Von einer Jungfrau geboren?

JackSparrow
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#481 Re: Von einer Jungfrau geboren?

Beitrag von JackSparrow » Fr 22. Jan 2016, 23:08

Novalis hat geschrieben: Schaue einen Baum, eine Blume, eine Pflanze. Richte deine ganze Aufmerksamkeit darauf. Wie still sind sie, wie tief verwurzelt mit dem Sein.
Die sind nicht stiller als beispielsweise ein Hydrant oder eine Straßenlaterne. Auch sind Bäume nicht mit einem "Sein" verwurzelt, sondern mit dem Erdboden. Da dies auch Herrn Tolle klar sein müsste, vermute ich, dass er sich absichtlich solcher unverständlichen religiösen Metaphern bedient, weil es ihm persönliche Befriedigung verschafft, von seinem Kundenkreis für einen [d]abgehobenen[/d] erleuchteten spirituellen Meister gehalten zu werden.

Wenn du einen Baum anschaust und seine Stille wahrnimmst, wirst du selbst still.
Still wird man, wenn man wenig Stresshormone wie Cortisol oder Adrenalin im Blut hat. Dies kann sehr nützlich sein, wenn man beispielsweise gerade zuhause im Bett liegt, oder auch sehr schädlich, wenn man beispielsweise gerade von einem bissigen Kojoten verfolgt wird.

Du verbindest dich mit ihm auf einer sehr tiefen Ebene.
Ich bezweifle auf einer sehr tiefen Ebene, dass Tolle sich jemals in irgendeiner Weise mit einem Baum verbunden hat.

Diese Einheit deines Selbst mit allen Dingen zu spüren, das ist wahre Liebe.
Zum Beispiel mit der Salatschüssel oder mit der Toilettenbürste.

wie Zen von Anfang an den Kriegergeist der Samurai gestärkt habe
Einerseits den Faschismus zu kritisieren und andererseits den Kriegergeist der Samurai zu loben, erscheint mir durchaus etwas ambivalent.

Novas
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#482 Re: Von einer Jungfrau geboren?

Beitrag von Novas » Fr 22. Jan 2016, 23:20

Savonlinna hat geschrieben: Und wenn ein kollektiver Glaube an einen Gott bestimmte Realitäten schafft, dann ist dieser Gott in die Existenz gehoben.
…
Es kommt einfach nicht auf den Begriff an, also, wie man das Wirksame benennt. Wichtig ist nur, dass das, was einem hilft - ob es wirklich "eigene" Kräfte sind oder nicht, kann ohnehin keiner untersuchen - tatsächlich eine geistige Existenz bekommen hat, dadurch, dass sie wirklich wirksam ist.

Das hast Du sehr gut gesagt. Religion kann man sich wie ein Heilmittel denken, das ist - vom Menschen her gesehen - eine wesentliche Funktion. Jeder sollte deshalb das Recht haben, in der Form zu glauben, die dem Einzelwesen hilft ein wahrhaft menschlich würdiges Leben zu leben, ihm eine sinnvolle Richtung zu geben und mit Ängsten fertig zu werden.
Dazu gibt es die Sprache der Bilder, wie das Bild der Auferstehung und Himmelfahrt Jesu. Da wird uns etwas mitgeteilt, was sich nur in diesem Bild sagen lässt und keine noch so gelehrte Rationalität kann das ersetzen.

Der ganze christliche Glaube spricht in Bildern, die sich nicht beweisen lassen. Das ist aber auch gar nicht ihre Funktion. Wo hat Rilke je seine Duineser Elegien oder Sonette von Orpheus bewiesen? Wer so fragt, versteht Dichtung nicht und deshalb auch nicht die Bedeutung von Religion.

closs
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#483 Re: Von einer Jungfrau geboren?

Beitrag von closs » Sa 23. Jan 2016, 01:12

Thaddäus hat geschrieben: du willst vermutlich darauf hinaus, dass Essenz eben keine oder nicht nur eine Wahrnehmungsgröße ist, sondern (auch) eine geistige Entität.
Nee - das war wirklich eine Verständnisfrage.

Thaddäus hat geschrieben: Es ist also die Antwort auf die Frage: Was ist diese Sache?
Wir dieses "ist" ausschließlich aus Sicht des Menschen verstanden oder meint man damit auch eine geistige Entität? - Wie ich Dich verstehe, nein.


Thaddäus hat geschrieben:Die Essenz eines Tisches z.B. besteht also nicht darin, aus was er besteht (das Material) und welche genaue Form oder Farbe er hat (das sind sekundäre Eigenschaften, in klassischer Terminologie so genannte Akzidentien). Ein Tisch wird zum Tisch durch ganz bestimmte Eigenschaften, die man ihm nicht absprechen kann, ohne das er aufhört ein Tisch zu sein.
Das ist nachvollziehbar, klingt aber immer noch wahrnehmungs-bezogen.

Thaddäus hat geschrieben:Da die Essenz von etwas lediglich seine proprietären, also wesentlichen Eigenschaften sind, muss sie aber keine eigenständige geistige Entität sein, also so etwas wie eine platonische Idee.
Auch nachvollziehbar.

Thaddäus hat geschrieben: Das heißt, wenn dass, worauf sich ein Name oder eine Aussage bezieht, in allen möglichen Welten dasselbe ist, dann kann man von notwendiger Wahrheit sprechen.
Ich verstehe daraus, dass diese "alle möglichen Welten" undefiniert bleiben, außer dass sie möglich sind, egal ob wir es checken ode3r nicht - richtig?

closs
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#484 Re: Von einer Jungfrau geboren?

Beitrag von closs » Sa 23. Jan 2016, 01:14

Münek hat geschrieben:Völlige Zustimmung. Auch ich könnte keiner dieser Aussagen zustimmen. :thumbup:
Wenn man eine Frage stellt, die man mit Ja oder Nein oder Ichweissnicht antworten kann, könntest Du keiner dieser Antworten zustimmen. - Welche Antworten gibt es aus Deiner Sicht sonst noch?

closs
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#485 Re: Von einer Jungfrau geboren?

Beitrag von closs » Sa 23. Jan 2016, 01:24

SilverBullet hat geschrieben:Und wo soll das Ziel liegen – in der Nicht-Materiellen-Welt?
WENN es Gott gibt, ja.

SilverBullet hat geschrieben: Du nennst es „Ziel“, wenn Überlegungen aufgestellt werden, durch die die Suche immer noch am Anfang steht?
Ja - das Ziel ist ja ausreichend definierbar.

SilverBullet hat geschrieben: Wenn man sich die Rituale, die Schriften, die Interpretationen der Religionen und das Verhalten der Gläubigen ansieht, dann wird eindeutig so getan, als läge ein Ergebnis vor.
Ein geglaubtes Ergebnis, das gut begründbar, aber nicht intersubjektiv vermittelbar ist. - Es ist KEIN Wissen.

SilverBullet hat geschrieben:Verhält man sich so, wenn man nur auf der Suche ist?
Du musst Botschaft und Boten unterscheiden. - Die Botschaft ist immer mehr oder weniger kontaminiert durch deren Botschafter.

SilverBullet hat geschrieben:Nein, nicht die Konkretisierung ist die Suggestion, sondern der Aufbau des Wunsches nach Erfüllung, so dass das Ergebnis am Anfang der „Suche“ (die man dann nicht mehr durchführt) steht.
Das ist falsch. - Bei mir war es ganz sicher umgekehrt - ich habe mich erst der Bibel gewidmet, NACHDEM ich geistig am Ende meiner Möglichkeiten war - und habe zu meiner Überraschung gemerkt, dass die Bibel auf dasselbe rausläuft.

SilverBullet hat geschrieben: Woher kommt dein Wunsch?
Ein geistiger Instinkt (den potentiell jeder Mensch hat), der nach einem Ergebnis sucht - und sogar findet, wenn man entsprechende Schriften studiert. - Immer wieder: Die meisten echt intensiven Christen spüren es einfach und "wissen" es aus purer persönlicher Erfahrung - ohne jegliche philosophische Scharmützel.

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#486 Re: Von einer Jungfrau geboren?

Beitrag von Novas » Sa 23. Jan 2016, 05:33

Savonlinna hat geschrieben:ich hatte einen guten Freund, der katholischer Theologiestudent war und später hauptberuflich in Klösterm ZEN-Kurse gab.
Die katholische Kirche scheint da keine Berührungsängste zu haben.

Als Studenten hatten wir uns hunderte von Stunden unterhalten, und durch ihn lernte ich die Möglichkeit der Weitherzigkeit der katholischen Kirche kennen. Er erklärte mir damals schon sowas Ähnliches wie die Begrifflosigkeit - quasi im Rahmen der katholischen Kirche -, obwohl ZEN da noch kein Thema für ihn war.

Er ist mir zu früh gestorben. http://www.reinhard-manner.de/rm.html

Mit ZEN habe ich mich eine Weile beschäftigt, das alles dann aber "losgelassen". :)
Aber ich stelle fest, dass die Gefährlichkeit oder zumindest Unangemessenheit von Begriffen tief in mir Wurzeln geschlagen hat.

Das waren bestimmt viele sinnreiche und berührende Gespräche. Mich persönlich prägen vorallem die christliche Mystik und Zen, sie gehen für mich fließend ineinander über.
Wenn Du sagst, dass Du "Zen" losgelassen hast, dann ist das ein gutes Zeichen. Denn das ist genau der Anfängergeist. :) Das finde ích nur konsequent, da auch Zen instrumentalisiert werden kann; es gibt diesen menschlichen Makel, den "Schatten" der den Weg unsrer Selbstwerdung begleitet.

Man kann ihm nicht ausweichen und abwimmeln, aber man kann ihm mit einem weiten und tapferen Herzen begegnen. Vielleicht gehört die "Unvollkommenheit" zur Vollkommenheit Gottes, die wir zu erfahren haben, um die Ganzheit des Lebens zu sehen?

Ich erinnere gerne an die Zeilen des englischen Lyrikers T. S. Eliot:


"Wir werden nicht aufhören zu forschen,
und am Ende all unserer Forschungen
werden wir wieder da stehen, wo wir anfingen
und wir werden den Ort zum ersten Mal sehen."

und wir werden jene wieder sehen, mit denen uns das Band der Liebe verbindet, so glaube ich.

Oder mit Friedrich Schiller:

Wo Du auch wandelst im Raum,
Es knüpft dein Zenith und Nadir
an den Himmel dich an,
Dich an die Achse der Welt

Das ist im Grunde alles im christlichen Glaubensbekenntnis chiffriert, denn das "Begraben", der Abstieg in den Schoß der Erde - oder "Herz der Erde" (Mt 12, 40) - wird mit der Auferweckung, der "Himmelfahrt" beantwortet.

Es ist kein Zufall, dass das Glaubensbekenntnis nichts davon auf Jesus begrenzt, noch Bedingungen formuliert, die irgend jemanden ausschließt; es ist eine universelle Botschaft.
Zuletzt geändert von Novas am Sa 23. Jan 2016, 07:48, insgesamt 1-mal geändert.

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#487 Re: Von einer Jungfrau geboren?

Beitrag von sven23 » Sa 23. Jan 2016, 07:06

JackSparrow hat geschrieben:
Novalis hat geschrieben: Diese Einheit deines Selbst mit allen Dingen zu spüren, das ist wahre Liebe.
Zum Beispiel mit der Salatschüssel oder mit der Toilettenbürste.
:lol:


JackSparrow hat geschrieben:
Novalis hat geschrieben: wie Zen von Anfang an den Kriegergeist der Samurai gestärkt habe
Einerseits den Faschismus zu kritisieren und andererseits den Kriegergeist der Samurai zu loben, erscheint mir durchaus etwas ambivalent.
Ja, das habe ich Novalis auch schon gesagt, aber der "Krieger des Lichts" hat nun mal einen Faible für Schwertkämpfe. ;)
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
George Orwell

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#488 Re: Von einer Jungfrau geboren?

Beitrag von Novas » Sa 23. Jan 2016, 07:30

sven23 hat geschrieben:
JackSparrow hat geschrieben:
Novalis hat geschrieben: wie Zen von Anfang an den Kriegergeist der Samurai gestärkt habe
Einerseits den Faschismus zu kritisieren und andererseits den Kriegergeist der Samurai zu loben, erscheint mir durchaus etwas ambivalent.
Ja, das habe ich Novalis auch schon gesagt, aber der "Krieger des Lichts" hat nun mal einen Faible für Schwertkämpfe. ;)

Genau, ich bin ein Krieger des Lichts, wie es in jedem Mann steckt, sobald er ein Liebender wird. Auch in Dir steckt das!


The night is nearly over; the day is almost here. So let us put aside the deeds of darkness and put on the armor of light. Romans 12:13

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#489 Re: Von einer Jungfrau geboren?

Beitrag von sven23 » Sa 23. Jan 2016, 07:38

Novalis hat geschrieben: Genau, ich bin ein Krieger des Lichts, ...
So wie hier?
https://de.wikipedia.org/wiki/Krieger_des_Lichts
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
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#490 Re: Von einer Jungfrau geboren?

Beitrag von Novas » Sa 23. Jan 2016, 08:02

So wie die hier:

Als Weiße Rose benannte sich eine in ihrem Kern von Studenten dominierte, sich wesentlich auf christliche und humanistische Werte aus der Tradition der bündischen Jugend berufende deutsche Widerstandsgruppe gegen die Diktatur des Nationalsozialismus.
https://de.wikipedia.org/wiki/Wei%C3%9Fe_Rose

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