Alles Teufelszeug? V

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sven23
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#991 Re: Alles Teufelszeug? V

Beitrag von sven23 » So 5. Mär 2017, 11:43

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Was würde ein Rabbi tun? Den Holocaust leugnen oder relativieren?
Weder noch. - Er würde ihn nicht historisch-kritisch, sondern theologisch interpretieren.
Und was heißt das? Sind die 6 Millionen nur theologisch ermordert worden? :roll:

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Auch das stimmt so nicht. Im ehemaligen Irak wurde die schiitische Mehrheit von einer sunnitischen Minderheit regiert/unterdrückt
Da hast Du jetzt wieder mal was gefunden, ohne zu verstehen. - Natürlich ist sogar ein Volk unterdrückt, wenn es von EINEM "bösen", aber mächtigen König beherrscht wird. - Aber solche "kritischen" Ausflüchte ändern doch nichts daran, dass die Juden in (ganz!) Europa nur verfolgbar waren, weil sie überall eine Minderheit waren.
Auch das ist kein Argument. Minderheiten gibt es überall auf der Welt, sicher auch oft unter schwierigen Bedingungen. Aber eine derartige Ausgrenzung und Verfolgung war nur möglich mit kräftiger Unterstützung von Bibel und Kirche. Auch wenn andere dann die Steine geworfen haben, das ideologische Klima wurde durch die christliche Religion vorbereitet.

Juden sind Kinder des Teufels, die stehlen, morden und ihren Kindern das gleiche beibringen.
(Martin Luther)

"Die Juden sind ein solch verzweifeltes, durchböstes, durchgiftetes Ding, dass sie 1400 Jahre unsere Plage, Pestilenz und alles Unglück gewesen sind und noch sind. Summa, wir haben rechte Teufel an ihnen...; Man sollte ihre Synagogen und Schulen mit Feuer anstecken, ... unserem Herrn und der Christenheit zu Ehren, damit Gott sehe, dass wir Christen seien (...) ihre Häuser desgleichen zerbrechen und zerstören."
(Luther: Von den Juden und ihren Lügen, Tomos 8, S. 88ff)

"Luther war ein großer Mann, ein Riese. Mit einem Ruck durchbrach er die Dämmerung, sah den Juden, wie wir ihn erst heute zu sehen beginnen."
Kommentar vom Katholiken Adolf Hitler zu Martin Luther

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Verbrechen gegen die Menschlichkeit waren zu allen Zeiten Verbrechen. Moralvorstellungen finden sich auch in der Bibel.
Als Ableitungen aus der Definition von "gut" und "böse", aber nicht als autonome Größen.
Auch gut und böse sind wandelbare Begriffe.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Wenn du jetzt noch diese Erkenntnis auf die historische Jesusforschung überträgst, wirst du hoffentlich endlich begreifen, dass die Forschung genau das tut, nämlich Jesus aus dem historischen Kontext heraus zu verstehen.
Das sagt sie und tut es auf sachlicher Ebene auch, aber eben nicht auf interpretatorischer. - Die HKM (DEINER Gestalt) erarbeitet Text- und Quellen-Zusammenhänge, die sie nach HEUTIGEM Verständnis interpretiert - sonst würde sie nicht ignorieren, dass bspw. Paulus erst mit der Zeit kapiert hat, was Jesus mit "nahem Gottesreich" gemeint hat.
Nein, eben nicht. Theißen verweist im Vorwort nochmal darauf hin, dass er zusammen mit seiner Co-Autorin die Fehler der anfänglichen Jesusforschung vermeiden will, nämlich die Ethikvorstellungen aus heutiger "christlicher" Sicht auf den historischen Jesus zu projizieren. Diese Fehler hatt schon Albert Scheitzer aufgedeckt. Deshalb ist der heutige Stand der Forschung, Jesus im historischen Kontext seiner Zeit zu verstehen.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben: Dazu ist es unabdingbar, die ursprüngliche Intention der Verfasser zu berücksichtigen
Der Verfasser der Texte ist bspw. Paulus, der Ursprung ist Jesus. - Da dieser Ursprung nicht historisch-kritisch erfassbar ist (keine Quellen), macht man die untersuchbaren Quellen zum Maßstab - das ist der Unterschied zur theologischen Exegese.
Theologische Exegese hat auch nur dieselben Quellen zur Verfügung. Im Verbiegen der Quellen nimmt sie sich mehr Freiheiten heraus als die historisch-kritische Forschung, das ist schon richtig. Aber näher an die historische Wahrheit kommt man damit nicht.


closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Man soll also glauben, dass ein allmächtiger Gott seine Fähigkeiten brach liegen läßt, um seine ach so geliebten Schäfchen von bösen Obrigkeiten pisacken, bedrängen, verfolgen oder ermorden zu lassen? Hiob läßt grüßen.
Genau so ist es. - Gott ist nicht dafür da, generell in das "Fürstentum" einzugreifen.
Dann wäre das Theodizeeproblem auf closssche Art "gelöst". Du wirst aber Verständnis dafür haben, dass dies weder eine theologisch noch intellektuell befriedigende Lösung darstellt.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Nur mit dem kleinen Makel, dass die Belohnung für die meisten ein leeres Versprechen bleibt.
Woher willst Du das wissen? - Ich denke persönlich sogar, dass die "Belohnung" am Ende alle trifft.
Ich meine nicht die Jenseitsvertröstung, sondern die Belohnung im Diesseits a la Hiob.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Dabei gab es seltsame Koinzidenzen, wenn der angebliche Willen der Götter mit den Interessen weltlicher oder religiöser Führer deckungsgleich war.
Jetzt verwechselst Du wieder Ursache und Wirkung.
Du meinst, Gott hat sich den Wünschen seiner Erfinder angepaßt? :lol:
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
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#992 Re: Alles Teufelszeug? V

Beitrag von closs » So 5. Mär 2017, 12:45

sven23 hat geschrieben:Und was heißt das? Sind die 6 Millionen nur theologisch ermordert worden?
Du hast ein vollkommen falsches Bild vom Unterschied zwischen "sachliches Geschehen" und "weltanschauliche Interpretation". - Die sachliche Grundlage ist "6 Mio Juden wurden ermordet" - interpretiert wird es je nach Weltanschauung MÖGLICHERWEISE so:
1) Nationalsozialismus: "Das war aber auch Zeit".
2) Islam: "Eine gerechte Strafe"
3) NT: "Ein Verstoß gegen das Liebesgebot"!
4) Humane Gesellschaft: "Gegen Ethik und Moral"
5) Judentum: "Im Rahmen unserer Geschichte zu erwarten".

Jetzt rate einmal, wie hoch die Anzahl der Ermordeten bei 1 - 6 ist? - Vorschlag:
1) Nationalsozialismus: "12 Mio"
2) Islam: "11,3 Mio"
3) NT: "4,5 Mio"
4) Humane Gesellschaft: "7,2 Mio"
5) Judentum: "7,344 Mio".
:devil: :devil: :devil:

sven23 hat geschrieben: Minderheiten gibt es überall auf der Welt, sicher auch oft unter schwierigen Bedingungen. Aber eine derartige Ausgrenzung und Verfolgung war nur möglich mit kräftiger Unterstützung von Bibel und Kirche.
Ja - deshalb war meine Rede doch: "Minderheit = Voraussetzung/"was dann draus wird, sind historische Kontexte". - Bei uns in Europa war es natürlich der theologische Gegensatz des Mehrheits-Christentums und des Minderheits-Judentums.

sven23 hat geschrieben:Auch gut und böse sind wandelbare Begriffe.
Biblisch NICHT, weil sie fundamental definiert sind.

sven23 hat geschrieben:Theißen verweist im Vorwort nochmal darauf hin, dass er zusammen mit seiner Co-Autorin die Fehler der anfänglichen Jesusforschung vermeiden will, nämlich die Ethikvorstellungen aus heutiger "christlicher" Sicht auf den historischen Jesus zu projizieren.
Da hat er ja recht - jedoch wäre das Bild erst vollständig, wenn man auch Vorstellungen des kritisch-rationalen Denkens vermeidet. - Bzw: Eigentlich kann man NICHTS vermeiden - denn sobald man interpretiert, steckt eine Weltanschauung dahinter - da kommt auch ein Theißen nicht drum rum.

Letztlich bleibt es bei der Aussage "Wir interpretieren streng nach den Vorgaben unserer Methodik und deren Voraus-Setzungen - und dann kann gut herauskommen, dass Jesus eine Naherwartung (in "Deinem" Sinne) hatte. - Nur würde es zu einem Studium Generale eines Historikers gehören zu wissen, dass er immer nur im Rahmen seiner Methodik spricht (und das weiß Theißen ganz sicher auch).

sven23 hat geschrieben:Theologische Exegese hat auch nur dieselben Quellen zur Verfügung.
So ist es - aber ein Moslem deutet diese Quellen anders als ein Materialist als ein Christ als ein Jude.

sven23 hat geschrieben: Aber näher an die historische Wahrheit kommt man damit nicht.
Das kann die HKM nicht entscheiden - sie macht ihr Ding und Punkt. - Das einzig wichtige sind die strengen Sach-Erkenntnisse - und da ist Dir ja bekannt, dass sogar Ratzinger die HKm dafür schätzt.

sven23 hat geschrieben:Du wirst aber Verständnis dafür haben, dass dies weder eine theologisch noch intellektuell befriedigende Lösung darstellt.
Doch - schon. - Und es ist sogar biblisch.

sven23 hat geschrieben:Ich meine nicht die Jenseitsvertröstung, sondern die Belohnung im Diesseits a la Hiob.
Das wird ja auch nicht unbedingt versprochen.

sven23 hat geschrieben:Du meinst, Gott hat sich den Wünschen seiner Erfinder angepaßt?
Wie gehabt: umgekehrt. - Die Wahrnehmenden passen sich nach und nach der Realität an - man nennt das "Heilsgeschichte".

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#993 Re: Alles Teufelszeug? V

Beitrag von sven23 » So 5. Mär 2017, 13:48

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Und was heißt das? Sind die 6 Millionen nur theologisch ermordert worden?
Du hast ein vollkommen falsches Bild vom Unterschied zwischen "sachliches Geschehen" und "weltanschauliche Interpretation". - Die sachliche Grundlage ist "6 Mio Juden wurden ermordet" - interpretiert wird es je nach Weltanschauung MÖGLICHERWEISE so:
1) Nationalsozialismus: "Das war aber auch Zeit".
2) Islam: "Eine gerechte Strafe"
3) NT: "Ein Verstoß gegen das Liebesgebot"!
4) Humane Gesellschaft: "Gegen Ethik und Moral"
5) Judentum: "Im Rahmen unserer Geschichte zu erwarten".

Jetzt rate einmal, wie hoch die Anzahl der Ermordeten bei 1 - 6 ist? - Vorschlag:
1) Nationalsozialismus: "12 Mio"
2) Islam: "11,3 Mio"
3) NT: "4,5 Mio"
4) Humane Gesellschaft: "7,2 Mio"
5) Judentum: "7,344 Mio".
:devil: :devil: :devil:
Die Höhe der Zahlen geht völlig am Thema vorbei. Es geht um die Dimension des Verbrechens, das mit ca. 6 Millionen ziemlich gut belegt ist, und um die Vorraussetzungen, die zu den Verbrechen führten. Und daran haben die christliche Religion und die Kirche einen gehörigen Anteil.
Das bekommt man auch mit bizarren Interpretationen nicht aus der Welt. Es mag auch unbelehrbare Holocaust-Leugner geben (selbst hier im Forum), was aber nichts an den 6 Millionen Ermordeten ändert. Es ist und bleibt ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit, das durch Religion und Kirche gründlich vorbereitet wurde. Luthers widerliche Wünsche wurden zu einer grausamen Realität.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben: Minderheiten gibt es überall auf der Welt, sicher auch oft unter schwierigen Bedingungen. Aber eine derartige Ausgrenzung und Verfolgung war nur möglich mit kräftiger Unterstützung von Bibel und Kirche.
Ja - deshalb war meine Rede doch: "Minderheit = Voraussetzung/"was dann draus wird, sind historische Kontexte". - Bei uns in Europa war es natürlich der theologische Gegensatz des Mehrheits-Christentums und des Minderheits-Judentums.
Es war vor allem christliche und kirchliche Hetze und Propaganda, die immer wieder zu Progromstimmungen gegen Juden führten.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Auch gut und böse sind wandelbare Begriffe.
Biblisch NICHT, weil sie fundamental definiert sind.
Auch die Bibel ist ein Produkt ihrer Zeit und die darin enthaltenen Definitionen und Regeln unterliegen der Veränderung. Genauso wie Gottesbilder.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Theißen verweist im Vorwort nochmal darauf hin, dass er zusammen mit seiner Co-Autorin die Fehler der anfänglichen Jesusforschung vermeiden will, nämlich die Ethikvorstellungen aus heutiger "christlicher" Sicht auf den historischen Jesus zu projizieren.
Da hat er ja recht - jedoch wäre das Bild erst vollständig, wenn man auch Vorstellungen des kritisch-rationalen Denkens vermeidet. - Bzw: Eigentlich kann man NICHTS vermeiden - denn sobald man interpretiert, steckt eine Weltanschauung dahinter - da kommt auch ein Theißen nicht drum rum.
Ja, da steckt die Weltanschauung, man könnte auch sagen, die Erkenntnis dahinter, dass man sich Historie mit einer wissenschaftlichen Methode eher nähern kann als mit glaubensdogmatischen Wunschvorstellungen. Das ist aber nun wirklich nicht verwunderlich.


closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Theologische Exegese hat auch nur dieselben Quellen zur Verfügung.
So ist es - aber ein Moslem deutet diese Quellen anders als ein Materialist als ein Christ als ein Jude.
Nicht, wenn man jeweils wissenschaftlich vorgeht, d. heißt, wenn man die historisch-kritische Methode anwendet, müßten vergleichbare Ergebnisse zustande kommen. Bei theologischen Hermeneutikern und Glaubensdogmatikern sieht das völlig anders aus, weil sie zirkelreferent ihr jeweiliges Glaubenskonstrukt bestätigen wollen. Es basiert eben alles auf rein subjektiver Interpretationswillkür.
Das ist ja gerade die Stärke einer wissenschaftlichen Herangehensweise, denn es gibt keine christliche, jüdische oder islamische Wissenschaft, oder keine evangelische oder katholische Wissenschaft.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben: Aber näher an die historische Wahrheit kommt man damit nicht.
Das kann die HKM nicht entscheiden - sie macht ihr Ding und Punkt. - Das einzig wichtige sind die strengen Sach-Erkenntnisse - und da ist Dir ja bekannt, dass sogar Ratzinger die HKm dafür schätzt.
Ratzinger ist ein Mann von vorgestern. Sein Versuch, die historisch-kritische Methode zu unterlaufen, ist kläglich gescheitert. Gut so. :thumbup:

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Du wirst aber Verständnis dafür haben, dass dies weder eine theologisch noch intellektuell befriedigende Lösung darstellt.
Doch - schon. - Und es ist sogar biblisch.
Ja sicher, weil die Bibel an vielen Stellen ein grausliches Werk ist. :roll:

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Ich meine nicht die Jenseitsvertröstung, sondern die Belohnung im Diesseits a la Hiob.
Das wird ja auch nicht unbedingt versprochen.
In der Hiobgeschichte schon. Leute wie Trump und Co. fühlen sich dadurch ermutigt. Denn ihr Reichtum ist ja der Beleg dafür, dass Gott ihren Glauben belohnt.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Du meinst, Gott hat sich den Wünschen seiner Erfinder angepaßt?
Wie gehabt: umgekehrt. - Die Wahrnehmenden passen sich nach und nach der Realität an - man nennt das "Heilsgeschichte".
Wenn sie sich der Realität anpassen würden, müssten sie eigentlich dem Aberglauben entsagen.
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
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#994 Re: Alles Teufelszeug? V

Beitrag von closs » So 5. Mär 2017, 21:37

sven23 hat geschrieben:Es geht um die Dimension des Verbrechens, das mit ca. 6 Millionen ziemlich gut belegt ist
Darum ging es hier NICHT. - Oder meinst, dass ein interpretierender Rabbi an dieser Dimension zweifelt?

sven23 hat geschrieben:daran haben die christliche Religion und die Kirche einen gehörigen Anteil.
Aufgrund ihrer gesellschaftlichen Dominanz haben sie natürlich einen Anteil - es ist gar nicht vermeidbar. - Entscheidend ist, dass der Holocaust säkularer Natur ist (selbst wenn sich Hitler gelegentloch selbst als Christ bezeichnet hat - er war keiner).

Um wieder zum Thema zu kommen: Hierzu gibt es je nach Weltanschauung verschiedene Interpretationen - und da ist nicht die eine aufgeklärt und die andere nicht, sondern beide sind jeweils weltanschaulich formatiert.

sven23 hat geschrieben:Es war vor allem christliche und kirchliche Hetze und Propaganda, die immer wieder zu Progromstimmungen gegen Juden führten.
Selbst das stimmt mit dem Lauf der Zeit nicht mehr. - Unter (ich glaube es war) Karl IV genossen die Juden in Nürnberg kaiserlichen Schutz, den er zurückzog, als er mit Zurückziehung dieses Schutzes einen Deal machen konnte - der Grund war der Reichtum (auch Immobilien-Reichtum), den andere wollten, gegen Macht. - Auch der 30jährige Krieg war zwar ohne die Religionskriege nicht denkbar, aber selber kein Religionskrieg - da verselbständigt sich etwas mit der Zeit. - Ähnlich ist es beim Thema "Juden" - oder meinst Du ernsthaft, dass "mein Kampf" aus religiösen Gründen geschrieben wurde?

sven23 hat geschrieben:Nicht, wenn man jeweils wissenschaftlich vorgeht
Schlicht falsch. - Das ist Dein großer Irrtum. - Du scheinst zu meinen, Texte seien irgendwie "objektiv wiegbar" - funktioniert nicht.

sven23 hat geschrieben:Das ist ja gerade die Stärke einer wissenschaftlichen Herangehensweise, denn es gibt keine christliche, jüdische oder islamische Wissenschaft, oder keine evangelische oder katholische Wissenschaft.
Das gilt aber nur für technische Sachfragen und nicht für interpretatiorische Fragen - konkret: Ein christlicher, jüdischer, islamischer Bibel-Deuter ist gleichermaßen dankbar für Sachinformationen über die Quellenlage, über Sprach-Bedeutungen der Zeit, über historische Auflistung eines Begriffs, über Konkordanz, etc. - Aber substantiell auslegen will er den Text dann schon selber. - HKM-ler sind "Schrauber" und keine Hermeneutiker - es sei denn, sie öffnen sich ins Geistige.

sven23 hat geschrieben:Ratzinger ist ein Mann von vorgestern. Sein Versuch, die historisch-kritische Methode zu unterlaufen, ist kläglich gescheitert.
Das ist doch falsch interpretiert: Er wollte die HKM zum Teil der geistig interpretierenden, also substantiellen Theologie machen - was aber methodisch in der Tat schwierig ist, weil die HKM dann gegen den Kritischen Rationalismus verstoßen würde - insofern ist Ratzinger zurecht gescheitert.

Was dazu führt, dass die theologische Karawane weiterzieht und sich dabei noch von ihrem HKM-Satelliten umkreisen lässt - man hätte vielleicht doch mehr daraus machen können.

sven23 hat geschrieben:In der Hiobgeschichte schon.
Ja - weil im AT noch kein Jenseits-Denken etabliert ist. - Aber achte darauf: Hiob handelt nicht so, weil er sich materiell belohnt sehen will - ganz im Gegenteil: Als er seinen entscheidenden Erkenntnis-Sprung macht, ist es ihm wurscht, ob er überhaupt belohnt wird.

sven23 hat geschrieben:Wenn sie sich der Realität anpassen würden, müssten sie eigentlich dem Aberglauben entsagen.
Das tut man aber erst, wenn man sie zweifelsfrei erkennt und deshalb glaubt.

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Münek
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#995 Re: Alles Teufelszeug? V

Beitrag von Münek » So 5. Mär 2017, 22:14

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Und wenn Satan das tut, was er offensichtlich nach dem Willen Gottes zugelassenermaßen tun darf oder soll, wieso wird er dann am Ende mit ewiger Qual bestraft?
Abgesehen von der Frage, ob mit "ewig" äonisch gemeint ist oder nicht: Zulassen heißt nicht gutheißen.
Eine mehr als kümmerliche Erklärung. Welche bedeutende Rolle spielt denn nach Deiner Auffassung der Gehörnte :devil: als Feind Gottes im göttlichen Heilsplan?

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Natürlich bedeuten Dogmen als verbindlich postulierte ewiggültige unhinterfragbare absolute Glaubenswahrheiten in letzter Konsequenz IMMER ein Denkverbot.
Merkwürdiges Verständnis. - Ist ein Gesetz ein Denkverbot, nur weil es Strafen für Fehlverhalten vorsieht?
Unpassender Vergleich. Gesetze als verbindliche Rechtsnormen können hinterfragt, kritisiert und jederzeit geändert werden. Sie postulieren im Gegensatz zu kirchlichen Dogmen KEINE ewiggültigen Wahrheiten.

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Richtig - um Theologiestudenten die Glaubenslehre der Kirche zu vermitteln.
Aber nicht gelernte, sondern verstandene.
Man sollte davon ausgehen, dass Theologieprofessoren, die Dogmatik lehren, diese gelernt und verstanden haben. Sonst wären sie nicht in der Lage, den Theologiestudenten die kirchliche Glaubenslehre im Hörsaal lehrend zu vermitteln. :)

Closs hat geschrieben:Außerdem gibt es auch in der Dogmatik nicht nur Lehre, sondern auch Forschung (das ist an deutschen Unis so).
Möglicherweise im Bereich der Dogmengeschichte, also der historischen Entstehung und Entwicklung. Die Dogmen als solche dagegen, d.h. ihr verbindlicher Inhalt, sind sakrosankt, unabänderlich und dem forschenden Zugriff des Dogmatikers entzogen.

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Wer von den Katholiken glaubt denn heute noch an die Jungfrauengeburt Marias oder an deren unbefleckte Empfängnis oder an deren leibliche Aufnahme in den Himmel? Doch allenfalls eine kleine fromme Minderheit.
Das sagt qualitativ nichts aus.
Doch - die Menschen haben ein feines Gespür dafür, ob ihnen von der Mutter Kirche Qualität oder Mumpitz als Glaubenswahrheit vorgesetzt wird. Dieses feine Gespür des einfachen Volkes kann man gar nicht hoch genug veranschlagen.

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Dazu kommt ihre fürchterliche Angst vor Konsequenzen, die sie evtl. ziehen müsste, sollte sie ihre Dogmen ernsthaft auf den Prüfstand stellen.
Ganz sicher nicht, da Kritik von außen meistens inkompetente Kritik ist.
Kritik wird doch in den allermeisten Fällen von Theologen oder ehemaligen Theologen geübt. Denen kann man nicht die Kompetenz absprechen.

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:"Eingehende Untersuchungen" stellt Feuerbach mit seiner Kritik doch überhaupt nicht in Abrede.
Aha - Dogmen sind ein Denkverbot, aber durch eingehende theologische Entwicklungen/UNtersuchungen entstanden.
Du verstehst es nicht: Im Zentrum der Kritik steht die kirchlich-willkürliche Festschreibung der Dogmen als unhinterfragbare unfehlbare Wahrheiten, denen absoluter Glaubensgehorsam geschuldet wird. Da bleibt für eigenes Denken kein Platz mehr.

closs hat geschrieben:Meinst Du nicht, dass es genug Denkarbeit ist, wenn man sich diese Entwicklungen/Untersuchungen mal vornimmt - und dann qualifiziert kritisiert?
Es geht nicht um Denkarbeit, sondern um das DENKVERBOT, das Feuerbauch zu recht so benennt.

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Denke nur mal an den im 4. Jahrhundert mit Leidenschaft geführten "arianischen Streit" und die Entstehung des merkwürdigen Dogmas der "Trinität" (= Dreifaltigkeit = Wesenseinheit Gottes in drei Hypostasen), von dem kein Gläubiger so richtig weiß, was es eigentlich zu bedeuten hat.
Der "einfache" Gläubige "weiß", dass sich Gott als Vater, Sohn und HG offenbart.
So ist es im wirklichen Leben ganz bestimmt nicht.

closs hat geschrieben:Ansonsten ist die Trinität extrem gut begründbar - wenn man diese Begründungen nicht fundamental-theologisch verstanden hat (also meistens :devil: ), sollte man nicht kritisieren.
Es gibt gute Gründe, die Trinität für eine Erfindung der alten Kirche zu halten, die in den biblischen Schriften so gut wie keinen Anhalt findet.

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Das hat mit "pseudo-aufgeklärten Weltanschauungs-Sprüchen" absolut nichts zu tun.
Aus heutiger Sicht meines Erachtens schon.
Weder aus heutiger noch aus damaliger Sicht. Feuerbach konstatierte einen real existierenden Ist-Zustand in der katholisch-dogmatischen Kirche, der auf ein Denkverbot hinausläuft. Schon mal was von Glaubensgehorsam gehört, den die Kirche von den Gläubigen einfordert? Dieser verträgt sich nicht mit Denkfreiheit.

closs hat geschrieben:Als HKM-ler würde man dagegen feststellen, dass Feuerbachs Zeit auch eine Zeit der Befreiung der Philosophie von der Theologie war .
So ist es - und daran hat sich nichts mehr geändert und wird sich auch nichts mehr ändern. Die Theologie muss ihr Glaubenssüppchen ohne die Philosophie kochen.

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#996 Re: Alles Teufelszeug? V

Beitrag von Münek » So 5. Mär 2017, 23:09

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben: Es ist ein Satz, der lediglich eine historisches Faktum innerhalb der katholischen Kirche aufzeigt.
Wenn Du "historisch" sagst, meinst Du wahrscheinlich auch "historisch-kritisch"
Nein - "historisch-kritisch" bezeichnet eine Auslegungsmethode, um die es hier nicht geht. Der Philosoph Feuerbach kritisierte im 19. Jahrhundert m.E. zu recht, dass die festgeschriebene Verbindlichkeit der kirchlichen Dogmen und der geforderte Glaubensgehorsam
einem DENKVERBOT gleichkommt. Sowohl die geäußerte Kritik des Philosophen als auch die festgelegte Absolutheit der Dogmen sind
eine historische Tatsache.


closs hat geschrieben:und würdest wahrscheinlich so weit gehen, Feuerbachs Satz inhaltlich als "Faktum" zu bezeichnen - richtig?
Feuerbachs Kritik ist eine Interpretation des Faktums, dass die katholische Kirche ewiggültige Glaubenswahrheiten (Dogmen) postuliert, denen die Gläubigen absoluten Gehorsam schulden. Feuerbach bezeichnet diese historische Tatsache mit vollem Recht als DENKVERBOT.

closs hat geschrieben: - Und dann wären wir auf Umwegen wieder bei der Frage, was HKM bei einem SOLCHEN Interpretations-Verständnis INNERHALB der Theologie zu suchen hat.
Abgesehen davon, dass Feuerbach mit seiner Kritik an der kirchlichen Dogmatik und ihrem Anspruch auf Glaubensgehorsam den Nagel auf dem Kopf getroffen hat: Es gibt zwischen historisch-kritischer Bibelexegese und Feuerbachs Interpretation der kirchlichen Praxis keinerlei Berührungspunkte.

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#997 Re: Alles Teufelszeug? V

Beitrag von closs » So 5. Mär 2017, 23:43

Münek hat geschrieben:Eine mehr als kümmerliche Erklärung.
Naja - da steckte schon einiges drin. - Muss es immer lang sein?

Münek hat geschrieben:Welche bedeutende Rolle spielt denn nach Deiner Auffassung der Gehörnte :devil: als Feind Gottes im göttlichen Heilsplan?
Er ist der Antagonist des Guten - wenn Du so willst, die Offenbarung des Bösen wie es bspw. in Jesus die Offenbarung des Guten gibt.

Münek hat geschrieben:Gesetze als verbindliche Rechtsnormen können hinterfragt, kritisiert und jederzeit geändert werden.
Hinterfragt und kritisiert können/sollen sogar auch Dogmen. - Dogmen sind in der Tat nicht änderbar (gibt es in unserem Grundgesetz auch), aber immer wieder neu auslegbar, falls nötig.

Münek hat geschrieben:die Menschen haben ein feines Gespür dafür, ob ihnen von der Mutter Kirche Qualität oder Mumpitz als Glaubenswahrheit vorgesetzt wird.
Das hängt von der Formatierung der jeweiligen Epoche ab.

Münek hat geschrieben:Kritik wird doch in den allermeisten Fällen von Theologen oder ehemaligen Theologen geübt. Denen kann man nicht die Kompetenz absprechen.
Das Problem ist ein anderes: Je mehr Theologen ihr eigenes Fach aufgrund von Epochen-Formatierungen nicht versehen, desto mehr wird kritisiert. Daneben gibt es dann zusätzlich Kritiker von innen, die man sehr ernst nehmen sollte - übrigens auch innerhalb des Vatikans.

Münek hat geschrieben:Du verstehst es nicht: Im Zentrum der Kritik steht die kirchlich-willkürliche Festschreibung der Dogmen als unhinterfragbare unfehlbare Wahrheiten
Genau diese Setzung ist falsch und typisch für Theologen, die sich nicht frei von unserer Epochen-Formatierung machen. - Typische Kandidaten für Theologie-Abbrüchen und Paulus-Saulus-Kandidaten (davon abgesehen - das wird Dich jetzt freuen: Ich habe neulich mal einige theologischen Curricula durchgeguckt - zum Teil wirklich furchtbar - da möchte man auch als innerer Kritiker am liebsten hinschmeißen).

Münek hat geschrieben:Es geht nicht um Denkarbeit, sondern um das DENKVERBOT, das Feuerbauch zu recht so benennt.
Dito - Du wiederholst hier ständig das Problem der heute vorherrschenden Denk-Formatierung.

Münek hat geschrieben:Es gibt gute Gründe, die Trinität für eine Erfindung der alten Kirche zu halten
Historisch-kritisch unbestritten.

Münek hat geschrieben:die in den biblischen Schriften so gut wie keinen Anhalt findet.
Theologisch sehr gut begründbar - da gibt es kilometerlange Bücherregale drüber - sollten man studieren, wenn man es wirklich wissen will.

Münek hat geschrieben:Feuerbach konstatierte einen real existierenden Ist-Zustand in der katholisch-dogmatischen Kirche, der auf ein Denkverbot hinausläuft.
Und wieder haben wir unsere Epochen-Formatierung.

Münek hat geschrieben:Schon mal was von Glaubensgehorsam gehört, den die Kirche von den Gläubigen einfordert?
Richtig - gemeint ist damit, dass der Gläubige sein eigenes Denken im Ernstfall dem göttlichen Wollen unterordnet - und da sieht sich die Kirche (oft genug mißbräuchlich) als Stellvertreter Gottes. - Ich glaube, ich weiß jetzt, was Du meinst - Du verwechselst "Denkverbot" mit "Gehorsam". - Vielleicht hat das Feuerbach ebenfalls verwechselt.

Münek hat geschrieben:Die Theologie muss ihr Glaubenssüppchen ohne die Philosophie kochen.
Damit wirst Du nicht durchkommen - denn Theologie ist im Idealfall Ontologie. - Wenn Du allerdings das Segment (der heute überwiegenden) materialistischen Philosophien meinst ("Geist ist aus Materie"), hast Du recht. - Es wird also eher eine Teilung der Philosophie geben - wenn es nicht schon längst geschehen ist.

Münek hat geschrieben: Sowohl die geäußerte Kritik des Philosophen als auch die festgelegte Absolutheit der Dogmen sind eine historische Tatsache.
Wenn sie tatsächlich der Fall sind, ist das richtig. - Aber oft wird doch aus einer weltanschaulichen Interpretation (jetzt wären wir wieder bei HKM, WENN sie interpretiert) ein "der-Fall-Sein" konstruiert - oder nicht?

Münek hat geschrieben:Es gibt zwischen historisch-kritischer Bibelexegese und Feuerbachs Interpretation der kirchlichen Praxis keinerlei Berührungspunkte.
OK - das habe ich bisher nicht so verstanden - aber da kannst Du gut recht haben. - Dann geht also Feuerbach von ganz woanders ran an die Bouletten.

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#998 Re: Alles Teufelszeug? V

Beitrag von Münek » Mo 6. Mär 2017, 01:04

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Eine mehr als kümmerliche Erklärung.
Naja - da steckte schon einiges drin. - Muss es immer lang sein?
Nö - eine kurze vernünftig begründete Erlärung hätte genügt.

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Welche bedeutende Rolle spielt denn nach Deiner Auffassung der Gehörnte :devil: als Feind Gottes im göttlichen Heilsplan?
Er ist der Antagonist des Guten - wenn Du so willst, die Offenbarung des Bösen wie es bspw. in Jesus die Offenbarung des Guten gibt.
Damit bist Du meiner Frage ausgewichen. Da weißt doch genau, was ich meine. Welche Rolle hat der "Gott dieser Welt" :devil: zu erfüllen? Welcher Auftrag ist ihm, dem Feind Gottes, von dem ihm feindlich gesinnten Gott erteilt worden?

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Gesetze als verbindliche Rechtsnormen können hinterfragt, kritisiert und jederzeit geändert werden.
Hinterfragt und kritisiert können/sollen sogar auch Dogmen.
Ganz sicher nicht. Den Dogmen wird Gehorsam geschuldet. Da bleibt kein Raum für Kritik. Sonst droht das "Anathema sit" (= der "sei ausgeschlossen").

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:die Menschen haben ein feines Gespür dafür, ob ihnen von der Mutter Kirche Qualität oder Mumpitz als Glaubenswahrheit vorgesetzt wird.
Das hängt von der Formatierung der jeweiligen Epoche ab.
Das feine Gespür des "einfachen" Menschen hat nichts mit Formatierung und Epoche zu tun.

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Kritik wird doch in den allermeisten Fällen von Theologen oder ehemaligen Theologen geübt. Denen kann man nicht die Kompetenz absprechen.
Das Problem ist ein anderes: Je mehr Theologen ihr eigenes Fach aufgrund von Epochen-Formatierungen nicht versehen, desto mehr wird kritisiert.
Möglicherweise sind ihre Kritiken ja mehr als berechtigt. Daran solltest Du auch mal denken. Berechtigte Kritik hat mir "Epochen-Formatierung" nichts zu tun. Die Kirche bringt verständlicherweise weder die Ehrlichkeit noch den Mut auf, den Grund ihrer Exis-
tenz angesichts der substanziellen Kritik wirklich mal ernsthaft zu hinterfragen.


Natürlich kann sie das nicht; denn dann würde sie sich selbst abschaffen.

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Du verstehst es nicht: Im Zentrum der Kritik steht die kirchlich-willkürliche Festschreibung der Dogmen als unhinterfragbare unfehlbare Wahrheiten
Genau diese Setzung ist falsch und typisch für Theologen, die sich nicht frei von unserer Epochen-Formatierung machen.
Das ist keine Setzung, sondern eine schlichte Tatsache. Belehre mich eines Besseren.

closs hat geschrieben:Typische Kandidaten für Theologie-Abbrüchen und Paulus-Saulus-Kandidaten (davon abgesehen - das wird Dich jetzt freuen: Ich habe neulich mal einige theologischen Curricula durchgeguckt - zum Teil wirklich furchtbar - da möchte man auch als innerer Kritiker am liebsten hinschmeißen).
Es wäre ein Zeichen von Ehrlichkeit, anstatt zu jammern, Dich mit den Kritiken ernsthaft auseinander zu setzen und sie nicht ohne nähere
Prüfung einfach abzulehnen. Allein schon, dass sich jemand erdreistet, Kritik zu üben, scheint Dich doch schon in Harnisch zu bringen.

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Münek
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#999 Re: Alles Teufelszeug? V

Beitrag von Münek » Mo 6. Mär 2017, 01:51

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Es geht nicht um Denkarbeit, sondern um das DENKVERBOT, das Feuerbauch zu recht so benennt.
Dito - Du wiederholst hier ständig das Problem der heute vorherrschenden Denk-Formatierung.
Welches heutiges Problem? Das "Denkverbot" der katholischen Dogmatik wurde von Feuerbach im 19. Jahrhundert, also nicht heute, konstatiert.

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Es gibt gute Gründe, die Trinität für eine Erfindung der alten Kirche zu halten
Historisch-kritisch unbestritten.
Auch nicht in der Hierarchie der katholischen Kirche, was der Alt-Theologe Klaus Berger mal in einem Fernsehinterview auf Bibel-TV bitter beklagte.

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Feuerbach konstatierte einen real existierenden Ist-Zustand in der katholisch-dogmatischen Kirche, der auf ein Denkverbot hinausläuft.
Und wieder haben wir unsere Epochen-Formatierung.
"Epochen-Formatierung" scheint Dein aktuelles Lieblingswort zu sein. Es ist bemerkenswert und bezeichnend, dass Du sachlich-substanziell nichts beizutragen hast.

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Schon mal was von Glaubensgehorsam gehört, den die Kirche von den Gläubigen einfordert?
Richtig - gemeint ist damit, dass der Gläubige sein eigenes Denken im Ernstfall dem göttlichen Wollen unterordnet - und da sieht sich die Kirche (oft genug mißbräuchlich) als Stellvertreter Gottes.
Dem göttlichen Wollen - soso... Die kirchlichen Dogmen sind demnach göttliche Wahrheiten, denen nicht widersprochen werden darf - soso... ;)

closs hat geschrieben:Ich glaube, ich weiß jetzt, was Du meinst - Du verwechselst "Denkverbot" mit "Gehorsam". - Vielleicht hat das Feuerbach ebenfalls verwechselt.
Weder Feuerbach noch ich verwechseln "Denkverbot" mit "Gehorsam". Das Denkverbot RESULTIERT aus dem eingeforderten Glaubensgehorsam.

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Die Theologie muss ihr Glaubenssüppchen ohne die Philosophie kochen.
Damit wirst Du nicht durchkommen - denn Theologie ist im Idealfall Ontologie.
Das bildet sich die Theologie ein. Aus welchen Gründen auch immer.

Wenn Du allerdings das Segment (der heute überwiegenden) materialistischen Philosophien meinst ("Geist ist aus Materie"), hast Du recht. - Es wird also eher eine Teilung der Philosophie geben - wenn es nicht schon längst geschehen ist.
Keine Teilung. Die "philosophische Theologie" ist tot.

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben: Sowohl die geäußerte Kritik des Philosophen als auch die festgelegte Absolutheit der Dogmen sind eine historische Tatsache.
Wenn sie tatsächlich der Fall sind, ist das richtig. - Aber oft wird doch aus einer weltanschaulichen Interpretation (jetzt wären wir wieder bei HKM, WENN sie interpretiert) ein "der-Fall-Sein" konstruiert - oder nicht?
Nein - innerhalb der historisch-kritischen Bibelexegese mit Sicherheit nicht. Solange Du Dich weigerst, Dich über diese Auslegungsmethode anhand eines guten Lehrbuches gründlich zu informieren, befindest Du Dich mit Deinen falschen Annahmen immer im finsteren Keller.

closs
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#1000 Re: Alles Teufelszeug? V

Beitrag von closs » Mo 6. Mär 2017, 02:22

Münek hat geschrieben: Welche Rolle hat der "Gott dieser Welt" :devil: zu erfüllen?
Das habe ich eigentlich jetzt mindestens zweimal erklärt - also nochmal in neuen Worten:
Der "Sündenfall" ist der Fall in die Dialektik von Gott-Orientierung und Ich-Orientierung. Der "Satan" steht für die Ich-Orientierung und somit als Gegenspieler der Gott-Orientierung. - Sinn dieser Dialektik ist das Erkennen des "wahren ("guten")" Wegs durch den Menschen - was er aber nur kann, wenn er in Gott resp. Jesus die Gott-Orientierung und in Satan die Ich-Orientierung erkennt - also das erkennt, was den "Sündenfall" ausmacht, der ja rückgängig bzw. überwunden werden soll. - Ohne Satan ginge das nicht, weil der Mensch dann diesen Widerspruch nicht begreifen würde,

Münek hat geschrieben: Den Dogmen wird Gehorsam geschuldet. Da bleibt kein Raum für Kritik.
Falsch - das eine hat mit dem anderen nichts zu tun.

Münek hat geschrieben: Sonst droht das "Anathema sit" (= der "sei ausgeschlossen").
Aus der Kirche, aber nicht aus Gott. - Kain bekam als Ausgeschlossener sogar ein Mal auf die Stirn - wohlgemerkt zu seinem Schutz.

Münek hat geschrieben:Das feine Gespür des "einfachen" Menschen hat nichts mit Formatierung und Epoche zu tun.
Da stimme ich Dir zum Teil zu - es gibt Menschen, die einen sehr feinen geistigen Instinkt haben, der modisch nicht ausgehebelt werden kann - aber das wäre jetzt eher ein Argument für meine Sache.

Münek hat geschrieben:Möglicherweise sind ihre Kritiken ja mehr als berechtigt.
Aus ihrer Formatierung (= wieder mal "Setzung") SIND sie berechtigt. - Das Problem ist die Formatierung selbst.

Münek hat geschrieben:Das ist keine Setzung, sondern eine schlichte Tatsache.
"Willkür" bei Dogmen ist keine Tatsache, sondern eine ideologische Unterstellung. - Das heißt NICHT, dass man alle Dogmen gut finden muss und/oder sie nicht kritisiert.

Münek hat geschrieben:Es wäre ein Zeichen von Ehrlichkeit, anstatt zu jammern
Mein "Jammern" galt den kirchlischen Curricula und nicht Deinen Freunden.

Münek hat geschrieben: Allein schon, dass sich jemand erdreistet, Kritik zu üben, scheint Dich doch schon in Harnisch zu bringen.
Vollkommen daneben. - Ich verstehe doch "Dein" System - ich verstehe Kubitza und ich verstehe Metzinger (wobei die beiden untereinander schon noch unterschiedlich sind). - Ich verstehe sie deshalb, weil mir die Grundlagen/Formatierungen ihres Denkens klar sind - dann MÜSSEN sie so reden.

Die/deren "Kritik" ist dann berechtigt, wenn man offen und ehrlich sagt: "Wir sind so und so formatiert, denken vom Grundsatz her materialistisch und können deshalb mit Religion nichts anfangen. Und deshalb erscheint für uns Religion wie folgt: ...". - Da hat keiner was dagegen - im Gegenteil: Es könnte ja mal auch was dabei sein, was einen zu denken gibt.

Diese Kritik ist sogar dann berechtigt, wenn sie Folge von spirituellem Verständnis ist - im Sinne von: "Ich kann religiöse Texte auch geistig lesen, lehne die Ergebnisse aber ab". So wie ein geistig ausgerichteter Wissenschaftler geistige Texte materialistisch erkennend lesen kann und sagt: "Nein, das bringt nichts".

Diese Kritik ist aber DANN nicht berechtigt, wenn man seine materialistische Formatierung (basierend auf dem Dogma "Geist ist aus Materie") als objektiv fortschrittlicher wähnt und meint, geistige Texte "aufgeklärt" zu lesen, wenn man sie materialistisch liest - das ist extrem un-aufgeklärt. - Und genau das werfe ich den Kubitzas und Metzingers vor: Extreme Un-Aufgeklärtheit in der Basis, selbst wenn die Ausforumg dieser Un-Aufgeklärtheit formal/methodisch aufgeklärt anmutet. - Das ist großes Täuschungs-Theater und vermutlich sogar bewusstlose Selbst-Täuschung.

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