Historische Textkritik- Was bleibt am Ende des Tages?

closs
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#61 Re: Historische Textkritik- Was bleibt am Ende des Tages?

Beitrag von closs » So 12. Jul 2015, 21:51

Münek hat geschrieben:Da würde ich doch unseren lieben Kurt mal bitten, hier für Klarheit zu sorgen.
Aber wirklich nur kurz, weil es hier auf dem Forum schon oft genug thematisiert wurde:

Die Trennung von Gott und Mensch ist nach christlicher Sicht durch den Kreuzestod beendet - deshalb kann Gott dem Menschen seitdem innerlich nah sein. - Die Offenbarungs-Wiederkunft ist dagegen etwas ganz anderes: Hier geht es um die Wiederkunft Jesus am Ende der "Weltzeit". - Das eine hat mit dem anderen erstmal nichts zu tun.

Rembremerding
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#62 Re: Historische Textkritik- Was bleibt am Ende des Tages?

Beitrag von Rembremerding » So 12. Jul 2015, 22:01

closs hat geschrieben:
Die Trennung von Gott und Mensch ist nach christlicher Sicht durch den Kreuzestod beendet - deshalb kann Gott dem Menschen seitdem innerlich nah sein. - Die Offenbarungs-Wiederkunft ist dagegen etwas ganz anderes: Hier geht es um die Wiederkunft Jesus am Ende der "Weltzeit". - Das eine hat mit dem anderen erstmal nichts zu tun.
Das ist richtig, aber bitte bis zum Abendmahlsaal zu Pfingsten denken: Der Kreuzestod des Herrn war letztendlich dafür da, um den Hl. Geist den Weg zu bereiten, dies war "das vollbracht". Du merkst: In diesem "Strang" sind weder Sünde, noch Erbsünde relevant.
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Münek
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#63 Re: Historische Textkritik- Was bleibt am Ende des Tages?

Beitrag von Münek » So 12. Jul 2015, 22:12

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Das glaubst Du doch selbst nicht.
In Deiner Formulierung glaube ich es wirklich nicht. ;)

Wie wäre es mit folgender Formulierung: "Die Jungs haben kapiert, dass sie etwas Großes zu verkünden haben. Mit der Zeit werden sie merken, dass das zeitlich nahe Königreich kein äußeres, sondern ein inneres ist. - Dann werden sie endgültig verstanden haben, was ich gesagt habe".

Was sollte der Sinn einer endzeitlichen Botschaft sein, die weder von den Jüngern noch vom Volk verstanden wird?
Was sollten sie sich unter einer "inneren Gottesherrschaft" vorstellen? ;)

Weder Johannes der Täufer noch Jesus, auch nicht die 70 ausgesandten Jünger haben dem Volk verkündigt:

"Die Zeit ist erfüllt. Tut Buße; denn das "INNERE Königreich Gottes" ist nahe herbeigekommen." :)


Jesus und sein Lehrer Johannes wollten doch sicherlich mit ihrer "Frohen Botschaft" von ihren Landsleuten verstanden werden.
Sie hatten schließlich etwas sehr Wichtiges zu verkünden. Warum sollten sie sich bewusst unverständlich ausgedrückt haben?
So etwas anzunehmen, ist doch im höchsten Maße albern.

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#64 Re: Historische Textkritik- Was bleibt am Ende des Tages?

Beitrag von Münek » So 12. Jul 2015, 22:28

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Da würde ich doch unseren lieben Kurt mal bitten, hier für Klarheit zu sorgen.
Aber wirklich nur kurz, weil es hier auf dem Forum schon oft genug thematisiert wurde:

Die Trennung von Gott und Mensch ist nach christlicher Sicht durch den Kreuzestod beendet - deshalb kann Gott dem Menschen seitdem innerlich nah sein. -

Ach Kurt, das konnte der Allmächtige doch auch schon vorher. :)

Ich hatte Dich im Übrigen gebeten, das von Jesus angeblich gepredigte "innere Gottesreich"
durch entsprechende Zitate kompetenter Theologen zu belegen.... ;)

Und warum beten Christen schon seit 2000 Jahren zu ihrem Gott: "...Dein Reich komme..."?

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#65 Re: Historische Textkritik- Was bleibt am Ende des Tages?

Beitrag von Münek » So 12. Jul 2015, 22:38

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Wie ich schon sagte, geht es um die Qualität der Begründung
Man muss nicht auf Dogmen zurückgreifen - allein historisch-kritisch kann man die Qualität der Begründungen der Behauptung "Jesus selbst hatte eine Naherwartung" in Frage stellen.

Ja, warum macht das dann keiner? :o

Das ist doch nur wieder mal eine Deiner unbegründeten Behauptungen...

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#66 Re: Historische Textkritik- Was bleibt am Ende des Tages?

Beitrag von closs » So 12. Jul 2015, 22:44

Münek hat geschrieben:Was sollte der Sinn einer endzeitlichen Botschaft sein, die weder von den Jüngern noch vom Volk verstanden wird?
Dass Gott nahe ist - und zwar unmittelbar. - Das war die eigentliche Botschaft, die man sowohl äußerlich als auch innerlich interpretieren kann.

Die Zuhörer Jesu waren auf äußerliche Nähe formatiert - der Paradigmenwechsel bei Jesus war das Primat der Innerlichkeit.

Nur EIN Zitat, das hier thematisch nicht ganz passt, aber den Paradigmenwechsel deutlich macht:

Röm. 2,14f "Denn wenn Heiden, die das Gesetz nicht haben, doch von Natur tun, was das Gesetz fordert, so sind sie, obwohl sie das Gesetz nicht haben, sich selbst Gesetz. Sie beweisen damit, dass in ihr Herz geschrieben ist."

Hier steht im Grunde, dass das äußerliche Gesetz nicht der Ausgangspunkt der Werte ist, sondern nur deren Festschreibung. Der Ausgangspunkt der Werte ist das, was ins "Herz geschrieben ist". Das haben die Menschen damals auch nicht (ohne weiteres) verstanden, für die doch die "heilige" Torah - als das Äußere - mit ihren Gesetzen der Ursprung war.

Dasselbe gilt für die äußere und innere Beschneidung ("Beschneidung des Herzens"), die keiner mehr sieht, die aber das eigentliche Zentrum ist. - Und viele Beispiele mehr. - Das ist ein Paradigmen-Wechsel durch Jesus ("Ich aber sage ich Euch").

Nun sind dies theologische Diskussionen, die in einer historisch-kritischen Betrachtung offensichtlich nichts zu tun haben. - Trotzdem ist es historisch-kritisch von Belang, dass dieser Paradigmen-Wechsel in der Luft lag (wie die 1968er Revolution in Deutschland auch in der Luft lag, bevor sie ausbrach). - Denn nur so kann man wissen, in welcher mentalen Lage die Zuhörer waren, wenn sie Jesus hörten - und nur so kann man text-kritisch untersuchen, wie die Worte Jesu rezipiert und somit weitergetragen, also in die Bibel-Texte gelangt sind.

Die Antwort darauf ist unsicher: Hat's bei den Leuten gleich geblitzt und sie haben es gecheckt - oder haben sie weiter alttestamentarisch äußerlich gedacht und es im Sinne ihres hergebrachten Denkens (also äußerlich) verstanden - und somit auch aufgeschrieben. - So gesehen kan man die "Parusie-Verzögerung" auch als "verzögertes Verstehen" verstehen - man checkt langsam, dass sich Jesu Worte eben NICHT mit dem Inventar alttestamentarischen Denken vereinbaren lassen. - Aber das dauert halt.

Diesem Gedanken kann man folgen oder nicht - biblisch und heilsgeschichtlich ist er naheliegend. - Historisch-kritisch ist er erst mal NICHT naheliegend, weil man da am liebsten einen Text hat, dem man vertrauen kann und ihn dann nach allen Regeln der Kunst auseinander nimmt. - Aber man kann es sich halt nicht immer nicht aussuchen - und text-kritisch muss man auch diesen Fall bedenken.

Rembremerding hat geschrieben:aber bitte bis zum Abendmahlsaal zu Pfingsten denken
So weit habe ich hier NICHT gedacht, weil es mir erst einmal um den groben Pflock ging, den man auf hartem Boden reinrammen muss. - Aber im feineren Kontext hast Du natürlich recht.

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#67 Re: Historische Textkritik- Was bleibt am Ende des Tages?

Beitrag von closs » So 12. Jul 2015, 22:54

Münek hat geschrieben:das konnte der Allmächtige doch auch schon vorher
Aber erst jetzt ist der Stein weg, der zwischen Gott und Mensch liegt. - Nach Deiner Version war der Kreuzestod reiner Zeitvertreib ohne Sinn.

Münek hat geschrieben:h hatte Dich im Übrigen gebeten, das von Jesus angeblich gepredigte "innere Gottesreich" durch entsprechende Zitate kompetenter Theologen zu belegen....
Müsste ich mir Zeit nehmen - wenn man das gescheit macht, ist das echte wissenschaftliche Arbeit. - Meinst Du, ein Argument wird besser oder schlechter, wenn es von einem bekannten oder unbekannten Theologen zitate-mäßig begleitet wird? - Vergiss nicht: Auch die Theologie ist im Kräftespiel der Zeit - ein Theologe des Jahres 1915 wird zum selben Thema etwas anderes sagen als ein Theologe des Jahres 2015 oder 2115. - Nicht nur, weil neue Erkenntnisse dazugekommen sind, sondern weil jede Zeit ihre Deutung braucht - das gilt AUCH für die HKM.

Münek hat geschrieben:Und warum beten Christen schon seit 2000 Jahren zu ihrem Gott: "...Dein Reich komme..."?
"Nah" ist in der Nähe - danach gibt es noch die Verschmelzung von Ich und Gott.

Diesen Satz kann man beziehen auf den jeweilig eigenen irdischen Tod oder auf das endgültige Kommen Jesu im Sinne der Offenbarung - beides passt.

Münek hat geschrieben:Ja, warum macht das dann keiner?
Ich kann nicht nachprüfen, ob es keiner macht - dazu bin ich zu wenig im wissenschaftlichen Betrieb drin. - Ich höre immer nur, dass es keiner macht, und möchte mir das zum Schutz der HKM nicht vorstellen.

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#68 Re: Historische Textkritik- Was bleibt am Ende des Tages?

Beitrag von Zeus » So 12. Jul 2015, 23:06

closs hat geschrieben:Mal anders gefragt: Welchen Sinn macht der Kreuzestod, wenn man doch ein äußerlich nahes Gottesreich auch so ankündigen kann?
Keinen. Erst Paulus hat aus dem Kreuzestod Jesu, dessen Hauptanliegen war, das äußerlich nahe Gottesreich anzukündigen, ein von Jahveh geplantes Erlösungswerk gemacht.
e^(i*Pi) + 1 = 0
Gott ist das einzige Wesen, das, um zu herrschen, noch nicht einmal existieren muss.
(Charles Baudelaire, frz. Schriftsteller, 1821-1867)

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#69 Re: Historische Textkritik- Was bleibt am Ende des Tages?

Beitrag von closs » So 12. Jul 2015, 23:12

Zeus hat geschrieben:Keinen. Erst Paulus hat aus dem Kreuzestod Jesu, dessen Hauptanliegen war, das äußerlich nahe Gottesreich anzukündigen, ein von Jahveh geplantes Erlösungswerk gemacht.
Das ist eine ehrliche atheistische Grundlage für eine Interpretation im Sinne von Kubitza & Co. - Aber es ist halt nicht die einzige Grundlage - auch historisch-kritisch nicht die einzige.

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#70 Re: Historische Textkritik- Was bleibt am Ende des Tages?

Beitrag von Münek » Mo 13. Jul 2015, 00:37

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Was sollte der Sinn einer endzeitlichen Botschaft sein, die weder von den Jüngern noch vom Volk verstanden wird?
Dass Gott nahe ist - und zwar unmittelbar. - Das war die eigentliche Botschaft, die man sowohl äußerlich als auch innerlich interpretieren kann.

Die Zuhörer Jesu waren auf äußerliche Nähe formatiert - der Paradigmenwechsel bei Jesus war das Primat der Innerlichkeit.

Unbegründete, völlig aus der Luft gegriffene Behauptung - wie gehabt.... :thumbdown:

Wer vertritt denn in der Theologie Deine Auffassung? Nenne doch mal Ross und Reiter...

Wieso kommt da nie etwas von Dir, auch wenn man Dich wiederholt darum bittet?

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