichtig, weil hier ständig kolportiert wird, "Sein" betreffe nur das, was naturalistisch erkennbar sei, also intersubjektiv darstellbar sei. - Dieses Irrtum aufzulösen, wäre aus meiner Sicht der erste Schritt. - Dieser Schritt scheint zu meinem aufrichtigen Entsetzen unmöglich zu sein.

Savonlinna hat geschrieben:Das ist doch das Unglaubwürdige: Du machst dasselbe wie die Naturalisten,
Ein bißchen Struktur sollte schon sein. - Es kann aus meiner Sicht nicht sein, dass man jegliches Empfinden unreflektiert als "Sein" bezeichnet - als wäre das Erkennen von Gott oder das Messen einer Wellenlänge oder das Nachdenken über Erdbeereis auf konturlos gleiche Weise "Sein".

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#70 Re: Wie führt Wahrnehmung zu Erkenntnis?

Beitrag von Savonlinna » Do 12. Nov 2015, 12:48

closs hat geschrieben:
Savonlinna hat geschrieben:Fang bei Dir selber an, frage radikal, was "Sein" ist.
Das habe ich oft genug angeboten: "Sein" ist das, was unabhängig von unserer Wahrnehmung existiert.
Nein, das ist kein Hinterfragen, sondern einfach nur eine unbegründete, möglicherweise unbegründbare Definition.
Wieso siehst Du das nicht? Wieso durchschaust Du diesen Selbstbetrug nicht?

closs hat geschrieben:Wenn das erst mal durch ist, können wir uns darüber unterhalten, als was man eigene Projektionen bezeichnen mag oder gewisse QM-Phänomene. - Eins nach dem anderen.
Das ist doch schon lange "durch".

Die Frage habe ich gestellt, und Du weißt hundertprozentig, dass ich die Ansicht der Naturalisten andauernd als ideologisch bezeichne.
Warum also willst Du mir gegenüber diesen zweiten Schritt nicht machen?
Meine Antwort: Du hast gar keinen zweiten Schritt. Darum musst Du Dich auf Naturalisten spezialisieren, damit der erste Schritt auch Dein letzter sein darf. Du antwortest auf meine Frage nach dem zweiten Schritt ständig, Du müsstest erst die Naturalisten überzeugen.

closs hat geschrieben:Mein obiges Definitions-Angebot ist mir deshalb wichtig, weil hier ständig kolportiert wird, "Sein" betreffe nur das, was naturalistisch erkennbar sei, also intersubjektiv darstellbar sei.
Das habe ich nie getan. Auch ich bin nicht der Meinung, dass die Naturalisten Recht haben.
Was also sagst Du mir?

closs hat geschrieben: - Dieses Irrtum aufzulösen, wäre aus meiner Sicht der erste Schritt. - Dieser Schritt scheint zu meinem aufrichtigen Entsetzen unmöglich zu sein.
Schon Andreas hat aufgezeigt, dass Du Dir da in die Hucke lügst.
Vergiss mal einen Moment lang die Naturalisten.
Ich bin kein Naturalist. Wie also würdest Du mir antworten?
Auch mir verweigerst Du ja die Antwort.
Nimm also an, der erste Schritt sei von mir getan. Was ist dann Dein nächster Schritt?

closs hat geschrieben:
Savonlinna hat geschrieben:Das ist doch das Unglaubwürdige: Du machst dasselbe wie die Naturalisten,
Ein bißchen Struktur sollte schon sein. - Es kann aus meiner Sicht nicht sein, dass man jegliches Empfinden unreflektiert als "Sein" bezeichnet - als wäre das Erkennen von Gott oder das Messen einer Wellenlänge oder das Nachdenken über Erdbeereis auf konturlos gleiche Weise "Sein".
Dein typisches Ausweichmanöver. Das machst Du Monat für Monat, fast Jahr für Jahr.
Ich habe nie unreflektiert jegliches Empfinden als "Sein" bezeichnet - also gilt das nicht als Ausrede.
Dennoch benutzt Du es als Ausrede.

Deine Ausreden müssen doch einen Grund haben. Wieso kannst Du nicht grundlegend philosophieren, wieso ist Dir das seelisch nicht mögoich?

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