Religion vs. Glauben

Rund um Bibel und Glaube
Abischai
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#1 Religion vs. Glauben

Beitrag von Abischai » Fr 4. Apr 2014, 20:05

abgetrennt aus:Wie geht ihr mit den aggressiven Dingen im Glauben um?
Abischai hat geschrieben:Glaube und Religion sind nicht kompatibel.
Pluto hat geschrieben:...Erkläre uns doch bitte den Unterschied.
Glaube ist aktiv, Glaube ist Vertrauen und Treue* und Gefolgschaft u.v.m.

Religion hingegen ist eine Form, eine starre Einrichtung, die Regeln beinhalte, Gerüste, Traditionen, Forderungen. Das ist nicht unbedingt falsch, aber es ist eben kein Glaube. Die "Anhänger" einer Religion glauben zwar irgendwie, denn das ist ja der Sinn der Sache, aber die Religion ist nicht der Glaube, sondern allenfalls die sichtbare Form dessen, was es mit dem Glauben auf sich hat, die Kulisse sozusagen.

Tatsächlich sind Religionen stets die erstarrten Fragmente irgendeiner Urform des jeweiligen Glaubens. Man kann also an der Religion nicht unbedingt den Ursprung erkennen, man kann aber erkennen, worauf es hinausläuft.
Ich glaube z.B. nicht, daß anhand katholischer (egal welche Kirche!) Tradition irgendjemand den lebendigen, auferstandenen Jesus Christus erkennen kann.

Und ob z.B. im Hinduismus irgendein Funke nachflutlicher "Noah"-Überlieferung drinsteckt, ist auch kaum zu erkennen, nur wenn dort noch irgendwelche Flutfragmente auftauchen, da kenne ich mich aber nicht aus.

Ein gutes Beispiel für fragmentarische Partikel einer echten Urüberlieferung ist das Gilgamesch-Epos. Irgendwas war da mal, man erkennt die Parallelen zur biblischen Geschichte sofort.

Aber wie gesagt.: Die Religion ist das Gesetzeswerk. Der Glaube ist das Leben. Diese Dinge können durchaus miteinander korrespondieren, tun sie aber seltenst. Ich für meinen Teil möchte alles in meinem Leben, was "christliche Religion" ist, ausmerzen. Es ist Geschichte, zumeist böse Kirchengeschichte, die nur anzeigt, wie weit es ausarten kann.
Daß ich den Lebendigen kenne, hat mit Religion überhaupt nichts zu tun. Die Unkundigen Zeitgenossen sortieren das immer in "Christentum" ein, sollen sie doch, ich lasse sie, es hat keinen Zweck, ihnen diesen Irrtum aufklären zu wollen.

Wenn mich jemand fragt, was mir meine "Religion" bringt, dann wird es interessant. Denn Religion bringt außer Selbstdisziplin und Placeboeffekten gar nichts. Wenn man die Magie (fälschlich) als Religion bezeichnet, bringt die was, weil sie unsichtbare Versklavung anderer Menschen darstellt, die dann übervorteilt werden. Und es ist die Magie in mancher Religion, die diese so anziehend machen. Auch die katholische Religion hat etwas magisch anziehendes an sich.

Der Glaube an der Auferstandenen geht anders.: "Wenn der Sohn* euch nun frei macht, so seid ihr recht frei." (*Gottes Sohn, Jesus der Christus)
Und an dieser Stelle ist es der Glaube: Ich darf das glauben, ich kann das glauben und mich blind darauf verlassen; *Jesus hat mich frei gemacht.
"Religion" kann solches niemals vermitteln.

___________________
*Treue: Das Wort "Glaube" kommt von altdt. "Globe", d.i. "geloben". Man beeidet etwas und hält sich daran. Daher ist "Glaube" zunächst grundsätzlich mit Treue gleichzusetzen. Und das ist auch wirklich so gemeint (in den biblischen Sprachen nicht anders)
Meine Hilfe kommt von Jahweh, der Himmel und Erde gemacht hat. [Ps 121;2]

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Magdalena61
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#2 Re: Religion vs. Glauben

Beitrag von Magdalena61 » Sa 5. Apr 2014, 01:41

Grundsätzlich: Zustimmung :) .

Aber:
Kommt es nicht doch sehr darauf an, mit welchen Inhalten man einen Begriff füllt?

Auf dieser Webseite, da oben.... steht "4religion.de". Für viele Christen ist das ein Grund, die Nase zu rümpfen und zu spekulieren, das hier sei so eine Art Forum zweiter Klasse, ein Pool für alle möglichen spirituellen Aktivitäten, aber letztlich nichts für "wahre Gläubige", da "antichristlich".

Wenn ich jedoch in die Welt schaue, dann finde ich: Der Sammelbegriff für den Glauben ist "Religion". Es wird nicht groß unterschieden; von welcher Qualität der Glaube ist, denn wer nicht Insider ist und die evangelikal- fundamentalistische Definition nicht kennt, der wirft eh alles, das irgendwie mit Gott, der Bibel und dem Glauben zu tun hat, in denselben Topf.

Wenn die Sprache meines säkularen Nächsten anwenden will, sage ich für gewöhnlich "Religion". Damit er versteht, was ich meine und nicht entsetzt die Flucht ergreift.
1. Kor. 9, 20
LG
God bless you all for what you all have done for me.

Samantha

#3 Re: Religion vs. Glauben

Beitrag von Samantha » Sa 5. Apr 2014, 09:28

Religion ist Ausübung eines Glaubens nach gewissen Vorgaben. Solange man nur etwas glaubt, ist es nur eine Annahme oder Hoffnung, die man auskleidet mit Regeln oder Geschichten. Wer sich Menschen gegenüber verpflichtet aufgrund dessen, ist religiös.

Warum wird eigentlich der Gläubige immer definiert als religiös? Ich glaube nur, dass Gott existiert und das Leben ermöglichte. Bin ich dann religiös? Ich denke kaum, weil ich kein erfundenes Beiwerk akzeptiere ohne Beweise.
Wenn man sich blind auf alles verlässt, ist man religiös. Nach der Definition, dass Glaube = Religion ist, bin ich nämlich ungläubig.

closs
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#4 Re: Religion vs. Glauben

Beitrag von closs » Sa 5. Apr 2014, 10:15

Magdalena61 hat geschrieben:Damit er versteht, was ich meine und nicht entsetzt die Flucht ergreift.
1. Kor. 9, 20
Kleine Ergänzung - in Deinem Sinne, wie ich vermuten möchte:
Römer
10Herrlichkeit aber und Ehre und Frieden allen denen, die Gutes tun, zuerst den Juden und ebenso den Griechen.
11 Denn es ist kein Ansehen der Person vor Gott.
12 Alle, die ohne Gesetz gesündigt haben, werden auch ohne Gesetz verloren gehen; und alle, die unter dem Gesetz gesündigt haben, werden durchs Gesetz verurteilt werden.
13 Denn vor Gott sind nicht gerecht, die das Gesetz "hören," sondern die das Gesetz "tun," werden gerecht sein.
14 Denn wenn Heiden, die das Gesetz nicht haben, doch von Natur tun, was das Gesetz fordert, so sind sie, obwohl sie das Gesetz nicht haben, sich selbst Gesetz.
15 Sie beweisen damit, dass in ihr Herz geschrieben ist, was das Gesetz fordert, zumal ihr Gewissen es ihnen bezeugt

closs
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#5 Re: Religion vs. Glauben

Beitrag von closs » Sa 5. Apr 2014, 10:17

Samantha hat geschrieben:Ich glaube nur, dass Gott existiert und das Leben ermöglichte. Bin ich dann religiös?
Wenn man unkompliziert denkt (und das ist ja nicht das Schlechteste), bist Du damit religiös, weil Du Deine Existenz an etwas bindest, was über Dir ist. - Unreligiös oder pseudo-religiös sind diejenigen Menschen, die den Menschen selbst als Mittelpunkt und Maßstab der Welt verstehen.

Abischai
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#6 Re: Religion vs. Glauben

Beitrag von Abischai » Sa 5. Apr 2014, 14:08

Nein, religiös ist sie damit noch lange nicht.

"Religio" heiß soviel ich weiß "Rückverbindung", und solange Samantha sich nicht irgendwie auf den Weg macht, (ungeachtet ob der Weg zu irgendeinem Ziel führt) ist sie nicht im Wortsinne "religiös".

Ich versuche es mal mit einem kindgemäßen Beispiel.:
Jeder kennt das Gleichis vom Verlorenen Sohn.

Oberflächlich betrachtet, begründet der Sohn eine "Religion", denn er besinnt sich zurück und versucht nach eigenem Ermessen den Rückweg zu Gott (sein Vater steht hier sinnbildlich für Gott).
Daß Gott (also der Vater) die Bemühungen des Sohnes nicht annimmt, sondern die Dinge nach seinem Willen umlenkt, macht genau den Unterschied zwischen Glauben und Religion aus.

Hinzu kommt noch die Auserwählung des Sohnes durch den Vater, denn er ist nun mal der Sohn.

Diese Geschichte (Gleichnis) enthält also m.E. die Elemente: Auserwählung, Religion, Gnade (nach dem Vorsatz des Vaters) und Buße (also echte Umkehr des Sohnes)

Daß der Sohn sich des fernen Vaters bewußt war, oder weniger noch, daß er für möglich hielt, daß da ein Vater sein müsse, das ist in etwas das, was Samantha "glaubt", und das ist nicht mal "religiös", ganz zu schweigen von einer belastbaren Überzeugung. Es ist ein schlichtes "Für-wahr-halten".

Und dieses "Für-wahr-halten" erfolgt bei vielen nur daraum, weil sie zu faul sich Gedanken zu machen sind oder die Stellungnahme scheuen, warum es nicht wahr sein sollte. Es ist ein bequemes Schwimmen im Strom mit geringstmöglicher Selbstverpflichtung gegenüber Gott und Menschen.
Meine Hilfe kommt von Jahweh, der Himmel und Erde gemacht hat. [Ps 121;2]

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kamille
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#7 Re: Religion vs. Glauben

Beitrag von kamille » Sa 5. Apr 2014, 14:21

Abischai hat geschrieben: Ich für meinen Teil möchte alles in meinem Leben, was "christliche Religion" ist, ausmerzen.
Ich glaube, das wird nicht gehen, jedenfalls nicht so radikal.
Ich betrachte die Kirche als eine erste Kinderstube eines Gläubigen. Sie ist wie die Wiege eines Kleinkindes. Die meisten Menschen bekommen doch durch die Kirche oder Religion zuerst von Gott/Jesus zu hören. Später, wenn sie selbstständig geworden sind, dann wird diese "Wiege" nicht mehr nötig sein und so ist es ja auch bei vielen in der Tat so, dass sie sich anders orientieren.
Diese Vorprägung wird nicht zu löschen sein, davon bin ich fest überzeugt.

Wenn ich mich an meine Kindertage erinnere, dann war die Kirche wirklich wichtig für mich, denn zuhause wurde wenig über Gott und Bibel gesprochen, obwohl meine Eltern gläubig waren.
Nicht , dass ich durch die Kirche gläubig geworden wäre, denn das war ich vorher schon, aber die Kirche hat mich auf den Weg gebracht und ich werde das nie vergessen, zumal ich in der Messe einige schöne geistige Erlebnisse mit Jesus hatte.

Heute brauche ich diese "Wiege" nicht mehr, auch keine andere, bin ebenfalls ohne kirchliche Führung oder religiöse Bindung, aber abschaffen würd ich die Kirche nicht.

Gruß von kamille
Jesus Christus spricht:..Siehe, ich bin bei euch alle Tage.....

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Naqual
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#8 Re: Religion vs. Glauben

Beitrag von Naqual » Sa 5. Apr 2014, 14:52

kamille hat geschrieben:
Abischai hat geschrieben: Ich für meinen Teil möchte alles in meinem Leben, was "christliche Religion" ist, ausmerzen.
Ich glaube, das wird nicht gehen, jedenfalls nicht so radikal.
Ich betrachte die Kirche als eine erste Kinderstube eines Gläubigen. Sie ist wie die Wiege eines Kleinkindes. Die meisten Menschen bekommen doch durch die Kirche oder Religion zuerst von Gott/Jesus zu hören. Später, wenn sie selbstständig geworden sind, dann wird diese "Wiege" nicht mehr nötig sein und so ist es ja auch bei vielen in der Tat so, dass sie sich anders orientieren.
Diese Vorprägung wird nicht zu löschen sein, davon bin ich fest überzeugt.
Sehe ich auch so.
Vielleicht kann man es plakativ so formulieren:
Religion ist eine Entwicklungsphase. So wie Krabbeln beim Kleinkind. Deswegen muss man das Krabbeln nicht verteufeln (sonst könnte man auch gar nicht laufen), aber nach dem Krabbeln gings ja weiter, es war noch viel mehr möglich.
Aber wenn man sich beim Laufen zu eng am Krabbeln orientiert, wird es ein unbeholfener Geh- oder Laufstil.
Religion (m.E. UND der sog Heiligen Schriften) sind eine erste Hilfestellung zum Eigentlichen: eine Beziehung zu Gott (wie auch immer gestaltet).

Heute brauche ich diese "Wiege" nicht mehr, auch keine andere, bin ebenfalls ohne kirchliche Führung oder religiöse Bindung, aber abschaffen würd ich die Kirche nicht.
Nö, ich auch nicht, aber "privatisieren" könnte man sie schon (weiter Entflechten vom Staat in Deutschland). Aber das wäre ein anderes Thema.

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kamille
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#9 Re: Religion vs. Glauben

Beitrag von kamille » Sa 5. Apr 2014, 18:16

Naqual hat geschrieben: aber "privatisieren" könnte man sie schon (weiter Entflechten vom Staat in Deutschland)
Ja, das wäre sinnvoll, sogar Benedikt sprach das mal an, aber passiert ist nix.
Ich glaube, es wäre auch zu ihrer Demütigung ganz gut, denn viele Bischöfe und sonstige Titulare empfinde ich als zu hochmütig.
Wenn ich sehe, wie die Priester in den Elendsvierteln der Welt sich um ihre Schäflein bemühen und kümmern, dann täte es so manchem Mützenträger ganz gut, da mal zu dienen.

Gruß von kamille
Jesus Christus spricht:..Siehe, ich bin bei euch alle Tage.....

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Münek
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#10 Re: Religion vs. Glauben

Beitrag von Münek » Sa 5. Apr 2014, 20:20

kamille hat geschrieben:Diese Vorprägung wird nicht zu löschen sein, davon bin ich fest überzeugt.

Hallo kamille,

ja leider; das ist ja gerade das Schlimme...

Kirchlicherseits gewollte "Vorprägung"! Das heißt für mich schlicht frühkindliche
Indoktrination
! Was gibst denn da zu "jubeln"?! :shock:

"Indoktrination" (lat. doctrina = Belehrung) ist lt. Wiki eine besonders vehemen-
te, keinen Widerspruch und keine Diskussion zulassende Belehrung. Dies geschieht
durch Manipulation von Menschen durch gesteuerte Auswahl von Informationen, um
ideologische Absichten durchzusetzen oder Kritik auszuschalten.

Kinder - nicht kritikfähig - sind diesen Manipulationen hilflos ausgeliefert. Die Kirche
wird sich sicherlich schon was dabei gedacht haben, ;) bereits Kinder ihren christlich-
dogmatischen Belehrungen auszusetzen: nämlich sie im Sinne ihrer Ideologie zu prägen. 8-)

LG Münek

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