Vernunft in Glaubensdingen

Rembremerding
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#561 Re: Vernunft in Glaubensdingen

Beitrag von Rembremerding » Mo 9. Jun 2014, 20:12

Demian hat geschrieben:
Ich ertrage deine Worte sehr gut - nur bin ich ganz einfach nicht deiner Auffassung. ;) Die Sündenlehre ist ein Ausdruck der Welt- und Selbstentfremdung - und eines vom Menschen entfernten Gottesbildes - dem kann ich einfach nicht zustimmen. Es ist grundsätzlich falsch vom Falschen auszugehen. Ich empfehle lieber vom Schönen und Guten auszugehen. Darauf kann man ein liebevolles Leben aufbauen.
Puh, da bin ich froh, ich wollte nur vorbeugen, es wäre einfach zu schade an einem so schönen Tag irgendeinen Zorn aufzubauen. Aber nun ist gut.

Denkst Du ich will nicht vom Schönen und Guten ausgehen? Das ist ebenso meine Gesinnung und mein Ziel, das ergibt schon die Liebe zum Herrn.
Aber die Welt ist nun mal nicht allein schön und gut. Es gibt nun mal böses und das entsteht aus der Sündhaftigkeit des Menschen. Warum sollte ich dann als Christ nicht das Liebesangebot des Herrn zur Sündenvergebung weitergeben, dass auch mich immer wieder heilt? Die Menschen brauchen Heilung, das zeigt die Scheidungsrate, die Burnout-Syndrome, das Leid, das sich Menschen gegenseitig zufügen.
Es ist lieblos sich selbst im Schönen und Guten zu sonnen, aber den leidenden Mitmenschen die Möglichkeit auch das Schöne und Gute zu erlangen, vorzuenthalten. Du siehst dies bestimmt ebenso.
Man darf deshalb das Schlechte und Falsche nicht negieren, nur weil man es zurecht verabscheut, sondern man muss versuchen es zu heilen, nicht aus sich, sondern durch den liebenden Herrn.
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Zeus
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#562 Re: Vernunft in Glaubensdingen

Beitrag von Zeus » Mo 9. Jun 2014, 20:16

Rembremerding hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:
Rembremerding hat geschrieben:Für einen Christen, der die Hl. Schrift kennt, ist folgendes keine "Leerfloskel": Ein Christ war Sünder, wenn er das Sühnewerk des Herrn annimmt.
Diese behauptete Sündhaftigkeit des Menschen (von Geburt an), ist ein wesentlicher Grund für meine Ablehnung des Glaubens. Sicher, wenn man Sünde als etwas bezeichnen will, dass man nicht tun soll, dann bin ich sündig, aber ein Kleinkind...? Es versteht doch den Sinn gar nicht, von Gut und Böse,
Ich habe es bereits mit "meinem" Höhlengleichnis der Erbsünde erklärt. Sie ist einfach ein Zustand, aber keine getane Sünde. Es geht nicht darum Menschen mit ihrer Sünde zu erdrücken, sondern sie davon zu befreien. Es nützt aber nichts, wenn man die Sünde verleugnet.
Das Kreuz ist für viele eine Torheit, so steht es in der Hl. Schrift. Und für den das Kreuz eine Torheit ist, ist es auch die Sündenvergebung und Sünde überhaupt.
Zur Klarstellung:
Sünde ( Im Sinne "Böses tun ist Sünde") gibt es seit Adam und Eva.
Die Erbsünde wird in der Bibel so gut wie gar nicht erwähnt. Diese krankhafte Idee hat sich der neunmalkluge hl. Augustinus erst hunderte von Jahren nach Christus aus den Fingern gesogen, sozusagen.
Zuletzt geändert von Zeus am Mo 9. Jun 2014, 20:31, insgesamt 1-mal geändert.
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#563 Re: Vernunft in Glaubensdingen

Beitrag von Demian » Mo 9. Jun 2014, 20:23

Pluto hat geschrieben:Was bedeutet der Gnadenleib für dich?

Der Gnadenleib ist für mich ein Bild, das beschreibt, wie der Mensch zu einer Verkörperung des „Heiligen Geistes“ wird - und der Hl. Geist ist Vernunft und Liebe. Das Begehren, das nicht das Gute will, wird verwandelt in ein Begehren, dass das Gute will. Platon spricht vom „eros entheon“, dem gotterfüllten Eros oder dem verwandelten Begehren, das das Gute will.

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#564 Re: Vernunft in Glaubensdingen

Beitrag von Rembremerding » Mo 9. Jun 2014, 20:26

Pluto hat geschrieben:
Rembremerding hat geschrieben:Es geht nicht darum Menschen mit ihrer Sünde zu erdrücken, sondern sie davon zu befreien.
Um von der Sünde befreit zu werden, muss man zunächst akzeptieren, dass man gesündigt hat. Wie das ohne (erdrückende) Gewissensbisse geht müsste man mir erst mal erklären.
Indem man die Sünde abgibt, an den Herrn, in einer Beichte. Ich weiß, als Ungläubiger ist dies schwer zu verstehen, aber indem ich mein Gewissen erleichtere, es befreie von meinen Schuldgefühlen, wird man befreit. Christen (auch ich) erleben dies immer wieder und weltweit. Um zur Wissenschaft zurückzukehren: Die Psychologie kennt natürlich auch die befreiende Wirkung der Psyche durch ergründen und benennen der innewohnenden Schuld und deren Be- und Verarbeitung.
Pluto hat geschrieben:
Rembremerding hat geschrieben:Es nützt aber nichts, wenn man die Sünde verleugnet.
Ich leugne die Sünde nicht, ich realtivere sie nur: Alles was als Sünde bezeichnet wird, muss es aus einer anderen Perspektive nicht sein.
Das Relativieren und die Rechtfertigung von Sünde ist der erste Schritt zu einer kranken Psyche. Man übt Selbstbetrug aus, aber ein Teil seines Selbst wird sich nicht betrügen lassen. Es kann daraus Traurigkeit, Verbitterung, Depression, Zorn entstehen.
Es sind vor allen die Ursünden Stolz, Zorn, Neid, Gier, die ich hier meine.
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#565 Re: Vernunft in Glaubensdingen

Beitrag von Demian » Mo 9. Jun 2014, 20:31

Rembremerding hat geschrieben:Indem man die Sünde abgibt, an den Herrn, in einer Beichte. Ich weiß, als Ungläubiger ist dies schwer zu verstehen, aber indem ich mein Gewissen erleichtere, es befreie von meinen Schuldgefühlen, wird man befreit. Christen (auch ich) erleben dies immer wieder und weltweit.

Mir genügt ein mitfühlendes Gespräch mit einem Freund. ;) Menschen erleben das immer wieder jeden Tag und weltweit.

Rembremerding hat geschrieben:Es sind vor allen die Ursünden Stolz, Zorn, Neid, Gier, die ich hier meine.

Das ist nicht die wahre Natur des Menschen. Alle destruktiven Verhaltensmuster ergeben sich aus einem verwickelten Geist – zu wenig Klarheit und Einsicht.
Das Relativieren und die Rechtfertigung von Sünde ist der erste Schritt zu einer kranken Psyche.

Ich habe erst vorgestern einen Menschen getroffen, der mir von seiner schizophrenen Großmutter erzählte, die Übergewicht hat, aber derart von ihrem erzkatholischen, bayrischen Priester traumatisiert wurde, dass er ihr immer noch regelmäßig in den Träumen erscheint und sagt, sie dürfe nicht abnehmen. Mit anderen Worten: sie sei grundsätzlich falsch.

Nicht wenige Menschen hat die Sündenlehre krank gemacht - und auch ich selbst hatte sehr damit zu tun, obwohl ich gar nicht religiös erzogen wurde, aber irgendwie wird einem dieser geistige Mist doch verkauft.
Zuletzt geändert von Demian am Mo 9. Jun 2014, 20:38, insgesamt 1-mal geändert.

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#566 Re: Vernunft in Glaubensdingen

Beitrag von Zeus » Mo 9. Jun 2014, 20:35

Pluto hat geschrieben:
Rembremerding hat geschrieben:Es nützt aber nichts, wenn man die Sünde verleugnet.
Ich leugne die Sünde nicht, ich realtivere sie nur: Alles was als Sünde bezeichnet wird, muss es aus einer anderen Perspektive nicht sein.
Rembremerding hat geschrieben:Das Relativieren und die Rechtfertigung von Sünde ist der erste Schritt zu einer kranken Psyche. Man übt Selbstbetrug aus, aber ein Teil seines Selbst wird sich nicht betrügen lassen. Es kann daraus Traurigkeit, Verbitterung, Depression, Zorn entstehen.
Es sind vor allen die Ursünden Stolz, Zorn, Neid, Gier, die ich hier meine.

Lieber Pluto, ich sehe rabenschwarz für dich. :devil:
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#567 Re: Vernunft in Glaubensdingen

Beitrag von Demian » Mo 9. Jun 2014, 20:46

Zeus hat geschrieben:Lieber Pluto, ich sehe rabenschwarz für dich. :devil:

Es ist schon erstaunlich, dass eine Lehre die vom Schlechten und Krankhaften ausgeht, sich selbst als "richtig" und "gesund" verkaufen kann. Das geht nur, wenn ein paar Jahrhunderte massive Konditionierung dahinter stehen. Wie kann das vollkommen Gute - das Göttliche - etwas derart Mangelhaftes hervorbringen?

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#568 Re: Vernunft in Glaubensdingen

Beitrag von Pluto » Mo 9. Jun 2014, 21:08

Rembremerding hat geschrieben:Das Relativieren und die Rechtfertigung von Sünde ist der erste Schritt zu einer kranken Psyche. Man übt Selbstbetrug aus, aber ein Teil seines Selbst wird sich nicht betrügen lassen. Es kann daraus Traurigkeit, Verbitterung, Depression, Zorn entstehen.
Es sind vor allen die Ursünden Stolz, Zorn, Neid, Gier, die ich hier meine.
Diese Antwort war zu erwarten. Die Sünde ist schließlich ein Grundstein des Christentums, denn —
Gäbe es in den Augen der Gläubigen keine Sünde, wäre der Kreuzestod Jesus' umsonst gewesen.
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

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#569 Re: Vernunft in Glaubensdingen

Beitrag von Rembremerding » Mo 9. Jun 2014, 21:29

Pluto hat geschrieben:Die Sünde ist schließlich ein Grundstein des Christentums, denn —
Gäbe es in den Augen der Gläubigen keine Sünde, wäre der Kreuzestod Jesus' umsonst gewesen.
Sehr gut :thumbup: Für viele ist eben das Kreuz eine Torheit.
Aber die Vernunft sagt, dass es Sünde und Schuld im Menschen als psychische Reaktion gibt, auch die Wissenschaft. Was nützt ein Glaube, der die Lebenswirklichkeit verneint?
Aber nicht die Feststellung der Tatsache von Schuld und Sünde ist doch der Kern des Christentums, sondern die Heilung, die Befreiung davor durch Gnade. Gott ist unser Arzt und mit Christus Jesus schenkt er uns Heilmittel der Gnade.
Genau das ist das Evangelium: Keine endlosen Wiedergeburten, kein endgültiger Tod, kein Karma mehr nimmt den Menschen gefangen, sondern er kann Befreiung erhalten, Heilung, bereits hier in diesem Leben und erst recht im ewigen Leben. Christsein heißt auch in die Lebensschule des Herrn zu gehen. Er zeigt uns praktisch, und nicht in philosophischen Lehren oder wolkigen Worthülsen, wie wir in diesem Leben zufrieden, freudig und liebevoll sein können, und er lässt uns niemals allein.
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#570 Re: Vernunft in Glaubensdingen

Beitrag von Andreas » Mo 9. Jun 2014, 21:35

Reine Auslegungssache.
Ursprünglich bedeutet Sünde: Das Ziel verfehlen. Erkenntnisse werden durch "Trial and Error" gemacht. Baum der Erkenntnis von Gut und Böse. Sünde wäre der Error um den wir im Dasein nicht herumkommen. Deswegen ist Gnade gerechtfertigt.

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