Alles Teufelszeug? II

closs
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#21 Re: Alles Teufelszeug?

Beitrag von closs » Do 10. Mär 2016, 11:55

Savonlinna hat geschrieben:Woher es kommt, dass wir in diesen Bildern träumen, ist interessant, aber nicht durch Spekulation ergründbar.
Was die Verbindung von "Traum" und "Urbild" angeht, wie man es anders ergründen sollte als durch "Spekulation" (in meinem Verständnis). - Wissenschaftlich wird man es ist nicht können, da "Urbild" selber eine "Spekulation", also eine geistige, wie ich meine gut begründete, "Spekulation" ist.

Savonlinna hat geschrieben:Nach meinem Dafürhalten gehen wir Menschen durch die Gegend, und unser stets uns begleitendes Unterbewusstes übersetzt alles und jeses automatisch ins Mythische.
Klingt plausibel - und bedient sich DER Chiffren, die epochen-mäßig gerade zur Verfügung stehen.

Savonlinna hat geschrieben:Ich halte es also für hochwahrscheinlich, dass eine Schicht in uns grundsätzlich alles mythisch wahrnimmt.
Ohne zu diskutieren, was genau Du mit "mythisch" meinst:
Der Spur nach würde ich zustimmen - damit begründet, dass der menschliche Urgrund als transzendenz-fähiges Wesen immer derselbe bleiben wird. - Notabene: Diesen Urgrund wird man nie in Computer transplantieren können - das ist der große Irrtum mancher im Bereich der künstlichen Intelligenz.

SilverBullet
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#22 Re: Alles Teufelszeug?

Beitrag von SilverBullet » Do 10. Mär 2016, 12:57

closs hat geschrieben:
SilverBullet hat geschrieben: ich beobachte hier meine Wahrnehmungsvorgänge, das ist nichts anderes als das Bewusstsein über die eigenen Mentalvorgänge.
Ein daran interessierter Gott-Gläubige kann dies porblemlos auf seine Got-Wahrnehmung übertragen.
Selbstverständlich kein auch ein „Gott“-Gläubiger sich selbst in gleicher Weise beobachten.

Aber das Feststellen von Wirklichkeit in Form eines phänomenalen Erlebens ist für ihn in Bezug auf „Gott“(?) nicht möglich, denn ansonsten könnte er beschreiben, wie er eine Interaktion durchführt und wodurch er eine Wahrnehmungsunabhängigkeit erkennt.

Fehlanzeige.

Stattdessen hat man für den „Gott-Glauben“ das lustige Prinzip der „Unterscheidung der Geister“ erfunden, um explizit das Problem des fehlenden Kontaktes zu vertuschen.

closs hat geschrieben:
SilverBullet hat geschrieben:Wenn jemand, so wie du, behauptet, es gäbe einen „Kontakt zu Gott“, für den die Wahrnehmungsunabhängigkeit festgestellt werden kann, dann sollte man schon liefern können, wie das denn ablaufen bzw. festgestellt werden soll.
Wie es methodisch zu Deiner Zufriedenheit umgesetzt werden kann, weiss ich nicht. - Ich kann Dir nur sagen, dass es in der Wirklichkeit funktioniert.
Sagen kannst du es zwar, aber stimmen wird es nicht, denn du kannst keinerlei Details liefern (es geht aktuell noch gar nicht darum, ob ich damit „zufrieden“ sein kann).
Dazu kommt, dass sich die wahren „Geistexperten“ in Indien über die Erfindung der Wiedergeburt suggerieren müssen, dass das aktuelle Nicht-Erreichen von Ergebnissen mit „extrem langen Übungszeiten“ erklärbar sei. Wenn diese Leute keine „Inhalte“ erreichen, dann kann es sich bei den Aussagen von „Gott-Gläubigen“ nur um Wunschvorstellungen handeln.

closs hat geschrieben:
SilverBullet hat geschrieben:Wer war denn im Mittelalter sehr mächtig?
Hier lautet die Frage, ob die Menschen damals spirituell wahrgenommen haben - wenn ja, dann sicherlich nicht in Abhängigkeit von Herrschern.
Ich vermute, angesichts der „lustigen Konsequenzen“, die einem „alternativen Denker“ damals drohten, wurde sehr viel Theater gespielt.

closs hat geschrieben:
SilverBullet hat geschrieben:wie ich schon mehrmals geschrieben habe, bedeutet „bautechnisch“ je nach Weltbild z.B. „evolutionsbedingt“ oder „erschaffen“.
Haja - und offensichtlich ist es bautechnisch vorgesehen, dass Menschen Gott im Dasein subjektiv erkennen können.
Willst du jetzt behaupten, dass es einen direkten Kontakt gibt?
Ich denke, dass daraus nur wieder die „Unterscheidung der Geister“, also „Trick 17 mit Selbstüberlistung“ kommen kann.

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Savonlinna
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#23 Re: Alles Teufelszeug?

Beitrag von Savonlinna » Do 10. Mär 2016, 12:59

closs hat geschrieben:
Savonlinna hat geschrieben:Nach meinem Dafürhalten gehen wir Menschen durch die Gegend, und unser stets uns begleitendes Unterbewusstes übersetzt alles und jeses automatisch ins Mythische.
Klingt plausibel - und bedient sich DER Chiffren, die epochen-mäßig gerade zur Verfügung stehen.
Vermutlich, ja.
Ebenfalls zentral scheint mir zu sein, dass das Unterbewusstsein schöpferisch ist. Es macht Entwürfe, es ist ja nie - nach Jung - losgelöst vom Bewusstein.
Es entwirft fortwährend Lösungsmöglichkeiten. Es enthält - ebenfalls nach Jung - auch nicht "die" Wahrheit, sondern gleicht das Bewusstsein aus. Und umgekehrt. Das Bewusstsein ist ebenfalls unentwegt schöpferisch tätig, und es balanciert ebenfalls das Unterbewusstsein aus.

Das heißt: beide arbeiten zusammen. Was der eine nicht packt, übernimmt der andere. Das ist eine der zentralen Aussagen C.G.Jungs.
Und das hat er in seiner Praxis herausgefunden.

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#24 Re: Alles Teufelszeug?

Beitrag von closs » Do 10. Mär 2016, 14:05

SilverBullet hat geschrieben:Aber das Feststellen von Wirklichkeit in Form eines phänomenalen Erlebens ist für ihn in Bezug auf „Gott“(?) nicht möglich, denn ansonsten könnte er beschreiben, wie er eine Interaktion durchführt und wodurch er eine Wahrnehmungsunabhängigkeit erkennt.
Du machst aus meiner Sicht einen typisch anthropozentrischen Fehler: Du meinst, dass Realität nur dann Realität sein kann, wenn sie methodisch beschreibbar ist. - Im übrigen: Hermeneutisch ist sie ja beschreibbar, aber - nach dem Wesen der H. - immer unzulänglich.

SilverBullet hat geschrieben:Sagen kannst du es zwar, aber stimmen wird es nicht, denn du kannst keinerlei Details liefern
q.e.d.

SilverBullet hat geschrieben:Willst du jetzt behaupten, dass es einen direkten Kontakt gibt?
Es gibt einen direkten Kontakt zu etwas, was nicht Teil des Ichs ist. - Ob man dies "Gott" oder "Geist" nennen will, ist dabei aus meiner Sicht irrelevant.

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#25 Re: Alles Teufelszeug?

Beitrag von closs » Do 10. Mär 2016, 14:09

Savonlinna hat geschrieben:Das heißt: beide arbeiten zusammen. Was der eine nicht packt, übernimmt der andere. Das ist eine der zentralen Aussagen C.G.Jungs.
Das ist nachvollziehbar.

Ob Jung auch eine transzendente Komponente expressis verbis einführt, weiss ich nicht (vielleicht weiss Du es). - Unabhängig davon: Ich glaube, dass das, was Du hier "operativ" beschreibst, eine transzendente Wurzel hat.

Anders gesagt: Wenn Jung davon spricht, dass ein Genie in der Zeit das, was über der Zeit ist, zum Ausdruck bringt, muss man widerspruchsfrei erklären können, was über der Zeit ist und gleichzeitig NICHT Gott ist. - Insofern muss Gott nicht thematisiert sein, um trotzdem "da" zu sein.

Mir geht es immer erst um die Wurzeln, bevor es ins "Operative" geht - beim "Operativen" kannst Du mich schnell überzeugen.

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#26 Re: Alles Teufelszeug?

Beitrag von Savonlinna » Do 10. Mär 2016, 14:33

closs hat geschrieben: Ob Jung auch eine transzendente Komponente expressis verbis einführt, weiss ich nicht (vielleicht weiss Du es). - Unabhängig davon: Ich glaube, dass das, was Du hier "operativ" beschreibst, eine transzendente Wurzel hat.
Das Verkopfte hat sich für mich als uninteressant herausgestellt. Es hat mir geschadet, und ich habe es - mühsam, und über fast dreißig Jahre - wegschaufeln können.
Mein Zugang "zu dem, was not tut", liegt nicht (mehr) im theoretischen Überbau.

closs hat geschrieben:Mir geht es immer erst um die Wurzeln, bevor es ins "Operative" geht - beim "Operativen" kannst Du mich schnell überzeugen.
Ich verstehe nicht einmal den Unterschied zwischen Deinen beiden Vorstellungen. Er wird mir beim Sterben auch nicht helfen.
Ich bin an der Wurzel. Ich rede aus der Wurzel heraus, selbst wenn es schwer bis schier unmöglich ist, das ins Künstlerische zu bekommen.

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Thaddäus
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#27 Re: Alles Teufelszeug?

Beitrag von Thaddäus » Do 10. Mär 2016, 14:35

Savonlinna hat geschrieben: C.G.Jung hat diese Archetypen in den Träumen seiner Patienten entdeckt.
Er hat erst danach die Struktur dieser Archetypen in den alten Mythen wiedergefunden. Er hat darüber dickleibige Bücher geschrieben, die ich vor Jahrzehnten sehr genau durchgelesen habe.

Woher es kommt, dass wir in diesen Bildern träumen, ist interessant, aber nicht durch Spekulation ergründbar.
Inzwischen ist aufzeigbar, dass auch neue Mythen geträumt werden, also solche, die unsere Kultur neu geschaffen hat und vom Unterbewusstsein offenbar als "mythisch tauglich" befunden wurde. :D
Ja, Jung stellte bei der Arbeit mit seinen Klienten fest, dass diese oftmals von gleichen oder sehr ähnlichen Bilder sprachen, wenn sie von ihren Träumen berichteten - und zwar kultur- und nationalitätsübergreifend. So kam er auf den Begriff "Archetypus" (hä archä = anfänglich; Anfang).
Allerdings gibt es hier Einiges zu beachten.
Archetypen gibt es nicht, WEIL wir das und das träumen, sondern wir träumen manchmal in archetypischen Bildern, WEIL es Archetypen gibt bzw. genauer formuliert: WEIL es eine psychische Disposition in uns gibt, archetypischen Bildern und Strukturen in unseren Träumen und in unseren Kulturerzeugnissen Ausdruck zu verleihen. Wenn wir also beispielsweise von einer Mutter mit ihrem Kind in ihrer typischen archetypischen Haltung träumen, dann gibt es nicht deshalb den Archetyp, sondern wir träumen dass, weil es uns als Menschen tief berührt, Mutter und Kind so zu sehen: das archetypische Bild steht für die unverbrüchliche, tiefste und innigste Verbundenheit, die überhaupt möglich ist. Das ist eine psychische Urerfahrung des Menschen. Wenn ein Mensch aus irgendeinem Grund seine Mutter hasst, spürt er auch nicht dasselbe, wie jemand - angesichts des Bildes -, der diese Erfahrung unverbrüchlicher Liebe gemacht hat. Er empfindet möglicherweise sogar Abneigung gegen das Bild der Mutter mit dem Kind.

Hinzu kommt: Archetypen sind immer Symbole, aber nicht jedes Symbol ist ein Archetyp. Von Archetypen spricht man nur dann, wenn das Symbol in der Kulturgeschichte des Menschen schon seit "ewigen" Zeiten zu finden ist. Es gibt nicht unendlich viele Archetypen, weil es nicht unendlich viele Urerfahrungen des Menschen gibt. Aber es gibt schon eine Menge. Archetypen gibt es vermutlich seit es den modernen Menschen gibt, der träumt und Kultur und Kunst produziert. Das Christentum verwendet natürlich ebenfalls zahlreiche Archetypen (Auferstehung, Teufel, der Verräter Judas = Archetyp des Gestaltwandlers, Maria, Himmelfahrt, religiöser Held Jesus usw.)
Die Symbole Hammer und Sichel, der Totenkopf als Warnsignal, die blaue Blume der Romantik, die Friedenstaube etc. sind keine Archetypen!

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#28 Re: Alles Teufelszeug?

Beitrag von Savonlinna » Do 10. Mär 2016, 15:10

Thaddäus hat geschrieben:
Savonlinna hat geschrieben: C.G.Jung hat diese Archetypen in den Träumen seiner Patienten entdeckt.
Er hat erst danach die Struktur dieser Archetypen in den alten Mythen wiedergefunden. Er hat darüber dickleibige Bücher geschrieben, die ich vor Jahrzehnten sehr genau durchgelesen habe.

Woher es kommt, dass wir in diesen Bildern träumen, ist interessant, aber nicht durch Spekulation ergründbar.
Inzwischen ist aufzeigbar, dass auch neue Mythen geträumt werden, also solche, die unsere Kultur neu geschaffen hat und vom Unterbewusstsein offenbar als "mythisch tauglich" befunden wurde. :D
Ja, Jung stellte bei der Arbeit mit seinen Klienten fest, dass diese oftmals von gleichen oder sehr ähnlichen Bilder sprachen, wenn sie von ihren Träumen berichteten - und zwar kultur- und nationalitätsübergreifend. So kam er auf den Begriff "Archetypus" (hä archä = anfänglich; Anfang).
Allerdings gibt es hier Einiges zu beachten.
Archetypen gibt es nicht, WEIL wir das und das träumen, sondern wir träumen manchmal in archetypischen Bildern, WEIL es Archetypen gibt bzw. genauer formuliert: WEIL es eine psychische Disposition in uns gibt, archetypischen Bildern und Strukturen in unseren Träumen und in unseren Kulturerzeugnissen Ausdruck zu verleihen.
Genau das! So erläutert es Jung: als psychische Disposition.

Und das ist eine sehr weitreichende und sehr weiterführende Beobachtung.
Ich möchte noch etwas hinzufügen, was Jung mal geschrieben hat.
Er hatte eine Patientin, die - wie es als "Übertragung" vielfach der Fall ist - in ihn als Therapeuten verliebt war, wenn "Verliebtsein" dafür überhaupt das richtige Wort ist.

Auf jeden Fall stellte Jung erschüttert fest, dass er in ihren Träumen geradezu göttlich überhöht war, genaugenommen: als Gott vorkam.
Jung litt wohl darunter und überlegte, ob er die Therapie abbrechen solle, weil die Erwartungen an ihn von ihm nicht tragbar waren. Er konnte die Funktion eines Gottes nicht übernehmen.

Dann aber kam er ins Grübeln. Er fragte sich so nach und nach, und das kann ich überhaupt nicht vergessen:
ob es vielleicht grundsätzlich der Sinn des psychischen Wachstums sei, ich zitiere aus der Erinnerung: "im Menschen den Gott zu befreien".

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#29 Re: Alles Teufelszeug?

Beitrag von closs » Do 10. Mär 2016, 16:15

Savonlinna hat geschrieben:Das Verkopfte hat sich für mich als uninteressant herausgestellt.
Wenn ich mir Leute wie Lena (und andere) vorstelle, die ich vorhin überschwänglich gelobt habe, ist das Verkopfte auch aus meiner Sicht uninteressant (hört, hört :).

MEIN Verkopftes ist ausschließlich als Instrument zu verstehen, anderes, aus meiner Sicht fehlgeleitetes Verkopfte zu bekämpfen - ihm quasi auf der Ebene des Gegenübers zu begegnen. - Zuhause spreche ich nie verkopft - auch nicht in meinem Freundeskreis, die es nicht verstehen würden - und verderben will man es sich ja auch nicht mit seinem Umfeld ... ;)

Savonlinna hat geschrieben:Ich bin an der Wurzel. Ich rede aus der Wurzel heraus.
Das glaube ich Dir sogar. - Aber in DEINEM Sinn kannst Du dann nicht philosophisch oder theologisch, also auf Metaebene, sprechen. Du bist dann in der Sache drin, statt über sie und über ihr zu sprechen.

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#30 Re: Alles Teufelszeug?

Beitrag von closs » Do 10. Mär 2016, 16:18

Thaddäus hat geschrieben:Archetypen gibt es nicht, WEIL wir das und das träumen, sondern wir träumen manchmal in archetypischen Bildern, WEIL es Archetypen gibt bzw. genauer formuliert: WEIL es eine psychische Disposition in uns gibt, archetypischen Bildern und Strukturen in unseren Träumen und in unseren Kulturerzeugnissen Ausdruck zu verleihen.
Exakt - im christlichen Duktus würde man dies in Zusammenhang bringen in die (geistige) "Ebenbildlichkeit" des Menschen.

Thaddäus hat geschrieben:Archetypen sind immer Symbole, aber nicht jedes Symbol ist ein Archetyp.
Ja.

Savonlinna hat geschrieben:ich zitiere aus der Erinnerung: "im Menschen den Gott zu befreien".
Kann ich was mit anfangen - aber geschafft habe ich das noch nicht, wenn ich dies einmal persönlich hinzufügen darf.

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