Alles Teufelszeug? III

closs
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#1221 Re: Alles Teufelszeug? III

Beitrag von closs » Do 1. Sep 2016, 01:00

Münek hat geschrieben:Da gibt es nichts zu verwechseln.
Meine ich genau so - aber man meint es halt je nach Fraktion genau andersrum.

Münek hat geschrieben:nach dem "Katechismus der Katholischen Kirche" (Weltkatechismus) ist die Kirche von Christus gegründet worden (siehe Nr. 763 ff.).
Das stimmt ja auch - aber es war nicht das Ziel. - Das Ziel war, die jüdische Religion zu reformieren - aber das haben die Juden halt anders gesehen. - Jesus wollte NICHT eine neue Religion gründen, sondern die eigene Religion spirituell transformieren - das, was man heute AT-NT-Paradigmenwechsel nennt.

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Münek
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#1222 Re: Alles Teufelszeug? III

Beitrag von Münek » Do 1. Sep 2016, 01:09

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:und keinen Opfertod für die ganze Menschheit plante
Das wäre jetzt eine tiefgründige fundamental-theologische Frage, die geistig klar mit "doch" zu beantworten ist. Das Problem: Es ist keine Frage, für die sich die HKM zuständig fühlen kann.
Ob Jesus mit der Überzeugung auftrat, mit seinem Tod etwas heilsgeschichtlich Bedeutsames bewirken zu können, ist natürlich eine historische Frage.

Keine historisch zu beantwortende Frage ist hingegen, ob Jesus mit seinem Tod am Kreuz die Menschheit von
ihren Sünden erlöst HAT. Hier liegt eindeutig eine Glaubensfrage vor, die jeder für sich beantworten muss.

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#1223 Re: Alles Teufelszeug? III

Beitrag von Münek » Do 1. Sep 2016, 01:35

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Da gibt es nichts zu verwechseln.
Meine ich genau so - aber man meint es halt je nach Fraktion genau andersrum.
Nö - wer die bellenden Hunde sind und wer der Mond ist, lässt sich doch wohl eindeutig identifizieren.

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:nach dem "Katechismus der Katholischen Kirche" (Weltkatechismus) ist die Kirche von Christus gegründet worden (siehe Nr. 763 ff.).
Das stimmt ja auch - aber es war nicht das Ziel. - Das Ziel war, die jüdische Religion zu reformieren - aber das haben die Juden halt anders gesehen. - Jesus wollte NICHT eine neue Religion gründen, sondern die eigene Religion spirituell transformieren - das, was man heute AT-NT-Paradigmenwechsel nennt.
Die katholische Kirche sieht es aber anders - und stützt sich auf eine einzige Bibelstelle, nämlich Matthäus 16, 18:

Jesus sagte: "Du bist Petrus, der Fels, und auf diesen Felsen will ich MEINE Kirche bauen."

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#1224 Re: Alles Teufelszeug? III

Beitrag von closs » Do 1. Sep 2016, 08:51

Münek hat geschrieben:Ob Jesus mit der Überzeugung auftrat, mit seinem Tod etwas heilsgeschichtlich Bedeutsames bewirken zu können, ist natürlich eine historische Frage.
Flankierend ja - substantiell nein.

Münek hat geschrieben:Die katholische Kirche sieht es aber anders
Die katholische Kirche sieht, dass Jesus das AT vollenden wollte und somit die jüdische Religion transformieren/reformieren wollte.

Historisch-kritisch ist interessant, dass das Wort "ecclesia" nur ein einziges Mal in der Bibel steht - man geht deshalb davon aus, dass es vom Jesus-Rezipienten Matthäus bzw. dem unter "Matthäus" auftretenden Rezipienten (= Textverfasser) so verstanden wurde/interpretiert wurde.

Aus Sicht von Jesus (wenn er dieses Wort überhaupt benutzt hat - ich glaube persönlich, nein) sagt es nichts darüber aus, ob damit eine neue "Kirche" (gegen das Judentum) gemeint war. - Es passt genauso auf eine Bewegung INNERHALB des Judentums - also als "Gemeinschaft derer, die von Jesus Christus durch das Evangelium aus der Welt herausgerufen wurden, sich um ihn versammeln im Gottesdienst und von ihm zum Glaubenszeugnis und Dienst der Liebe gesandt werden" (wik). - Ich glaube nicht, dass wir hier einfach mal so einfache Interpretationen präsentieren können.

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#1225 Re: Alles Teufelszeug? III

Beitrag von Münek » Do 1. Sep 2016, 10:17

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Ob Jesus mit der Überzeugung auftrat, mit seinem Tod etwas heilsgeschichtlich Bedeutsames bewirken zu können, ist natürlich eine historische Frage.
Flankierend ja - substantiell nein.
Das Substanzielle ist einzig und allein das Selbstverständnis des historischen Jesus, also das, wovon der predigende Nazarener selbst überzeugt war...

Das herauszufinden ist ausschließlich Sache der neutestamentlich-historischen Wissenschaft.

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Die katholische Kirche sieht es aber anders
Die katholische Kirche sieht, dass Jesus das AT vollenden wollte und somit die jüdische Religion transformieren/reformieren wollte. Historisch-kritisch ist interessant, dass das Wort "ecclesia" nur ein einziges Mal in der Bibel steht - man geht deshalb davon aus, dass es vom Jesus-Rezipienten Matthäus bzw. dem unter "Matthäus" auftretenden Rezipienten (= Textverfasser) so verstanden wurde/interpretiert wurde.
Diese historisch-kritische (richtige) Auffassung wird von der katholischen Kirche dennoch nicht geteilt. Sie hält das Jesuswort ("Du bist Petrus, der Fels. Auf diesen Felsen will ich MEINE KIRCHE bauen") für keine Rezeption oder spätere Einfügung in den Matthäustext, son-
dern für authentisch.


closs hat geschrieben:Aus Sicht von Jesus (wenn er dieses Wort überhaupt benutzt hat - ich glaube persönlich, nein) sagt es nichts darüber aus, ob damit eine neue "Kirche" (gegen das Judentum) gemeint war.
Der Matthäustext ist in seiner Eindeutigkeit nicht misszuverstehen. Auf diesen Text stützt sich die Auffassung der katholischen Kirche, dass Jesus der Gründer der Kirche - und Petrus der erste Papst war.

Selbstverständlich wollte Jesus angesichts der von ihm verkündigten Nähe des Gottesreiches KEINE neue Religion bzw. Kirche stiften. Der Matthäustext ist nach überwiegender Auffassung der neutestamentlichen Forschung ein späterer Einschub - also eine Fälschung.

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#1226 Re: Alles Teufelszeug? III

Beitrag von closs » Do 1. Sep 2016, 12:28

Münek hat geschrieben:Das Substanzielle ist einzig und allein das Selbstverständnis des historischen Jesus
Du meinst nie den historischen, also wirklichen Jesus, sondern den historisch-kritischen Jesus - das ist etwas ganz anderes. - Das Selbstverständnis des historisch-wirklichen Jesus ist doch gerade auch das Anliegen der kanonischen Exegese.

Münek hat geschrieben:Sie hält das Jesuswort ("Du bist Petrus, der Fels. Auf diesen Felsen will ich MEINE KIRCHE bauen") für keine Rezeption oder spätere Einfügung in den Matthäustext, sondern für authentisch.
Rezeption ist es eh, weil es nicht vom "Kommunikator Jesus", sondern vom "Rezeptionisten Matthäus" kommt. Allerdings ist mir die Bindung von Rezeption (Texte) und Ursprung (Jesus) nicht nur bei der HKM, als auch bei der RKK zu eng - ich stimme beidem nicht zu.

Münek hat geschrieben:Der Matthäustext ist in seiner Eindeutigkeit nicht misszuverstehen. Auf diesen Text stützt sich die Auffassung der katholischen Kirche, dass Jesus der Gründer der Kirche - und Petrus der erste Papst war.
Stimmt - das war die Entwicklung der Kirche aus den Rezeptionen. - Diese Entwicklung ist sogar gut begründet und kann des halb gut wahr sein - aber nur dann, wenn Rezeption mit historischer Realität übereinstimmt.

Münek hat geschrieben:Selbstverständlich wollte Jesus angesichts der von ihm verkündigten Nähe des Gottesreiches KEINE neue Religion bzw. Kirche stiften.
Deshalb nicht, sondern weil er den Fortgang der jüdischen Religion ("AT") evolutionär mit Jesu Paradigmenwechsel ("NT") begründen wurde - also innerhalb der bestehenden Religion.

Münek hat geschrieben:Der Matthäustext ist nach überwiegender Auffassung der neutestamentlichen Forschung ein späterer Einschub
Sehe ich genauso. - Die Frage wäre nun, ob es heilsgeschichtlich ein richtiger Einschub war. - Wurde Jesu Willen nach einem heilsgeschichtlich relevanten Paradigmenwechsel damit authentisch getroffen oder nicht? Vor dem Hintergrund, dass die Juden den evolutionären Wege nicht mitgehen wollten, spricht einiges dafür.

Münek hat geschrieben:also eine Fälschung.
Fälschung wäre es dann, wenn es von Jesu wirklichem Denken wegführen würde. - Dies zu beurteilen, sieht die HKM in sich nicht vor.

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#1227 Re: Alles Teufelszeug? III

Beitrag von Pluto » Do 1. Sep 2016, 12:49

closs hat geschrieben:Du meinst nie den historischen, also wirklichen Jesus, sondern den historisch-kritischen Jesus - das ist etwas ganz anderes.
Wie so oft, verstehe ich das als ein Pseudo-Einwand.
Worin besteht denn konkret der Unterschied zwischen dem historischen und dem historisch-kritischen Jesus?

closs hat geschrieben:das war die Entwicklung der Kirche aus den Rezeptionen. - Diese Entwicklung ist sogar gut begründet und kann des halb gut wahr sein
??
Wie wird diese Entwicklung kanonisch begründet?

closs hat geschrieben:Fälschung wäre es dann, wenn es von Jesu wirklichem Denken wegführen würde. -
Nein. Eine Fälschung ist alles was den alten Text anders darstellt.
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

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#1228 Re: Alles Teufelszeug? III

Beitrag von closs » Do 1. Sep 2016, 13:53

Pluto hat geschrieben:Worin besteht denn konkret der Unterschied zwischen dem historischen und dem historisch-kritischen Jesus?
Habe ich nun wirklich x-mal erklärt - nochmals:

Der wirkliche Jesus (also der, der zu seiner Zeit gewirkt, gesprochen und gemeint hat) ist der historische Jesus - oder was wäre "historisch" anderes als das, was wirklich damals der Fall war?

Der historisch-kritische Jesus ist das davon, was man davon methodisch nachvollziehen kann. Im besten Fall authentisch, im schlechteren Fall irrend.

Ersteres ist die Realität, zweiteres ist EIN Versuch, dieser Realität durch Wahrnehmung gerecht zu werden.

Pluto hat geschrieben:Wie wird diese Entwicklung kanonisch begründet?
Heilsgeschichtlich - oder umschreibend:
Wie entwickelt sich der zunächst ahnungslose Mensch mit der Zeit in eigene Erkenntnis - durchgeführt durch Trail and Error.

Pluto hat geschrieben:Nein. Eine Fälschung ist alles was den alten Text anders darstellt.
Aus historisch-kritischer Sicht ist dies eine Fälschung - aus Sicht dessen, was wirklich der Fall war, kann es genauso gut eine Annäherung an das sein.

Du kalibirierst auf die ersten bekannten Quellen, zu denen jede Änderung in späteren Quellen "Fälschung" ist..

Ich kalibiriere auf Jesus selbst. - Das heisst: Eine spätere Quelle/Rezeption kann näher an Jesus sein als eine frühere Quelle. - Also ein ganz anderer Ansatz, der auch in der Gegenüberstellung von HKM und kanonischer Exegese eine Rolle spielt.

Dir geht es um den Umgang mit Quellen zu Jesus - mir geht es um Jesus.

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#1229 Re: Alles Teufelszeug? III

Beitrag von Hemul » Do 1. Sep 2016, 18:43

Münek hat geschrieben:Selbstverständlich wollte Jesus angesichts der von ihm verkündigten Nähe des Gottesreiches KEINE neue Religion bzw. Kirche stiften.
Zur Erinnerung. Religion bedeutet "Form der Anbetung" und Kirche - Ekklesia:
https://de.wikipedia.org/wiki/Ekklesiologie
Die Ekklesiologie ist im Christentum die theologische Reflexion über die Kirche (Ekklesia), über ihr Wesen und ihre Bedeutung in der Heilsgeschichte im Kontext von Gottes Wirken.

Auf beides geht Petrus in 1.Petrus 2:4-10 wie folgt näher ein:

4 Kommt zu ihm, dem lebendigen Stein, der von den Menschen verworfen, aber von Gott auserwählt und geehrt worden ist. 5 Lasst euch als lebendige Steine zu einem geistigen Haus aufbauen, zu einer heiligen Priesterschaft, um durch Jesus Christus geistige Opfer darzubringen, die Gott gefallen. 6 Denn es heißt in der Schrift: Seht her, ich lege in Zion einen auserwählten Stein, einen Eckstein, den ich in Ehren halte; wer an ihn glaubt, der geht nicht zugrunde. 7 Euch, die ihr glaubt, gilt diese Ehre. Für jene aber, die nicht glauben, ist dieser Stein, den die Bauleute verworfen haben, zum Eckstein geworden, 8 zum Stein, an den man anstößt, und zum Felsen, an dem man zu Fall kommt. Sie stoßen sich an ihm, weil sie dem Wort nicht gehorchen; doch dazu sind sie bestimmt. 9 Ihr aber seid ein auserwähltes Geschlecht, eine königliche Priesterschaft, ein heiliger Stamm, ein Volk, das sein besonderes Eigentum wurde, damit ihr die großen Taten dessen verkündet, der euch aus der Finsternis in sein wunderbares Licht gerufen hat.10 Einst wart ihr nicht sein Volk, jetzt aber seid ihr Gottes Volk; einst gab es für euch kein Erbarmen, jetzt aber habt ihr Erbarmen gefunden.

Und der Grundstein dieser Kirche ist nachweislich gem. obiger Aussage niemals Petrus selbst-gelle clösschen? ;)
denn die Waffen, mit denen wir kämpfen, sind nicht fleischlicher Art, sondern starke Gotteswaffen zur Zerstörung von Bollwerken: wir zerstören mit ihnen klug ausgedachte Anschläge (2.Korinther 10:4)

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#1230 Re: Alles Teufelszeug? III

Beitrag von Pluto » Do 1. Sep 2016, 21:01

closs hat geschrieben:Der wirkliche Jesus (also der, der zu seiner Zeit gewirkt, gesprochen und gemeint hat) ist der historische Jesus - oder was wäre "historisch" anderes als das, was wirklich damals der Fall war?

Der historisch-kritische Jesus ist das davon, was man davon methodisch nachvollziehen kann. Im besten Fall authentisch, im schlechteren Fall irrend.
Ersteres ist die Realität, zweiteres ist EIN Versuch, dieser Realität durch Wahrnehmung gerecht zu werden.
Das glaube ich nicht. Woher will man denn wissen, was authentisch und was irrend ist? Da kann man doch am Ende nur raten.

closs hat geschrieben:Aus historisch-kritischer Sicht ist dies eine Fälschung - aus Sicht dessen, was wirklich der Fall war, kann es genauso gut eine Annäherung an das sein.
Es könnte so sein, aber das müsste man anhand anderer authentischer Berichte bestätigen können. Kann man das, oder ist man allein auf Vermutungen angewiesen?

closs hat geschrieben:Du kalibirierst auf die ersten bekannten Quellen, zu denen jede Änderung in späteren Quellen "Fälschung" ist.
Irrtum. Ich "kalibiere" überhaupt nicht. Ist weise nur auf die historischen Tatsachen hin.

closs hat geschrieben:Dir geht es um den Umgang mit Quellen zu Jesus - mir geht es um Jesus.
Etwas anderes als die besagten Quellen steht auch dir nicht zur Verfügung. Also am Ende doch alles nur Vermutung?
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

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