Savonlinna hat geschrieben:
C.G.Jung hat diese Archetypen in den Träumen seiner Patienten entdeckt.
Er hat erst danach die Struktur dieser Archetypen in den alten Mythen wiedergefunden. Er hat darüber dickleibige Bücher geschrieben, die ich vor Jahrzehnten sehr genau durchgelesen habe.
Woher es kommt, dass wir in diesen Bildern träumen, ist interessant, aber nicht durch Spekulation ergründbar.
Inzwischen ist aufzeigbar, dass auch neue Mythen geträumt werden, also solche, die unsere Kultur neu geschaffen hat und vom Unterbewusstsein offenbar als "mythisch tauglich" befunden wurde.
Ja, Jung stellte bei der Arbeit mit seinen Klienten fest, dass diese oftmals von gleichen oder sehr ähnlichen Bilder sprachen, wenn sie von ihren Träumen berichteten - und zwar kultur- und nationalitätsübergreifend. So kam er auf den Begriff "Archetypus" (hä archä = anfänglich; Anfang).
Allerdings gibt es hier Einiges zu beachten.
Archetypen gibt es nicht, WEIL wir das und das träumen, sondern wir träumen manchmal in archetypischen Bildern, WEIL es Archetypen gibt bzw. genauer formuliert: WEIL es eine psychische Disposition in uns gibt, archetypischen Bildern und Strukturen in unseren Träumen und in unseren Kulturerzeugnissen Ausdruck zu verleihen. Wenn wir also beispielsweise von einer Mutter mit ihrem Kind in ihrer typischen archetypischen Haltung träumen, dann gibt es nicht
deshalb den Archetyp, sondern wir träumen dass, weil es uns als Menschen tief berührt, Mutter und Kind so zu sehen: das archetypische Bild steht für die unverbrüchliche, tiefste und innigste Verbundenheit, die überhaupt möglich ist. Das ist eine psychische Urerfahrung des Menschen. Wenn ein Mensch aus irgendeinem Grund seine Mutter hasst, spürt er auch nicht dasselbe, wie jemand - angesichts des Bildes -, der diese Erfahrung unverbrüchlicher Liebe gemacht hat. Er empfindet möglicherweise sogar Abneigung gegen das Bild der Mutter mit dem Kind.
Hinzu kommt: Archetypen sind immer Symbole, aber nicht jedes Symbol ist ein Archetyp. Von Archetypen spricht man nur dann, wenn das Symbol in der Kulturgeschichte des Menschen schon seit "ewigen" Zeiten zu finden ist. Es gibt nicht unendlich viele Archetypen, weil es nicht unendlich viele Urerfahrungen des Menschen gibt. Aber es gibt schon eine Menge. Archetypen gibt es vermutlich seit es den modernen Menschen gibt, der träumt und Kultur und Kunst produziert. Das Christentum verwendet natürlich ebenfalls zahlreiche Archetypen (Auferstehung, Teufel, der Verräter Judas = Archetyp des Gestaltwandlers, Maria, Himmelfahrt, religiöser Held Jesus usw.)
Die Symbole Hammer und Sichel, der Totenkopf als Warnsignal, die blaue Blume der Romantik, die Friedenstaube etc. sind keine Archetypen!