Alles Teufelszeug? VII

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sven23
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#521 Re: Alles Teufelszeug? VII

Beitrag von sven23 » So 8. Okt 2017, 10:34

Roland hat geschrieben: Wie gesagt, lies mal was Neutrales. Die Kanonisierung des NT wird in Wikipedia recht gut beschrieben, brauchst also nicht mal ein Buch zu kaufen. Es ist aberwitzig den Christen der ersten Jahrhunderte vorzuwerfen, sie hätten aufgrund materieller Vorteilen gehandelt. Sie waren, ganz im Gegenteil, immer wieder schweren Verfolgungen ausgesetzt und haben die gute Botschaft trotzdem weitergetragen.
Das behauptet ja niemand. Die Kirche hat aber schon sehr früh begriffen, dass sie mit der Kanonisierung der Texte, an deren Endfassung sie kräftig mitgewirkt hat, und der Erklärung zu sog. Heiligen Schriften ein sehr machtvolles Instrument in Händen hielt, deren Deutungshoheit sie für sich beanspruchte. Macht und materielle Vorteile fielen ihr sozusagen als Kolateralschaden in den Schoß.


Roland hat geschrieben: Sag ich ja. Ein Zirkel ist ein Fehlschluss in einer Beweisführung. Da wir aber gar nicht von Beweisen sondern vom Glauben oder vom Nichtglauben an die in der Bibel behauptete Inspiration der Schrift sprechen, kann von einem Zirkel nicht die Rede sein.
Für die historisch-kritische Methode ist dies zutreffend. Selbst Ratzinger begreift, dass sie keine a-priori Setzung hat.
Glaubensbasierte Exegeseformen dagegen gehen von der göttlichen Inspiriertheit und Irrtumslosigkeit der Schriften aus, weshalb dann in ihrer Logik alles geschriebene historisch wahr sein muss.
Ein Zirkelschluss, wie er im Buche steht.


Roland hat geschrieben: Hier wiederholst du einfach nochmal deinen Glaubenssatz, dass es keinen über den Naturgesetzen stehenden Gott gibt.
Nein, ich sage lediglich, dass wir heute keine übernatürlichen Wunder beobachten können, und dass dies mit allergrößter Wahrscheinlichkeit nie anders war, außer in literarischen Fiktionen.

Roland hat geschrieben: Texte die überschrieben sind mit: "Wir berichten, was wir gesehen und gehört haben" oder "ich gebe wieder, was ich direkt von den Augenzeugen erforscht habe" sind keine mythologischen Texte sondern Tatsachenberichte. Die Bultmann und du natürlich anzweifeln dürft aber viel mehr als die Behauptung, dass alles gelogen sei, ist das nicht.
Auch das ist ein Zirkelschluss: Weil es geschrieben steht, muss es ja auch wahr sein.
Dann musst du auch an fliegende Apostel und wiederbelebte geräucherte Tunfische glauben, denn dies steht auch geschrieben. :lol:
Nein, so simpel arbeitet die historisch-kritische Forschung nicht.


Roland hat geschrieben: Ist eben gar kein Unterschied. Wenn "die Forschung" NICHT glaubt was geschrieben steht, sondern was anderes, dann ist das ja OK, aber eben auch nur ein Glaube.
Aber ein "Glaube", der sich wissenschaftlich plausibel und nachvollziehbar aus den Textbefunden ergibt.


Roland hat geschrieben: Stimmt! Theißen sagt klar, dass die Wissenschaft Vermutungen anstellt, die auf bestimmten Grundüberzeugungen basieren. Wissenschaft sagt nicht "so war es" sondern "so könnte es gewesen sein", WENN unsere Grundüberzeugung die richtige ist.
Genau, die Forschung geht von der Existenz des jüdischen Wanderprediger aus und davon, dass sie die Kriterien (z. B. Differenzkriterium und historisches Plausibilitätskriterium) richtig anwendet. Es könnte theoretisch auch alles reine literarische Fiktion sein, wie die Radikalkritiker behaupten. 100%ig beweisen läßt es sich nicht.

Roland hat geschrieben: Die Auferstehung musste auch nicht erfunden werden, weil sie stattgefunden hat.
Auch da sind begründete Zweifel angebracht, wenn man sich die widersprüchlichen Darstellungen der Evangelisten anschaut. Die älteste Abschrift des Markusevangeliums enthält noch gar keine Auferstehungslegenden. Erst spätere Schreiber haben diese ausgeschmückten Darstellungen hinzugefügt. Es müßte also nicht heißen: Evangelium nach Markus, sondern nach Markus und anderen.
Wie auch immer, einen Mangel an Kreativität kann man den Schreibern nicht vorwerfen. :lol:

Roland hat geschrieben: Nur mit dem Unterschied, dass diejenigen, die diese Botschaft anfangs weitergegeben haben, gar keinen materiellen Nutzen daraus gezogen haben sondern Verfolgung und Martyrium.
Auch da ist wohl viel christliche Legendenbildung im Spiel.

Der häufig gehörteEinwand, Betrüger hätten wohl kaum später zu Märtyrern werden können, überzeugt
nicht ganz, denn es waren nur wenige Jünger, die (lässt man die meist völlig
unhistorischen und blutigen Märtyrerakten beiseite) ein Martyrium erlitten (sicher
scheint dies nur bei den Jüngern Johannes und Jakobus zu sein, selbst das Martyrium
des Petrus in Rom ist unsicher), so wie es offenbar auch nur wenige Jünger waren, die
überhaupt die Sache Jesu weiterführten. Dass alle Jünger in die Mission gingen, ist
christliche Erfindung. Warum nicht alle Jünger mit der Mission begannen, ist übrigens
eine interessante Frage. Haben Sie dem Auferstehungszeugnis nicht geglaubt? Die
wenigen halbwegs sicheren Martyrien der missionierenden Jünger lagen zeitlich lange
nach dem Tode Jesu. Bis dahin hätten sich erfindungsreiche Jünger einer
Mittelpunktstellung und eines hohen Ansehens in ihrem frühchristlichen sozialen
Umfeld sicher sein können.

Kubitza, Der Jesuswahn

Roland hat geschrieben: "Ergebnisse"… :-) Es gibt genau so viele verschiedene "wissenschaftlich-historische" Jesus-Bilder wie es Autoren gibt, die es unternommen haben ein solches zu zeichnen. Sie unterscheiden sich alle und sagen meist mehr über den Autor, als über Jesus aus.
Und dann gibt es noch das Jesus-Bild, das die Bibel zeichnet, wenn man sie nicht verfälscht und das Meiste aus ideologischen Gründen einfach wegschneidet. Und dieses Bild hat Kraft und hat die Jahrtausende überdauert und hat heute noch Milliarden Anhänger und nichts davon konnte widerlegt werden.
Der Fehler der frühen Jesusforschung war, dass sie Jesus als Projektionsfläche für ihre eigenen Ethikvorstellungen benutzt haben. (Was Gläubige noch bis heute tun, siehe Jesus, der Vegetarier). Albert Schweitzer hat dies erkannt und abgestellt. Heute gibt es in der historischen Jesusforschung doch eine weitaus homogeneres Bild, vor allem ist man sich darüber einig, dass der Jude Jesus sehr viel stärker in seinem jüdischen Glaubenskontext gesehen werden muss.

"Der Jesus von Nazareth, der als Messias auftrat, die Sittlichkeit des Gottesreiches verkündete, das Himmelreich auf Erden gründete und starb, um seinem Werke die Weihe zu geben, hat nie existiert. Es ist eine Gestalt, die vom Rationalismus entworfen, vom Liberalismus belebt und von der modernen Theologie in ein geschichtliches Gewand gekleidet wurde".
(Albert Schweitzer, dt. Theologe, Mediziner & Philosoph, 1875-1965)
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
George Orwell

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sven23
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#522 Re: Alles Teufelszeug? VII

Beitrag von sven23 » So 8. Okt 2017, 10:35

Roland hat geschrieben: Keine einzige Stelle klammere ich aus, sie SIND eben (wie gesagt) nicht pauschal judenfeindlich sondern entspringen situationsbedingten Diskussionen mit denjenigen Juden, die damals den neuen Glauben ablehnten. Dass solche Stellen dann aus dem historischen Kontext gerissen wurden und diejenigen Stellen, die sich klar GEGEN eine pauschale Judenfeindlichkeit wenden, ignoriert wurden, liegt nicht am NT.
Natürlich ist es schon im NT begründet und die frühen Kirchenväter leiten ihren Vorwurf der jüdischen Gottesmörder aus den Evangelien ab.

"Sein Blut komme über uns und unsere Kinder. (Mt 27,25)
Der Antisemitismus und Antijudaismus ist nicht denkbar ohne das Neue Testament und
vor allem ohne den eben zitierten Satz. Wie auch die beiden vorigen Zitate sind es
übrigens reine Erfindungen der Evangelisten, unhistorische Faseleien mit blutigen
Konsequenzen. Jede Pogromstimmung konnte sich im Neuen Testament munitionieren,
die Juden waren die Feinde, „die sowohl den Herrn Jesus als auch die Propheten getötet
und uns verfolgt haben und Gott nicht gefallen und allen Menschen feindlich sind“ (1.
Thess 2,15). Sie sind „Söhne des Teufels“ (Joh 8,44). „Denn es gibt viele Ungehorsame,
Schwätzer und Schwindler, besonders unter denen, die aus dem Judentum kommen.
Diese Menschen muß man zum Schweigen bringen […].“ (Tit 1,10–11a) Über
Jahrhunderte hat die Bibel mit solchen Unworten Handlangerdienste für die christlichen
Mörder und Verfolger verrichtet. Sie hat die Flamme am Brennen gehalten, ohne
christlichen Antijudaismus kein völkischer Antisemitismus. Hitler konnte in Mein Kampf
(1925) formulieren: „So glaube ich heute im Sinne des allmächtigen Schöpfers zu
handeln: Indem ich mich des Juden erwehre, kämpfe ich für das Werk des Herrn.“"

Kubitza, Der Jesuswahn


Roland hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben: Zu einer ehrlichen Betrachtung gehören alle Textbefunde, und da siehts nun mal düster aus.
Quintus fixlein hat einen Buchtip für dich.
https://www.amazon.de/Von-Golgatha-nach ... ZPHA7QEXH8
(natürlich alles gelogen und das Werk von Verschwörungstheoretikern)
Auch hier wird wohl weniger mit der Bibel selbst, als mit denjenigen argumentiert, die die Bibel für ihre Judenfeindlichkeit missbraucht haben.
Man kann die Bibel übrigens nicht nur zum Judenhass sondern genauso auch zum Befürworten des Brudermordes missbrauchen:
…da erhob sich Kain gegen seinen Bruder Abel und erschlug ihn. (1. Mose 4, 8) …So gehe hin und tue desgleichen! (Lk. 10, 37)
Das wäre eine unwissenschaftliche und unzulässige Verbindung unterschiedlichster Traditionen und Epochen.
Aber es wird dich sicher nicht überraschen, dass auch dies von Gläubigen praktiziert wird. So will Ratzinger aus einem Textschnipsel des AT (heilig, heilig, heilig) allen Ernstes daraus einen Vorgriff auf die Trinität ableiten, und wundert sich dann, wenn er von wissenschaftlichen Exegeten nicht mehr ernst genommen wird.
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
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#523 Re: Alles Teufelszeug? VII

Beitrag von Pluto » So 8. Okt 2017, 13:57

sven23 hat geschrieben:Das wäre eine unwissenschaftliche und unzulässige Verbindung unterschiedlichster Traditionen und Epochen.
Nicht "wäre", sondern "ist"!
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

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#524 Re: Alles Teufelszeug? VII

Beitrag von closs » So 8. Okt 2017, 16:08

JackSparrow hat geschrieben:Wenn du deine Vorstellungen über die Sonne veränderst und die Sonne sich dadurch nicht ebenfalls verändert, dann hast du vollkommen unrecht.
Korrekt - aber Du wirst nie wissen, ob sich die Sonne verändert oder Deine Vorstellung davon.

JackSparrow hat geschrieben:Wenn die Welt eine Vorstellung deiner Res cogitans ist, dann existiert weder ein Gehirn noch eine Sonne noch deine Ehefrau, sondern du existierst als körperloser Solipsist völlig allein im Universum.
Prinzipiell richtig - wobei Du nicht wissen kannst, ob es Millionen anderen nicht genauso geht.

Und immer wieder das Lasso: Descartes glaubt NICHT, dass es nur die Res cogitans gibt. Aber er ist aufgeklärt genug, um zu erkennen, dass der Mensch aus eigener Wahrnehmung (incl. Wissenschaft) diese beiden Fällen nicht unterscheiden kann. - Er sieht also aufgeklärterweise, dass er glauben MUSS, welche der beiden Versionen die richtige ist. - Nur darum geht es.

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#525 Re: Alles Teufelszeug? VII

Beitrag von Pluto » So 8. Okt 2017, 16:11

closs hat geschrieben:Und immer wieder das Lasso: Descartes glaubt NICHT, dass es nur die Res cogitans gibt. Aber er ist aufgeklärt genug, um zu erkennen, dass der Mensch aus eigener Wahrnehmung (incl. Wissenschaft) diese beiden Fällen nicht unterscheiden kann. - Er sieht also aufgeklärterweise, dass er glauben MUSS, welche der beiden Versionen die richtige ist. - Nur darum geht es.
Doch Descartes hat sich geirrt, denn eigentlich heißt es nicht "Ich denke, also bin ich", sondern es muss heißen "Ich fühle, also bin ich". Ich hoffe du merkst den fatalen Fehler den du begehst.
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

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#526 Re: Alles Teufelszeug? VII

Beitrag von closs » So 8. Okt 2017, 16:23

Münek hat geschrieben:
closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Aus wessen Sicht gibt es dann einen Unterschied?
Aus niemands Sicht.
Dann frage ich mal anders. Gibt es einen Unterschied zwischen der Welt als Entität und der Welt der Ich-Vorstellung? Wenn es KEINEN Unterschied gibt, sie also unterschiedslos und somit identisch sind, weshalb bestünde dann überhaupt die Notwendigkeit, sich zwischen eine der beiden Welten zu entscheiden?
Für die WAHRNEHMUNG Deines Ich ist es kein Unterschied - ontologisch (also "das, was wirklich ist" - JENSEITS unseres Wahrnehmungs-Vermögens) ist es selbstverständlich ein Unterschied.

Jemandem, der nicht philosophisch/theologisch denkt und somit keine falschen Schlüsse zu Mensch, Welt, Bibel, Geist, etc. ziehen kann, würde ich sagen: "Ist dasselbe". - Wer die Bibel verstehen will und Transzendenz verstehen will, etc., kommt allerdings um descartsche Erkenntnisse als Grundlage nicht rum - wenn er "redlich" :angel: bleiben will.

Münek hat geschrieben:
closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Du hältst es tatsächlich für möglich, dass unsere funktionierende Welt/das Universum lediglich das Produkt MEINER Vorstellung sein könnte?
Persönlich GLAUBE ich, dass es nicht so ist - WÄRE es so, könnten wir es nicht unterscheiden.
Du weichst aus. Das war nicht meine Frage.
Was soll ich Dir antworten? - Nachdem ich es nicht wissen KANN (weil es niemand wissen kann, MUSS ich es redlicherweise für möglich halten. - Aber ich GLAUBE es eben nicht.

Münek hat geschrieben:Meine Frage war, ob es überhaupt denkbar/möglich sein könnte, dass die funktionierende, unendlich komplexe Welt das Vorstellungsprodukt eines Menschen sein könnte.
Nicht "des Menschen", sondern "des Geistes". - Ja - natürlich geht das. - Wenn Materie/Natur/"Welt" aus dem Geist ist, kann es der Geist auch denken.

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben: Und weitergefragt: Wenn die Welt das Produkt seiner schöpferischen Vorstellungskraft wäre, müsste es doch für diesen Menschen ein Leichtes sein, diese Welt nach seinen Vorstellungen und Wünschen beliebig zu verändern? [/b]
Warum das?
Weil er der gedankliche Schöpfer dieser seiner Welt und deshalb dazu fähig wäre.Denkfehler: WENN es so wäre, wären doch die Veränderungen, die es gibt, seine Veränderungen.

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Descartes entscheidet überhaupt NICHTS, weil es hier NICHTS zu entscheiden gibt. Die Existenz der Welt ist nicht abhängig davon, ob sich ein ICH für oder gegen diese Existenz entscheidet.
Siehst Du: DAS ist ein klassischer Glaubensentscheid von Dir - wie gemalt.
So hättest Du es gerne. Nee nee, mein Lieber. Meine sachlich-logische Schlussfolgerung hat mit einem Glaubensentscheid soviel zu tun wie die Kuh mit Sonntag.Das meinst Du, aber Du irrst Dich. - Solange Du die Erkenntnis von Descartes nicht bis in die Tiefe aufnimmst, wirst Du zwischen einer "objektiven" und einer "Glaubens-" Welt unterscheiden - genau der unaufgeklärte Schritt materialistischer Weltanschauungen in den Anthropozentrismus.

Münek hat geschrieben:Die Existenz schert sich nicht darum, ob einer an sie glaubt oder nicht.
Absolut richtig. - Aber wie willst Du vor dem Hintergrund "objektive Existenz" und "Glaube" mit eigener Wahrnehmung/Wissenschaft unterscheiden?

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#527 Re: Alles Teufelszeug? VII

Beitrag von sven23 » So 8. Okt 2017, 16:30

closs hat geschrieben:
JackSparrow hat geschrieben:Wenn du deine Vorstellungen über die Sonne veränderst und die Sonne sich dadurch nicht ebenfalls verändert, dann hast du vollkommen unrecht.
Korrekt - aber Du wirst nie wissen, ob sich die Sonne verändert oder Deine Vorstellung davon.
Eigentlich wissen wir das sehr gut. Auch wenn closs mit jeder Faser seines Körpers glaubt, dass sich die Sonne um die Erde dreht, tut sie es dennoch nicht. :lol:
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#528 Re: Alles Teufelszeug? VII

Beitrag von closs » So 8. Okt 2017, 16:32

Münek hat geschrieben:
closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben: Die Nichtberücksichtigung göttlicher Existenz in der wissenschaftlichen Exegese stellt doch keine Kompetenzüberschreitung dar. Bin ich hier im falschen Film?
Du bist in DEINEM falschen Film. - Natürlich ist diese Nichtberücksichtigung keine Kompetenzüberschreitung (welch ein Unsinn).
Oha - jetzt auf einmal nicht mehr. :o Als ich vor einer Woche feststellte, dass von Ratzinger und Berger NIE der Vorwurf erhoben
wurde, die HKM habe in Einzelfällen ihre Kompetenzen überschritten, kam von Dir die Antwort: ...
Du verstehst nicht. - Die Kompetenz-Überschreitung besteht darin, dass die HKM (in einigen ihrer Vertreter) "methodische Ergebnisse" als Fakten ("das, was wirklich war") darstellt, obwohl "das, was wirklich war" aus anderen Argumentarien heraus extrem anders gewesen sein kann.

Niemand erwartet, dass die HKM ihre methodischen Grenzen überschreitet. - Diesbezüglich macht Ratzinger wirklich einen Fehler, wenn er von der HKM fordert, "sich zum Geistigen hin zu öffnen". - Aber derselbe Fehler findet umgekehrt seitens der HKM statt, wenn sie geistig-relevante Fragen auf HKM-Basis interpretiert und als Quasi-Faktum ("Jesus hatte eine Naherwartung") darstellt - DAS ist die Kompetenzüberschreitung.

Wenn man so will:
Ratzinger hat gesehen, dass die materialistisch interpretierende HKM ihre Grenzen überschreitet, und dann gesagt: "Was Ihr könnt, kann ich auch".

Damit es also klar ist:
Das beste wäre, wenn die HKM bei ihren Leisten bleibt und lediglich Sachergebnisse abliefert, selbst also nicht interpretiert - um eben Kompetenzüberschreitungen zu vermeiden, die ihr den Vorwurf des "Antichrist" einbringen.

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#529 Re: Alles Teufelszeug? VII

Beitrag von closs » So 8. Okt 2017, 16:37

Pluto hat geschrieben:Doch Descartes hat sich geirrt, denn eigentlich heißt es nicht "Ich denke, also bin ich", sondern es muss heißen "Ich fühle, also bin ich". Ich hoffe du merkst den fatalen Fehler den du begehst.
Aber das sagt doch Descartes nicht! - Descartes sagt dasselbe wie Augustinus ein Jahrtausend zuvor, weil er denselben Gedanken zu Ende denkt - das hat nichts mit "Gefühl" zu tun.

sven23 hat geschrieben:Eigentlich wissen wir das sehr gut.
Nein - prinzipiell NEIN. - Wir wissen es nur aufgrund unseres (hier: gemeinsamen) Glaubens, dass es die Res extensae gibt. - Und DANN und erst dann kann man zwischen naturalistischer Realität und menschlicher Vorstellung unterscheiden.

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#530 Re: Alles Teufelszeug? VII

Beitrag von sven23 » So 8. Okt 2017, 16:39

closs hat geschrieben:Aber derselbe Fehler findet umgekehrt seitens der HKM statt, wenn sie geistig-relevante Fragen auf HKM-Basis interpretiert und als Quasi-Faktum ("Jesus hatte eine Naherwartung") darstellt - DAS ist die Kompetenzüberschreitung.
Nein, definitiv nicht. Die Glaubenswelt des jüdischen Wanderpredigers ist ein zentraler Punkt des neuen Testaments und kann von der Forschung nicht ignoriert werden.
Es ist völlig absurd, einem Theißen oder der Forschung generell Kompetenzüberschreitung vorzuwerfen, nur weil die Ergebnisse nicht zur Glaubensideologie passen.
Das ist aber das prinzipielle "Risiko" einer ergebnisoffenen Forschung.
Zuletzt geändert von sven23 am So 8. Okt 2017, 16:43, insgesamt 1-mal geändert.
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