Historisch-kritische Exegese und ihre Folgen

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closs
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#251 Re: Historisch-kritische Exegese und ihre Folgen

Beitrag von closs » Di 12. Mär 2019, 23:19

Münek hat geschrieben:
Di 12. Mär 2019, 22:51
Seine diesbezüglichen prophetischen Worte von der baldigen Gottesherrschaft gelten als authentisch.
Auch für Ratzinger gilt das - aber die RKK versteht es halt anders.

Münek hat geschrieben:
Di 12. Mär 2019, 22:51
Ja und?
Münek hat geschrieben:
Di 12. Mär 2019, 22:51
Ja und?
Wenn ein HKE-ler ablehnen würde, die HKE agnostisch zu betreiben, würde er ebenfalls seinen Job verlieren. - Du kannst doch nicht in einem Vorannahme-System unterwegs sein und diese Vorannahmen ablehnen.

Münek hat geschrieben:
Di 12. Mär 2019, 22:51
Exkommuniziert wurde er, weil er sich nicht dem Papst unterwerfen wollte
Dito. - Was glaubst, welchen Ärger Du bekommst, wenn Du privat beschließt, in Deutschland links auf der Straße zu fahren.

Münek hat geschrieben:
Di 12. Mär 2019, 22:51
jetzt sind die HISTORIKER auch noch dran...
Seit wann sind HKE-ler KEINE Historiker? - Warum hast Du dieses Wort gebracht?

Münek hat geschrieben:
Di 12. Mär 2019, 22:51
Natürlich sollte man nicht die Möglichkeit per "hermeneutischer Vorannahme" ausschließen, dass beispielsweise Hitler nicht NUR Mensch, sondern ein halber Teufel war.
Du versperrst Dir Verständnis durch absurde Beispiele. - "Hermeneutische Vorannahmen" sind bspw. bei in der DDR aufgewachsenen Historikern anders als bei in der BRD aufgewachsenen. - Gibt ihnen die identischen (!) Quellen und lasse sie eine Deutsche Geschichte von 1945 bis 1989 schreiben - wenn Du beide Bücher gelesen hast, wirst Du verstehen, was ich mit unterschiedlichen "Hermeneutischen Vorannahmen" meine.

Münek hat geschrieben:
Di 12. Mär 2019, 22:51
Du weißt nicht, wovon Du redest.
Sehr wohl weiß ich das - und Du erkennst nicht, wie verräterisch es ist, Albert zu zitieren, der damit doch pro domo spricht. - Dass wik ihn zitiert, zeigt, dass wik hier nicht über den Dingen steht, sondern selber in der Hermeneutik der Zeit steckt. - Wik darf das, aber DUU darfst es nicht, wenn Du oben mitmischen willst.

Münek hat geschrieben:
Di 12. Mär 2019, 22:51
Meine Aussage war, dass es im Bereich der HKE keine Dogmen und kein VERBOT gibt, ihre Resultate in Frage zu stellen oder abzulehnen.
Das stimmt so nicht. - Wenn ein HKE-ler veröffentlichen würde, dass die Wunder Jesu echt gewesen sind und im AT bei Gideon die Sonne WIRKLICH stehen geblieben ist, würde er hochkant rausgekegelt werden, weil solche Aussagen frontal den hermeneutischen Vorannahmen der HKE widersprechen würden.

Münek hat geschrieben:
Di 12. Mär 2019, 22:51
Einsicht ist der erste Weg zur Besserung. Dann mach was. Das "Arbeitsbuch zum Neuen Testament", Conzelmann/Lindemann, 14. Auflage, bekommst Du bei Amazon gebraucht für schlappe 3,00 €.
Du hast es nicht verstanden. - Es nützt nichts, sich tiefer in die Eigensicht der HKE einzuarbeiten, bevor man nicht einvernehmlich geklärt hat, wofür HKE da ist und wofür NICHT. - Als würde Conzelmann selbstkritisch sagen: "Ja für geistige Fragen sind wir nicht zuständig - und natürlich können heilsgeschichtlich spätere Quellen an Jesus näher sein als frühere".

Münek hat geschrieben:
Di 12. Mär 2019, 22:51
Thaddäus kritisierte Deine mangelhaften Kenntnisse im Bereich der historisch-kritischen Exegese.
Das ist aber Flucht ihrerseits, da es um obiges geht: Was kann HKE und was nicht? - Wie kann eine agnostische HKE spirituelle Aussagen von Jesus oder den Verfassern überhaupt substantiell interopretieren? - DAS wäre die Liga, in der Fragen zu stellen wäre.

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Münek
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#252 Re: Historisch-kritische Exegese und ihre Folgen

Beitrag von Münek » Di 12. Mär 2019, 23:32

closs hat geschrieben:
Di 12. Mär 2019, 23:01
Münek hat geschrieben:
Di 12. Mär 2019, 21:28
Dass die Welt existiert, ist keine hermeneutische Vorannahme.
Streng genommen ist sie das - Du kannst nicht unterscheiden, ob das, was Du siehst, "echt" ist, oder nur Deine Vorstellung.
Da gibt es nichts, was man unterscheiden könnte.

Es ist völlig egal, welcher dieser vermeintlichen Alternativen ich den Vorzug gebe. An der Realität der Welt an sich ändert sich dadurch NICHTS. Sie ist, wie sie ist und sie bleibt, wie sie ist.
:)

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#253 Re: Historisch-kritische Exegese und ihre Folgen

Beitrag von PeB » Mi 13. Mär 2019, 09:09

closs hat geschrieben:
Di 12. Mär 2019, 17:13
PeB hat geschrieben:
Di 12. Mär 2019, 13:13
Daher halte ich die Trennung zwischen "übernatürlich" und "natürlich" zwar für prinzipiell gegeben, aber nicht für praktisch handhabbar
Oh - vielleicht doch nicht. - ich sehe es genau umgekehrt: Ontisch gibt es diese Trennung NICHT, auf Wahrnehmungs-/Wissenschafts-Ebene per Vereinbarung sehr wohl.
Dann ist es aber trotzdem das Gleiche was ich meine, nur von der anderen Seite beleuchtet. ;)
Mit "prinzipiell gegeben" meine ich das was du als Vereinbarung oder Verabredung bezeichnest. Es ist - wie alles in der Wissenschaft - eine Definitionsfrage; wenn auch mit unscharfen Rändern.

closs hat geschrieben:
Di 12. Mär 2019, 17:13
Wenn wir beide hier reden, kommen wir nämlich in ganz andere Sphären hinein, nämlich die Vermischung von Subjekt (Ich) und Objekt (Geist, Natur) sowie die Vermischung von Geist und Natur - siehe dazu Hand-Peter Dürr:
"Primär existiert nur Zusammenhang, das Verbindende ohne materielle Grundlage. Wir könnten es auch Geist nennen. Etwas, was wir nur spontan erleben und nicht greifen können. Materie und Energie treten erst sekundär in Erscheinung – gewissermaßen als geronnener, erstarrter Geist"
Das mag (bei mir) damit zusammenhängen, dass ich Geisteswissenschaftler bin. In den Geisteswissenschaften steht der subjektiv verstandene Mensch im Zentrum der Betrachtung; bei den Naturwissenschaften die objektiv erkennbare Welt - jedoch (und das vergisst die Naturwissenschaft oft) ist der Mensch als Beobachter der subjektive Faktor in der Gesamtrechnung.

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AlTheKingBundy
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#254 Re: Historisch-kritische Exegese und ihre Folgen

Beitrag von AlTheKingBundy » Mi 13. Mär 2019, 09:13

PeB hat geschrieben:
Mi 13. Mär 2019, 09:09
Das mag (bei mir) damit zusammenhängen, dass ich Geisteswissenschaftler bin. In den Geisteswissenschaften steht der subjektiv verstandene Mensch im Zentrum der Betrachtung; bei den Naturwissenschaften die objektiv erkennbare Welt - jedoch (und das vergisst die Naturwissenschaft oft) ist der Mensch als Beobachter der subjektive Faktor in der Gesamtrechnung.

Was zur Folge hat, dass der Mensch kein objektives Bild von der Welt haben kann, es sei denn, er ordnet sich wissenschaftlichen Methoden und Prinzipien unter.
Zuletzt geändert von AlTheKingBundy am Mi 13. Mär 2019, 09:57, insgesamt 1-mal geändert.
Beste Grüße, Al

Die reinste Form des Wahnsinns ist es, alles beim Alten zu lassen und gleichzeitig zu hoffen, dass sich etwas ändert.
(Albert Einstein, 1879-1955)

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#255 Re: Historisch-kritische Exegese und ihre Folgen

Beitrag von PeB » Mi 13. Mär 2019, 09:13

Andreas hat geschrieben:
Di 12. Mär 2019, 19:09
Erst mal "Hut ab" für diesen Post im Ganzen. :D Danke dafür.
Ich glaube wir sind jetzt, nachdem wir beide unsere Anfangsschwierigkeiten "überlebt" haben, auf einem guten Weg gegenseitigen Verständnisses.
Ich gebe das Kompliment zurück und bedanke mich auch. Ich entschuldige mich außerdem für ein "aggressives" Vorgehen. Jedoch hat mich meine Erfahrung gelehrt, dass es oft viel besser ist, Fronten aufzumachen, um Klarheit in einem Gespräch zu erhalten. Danach kann dann auch viel ehrlicher und offener miteinander umgehen, da man sich gegenseitig verortet.

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#256 Re: Historisch-kritische Exegese und ihre Folgen

Beitrag von PeB » Mi 13. Mär 2019, 09:15

AlTheKingBundy hat geschrieben:
Mi 13. Mär 2019, 09:13
PeB hat geschrieben:
Mi 13. Mär 2019, 09:09
Das mag (bei mir) damit zusammenhängen, dass ich Geisteswissenschaftler bin. In den Geisteswissenschaften steht der subjektiv verstandene Mensch im Zentrum der Betrachtung; bei den Naturwissenschaften die objektiv erkennbare Welt - jedoch (und das vergisst die Naturwissenschaft oft) ist der Mensch als Beobachter der subjektive Faktor in der Gesamtrechnung.

Was zur Folge hat, dass der Mensch kein objektives Bild von der Welt haben kann, es sei denn, er ordent sich wissenschaftlicher Methoden und Prinzipien unter.
Genau so!
Und das ist auch die Kritik an der Scheindiskussion über die Frage der Objektivität der Welt. Wir können die Welt gerne als objektiv annehmen, aber wir werden sie niemals objektiv erfahren können.

closs
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#257 Re: Historisch-kritische Exegese und ihre Folgen

Beitrag von closs » Mi 13. Mär 2019, 09:59

Münek hat geschrieben:
Di 12. Mär 2019, 23:32
Es ist völlig egal, welcher dieser vermeintlichen Alternativen ich den Vorzug gebe.
Richtig - deshalb spielt dieses Motiv hier keine direkte Rolle, außer dass einem bewusst wird, dass es nichts ohne Vorannahme gibt.

PeB hat geschrieben:
Mi 13. Mär 2019, 09:09
Es ist - wie alles in der Wissenschaft - eine Definitionsfrage; wenn auch mit unscharfen Rändern.
Richtig - und "Definition" ist bereits eine Vorannahme. - Wenn man definiert, vereinbart man, dass es für eine Wissenschaft oder ein Projekt so ist, egal, ob dies die Wirklichkeit angemessen wiedergibt oder nicht.

AlTheKingBundy hat geschrieben:
Mi 13. Mär 2019, 09:13
Was zur Folge hat, dass der Mensch kein objektives Bild von der Welt haben kann, es sei denn, er ordent sich wissenschaftlicher Methoden und Prinzipien unter.
Man muss aber wissen, dass das, was man "objektiv" nennt, nur im Sinne einer Methodik objektiv ist, UND dass man damit nur einen Teil dessen erfasst, was in der Welt der Fall ist/Wirklichkeit ist.

Letztlich läuft es drauf raus, dass rational-kritisch definierte Wissenschaft (Popper) für Technisches super-gut ist, für Geisteswissenschaftliches periphäer gut ist und ansonsten nichts ausreichten kann - einfach weil es nicht geht.

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#258 Re: Historisch-kritische Exegese und ihre Folgen

Beitrag von Pluto » Mi 13. Mär 2019, 10:45

closs hat geschrieben:
Mi 13. Mär 2019, 09:59
Münek hat geschrieben:
Di 12. Mär 2019, 23:32
Es ist völlig egal, welcher dieser vermeintlichen Alternativen ich den Vorzug gebe.
Richtig - deshalb spielt dieses Motiv hier keine direkte Rolle, außer dass einem bewusst wird, dass es nichts ohne Vorannahme gibt.
In der Wisenschaft gibt NUR eine einzige Vorannahe die getrffen werden kann: Dass die Welt untersuchbar ist.


closs hat geschrieben:
PeB hat geschrieben:
Mi 13. Mär 2019, 09:09
Es ist - wie alles in der Wissenschaft - eine Definitionsfrage; wenn auch mit unscharfen Rändern.
Richtig - und "Definition" ist bereits eine Vorannahme. - Wenn man definiert, vereinbart man, dass es für eine Wissenschaft oder ein Projekt so ist, egal, ob dies die Wirklichkeit angemessen wiedergibt oder nicht.
Nein. Vorannamhen sind in kanonischen Kreisen wichtig, aber NICHT in der
echten Wissenschaft.

closs hat geschrieben:Man muss aber wissen, dass das, was man "objektiv" nennt, nur im Sinne einer Methodik objektiv ist, UND dass man damit nur einen Teil dessen erfasst, was in der Welt der Fall ist/Wirklichkeit ist.
Nö. Wenn die Welt mit wissenschaftlichen Mitteln erforscht werden kann, dann ist das schon objektiv.

closs hat geschrieben:Letztlich läuft es drauf raus, dass rational-kritisch definierte Wissenschaft (Popper) für Technisches super-gut ist, für Geisteswissenschaftliches periphäer gut ist und ansonsten nichts ausreichten kann - einfach weil es nicht geht.
Eben.
Das ist aber ein Problem der Geisteswissenschaften, die nicht objektiv, sprich ergebnisoffen untersuchen.
Mit anderen Worten: Texte sind Texte, egal welcher Provenienz. Du willst der Bibel immer einen Sonderstatus unterstellen, den sie objektiv nicht hat.
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

closs
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#259 Re: Historisch-kritische Exegese und ihre Folgen

Beitrag von closs » Mi 13. Mär 2019, 11:17

Pluto hat geschrieben:
Mi 13. Mär 2019, 10:45
Nein. Vorannamhen sind in kanonischen Kreisen wichtig, aber NICHT in der
echten Wissenschaft.
Bevor wir uns da ständig widersprechen, sollten wir definieren, was "Vorannahme" eigentlich ist - mal ein sehr einfaches Beispiel, das wir an anderer Stelle bereits hatten:

1) Extremistisch = wenn man Gott über den Staat stellt.
2) Extremistisch = wenn man sich einschlägig strafbar macht.

Ergebnis bei 1) = knapp 40%
Ergebnis bei 2) = unter 1%

Mit anderen Worten: Zwei WISSENSCHAFTLER defininieren einen Begriff unterschiedlich und erhalten im Rahmen dieser Definitions-Unterschiede unterschiedliche methodische Ergebnisse. - Diese Definitionen würde ich als "Vorannahmen" bezeichnen, die begründen, dass man auf exakt dieselbe Frage komplett unterschiedliche Antworten bekommt. - Arbeiten die Wissenschaftler ergebnisoffen? - Selbstverständlich.

Con variazione kannst Du Dir so den Unterschied zwischen HKE und Kanonik vorstellen - beide MÜSSEN zu unterschiedlichen Ergebnissen kommen.

PeB
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#260 Re: Historisch-kritische Exegese und ihre Folgen

Beitrag von PeB » Mi 13. Mär 2019, 11:24

closs hat geschrieben:
Mi 13. Mär 2019, 09:59
Münek hat geschrieben:
Di 12. Mär 2019, 23:32
Es ist völlig egal, welcher dieser vermeintlichen Alternativen ich den Vorzug gebe.
Richtig - deshalb spielt dieses Motiv hier keine direkte Rolle, außer dass einem bewusst wird, dass es nichts ohne Vorannahme gibt.
Der Unterschied besteht letztlich darin, ob du die wahrgenommene Wirklichkeit der Welt als einen von dir unabhängigen Sachverhalt ansiehst oder als subjektiv - und damit von deiner Vorstellung abhängig.
Lapidar ausgedrückt: ich kann nicht verifizieren oder falsifizieren, ob die Welt die ich wahrnehme nach meinem Tod weiter existiert oder nicht. ;)

closs hat geschrieben:
Mi 13. Mär 2019, 09:59
PeB hat geschrieben:
Mi 13. Mär 2019, 09:09
Es ist - wie alles in der Wissenschaft - eine Definitionsfrage; wenn auch mit unscharfen Rändern.
Richtig - und "Definition" ist bereits eine Vorannahme. - Wenn man definiert, vereinbart man, dass es für eine Wissenschaft oder ein Projekt so ist, egal, ob dies die Wirklichkeit angemessen wiedergibt oder nicht.
Ich habe das Beispiel der Frabe Rot genannt, die - subjektiv - durchaus unterschiedlich wahrgenommen werden kann (Rot-Grün-Blinder) und dennoch normiert definiert ist als Farbe einer Wellenlänge oberhalb 600 nm. Hier wird sehr klar deutlich, dass es sich um eine normierte Definition handelt, wobei als Norm die Wahrnehmung der "Normalsichtigen" genommen wird; im eigentlichen Sinne ist dies eine Mehrheitsentscheidung auf der Suche nach einem Wahrnehmungskonsens. Im Grunde bleibt damit aber nach wie vor offen, WIE der Einzelne die Farbe Rot wahrnimmt. Auf der Normbasis Rot-Grün-Blinder könnte darüber hinaus die Definition der Farbe Rot lauten: eine Farbe, die im elektromagnetischen Sprektrum zweimal auftaucht, nämlich oberhalb 600 nm und zwischen 520 und 565 nm.
Wäre die Menschheit insgesamt rot-grün-blind, dann müsste auch die Definition von Rot eine andere sein. Das zeigt sehr deutlich, dass der scheinbar übergeordneten Objektivität lediglich ein Mehrheitskonsens subjektiver Eindrücke zu Grunde liegt.
Abgesehen davon gibt es in diesem Beispiel noch weitere subjektive Definitionselemente: die Vereinbarung darüber, was gemessen wird, wie es gemessen wird, was eine Welle ist etc.

closs hat geschrieben:
Mi 13. Mär 2019, 09:59
AlTheKingBundy hat geschrieben:
Mi 13. Mär 2019, 09:13
Was zur Folge hat, dass der Mensch kein objektives Bild von der Welt haben kann, es sei denn, er ordent sich wissenschaftlicher Methoden und Prinzipien unter.
Man muss aber wissen, dass das, was man "objektiv" nennt, nur im Sinne einer Methodik objektiv ist, UND dass man damit nur einen Teil dessen erfasst, was in der Welt der Fall ist/Wirklichkeit ist.

Letztlich läuft es drauf raus, dass rational-kritisch definierte Wissenschaft (Popper) für Technisches super-gut ist, für Geisteswissenschaftliches periphäer gut ist und ansonsten nichts ausreichten kann - einfach weil es nicht geht.
Ein Beispiel aus meiner Wissenschaft: in den 80er Jahren machte sich ein neuer Wissenschaftszweig auf, der sich "New Archeology" nannte, aus Großbritannien kam und im Wesentlichen den Ansatz verfolgte, die Archäologie zu "vernaturwissenschaftlichen". Die Folge war, dass massenweise Abschlussarbeiten (Magisterarbeiten, Dissertationen...) abgegeben wurden mit Dutzenden von Anhängen voller Tabellen mit Zahlen, die irgendetwas belegen sollten. Wäre es dabei beispielsweise um C-14-Daten gegangen, wäre das sogar eine adäquate Vorgehensweise gewesen (aber C-14 ist auch Physik und nicht Archäologie).
Aber es ging dabei immer wieder um Seriationsdaten zu menschlichen Kulturprodukten unter der "Vorannahme", dass sich dort objektive Gesetzmäßigkeiten finden ließen. Beispiel: Keramikformen. Natürlich findet man dort beispielsweise die Gesetzmäßigkeit, dass Breitgefäße immer breiter als hoch sind - weil Breitgefäße so definiert sind, dass es sich dabei um Gefäße handelt, die breiter als hoch sind. Und wenn man 5000 Gefäße in einer Seriation hat, hat man den Beweis, dass die Realität mit der Definition übereinstimmt. :lol:
Völlig aus dem Auge verloren wurde dabei die Zielsetzung der Archäologie als Wissenschaft: nämlich Geschichte auf der Basis von Funden und Befunden zu rekonstruieren. Was sagen also all diese Scheintabellen am Ende der Abschlussarbeiten in Bezug auf diese Zielsetzung aus? NICHTS!

Im Grunde war die "New Archeology" eine Bewegung, die sich durch die Übernahme naturwissenschaftlicher Methoden einen Anstrich der Objektivität geben wollte, der dem Forschungsgegenstand nicht angemessen ist. Grund dafür ist das allgemein vertretene Missverständnis, Objektivität sei gleichzusetzen mit Seriosität. Wenn ich aber einen Forschungsgegenstand untersuche, der unter weitgehend subjektiven Gesichtspunkten (Keramik) von Menschen hergestellt wurde, hilft mir eine objektive Betrachtung lediglich bei der Ausarbeitung allgemeingültiger Definitionsgrundlagen. Bei der Deutung des Objekts oder der Fundumstände muss ich hingegen subjektive Gesichtspunkte berücksichtigen (Faktor Mensch in der Geschichte).

Meine persönliche Erfahrung mit der New Archeology: nachdem bei meiner Dissertation der Versuch einer edv-gestützten Keramikseriation völlig in die Hose gegangen ist, habe ich die Keramik wieder rein subjektiv-visuell in Typen und Subtypen eingeteilt mit dem Ergebnis, dass meine daraus abgeleiteten Aussagen vollständig ins Bild passten.

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