Alles Teufelszeug? III

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sven23
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#1091 Re: Alles Teufelszeug? III

Beitrag von sven23 » Sa 6. Aug 2016, 06:48

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:deshalb fordert Ratzinger doch zum Glaubensentscheid auf. Damit verläßt man aber die wissenschaftliche Ebene.
Damit verlässt man die wissenschaftliche Eben NICHT - denn in der Wissenschaft ist es üblich, Modelle ("Was wäre, wenn mein Modell/meine Perspektive wahr wäre?") der wissenschaftlichen Arbeit zugrunde zu legen.
.

"Dogmatik als Kernbereich der Theologie sei nur „als Glaubensakt möglich“. Die evangelischen
Dogmatiken verwahren sich an vielen Stellen regelrecht gegen den Vorwurf der
Unvoreingenommenheit und Neutralität, so dass man zur Frage, ob die Theologie eine Wissenschaft
ist, nicht erst wissenschaftstheoretische Argumente bemühen muss. Theologie versteht sich selbst als
„Funktion der Kirche“, es ging und geht ihr nie um zweckfreie Forschung. Wo Theologie gelehrt wird,
also im Bereich staatlicher Universitäten, „da befindet man sich im Raum der Kirche“"(Karl Barth)

Kubitza, Der Dogmenwahn
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
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2Lena
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#1092 Re: Alles Teufelszeug? III

Beitrag von 2Lena » Sa 6. Aug 2016, 07:55

"Dogmatik als Kernbereich der Theologie sei nur „als Glaubensakt möglich“.
...sagt Kubitza, der nicht weiß, wie man die kurz zusammengefassten Dogmen "auseinanderfaltet", damit man sie verstehen kann und damit sie wieder der wichtige Gegenstand der Forschung werden (sage ich).

Theologie versteht sich selbst als „Funktion der Kirche“, es ging und geht ihr nie um zweckfreie Forschung. Wo Theologie gelehrt wird, also im Bereich staatlicher Universitäten, „da befindet man sich im Raum der Kirche“"(Karl Barth)

ZWECKFREIE FORSCHUNG? Lass mal einen Schreiner "zweckfrei" forschen, wie eine Zündkerze vom Auto in seiner Stube funktioniert.

closs
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#1093 Re: Alles Teufelszeug? III

Beitrag von closs » Sa 6. Aug 2016, 08:19

sven23 hat geschrieben:Kubitza
K. beugt mit seiner Invektive einer von ihm gefürchteten Argumentation vor. - 2Lena hat vollkommen recht.

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sven23
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#1094 Re: Alles Teufelszeug? III

Beitrag von sven23 » Sa 6. Aug 2016, 08:51

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Kubitza
K. beugt mit seiner Invektive einer von ihm gefürchteten Argumentation vor. - 2Lena hat vollkommen recht.
Na ja, mit solch flachen Argumentationen bleibt man nur an der Oberfläche. Ich wüßte wirklich nicht, vor welchen Argumentationen sich Kubitza (oder die Forschung generell) fürchten sollte. :?:
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sven23
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#1095 Re: Alles Teufelszeug? III

Beitrag von sven23 » Sa 6. Aug 2016, 09:14

Auch das meiste im AT ist unhistorisch, wie man inzwischen weiss. Es sind Erfindungen, die in viel späterer
Zeit aufgeschrieben wurden. Aber wie auch der Archäologe Israel Finkelstein betont, können diese Narrative
indentitätsbildend für ein Volk sein.

"Sprechen Theologen zwar ungern über die Wurzeln Jahwes, so doch viel angeregter über seine
Taten, von denen das Alte Testament erzählt. Der alttestamentliche Gott wird geradezu als ein Gott
der Geschichte verstanden, der sich sein Volk erwählt hat, einzelnen Vertretern Reichtum und
Nachkommenschaft verheißt, der sich als treu erweist, sein Volk aus Ägypten herausführt, bei der
Wüstenwanderung an dessen Seite steht und beim Einzug ins gelobte Land an seiner Seite kämpft. Das
Alte Testament liefert so etwas wie einen Gottesbeweis aus der Geschichte heraus. Die Theologen
sprechen von Heilsgeschichte. Weil das Alte und auch das Neue Testament voll sind von dieser
Geschichtsideologie, müssen sich auch immer wieder Theologen darauf beziehen.
Das angebliche Heilshandeln Gottes an seinem Volk ist aber keine Geschichte, sondern nur
Geschichtsideologie. Die zentralen Heilsereignisse, die den Ruf Jahwes als Lenker der Geschichte
und Beschützer seines Volkes aufzeigen sollen, sind allesamt Erfindungen späterer Zeiten. Der späte
vorexilische Staat Juda hat nach der Vernichtung des Nordreichs im Jahre 722 v. Chr. umlaufende
Sagen gesammelt, sie mit einer Theologie versehen und durch die Verschriftlichung zur
Glaubensgrundlage des nachexilischen Israel gemacht, aus dem wieder Jahrhunderte später das
Judentum erwachsen ist. Legenden wurden zur Historie geadelt. Doch auch eine erfundene Geschichte
kann einem Volk Identität geben, wie auch eine erfundene Religion eine Gruppenidentität schaffen
kann."

Kubitza, Der Dogmenwahn

Kubitza fragt mit Recht in Bezug auf intellektuelle Redlichkeit, wie manche Universitätsprofessoren immer
noch so tun können, als ob die Bibel nicht zum größten Teil aus Geschichtsfiktion besteht.

"Aber kann man – nachdem nun hinreichend belegt ist, dass die frühe Geschichte Israels eine Fiktion
ist – immer noch so tun, als wäre alles so geschehen wie in der Bibel erzählt? Dass einfache
Gläubige dies können, versteht sich von selbst. Sie lassen sich auch sonst kaum von Fakten
beeindrucken. Und frühere Theologengenerationen haben es ebenfalls einfach nicht besser wissen
können. Aber wie kann man heute als Professor einer Universität mit einem gewissen Anspruch an
intellektuelle Redlichkeit eine nun klar erwiesene Geschichtsideologie nach wie vor in Dogmatiken
propagieren? Wie kann man seine Glaubwürdigkeit nutzen, die man als Universitätslehrer zweifellos
hat, um Unglaubwürdiges und längst Widerlegtes in schön gedruckten Büchern guter Verlage noch in
die nächste Generation zu tragen? Weiter von einem geschichtlichen Gott sprechen, wo dies doch
schon in der Antike nicht stimmte und erst recht im 21. Jahrhundert in absurde
Wirklichkeitsverzerrungen und Aporien führen muss? Wird man nicht selbst zum Ideologen, wenn
man eine solche Geschichtsideologie vertritt?"
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#1096 Re: Alles Teufelszeug? III

Beitrag von closs » Sa 6. Aug 2016, 09:56

sven23 hat geschrieben:Na ja, mit solch flachen Argumentationen bleibt man nur an der Oberfläche.
2Lena geht da schon tief rein - aber was nützt Tiefe, wo sie weltanschaulich nicht vorgesehen ist?

sven23 hat geschrieben:Auch das meiste im AT ist unhistorisch, wie man inzwischen weiss.
Wie oft soll man noch betonen, dass "Narrative" Chiffren für geistige Inhalte sind - egal, ob historisch oder metaphorisch. - Die Glaubwürdigkeit eines Textes hängt nicht davon ab, ob er historisch ist, sondern ob er geistig profund ist. - Solange man das nicht kapiert, erübrigt sich jeder weitere Schritt. Die meisten hier vorgetragenen Argumtente sind diesbezüglich Limbo, weil sie diese Anfangshürde nicht nehmen (wollen).

Unter "geschichtlich" kann man auch verstehen, dass ein geistiger Inhalt in der Zeit einer Textverfassung wirklich, also präsent, also thematisiert war. - Bei Abraham geht es NICHT darum, ob es einen Abraham Mülller gab, der 47 SChafe hatte, sondernd darum, dass zu seiner Zeit der Mensch (evt. erstmals) in der Lage war, sich mit den in 1.Mose thematisierten Inhalten tiefgreifend zu beschäftigen: "Wann war der Mensch so weit, um sich damit beschäftigen zu können?". - DAS ist genauso historisch wie ein Abraham Müller mit 47 Schafen.

Dieses scheint Kubitzas ( auch Bultmann samt seiner Schule?) überhaupt nicht zu kapieren - GRUNDLAGEN. - Dass es sich dann leicht über Müllers und SChafe reden lässt, die es damals nicht gab, ist naheliegend.

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#1097 Re: Alles Teufelszeug? III

Beitrag von sven23 » Sa 6. Aug 2016, 12:01

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Auch das meiste im AT ist unhistorisch, wie man inzwischen weiss.
Wie oft soll man noch betonen, dass "Narrative" Chiffren für geistige Inhalte sind - egal, ob historisch oder metaphorisch. - Die Glaubwürdigkeit eines Textes hängt nicht davon ab, ob er historisch ist, sondern ob er geistig profund ist.
Dann sag das mal den Glaubensdogmatikern. Sie bestehen doch auf der Historizität und nur so lassen sich ihrer Meinung nach die Dogmen rechtfertigen.

"Das angebliche Heilshandeln Gottes an seinem Volk ist aber keine Geschichte, sondern nur
Geschichtsideologie. Die zentralen Heilsereignisse, die den Ruf Jahwes als Lenker der Geschichte
und Beschützer seines Volkes aufzeigen sollen, sind allesamt Erfindungen späterer Zeiten. Der späte
vorexilische Staat Juda hat nach der Vernichtung des Nordreichs im Jahre 722 v. Chr. umlaufende
Sagen gesammelt, sie mit einer Theologie versehen und durch die Verschriftlichung zur
Glaubensgrundlage des nachexilischen Israel gemacht, aus dem wieder Jahrhunderte später das
Judentum erwachsen ist. Legenden wurden zur Historie geadelt."

Kubitza, Der Dogmenwahn
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#1098 Re: Alles Teufelszeug? III

Beitrag von closs » Sa 6. Aug 2016, 13:44

sven23 hat geschrieben:Sie bestehen doch auf der Historizität
Aber doch nicht die historisch-kritische Historizität, oder?

Kubitza hat geschrieben: Legenden wurden zur Historie geadelt".
K. kann nicht zwischen historisch-kritischer Historizität und geistige Wirklichkeit unterscheiden - damit macht es keinen Sinn, überhaupt mit einem Theologie-Studium zu beginnen. - ABER: Möglicherweise ist er heute eher die Regel als die Ausnahme.

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#1099 Re: Alles Teufelszeug? III

Beitrag von Pluto » Sa 6. Aug 2016, 17:33

closs hat geschrieben:damit macht es keinen Sinn, überhaupt mit einem Theologie-Studium zu beginnen. ABER: Möglicherweise ist er heute eher die Regel als die Ausnahme.
So ist es.
Nicht umsonst heißt es, dass das Theologiestudium der schnellste Weg zum Unglauben ist.

Es gibt heute zahlreiche Bibelwissenschaftler, die das Studium mit dem Eifer des Fundamentalisten beginnen, nur um dann während dem Studium die größte Enttäuschung ihres Lebens zu erfahren, und sich dann ganz vom Glauben weg zu drehen. Der geistig Glaubende ist in der Tat heutzutage die große Ausnahme unter den Theologen.
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

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#1100 Re: Alles Teufelszeug? III

Beitrag von sven23 » Sa 6. Aug 2016, 17:37

closs hat geschrieben:
Kubitza hat geschrieben: Legenden wurden zur Historie geadelt".
K. kann nicht zwischen historisch-kritischer Historizität und geistige Wirklichkeit unterscheiden - damit macht es keinen Sinn, überhaupt mit einem Theologie-Studium zu beginnen. - ABER: Möglicherweise ist er heute eher die Regel als die Ausnahme.
Natürlich kann er Legenden von Historie unterscheiden. Das ist doch gerade der Vorwurf, dass man Legenden in Historie ummünzen will. Die Forschung hat nun man vieles als Legende entlarvt, auch im AT. Trotzdem besteht die Rkk auf Historie und darauf, dass Gott in die Historie eingreift.
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