Der Jesus der Gnosis

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Savonlinna
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#121 Re: Der Jesus der Gnosis

Beitrag von Savonlinna » Do 2. Jun 2016, 23:06

Andreas hat geschrieben:
Savonlinna hat geschrieben:Dazu vielleicht noch das ...
Da komm ich schnell an die Grenzen meines Einfühlungsvermögens.
Also, ich weiß nicht, ob das die Sache besser macht. Ich sterbe ja mit jedem geliebten Menschen mit. Das ist vermutlich schlimmer als das eigene Sterben, eben weil der Tod dann sehr konkret da ist und "bekannt" wird. Die Abwesenheit jenes Menschen bleibt und sie bleibt unverhandelbar.
Ja, und so geht es mir auch. Ich bin als Jugendliche fast wahnsinnig geworden, als mir der geliebte Partner starb. Man will über Jahrzehnte nur eins: Weg aus diesem Leben! Es ist, als ob einem die Haut abgerissen ist und man schutzlos hautlos durch die Gegend gehen muss.

Aber inzwischen habe ich viele Jahrzehnte gelebt, und mir sind noch mehr geliebte Menschen gestorben, was mich erneut an den Rand gebracht hat. Dennoch:

Andreas hat geschrieben: Die Angst vor dem eigenen Tod ist die diffuse Angst vor dem Unbekannten, das noch nicht da ist.
Mit jedem Tod, den nach diesem ersten ein anderer geliebter Mensch starb, habe ich meine eigene Todesangst mehr und mehr verloren.
Was soll ich machen, Andreas? Es passiert!

Andreas hat geschrieben: Es stimmt, jeder Tag bringt mich als neuen, anderen Menschen ans Tageslicht. Aber immer bin es ich, ist es mein Bewusstsein.
Ich bin vielleicht ein anderer Typus als Du. Ich bin mir nie sicher, was "mein Bewusstsein" ist.

Andreas hat geschrieben:Es ist nicht gut, dass der Mensch allein sei.
Er ist ja auch nie allein.

Andreas hat geschrieben:Wenn etwas die Angst in Schach halten kann, ist es eine Liebe die sagen kann: "Fürchte dich nicht. Ich bin bei dir."
Ja.

Und genau das ist mir am Grab meiner Mutter klar geworden. Wenn die Mutter stirbt, bricht der ganze Mutterboden unter einem zusammen.
Auf was soll man noch gehen?
Spätestens da wurde mir klar, dass ich nicht allein bin.

closs
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#122 Re: Der Jesus der Gnosis

Beitrag von closs » Do 2. Jun 2016, 23:11

Savonlinna hat geschrieben:Nein, das ist nur Deine Neurose. Gegen die komme ich nicht an.
Du kannst mich ganz leicht von meiner Neurose befreien, wenn Du diesbezüglich klare Statements abgibst - es ist vielleicht leichter als Du denkst - nur Mut.

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Andreas
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#123 Re: Der Jesus der Gnosis

Beitrag von Andreas » Do 2. Jun 2016, 23:37

Savonlinna hat geschrieben:Was soll ich machen, Andreas? Es passiert!
Ja. Die Frage ist, was passiert da? Wächst die Empörung über die angetastete Würde des Menschen? Wächst die Sehnsucht nach einem Wiedersehen? Heilt die Zeit die Wunden? Erlahmen die die Kräfte gegen den Strom zu schwimmen? Zerplatzen Illusionen wie Seifenblasen?
Savonlinna hat geschrieben:Ich bin vielleicht ein anderer Typus als Du. Ich bin mir nie sicher, was "mein Bewusstsein" ist.
Glauben sie ja nicht, wen sie in sich haben.
Savonlinna hat geschrieben:Er ist ja auch nie allein.
Er kann sich so fühlen.
Savonlinna hat geschrieben:Auf was soll man noch gehen?
Auf ihren Spuren im Wind.
Savonlinna hat geschrieben:Spätestens da wurde mir klar, dass ich nicht allein bin.
Ja.

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Savonlinna
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#124 Re: Der Jesus der Gnosis

Beitrag von Savonlinna » Fr 3. Jun 2016, 00:09

Andreas hat geschrieben:
Savonlinna hat geschrieben:Was soll ich machen, Andreas? Es passiert!
Ja. Die Frage ist, was passiert da? Wächst die Empörung über die angetastete Würde des Menschen? Wächst die Sehnsucht nach einem Wiedersehen? Heilt die Zeit die Wunden? Erlahmen die die Kräfte gegen den Strom zu schwimmen? Zerplatzen Illusionen wie Seifenblasen?
Wahrscheinlich ist das keine befriedigende Antwort: aber es wächst ein Vertrauen.
Die Dinge sind anders als sie erscheinen.

Andreas hat geschrieben:
Savonlinna hat geschrieben:Ich bin vielleicht ein anderer Typus als Du. Ich bin mir nie sicher, was "mein Bewusstsein" ist.
Glauben sie ja nicht, wen sie in sich haben.
:D

Andreas hat geschrieben:
Savonlinna hat geschrieben:Er ist ja auch nie allein.
Er kann sich so fühlen.
O ja. Man kam sich wie ein Kosmonaut fühlen, der alleine im Weltall rumtrudelt, abgeschnitten von allem und jedem, ohne jegliche Hilfemöglichkeit, von Ewigkeit zu Ewigkeit.
Aber auch das ist eine Neurose.
Die sich irgendwann zerzischt, und man weiß nicht, warum.

Andreas hat geschrieben:
Savonlinna hat geschrieben:Auf was soll man noch gehen?
Auf ihren Spuren im Wind.
Savonlinna hat geschrieben:Spätestens da wurde mir klar, dass ich nicht allein bin.
Ja.

Und jetzt darf man grübeln, warum es so ist.

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Andreas
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#125 Re: Der Jesus der Gnosis

Beitrag von Andreas » Fr 3. Jun 2016, 00:30

Savonlinna hat geschrieben:Wahrscheinlich ist das keine befriedigende Antwort: aber es wächst ein Vertrauen. Die Dinge sind anders als sie erscheinen.
Doch, doch. Ich wollte dich nur nicht mit zu viel Christsprech verschrecken.

Novas
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#126 Re: Der Jesus der Gnosis

Beitrag von Novas » Fr 3. Jun 2016, 05:11

Andreas hat geschrieben:
Savonlinna hat geschrieben:Wahrscheinlich ist das keine befriedigende Antwort: aber es wächst ein Vertrauen. Die Dinge sind anders als sie erscheinen.
Doch, doch. Ich wollte dich nur nicht mit zu viel Christsprech verschrecken.

Das ist ein sehr guter Ansatz. Die Frage ist für mich: wie können wir den Glauben so vermitteln, in Worte und Bilder fassen, dass er die Menschen aufrichtet und verbindet, anstatt sie nieder zu drücken und zu trennen? Jesus rückt genau das in den Mittelpunkt der Religion, das ist für ihn viel wichtiger, als irgendwelche Gesetze. „Was bringt es Dir, wenn Du die ganze Welt gewinnst, aber deine Seele schaden leidet?“ - daran erkennt man schon, dass für ihn Religion nicht primär gesetzlich zu verstehen ist, sondern primär therapeutisch.
Nicht um die religiöse Uniformierung der Masse geht es ihm, sondern um die Individuation/Selbstwerdung des Menschen zu einer mündigen und liebesfähigen Person. Eugen Drewermann sagt dazu: „Ich sehe zwischen Psychotherapeuten und religiös existierendem Menschsein keinen Gegensatz. Ganz im Gegenteil. Ich glaube, das Christentum ist im Unterschied zum Judentum oder Islam, die Gesetzesreligionen sind, eine therapeutische Religion: Jesus hat, wie man beim Lesen im Neuen Testament sieht, nicht nebenbei, sondern ganz zentral, Menschen geheilt. Er schaffte es, von Gott so gütig zu sprechen, dass sich darunter die Angst im Menschen legte, die bis in die Seele, bis in den Körper hinein krankheitsverursachend wirken kann. Das müssten wir in unserem Jahrhundert dringend nachbilden, so dass eine Synthese dessen, was im 20. Jahrhundert Psychotherapie geheißen hat und dem was Religion werden könnte, mir überaus dringlich scheint.
http://www.dober.de/religionskritik/drewer3.html

Wie klingt eine religiöse Sprache, die nicht die Angst steigert und dadurch auch noch krankheitsverursachend wirken kann, sondern stattdessen als gütig und heilend empfunden wird? Da braucht es dann wirklich „Wissen“, γνῶσις, gnō̂sis „[Er-]Kenntnis“. Damit ist man in allen Lebensbereichen gut beraten

Die Menschen haben an Kirche kein Interesse mehr, die mehr Neurosen produziert als heilt, und die statt Menschen zu befreien, ihnen einen äußeren Zwang auferlegt. Ein System der unfehlbaren Offenbarung und des absoluten Wissens. Man sollte nur auf die Amtsträger, die Bischöfe und den Papst hören, um zu wissen, was Gott gesagt hat. Das kann heute nicht mehr funktionieren. Aber eine Religion, die den Menschen mündig macht, die seine Person stärkt, die Freiheit ernst nimmt, die den Dialog unter den Menschen als einen kreativen Prozess der Erkenntnis versteht, hat Zukunft. Die möchte ich fördern in jeder Weise.
(Eugen Drewermann)



Ich bin mir nicht sicher ob mein geschätzter Freund Eugen dem zustimmen würde, aber sein Denkansatz könnte man vielleicht treffend als Versuch einer modernen Gnosis beschreiben. Die Frage ist dabei immer wieder: Wie kann man Menschen von Leid befreien? - die Bibel gibt hier im 14. Kapitel des Matthäus-Evangeliums ein sehr präzises und passendes Bild: Petrus droht - aufgrund von Angst und Unglaube - unterzugehen ("Da stieg Petrus aus dem Boot und ging über das Wasser auf Jesus zu. Als er aber sah, wie heftig der Wind war, bekam er Angst und begann unterzugehen.").

Da kommt Jesus, ergreift seine Hand und rettet ihn. Jesus ist - in persönlicher Gestalt - ein Symbol für die rettende und heilende Kraft der reinen Liebe, auf die wir vertrauen dürfen, die uns die Hand reicht, die als schützende und gute Kraft in unsrem Leben wirkt it ( Von guten Mächten treu und still umgeben, Behütet und getröstet wunderbar'.....;) ) In dem Werk „Ein Kurs in Wundern“, welches mir sehr geholfen hat, um die Botschaft des Neuen Testaments zu verstehen, wird es folgendermaßen gesagt: „Der Name Jesus Christus als solcher ist nur ein Symbol. Aber er steht für die Liebe, die nicht von dieser Welt ist.“ die befreiende Botschaft ist, dass wir alle auf diese Liebe hoffen und vertrauen dürfen, egal welcher Religion wir angehören oder auch gar keiner.

In der Lektion 36 des Kurses stehen diese schönen Worte:

Du bist heilig, weil dein Geist Teil von GOTTES GEIST ist. Und weil du heilig bist, muss auch deine Sicht heilig sein. »Sündenlos« bedeutet: ohne Sünde. Du kannst nicht ein wenig ohne Sünde sein. Du bist entweder ohne Sünde oder nicht. Wenn dein Geist Teil von GOTTES GEIST ist, musst du sündenlos sein, sonst wäre ein Teil SEINES GEISTES sündig


"Gnosis" bedeutete ursprünglich wohl im Wesentlichen diese Einsicht: mein (unser) Geist ist ein Teil von GOTTES GEIST und wir können aus dieser Beziehung nicht heraus fallen. Daraus ergibt sich auch ein anderes Verständnis von "Sünde": Sünde ist primär keine moralische Verfehlung, sondern der (irrtümliche) Glaube von GOTT getrennt zu sein. Wenn GOTT das (ewige) Leben ist, dann ergibt sich aus dem Glauben von ihm getrennt zu sein, der Glaube an den Tod. Die Lösung ist eine andere Denkweise:
Wir sind nicht wirklich von ihm getrennt, wie waren es nie und werden es niemals sein. Allerdings gibt es den bei manchen Menschen sehr tiefsitzenden Glauben daran , was dann in Form von Angststörungen oder Depression als sehr leidhaft erfahren werden kann oder eben wenn ein geliebtes Wesen stirbt

Oder zu sterben scheint. Doch
Savonlinna hat geschrieben:die Dinge sind anders als sie erscheinen.
Hier bietet es sich an experimentell mit einer anderen Perspektive zu spielen: obwohl wir durch den Tod rein körperlich scheinbar von ihnen getrennt werden, sind wir im Bewusstsein der Liebe noch immer mit ihnen verbunden. Weil.... "unser Geist ein Teil von GOTTES GEIST" ist....


But whosoever drinketh of the water that I shall give him shall never thirst; but the water that I shall give him shall be in him a well of water springing up into everlasting life.


das "Wasser des Lebens" ist - so verstehe jedenfalls ich das - dieses spirituelle Wissen, welches im Herzen des Menschen als Vertrauen wächst.

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Savonlinna
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#127 Re: Der Jesus der Gnosis

Beitrag von Savonlinna » Fr 3. Jun 2016, 10:39

Novalis hat geschrieben:Die Frage ist für mich: wie können wir den Glauben so vermitteln, in Worte und Bilder fassen, dass er die Menschen aufrichtet und verbindet, anstatt sie nieder zu drücken und zu trennen?
Das Wichtigste:
aufhören, die Menschen "aufrichten" zu wollen!
Das ist bereits dieser Hochmut, der die Zwei-Klassen-Gesellschaft benötigt: die eine Klasse, die die "Wahrheit" hat, die andere Klasse, die von der ersten "belehrt" werden muss.

Für sich selber kann selbstverständlich jeder das Christentum und dessen "elitäre Sprache" am verständlichsten finden.
Und ich kann auch nachvollziehen, dass es einen drängt, seine Erkenntnisse zu formulieren und irgendwo aufzuschreiben.
Damit aber hat es sich!
Der, der gerade irgendwas Schmerzhaftes erleidet, wird schon in Büchern oder im Internet suchen, um sich das zu holen, was ihm hilft.

Ich stelle mir das wie einen Pool vor, in den jeder seine Sicht in seiner Sprache hinterlegt.
Aus diesem Pool kann dann der, der etwas braucht, das für ihn Geeignete herausholen.

Wenn es wirklich "Erkenntnis" ist, dann wird es auch gefunden und benutzt werden.

Allerdings, und danach fragst Du ja eigentlich:
wie kann man das, was man in diesen Pool legen will, so formulieren, dass es von jedem verstanden werden kann.

Diese Frage ist ein wenig ähnlich der, in welcher Sprache ein Deutscher seine Erkenntnis formulieren soll, damit auch ein Nicht-Deutscher es entziffern kann.
Manche Theologen schaffen es, so transparent zu schreiben, dass auch ein Nicht-Christ das Allgemein-Gültige darin erkennt.
Paul Tillich war vielleicht so einer. Auch Meister Eckhart wahrscheinlich.

Und heute, wo alle Nationen der Erde zusammenrücken, nationale Grenzen immer weniger eine Rolle spielen, kann ein erneuerter Krieg der Religionen oder Weltanschauungen nur verhindert werden, indem man das "Allgemeingültige" - das, was jedem einzelnnen Menschen dieser Erde einleuchten kann, wenn er in Not ist - in den verschiedenen Religionen und Weltanschauungen herausfindet.

Und dieses Allgemeingültige kann man nur finden, wenn man als erstes in sich selber das sucht, was für alle Menschen gilt.

So hat auch Tillich das gemacht. Die Grunderfahrung in der Nazizeit war für alle in der Nazizeit Verfolgten gleich.
Er als Christ hat dann die Sprache der Philosophie gewählt, um das Allgemeingültige, das er selber in sich erfahren hat, zu formulieren:
ihm war klar geworden, dass die christliche Sprache nicht ausreicht, um das Existentielle seiner Erkenntnis - und die Erkenntnis aller anderer Menschen zu dieser Zeit - zu formulieren.

Noch weiter in dieser Hinsicht ist, meinem Verstehen nach, John A.T.Robinson mit seinem "Gott ist anders" ("Honest to God") gegangen.
Aber die beiden sind lange tot, und wir haben heute wieder neue existentielle Fragen und teilweise Antworten.

Ich denke, dass Philosophie und Tiefenpsychologie noch immer geeignet sind, eine Sprache bereitzustellen, in der auch "transzendente Erkenntnis" für alle Menschen dieser Erde formulierbar ist.

Und bzw. aber: der Mensch, der dergleichen braucht, wird es finden.
Da muss kein Christ kommen und den Menschen "vom Leid befreien wollen".

Rembremerding
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#128 Re: Der Jesus der Gnosis

Beitrag von Rembremerding » Fr 3. Jun 2016, 13:08

Novalis hat geschrieben: wie können wir den Glauben so vermitteln, in Worte und Bilder fassen, dass er die Menschen aufrichtet und verbindet, anstatt sie nieder zu drücken und zu trennen?
Wie klingt eine religiöse Sprache, die nicht die Angst steigert und dadurch auch noch krankheitsverursachend wirken kann, sondern stattdessen als gütig und heilend empfunden wird? Da braucht es dann wirklich „Wissen“, γνῶσις, gnō̂sis „[Er-]Kenntnis“. Damit ist man in allen Lebensbereichen gut beraten
Glauben kann nur durch die Vermittlung der Wahrheit in Liebe näher gebracht werden. Jesus Christus ist die Wahrheit und er ist Liebe, somit der alleinige Schlüssel. Diese Wahrheit kann von jedem Menschen erkannt werden. Thomas von Aquin hat das Erkennen der Wahrheit folgendermaßen definiert:
Die Wahrheit ist dann gegeben, wenn die Erkenntnis des Verstandes, des Intellekts mit der Sache übereinstimmt (adaequatio intellectus et rei). Diesen Lehrsatz übernimmt Thomas vom Neuplatoniker Isaak ben Salomon Israeli, der 840/850 bis 942 lebte.
Diesem Lehrsatz kann sogar ein Atheist zustimmen.

Nun hat die menschliche Erkenntnis ihre Grenzen. Zwar braucht der Mensch Vernunftgründe für den Glauben, aber übernatürliche Dinge kann er erfassen, jedoch nicht erklären, sie bleiben Geheimnisse. Und diese anzuerkennen, bedeutet Demut, womit wir bei einer ersten Krankheit der Menschen sind: Sie wollen keine Wahrheit, weil sie ihren Stolz beschneidet. Dieser beschneidet nun die Wahrheit in der Naturwissenschaft und des Empirismus auschließlich auf durch die Sinne wahrnehmbares.
Die Aufklärung löste dann die Wahrheit von der christlichen Offenbarung und später gar von Gott. Die Wahrheit wird nun als etwas ausschließlich durch den Menschen definierbares entwertet, weil beliebig, relativ. Die Seele des Menschen erkennt diese Entwertung der Wahrheit unbewusst, weshalb man nun von "Werten" spricht, damit diese Beliebigkeit wenigstens begrifflich eine Aufwertung erhält. Als letztes nun erleben wir, wie der eigenwillige Stolz des Menschen die Wahrheit auch von der Natur trennt. Damit betrügt der Teufel den Menschen auch noch um den Preis des Sündenfalls von Adam und Eva: Gut und Böse wird nicht mehr erkannt.

Die Krankheit des Menschen sitzt also tief: Er hat sich selbst der Möglichkeit der Erkenntnis der Wahrheit beraubt.
Indem Christen heute Zeugnis von der Wahrheit in Jesus Christus ablegen, bohren sie tief in der Wunde des Menschen, deren Schmerz die göttliche Seele sehr wohl noch erkennt, aber der Verstand verneint. Dieser Zwiespalt ist es, der die Menschen niederdrückt, trennt, sie ängstigt und Krankeit verursacht, aber nicht die Wahrheit an sich. Denn diese ist es, die heilt und gütig ist. So kann es sein, dass ein Wort der Wahrheit zwar in Liebe gesprochen ist, aber als schmerzhaft empfunden wird. Aber genau dort ist der Ansatz zur Heilung.
Novalis hat geschrieben: Sünde ist primär keine moralische Verfehlung, sondern der (irrtümliche) Glaube von GOTT getrennt zu sein.
Die Sünde war noch nie eine moralische Verfehlung, genau hier liegt ein falscher Ansatzpunkt von Dir. Sünde ist einfach nur ein Zustand. Diesen zu verleugnen, bedeutet, und da sind wir wieder beim oben näher beschriebenen, eine Verleugnung der Wahrheit.
Der Irrtum ist also nicht der Glaube an einer Trennung von Gott, sondern eine Fehleinschätzung seines persönlichen Zustands. Aber so lange man davon ausgeht nicht krank zu sein, wird man auch nicht geheilt werden, ja braucht keine Heilung. In diesem Sinne ist die menschliche Freiheit auch von der göttlichen Liebe unantastbar.

Servus :wave:
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#129 Re: Der Jesus der Gnosis

Beitrag von Novas » Fr 3. Jun 2016, 13:31

Savonlinna hat geschrieben:
Novalis hat geschrieben:Die Frage ist für mich: wie können wir den Glauben so vermitteln, in Worte und Bilder fassen, dass er die Menschen aufrichtet und verbindet, anstatt sie nieder zu drücken und zu trennen?
Das Wichtigste: aufhören, die Menschen "aufrichten" zu wollen! Das ist bereits dieser Hochmut[...]Da muss kein Christ kommen und den Menschen "vom Leid befreien wollen".

Wenn ich anderen Menschen helfen kann, dann helfe ich sehr gerne, auch wenn natürlich nicht jeder Hilfe braucht oder haben will oder die selbe Hilfe benötigt.... manchmal genügen ein paar Worte, die das Herz berühren. Außerdem macht Helfen glücklich, wie die Glücksforschung bestätigt ..... :)

http://www.betterplace-lab.org/helfen-macht-gluecklich/

Das ist bereits dieser Hochmut, der die Zwei-Klassen-Gesellschaft benötigt: die eine Klasse, die die "Wahrheit" hat, die andere Klasse, die von der ersten "belehrt" werden muss.

Was hat das nun mit mir zu tun? Ich habe nirgendwo behauptet im Besitz "der" Wahrheit zu sein. Ich denke, dass jeder seine eigenen Erfahrungen machen muss, da gibt es keinen Weg dran vorbei.

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#130 Re: Der Jesus der Gnosis

Beitrag von Savonlinna » Fr 3. Jun 2016, 14:16

Novalis hat geschrieben:
Das ist bereits dieser Hochmut, der die Zwei-Klassen-Gesellschaft benötigt: die eine Klasse, die die "Wahrheit" hat, die andere Klasse, die von der ersten "belehrt" werden muss.

Was hat das nun mit mir zu tun? Ich habe nirgendwo behauptet im Besitz der Wahrheit zu sein.
Zumindest hier habe ich allgemein sprechen wollen, es vielleicht unterlassen, es ausdrücklich zu sagen.

Und vorher habe ich vielleicht etwas in Deinen Text hineininterpretiert.
Vielleicht darum, weil ich öfter von Dir ungefragt Texte mit Link ins Postfach kriege, was ich mir mehrmals audrücklich verbeten hatte.
Ich hatte nicht um Hilfe angefragt, war auch in keiner Notsituation.
Warum also drängt man mir dergleichen auf?

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