Alles Teufelszeug? VII

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Andreas
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#1511 Re: Alles Teufelszeug? VII

Beitrag von Andreas » Di 19. Dez 2017, 00:33

closs hat geschrieben:Gut - dann sage Du mir, wie Du es gerne verstehen würdest, wenn man "Tatsachen" sagt, aber nur "Vermutungen" hat.
Er sagt Tatsachen und hat Tatsachen und keine Vermutungen, wie du ja eben selbst bestätigt hast.
closs hat geschrieben:
Andreas hat geschrieben:Seriöse Geschichtswissenschaft untersucht wirklich Tatsachen. Diese Tatsachen sind das Material, welches sie vorliegen hat, wie Dokumente, Filme, Fotos, archäologisches Material, Aussagen von Zeugen usw.
Soweit richtig - aber das tut die gesamte Theologie. - Soweit trennt sich da noch nichts.
Selbst wenn es so wäre, dass die seriöse Geschichtswissenschaft nur Vermutungen statt vorhandene Tatsachen untersuchen würde, kannst du einfach sagen: "Das sind keine Tatsachen sondern Vermutungen die da untersucht werden.
closs hat geschrieben:Naja - ich habe halt sinngemäß gesagt "Deine Tatsachen sind nur vermutete Tatsachen" -------- also möglicherweise, aber nicht sicher Tatsachen.
Wieder der gleiche Quatsch. Es gibt keine vermuteten Tatsachen, auch keine möglichen aber nicht sichere Tatsachen. Das hat was mit Tat zu tun. In deinem ursprünglichen Satz steckte ja auch noch das Wort "ermitteln" und das ist eine Tat, die man mit tatsächlichen Mitteln tut - und nicht mit gedanklichen Vermutungen. Der Kommissar mag vermuten, wer der Täter sei, aber er muss es ermitteln, das heißt er braucht für das Gericht Beweismittel die er vorlegen kann. Vermutungen reichen da nicht. Indizien sind schon wieder so eine halbscharige Sache. Du wärst schon mit Indizien zufrieden. Ich bin mit Glaube zufrieden.

Mir ist längst klar, warum du solches immer so seltsam formulierst. Weil du meinst eine Möglichkeit wäre ein "Mittel" etwas in die Realität zu hieven. Weil man Gott nicht falsifizieren kann, "ist" er doch möglich. Hätte, hätte Fahrradkette. Wäre er möglich, nicht "ist" er möglich. Istig wie Nichtig. Du willst gerne, dass von der möglichen "Tatsache" auszugehen sei, dass Gott existierte. Das ist eine Vermutung und du kannst in solche Sätze tausendmal "Tatsache" schreiben, und es bleibt doch nur eine Vermutung. Im schönsten Fall ein Glaube. Mir genügt letzteres - dir ist das offensichtlich nicht genug. Laufend benutzt du Wörter die eine Existenz suggerieren sollen, wo möglicherweise tatsächlich keine ist. So schmeckt es wenigstens nach Existenz, hat das Aroma von Existenz ist wenigstens sprachlich näher an der möglichen Existenz als an der ebenso möglichen Nichtexistenz. Vermutlich machst du das nicht mal bewusst, aber das hat sich bei dir so eingeschliffen, dass du das vermutlich gar nicht mehr merken kannst, und wenn man dich noch so oft darauf hinweist.

Die HKM arbeitet, "als ob es Gott nicht gäbe" - das ist sprachlich der umgekehrte Fall - den Roland so versteht: "als ob es Gott nicht gibt." Das ist genau so falsch. Bei "gäbe" ist die Existenz Gottes nicht ausgeschlossen, bei "gibt" verfällt man leichter auf den Gedanken, dass derjenige davon ausgeht, dass Gott nicht existiert - obwohl das "als ob" das ja schon noch offen lässt.

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Andreas
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#1512 Re: Alles Teufelszeug? VII

Beitrag von Andreas » Di 19. Dez 2017, 01:24

closs hat geschrieben:Bereits hier wrid es schwierig:
1) Was hat das mit "historisch" zu tun - ist es nicht eine reine Interpretation?
Nein. Weil es historisch tatsächlich keine Gottesbeweise gibt. Diese konnten bis heute (= historisch, in der Zeitgeschichte) nicht ermittelt werden. Vermutlich morgen? Wir haben bisher keine Mittel und Daten aus der Natur oder in der Natur gefunden, die auf Gott hinweisen. Ernsthaft: alles was wir in der Natur erkennen, spricht gegen einen gütigen Gott. Die Gleichgültigkeit der Natur jedem ihrer Lebewesen gegenüber ist geradezu monströs. Diese Beweislage ist wirklich niederschmetternd, wenn man bereit ist hinzuschauen. Finde ich auch nicht toll, aber es hilft nichts.
closs hat geschrieben:2) Was ist "Vernunft"? Eine anthropogene oder eine universelle Größe. - Anthropogen ist es NICHT vernünftig, universell ist es vernünftig.
Jetzt geht das wieder los. Wir haben tatsächlich nur die menschliche Vernunft zur Hand und keine universelle Vernunft. Die kannst du mit Sprache ins Spiel bringen (= thematisieren) aber das ist wieder nur eine Taube auf dem Dach ohne Taube ohne Dach. Du kannst es sagen, aber dir nicht einmal vorstellen und deshalb ist Vernunft als universelle Größe unvernünftig. Es ist nicht mehr als eine Vermutung von dir, selbst wenn es sie gäbe. Kann man glauben, mehr ist nicht drin.

Das Menschliche ist nicht das Gegenteil von dieser "Universellen Größe", nicht die Alternative dazu und nicht vermittelbarer Teil davon. Es ist anderen nicht schwierig zu vermitteln, es ist anderen nicht zu vermitteln. Man kann vielleicht eine Atmosphäre schaffen, die es erleichtert, dass sich "etwas" ereignet. Aber dazu nutzt du die falsche Textgattung und sprichst den Menschen auf dem falschen Kanal an. Die Vernunft ist für Philosophie empfänglich aber das ist trotzdem der falsche Ansprechpartner. Das wird so nichts. Wenn da was zündet, dann im Gefühl bzw. im Unterbewussten. Lerne von der Bibel das: Bilder, Poesie, Mord und Totschlag, Abenteuergeschichten, sex and crime, Krimis, "Wissen-schaffende-Dokus", "Nach-Richten" und "Fake-News". Die Bibel und andere religiöse Literatur war das Fern-Seh-Programm vom Menschen weg, zu Gott hin, in den Menschen hinein, damals. Und die Wirkungsgeschichte ist phänomenal, selbst wenn es Gott nicht geben sollte. Das sind offene Texte und deshalb so zeitlos, uferlos und wenn du willst insofern auch universelles Erleben auslösend.

closs hat geschrieben:Was ist "Tatsache"? - Das, was man anthropogen dafür hält, oder "das, was der Fall ist". - Spielen wir weiter:
Nein. "das, was der Fall sein könnte, könnte auch nicht der Fall sein." Ein grausames Monster ist möglicherweise das, was der Fall ist. Grüngestreift ist möglicherweise das, was der Fall ist. Universelle Unvernunft ist möglicherweise das, was der Fall ist. Vielleicht ist es ganz gut, nicht zu wissen, um das, was der Fall ist. Du bringst das nur ins Spiel, damit dein Denkgebäude möglicherweise das ist, was der Fall ist. Alles andere interessiert dich nicht. Nichts als Vermutungen, Keine Peilung, Ende Gelände. Auf jeden erdenklichen Fall, der das, was der Fall ist - bleibt: Glaube, Hoffnung und Liebe.

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#1513 Re: Alles Teufelszeug? VII

Beitrag von closs » Di 19. Dez 2017, 01:43

Andreas hat geschrieben:Wieder der gleiche Quatsch. Es gibt keine vermuteten Tatsachen, auch keine möglichen aber nicht sichere Tatsachen.
Moment - vielleicht steckt hier doch mehr dahinter als Sprachgefummel.

"Tatsache" ist aus meiner Sicht das, was wirklich "ist". - Wenn es also Gott als Entität gibt, ist er eine "Tatsache", selbst wenn ich nur vermute/glaube, dass er existiert. - Wie gehst Du damit mit Deiner Sprachregelung um? - Ist Gott KEINE Tatsache, wenn ich nur vermuten/glauben kann, dass es ihn gibt?

Andreas hat geschrieben: Der Kommissar mag vermuten, wer der Täter sei, aber er muss es ermitteln, das heißt er braucht für das Gericht Beweismittel die er vorlegen kann.
Selbst dann kann er nicht sicher sein - weshalb Gerichte üblicherweise sagen "Es GILT als erwiesen, dass ...", was sehr klug ist. - Dazu kommt, dass das Begriff "erweisen" und "widerlegen" derart oft windelweichverwendet wird, dass er eigentlich sehr viel an ontischen Wert ("Was hat das mit dem zu tun, was 'ist'?") verloren hat.

Andreas hat geschrieben:Weil du meinst eine Möglichkeit wäre ein "Mittel" etwas in die Realität zu hieven.
Wie kann man auf SOWAS kommen? - Total aus der Spur.

Andreas hat geschrieben:Du wärst schon mit Indizien zufrieden. Ich bin mit Glaube zufrieden.
Ich bin damit zufrieden, dass das, was "ist", ohne nicht-falsifizierebare Setzung per menschlicher Wahrnehmung nicht ermittelbar sein kann. - Du wirst nicht erleben, dass ich ein "Wissen" oder einen "Beweis" ohne (Voraus-)Setzung platzieren würde. - Also genau das Gegenteil des "in die Realität hieven".

Konkret: WENN unsere Wahrnehmung (incl. Wissenschaft) uns nicht täuscht, DANN sind die Dinge um uns nicht Vorstellung, sondern Entität - und natürlich glaube ich, dass unsere Wahrnehmung dazu da ist, Dinge um uns herum zu erkennen - aber ich WEISS es nicht. - WENN Jesus göttlich ist, DANN sind Bibeltexte vom Sinn her anders zu verstehen, als wenn Jesus nur Mensch ist. - WENN Jesus nur menschlich ist, ist die Wahrscheinlichkeit hoch ("Vermutung"), dass Jesus eine Naherwartung (im hier proklamierten Sinn) hatte. - WENN nicht, DANN nicht. - Usw.

"Wissen" ist für uns IMMER nur Wissen im Rahmen einer Setzung - ansonsten können wir nur vermuten, dass etwas Tatsache ist ("Tatsache" universell definiert als "das, was ist"). - Und jetzt beißt sich wieder die Katze in den Schwanz: Was ist "Tatsache"? - Ich verstehe dieses Wort universell, es scheint aber üblich zu sein, es anthropogen zu verstehen ("Tatsache ist das, was wir methodisch so bezeichnen"). - Daraus entstehen Spachprobleme - und nicht nur hier.

Andreas hat geschrieben:Laufend benutzt du Wörter die eine Existenz suggerieren sollen, wo möglicherweise tatsächlich keine ist.
Das ist IMMER so. - Der Mensch kann ohne Setzung nur vermuten: WENN Gott existiert, DANN ist er der Ursprung der Welt - dann ist es eine Tatsache.

Andreas hat geschrieben:Die HKM arbeitet, "als ob es Gott nicht gäbe" - das ist sprachlich der umgekehrte Fall - den Roland so versteht: "als ob es Gott nicht gibt."
Verstehe ich sprachlich im Kontext gleich. - Andere Formulierung: Die Ergebnisse werden ermittelt bei Irrelevanz göttlicher Existenz. - Bei Sachermittungen geht das ("Jerusalem hatte damals etwa soundsoviel Einwohner"), aber nicht bei Ermittlung von geistigen Dingen ("Was hat Jesus gedacht?").

Mein Fazit:
Es wäre mal als erstes zu klären, ob Begriffe wie "Vernunft" und "Tatsache" menschen-maßstäblich oder universell gemeint sind.

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#1514 Re: Alles Teufelszeug? VII

Beitrag von closs » Di 19. Dez 2017, 02:01

Andreas hat geschrieben: closs hat geschrieben:
Bereits hier wrid es schwierig:
1) Was hat das mit "historisch" zu tun - ist es nicht eine reine Interpretation?

Nein. Weil es historisch tatsächlich keine Gottesbeweise gibt. Diese konnten bis heute (= historisch, in der Zeitgeschichte) nicht ermittelt werden.
Was hat das damit zu tun? - Ist ein Eingreifen Gottes in die Geschichte nicht "historisch", weil es nicht falsifizierbar ist?

Du haust jetzt in dieselbe Kerbe, die in diesem Thread bereits ziemlich tief ist: Was ist "historisch"? Das, was der Mensch an "dem, was war", "nachweisen" kann"? - Oder "das, was war"? - Meint man mit "historischem Jesus" das historisch-kritische ERgebnis-Bild dessen, was Jesus in der Historie war? Oder meint man mit "historischem Jesus" das, was Jesus WIRKLICH in der Historie war?

Andreas hat geschrieben: Ernsthaft: alles was wir in der Natur erkennen, spricht gegen einen gütigen Gott.
Richtig - also müssen wir woanders gucken.

Andreas hat geschrieben:Jetzt geht das wieder los. Wir haben tatsächlich nur die menschliche Vernunft zur Hand und keine universelle Vernunft. Die kannst du mit Sprache ins Spiel bringen (= thematisieren) aber das ist wieder nur eine Taube auf dem Dach ohne Taube ohne Dach. Du kannst es sagen, aber dir nicht einmal vorstellen und deshalb ist Vernunft als universelle Größe unvernünftig.
Das hieße: Ob die Welt "vernünftig" ist, entscheidet der Mensch. - No way: Da waren wir schon mal weiter. Und zwar vor ziemlich genau 2.500 Jahren.

Aus meiner Sicht ist "Vernunft" eine universelle Größe, an denen der Mensch Anteil hat ("con-scientia") - also eine ganz andere Sicht. - Dieser Anteil ist NICHT maßstäblich für eine Urteil - Hiob, Hiob, Hiob.

Andreas hat geschrieben:Es ist anderen nicht schwierig zu vermitteln, es ist anderen nicht zu vermitteln.
Dann sollen sich nur die um geistige Fragen kümmern, denen es vermittelbar ist. Wie will man ein Gefühl für göttliche Wahrheit und geistiges Bibel-Verständnis bekommen, wenn man auf anthropogene Maßstäblichkeit besteht?

Andreas hat geschrieben: Die Bibel und andere religiöse Literatur war das Fern-Seh-Programm vom Menschen weg, zu Gott hin, in den Menschen hinein, damals.
Ich kenne Menschen, bei denen es auch heute noch so ist. - Oft NICHT intellektuelle Menschen, sondern mit geistigem Instinkt versehen.

Andreas hat geschrieben:Du bringst das nur ins Spiel, damit dein Denkgebäude möglicherweise das ist, was der Fall ist.
Das sowieso nicht - es soll lediglich einen Korridor zeigen zu dem, was geistig der Fall ist. - Das Denkgebäude dazu kann eingemottet werden, sobald man im Korridor drin ist. - Ob Du es glaubst oder nicht: Mit spirituellen Menschen rede ich NIE über das, worüber ich hier im Forum spreche - einfach weil diese Leute schon drin sind - oft viel weiter drin als ich.

Andreas hat geschrieben:Auf jeden erdenklichen Fall, der das, was der Fall ist - bleibt: Glaube, Hoffnung und Liebe.
1.Kor 13 ist eines der weisesten und inspiriertesten Worte der Weltliteratur - Zustimmung. - Aber dann muss die Frage erlaubt werden: WARUM überhaupt Philosophie, wenn sie NICHT zum Geist führt? - Warum überhaupt "Aufklärung", wenn sie nicht universell ist?

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#1515 Re: Alles Teufelszeug? VII

Beitrag von Andreas » Di 19. Dez 2017, 02:31

closs hat geschrieben:Was hat das damit zu tun? - Ist ein Eingreifen Gottes in die Geschichte nicht "historisch", weil es nicht falsifizierbar ist?
Die Handschriften in denen das steht sind historisch, weil wir diese tatsächlich zur Hand haben. Vom Eingreifen Gottes in die Geschichte haben wir nichts zur Hand. Die Bibel ist Gottes Wort, darum ist Adam der erste Mensch. Das ist nicht falsifizierbar und deswegen möglicherweise das, was der Fall ist? Echt jetzt?
closs hat geschrieben:WENN Jesus göttlich ist, DANN sind Bibeltexte vom Sinn her anders zu verstehen, als wenn Jesus nur Mensch ist.
Ja wirklich? Der Sinn dieses und jeden anderen Satzes der Bibel ist nicht anders zu verstehen, WENN Jesus göttlich ist,
als WENN Jesus nur Mensch ist.
Mk 15,39 hat geschrieben:Als der Hauptmann, der Jesus gegenüberstand, ihn auf diese Weise sterben sah, sagte er: Wahrhaftig, dieser Mensch war Gottes Sohn.
Da wird doch der Hauptmann nicht zum Hanswurst, der Mensch den er sterben sah nicht zum Tier das Rielke zitiert, der Sohn Gottes, nicht zu des Teufels Braut.
Was soll das? Den Text für sich selbst sprechen zu lassen, ist die Aufgabe der HKM. Sie ist der Anwalt des Textes, gegen jede Vereinnahmung - sowohl gegen Münek & Co. ihn lesen zu müssen, als ob es Gott nicht gäbe als auch gegen deine, ihn auch so lesen zu müssen als wenn es Gott gäbe.

Sobald es für dich argumentativ eng wird, flüchtest du dich dahinein, dass eigentlich gar nichts echt ist, weil menschliche Falschnehmung nicht geeignet sei herauszubekommen, was der Fall ist ... Genau dann ist für dich alles plötzlich nix mehr wert, alles nur noch Falschnehmung, dann "ist" das, der Fall. Bei anderer Gelegenheit ist Philosophie und Aufklärung wieder der Hit. Aber sobald jemand mit unangenehmen philosophischen Argumenten kommt, ist Philosophie doch wieder nur menschliche Falschnehmung. Das ist wirklich so kindisch, wie mir die Hand vor die Augen zu halten und zu rufen: "Ich bin weg!" und die Hand von meinen Augen zu nehmen und zu rufen: "Ich bin da" und so immer hin und her. Dieses Spiel spiele ich nicht mehr mit dir. Ist echt langweilig geworden.

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#1516 Re: Alles Teufelszeug? VII

Beitrag von Münek » Di 19. Dez 2017, 08:01

closs hat geschrieben:
Andreas hat geschrieben:Gemeint ist immer nur der Text, und nicht etwa Gott oder die Göttllichkeit Jesu. Wenn man den Text richtig versteht, versteht man auch die Inhalte des Textes besser
Zunächst ebenfalls richtig, aber hier fängt es schon an mit: Wie will man wissen, OB man den Text richtig versteht?
Wer, wenn nicht die Exegeten als theologische Experten, soll den Text richtig verstehen? Du etwa? :lol:

closs hat geschrieben:
Andreas hat geschrieben:Mk 1,1 hat geschrieben: Dies ist der Anfang des Evangeliums von Jesus Christus, dem Sohn Gottes. Warum? Weil beides in den ältesten verfügbaren Handschriften fehlt, in späteren aber vorhanden ist.
Das klingt plausibel, muss aber noch lange nicht wahr sein - man hat keine Garantie. - Da muss nur ein neues Textfragment auftauchen, das alles umwirft.
Die Exegeten können sich nur auf die vorhandenen, nicht aber auf hypothetische Quellen stützen. Mit "was-wäre-wenn" Spekulationen kann sich seriöse Textauslegung nicht abgeben.

closs hat geschrieben:Will heißen: Natürlich arbeitet die HKM gut, hat aber nie die Garantie, dass das, was sie als "Tatsachen" versteht, auch welche sind.
Garantien wird es nie geben. Das erwartet auch niemand ernsthaft.

closs hat geschrieben:Davon abgesehen und der eigentliche Punkt: Wenn es INTERPRETATIV wird ("Wie hat Jesus diese Aussage gemeint?") nützt das historisch-kritische Instrumentarium nur sehr bedingt.
Ganz im Gegenteil - es gibt nichts Besseres. Hier sind Profis gefragt. Mit Wunschdenken und Glauben kommt man jedenfalls nicht weiter.

closs hat geschrieben:Denn ist ein ganz erheblicher Unterschied, ob man Jesus als göttlich oder nur als Mensch versteht. - Plattes Beispiel: Wenn Jesus sagt "Ich bin die Wahrheit", ist er ein Fall für die Klappsmühle, wenn er nur Mensch ist, spricht aber wahr, wenn er göttlich ist. - Solches lässt sich aber historisch-kritisch nicht unterscheiden.
Die erste Frage, die sich stellen würde, wäre, ob es sich um ein authentisches Jesuswort handelt oder um ein Wort, das ihm der Johannesevangelist 70 Jahre nach seinem Tod in den Mund gelegt hat. Die Jesusworte im Johannesevangelium gelten in der Exe-
gese mehrheitlich als Eigenkompositionen des Verfassers.

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#1517 Re: Alles Teufelszeug? VII

Beitrag von closs » Di 19. Dez 2017, 09:25

Andreas hat geschrieben:Die Handschriften in denen das steht sind historisch
Ja.

Andreas hat geschrieben:Das ist nicht falsifizierbar und deswegen möglicherweise das, was der Fall ist? Echt jetzt?
Es ist nicht falsifizierbar und dann historisch, wenn es der Fall ist - immer wieder: Wenn man "historisch" als ontischen Begriff und nicht als methodischen Begriff versteht. - Ich verstehe unter "historisch" das, was in der Historie stattgefunden hat, ob wir es nachweisen können oder nicht - man kann "historisch" andererseits auch als den Teilbereich verstehen, der methodisch nachweisbar stattgefunden hat.

Muss man einfach nur klären - ich bin mit beidem einverstanden. - Ich bin aber NICHT verstanden, wenn beide Bedeutungen vermischt werden - und das passiert hier ständig.

Andreas hat geschrieben:Der Sinn dieses und jeden anderen Satzes der Bibel ist nicht anders zu verstehen, WENN Jesus göttlich ist,
als WENN Jesus nur Mensch ist.
Ist das ein Statement? - Meinst Du das ernsthaft?

Andreas hat geschrieben: Den Text für sich selbst sprechen zu lassen, ist die Aufgabe der HKM.
"Für sich selbst sprechen" gibt es streng genommen nicht, weil Sprache selbst kein Sinnstifter ist. - Der Sinnstifter ist der, der ihn geschrieben hat. - Insofern ist es Aufgabe des Lesers, herauszufinden, was der Sinnstifter gemeint hat. - Damit ist es aber nicht getan - denn wenn ein SChreiber etwas über einen Dritten schreibt (bspw. Jesus), ist dieses Geschriebene immer noch entweder richtig oder falsch - weil man nicht weiß, ob der Schreiber den Dritten richtig verstanden hat.

Etc. - Mit anderen Worten: "Den Text selbst sprechen lassen" kann man nur auf Wortsinn-Ebene: "Hier steht 'logos' - das bedeutete damals ..... . - Das aramäische Wort, aus dem der aramäische Textverfasser es griechisch übersetzt hat, bedeutet es .... ." - Aber im Sinne von Apg. 8,30 "Verstehst Du, was Du liest?" spricht ein Text NICHT selbst.

Andreas hat geschrieben: Anwalt des Textes, gegen jede Vereinnahmung
Solange niemand interpretiert und man es bei reiner Wortauslegung belässt, stimme ich dem zu.

Andreas hat geschrieben:Sobald es für dich argumentativ eng wird, flüchtest du dich dahinein, dass eigentlich gar nichts echt ist, weil menschliche Falschnehmung nicht geeignet sei herauszubekommen, was der Fall ist ...
Dieser Satz besteht aus sehr unterschiedlichen Fragmenten.
1) Es besteht kein Zusammenhang zwischen "argumentativ eng werden" und Hinweis auf "Falschnehmung".
2) Man kommt unabhängig von allem nicht an Descartes vorbei: Das Cogito kann absolut NIE entscheiden, ob es eine Vorstellung oder Entität wahrnimmt - Das "Heilmittel" ist, dass jeder bewusst oder unbewusst glaubens-entscheidet, dass die eigene Wahrnehmung "echt" ist. - Insofern spielt das hier keine Rolle.
3) Beim Thema "HKM" geht es unterm Strich um die Frage, ob man "ontisch-historisch" mit "methodisch-historisch" verwechseln darf UND "Sachergebnisse" mit "Interpretationsergebnisse" verwechseln darf UND ob man "universelles ERgebnis" (= ontisch nachweisbar) mit "methodischem Ergebnis" (= im Sinne einer bestimmten Hermeneutik) verwechseln darf.

Andreas hat geschrieben: Das ist wirklich so kindisch, wie mir die Hand vor die Augen zu halten und zu rufen: "Ich bin weg!" und die Hand von meinen Augen zu nehmen und zu rufen: "Ich bin da" und so immer hin und her.
Du darfst davon ausgehen, dass mit das genauso langweilig wäre - es geht wirklich um ganz Anderes. - Mein vorläufiger Verdacht ist, dass meine Unterscheidung zwischen dem, was aus meiner Sicht nicht verwechselt werden sollte, auf bei Dir zu Irritierung führt. - Du darst sicher sein, dass das für mich kein Spiel ist.

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#1518 Re: Alles Teufelszeug? VII

Beitrag von closs » Di 19. Dez 2017, 09:39

Münek hat geschrieben:Wer, wenn nicht die Exegeten als theologische Experten, soll den Text richtig verstehen?
In Puncto "Wortauslegung" sind es ganz sicher die Profi-Exegeten.

Münek hat geschrieben: closs hat geschrieben:
Davon abgesehen und der eigentliche Punkt: Wenn es INTERPRETATIV wird ("Wie hat Jesus diese Aussage gemeint?") nützt das historisch-kritische Instrumentarium nur sehr bedingt.


Ganz im Gegenteil - es gibt nichts Besseres. Hier sind Profis gefragt. Mit Wunschdenken und Glauben kommt man jedenfalls nicht weiter.
Widerspruch. - Es hat etwas mit den interpretativen Grundlagen zu tun. - Das "Verstehst Du auch, was Du da liest?" ist in der HKM-Methodik nicht drin. - Die HKM kann es analysieren - sie kann Geschriebenes mit zeitgenössischen Phänomenen korrellieren - etc. - aber sie kann per Methodik nicht verstehen, was etwa der Satz "Bevor Abraham wurde, bin ich" geistig verstehen. - Das kann ein HKM-ler privat, aber nicht per Methodik.

Münek hat geschrieben:Die Exegeten können sich nur auf die vorhandenen, nicht aber auf hypothetische Quellen stützen.
Vollkommen richtig: Sie deuten das, was sie vorfinden, und wären undiszipliniert, wenn sie für Theologen geistig Naheliegendes dabei berücksichtigen würden. - Das heißt aber auch: Sie können nicht über das hinaus deuten, was sie vorfinden.

Münek hat geschrieben:Die erste Frage, die sich stellen würde, wäre, ob es sich um ein authentisches Jesuswort handelt oder um ein Wort, das ihm der Johannesevangelist 70 Jahre nach seinem Tod in den Mund gelegt hat.
Das Wort "authentisch" ist irreführend. - Neutraler wäre "ob es eine ältere oder eine jüngere Quelle ist". - Denn "authentisch" ist nicht das, was früher oder später zitiert/rezipiert wurde, sondern das, was Jesus geistig gemeint hat - und genau da kommt die HKM nicht hin.

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#1519 Re: Alles Teufelszeug? VII

Beitrag von sven23 » Di 19. Dez 2017, 09:44

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Das tut man eben nicht, wenn man die eindeutigen Stellen für die Nahwartung ignoriert und die späteren Umdeutungen hin zur Parusieverzögerung als die authentischen verkaufen will.
Man kennt alle Stellen und bewertet im gesamten Kontext und unter der Prämisse, dass Jesus göttlich ist. - "Feststellen" und "bewerten" sind zwei verschiedene DInge.
Natürlich, man "bewertet" unter der Prämisse, dass Jesus göttlich ist, und kommt zu dem Schluss: es kann nicht sein, was nicht sein darf. Ein Gott kann nicht irren, ergo kann er auch kein Naherwartung gehabt haben. So bestätigt man zirkelreferent seine eigen Setzung.
Deshalb ist Kanonik in der historischen Forschung unbrauchbar.


closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Nix andersrum, setzungsfreie Exegese gibt es bei Kanonikern nicht.
Bei der HKM ebenso wenig, wenn man damit den interpretativen Teil damit meint.
Nein, die Forschung hat keine Setzungen, die die Naherwartung in irgendeiner Form vorwegnehmen würde. Im Gegenteil arbeitet sie alle Formen heraus: Nah- und Nächsterwartung, präsentische Gottesreich und Parusieverzögerung.
Die Naherwartung gilt in der Forschung schon deshalb als authentisch, weil sie sich schon bei Abfassung der Evangelien als Irrtum erwiesen hat. Sie hätte schwerlich erfunden werden können. Das spricht dafür, dass es sich um ein alte, ursprüngliche Jesus-Tradition handelt.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Und mit deinem ewigen Hermeneutik-Fetischismus drehst du dich ständig im Kreis. Was dabei rauskommt, sieht man am Kurzzeitkreationismus.
ICH drehe mich nicht im Kreis. :) - Und warum Du das Kurzzeitskreationismus-Beispiel ständig bringst, verstehe ich eh nicht.
Weil das ein sehr schönes Beispiel dafür ist, wie unsinnig deine hermeneutischen Setzungen sein können. Mit falschen Setzungen kommt man zu falschen Ergebnissen.
Du hast sogar behauptet, dass ein Geologe tagsüber als Wissenschaftler arbeiten könne und nach Feieraben einfach in eine andere Hermeneutik wechselt und damit - "in sich schlüssig" - eine 5000 Jahre alte Erde vertreten könne. Das sei sogar "völlig normal".
Man kann hier sehr schön ablesen, wohin das führt.


closs hat geschrieben: - Du tust gerade so, als sei jede Hermeneutik gleich gut.
Nein, siehe oben.
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
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sven23
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#1520 Re: Alles Teufelszeug? VII

Beitrag von sven23 » Di 19. Dez 2017, 09:55

closs hat geschrieben: Würdest Du einem (biologischen) Kurzzeit-Kreationisten-Hermeneutiker naturwissenschaftliche Entscheidungen zumuten/zugestehen? Ich nicht. -
Ich mit Sicherheit nicht. Du hälst es ja für "normal".

closs hat geschrieben: Würdest Du einem Fundamental-Theologen Datierungen einer Quelle/spätere Hinzufügungen zu einer Quelle zumuten/zugestehen? Ich nicht. - -
Warum nicht? Wenn Texte später hinzugefügt worden sind, dann ist das eben so. Es wäre undredlich, dies aus glaubensideologischen Gründen zu ignorieren, unwissenschaftlich sowieso.

closs hat geschrieben: Würdest Du einem HKM-Hermeneutiker Entscheidungen zu geistigen Fragen der Bibel ("Wie dachte Jesus historisch als göttliche Person?") zumuten/zugestehen? Ich nicht. - Ist deshalb die HKM-Hermeneutik schlecht? Nein.
Solche unwissenschaftlichen und laienhaften Fragen stellt die Forschung doch gar nicht.
Trotzdem kann die die Glaubenswelt des Wanderpredigers anhand der Textquellen beschreiben. Und die Naherwartung gehörte nun mal zu seiner jüdischen Glaubenswelt.

closs hat geschrieben:
Andreas hat geschrieben:Neu wäre wenn du das mal dauerhaft verstehen würdest, und nicht 5 Posts später wieder irgendwas behauptest, dass dem diametral widerspricht.
Nee - da läuft irgendwas anderes schief.
Ja, vor allem bei dir, weil du nicht stringent argumentieren kannst, sondern immer nur situationsbedingt so reagierst, wie es dir gerade in den Kram paßt. Wenn das so vielen Leuten auffällt, solltest du vielleicht mal dein eigenes Verhalten hinterfragen.
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
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