Parusieverzögerung III

Themen des Neuen Testaments
closs
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#901 Re: Parusieverzögerung III

Beitrag von closs » So 9. Aug 2015, 00:59

Münek hat geschrieben:Die Glaubensbrille bleibt im Tresor - sonst wird es unwissenschaftlich.
Dann darf HKM nicht mehr als Daten-Erhebungen machen - sobald sie auslegt, tut sie dies auf Basis einer Hermeneutik, die grundsätzlich weltanschaulicher Natur ist - das gilt auch für die positivistische Hermeneutik im Namen der HKM.

Was ziehst Du vor?

Münek hat geschrieben:"Die biblischen Texte werden methodisch nicht anders behandelt als andere literarische Erzeugnisse, inbesondere solche aus der Antike".
Richtig - daran muss sich die HKM messen. - Sie kann dann bei einem geistigen Buch wie der Bibel den säkularen Teil abdecken - aber nicht mehr.

Konkret: Sie kann die Aussage, Jesus habe eine eigene Naherwartung gehabt, nur unter dem Vorbehalt treffen, dass dies ein Ergebnis EINER spezifischen Perspektive ist.

Erweckt wird aber der Eindruck, dies sei eine allgemeingültige Aussage, also mehr als eine Modellaussage - so als sei der "historische Jesus" im Sinne der HKM synonym für den "wirklichen Jesus", den wir erkennen würden, könnten wir uns heute zurückbeamen lassen und als Mäuschen Zeuge seiner Aussagen sein. - Das wäre unredlich.

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Münek
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#902 Re: Parusieverzögerung III

Beitrag von Münek » So 9. Aug 2015, 02:10

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Die Glaubensbrille bleibt im Tresor - sonst wird es unwissenschaftlich.
Dann darf HKM nicht mehr als Daten-Erhebungen machen - sobald sie auslegt, tut sie dies auf Basis einer Hermeneutik, die grundsätzlich weltanschaulicher Natur ist

Richtig. Weltanschaulicher Natur - welcher Natur sonst... etwa außerweltlicher Natur? Was ist das? :o

Die Theologen, die die "historisch-kritische Auslegungsmethode" anwenden, forschen auf der Grundlage
ihrer Hermeneutik ohne Glaubensbrille und damit geschichtswissenschaftlich ergebnisoffen. Sie pei-
len kein bestimmtes Ziel an, wollen kein bestimmtes Ergebnis erzielen, sondern lassen sich überraschen,
was bei ihren akribischen Nachforschungen herauskommt...

Das hat viel mit Ehrlichkeit und intellektueller Redlichkeit zu tun... :thumbup:

Sie sind keiner ideologischen Glaubenslehre und keinen unhinterfragbaren Dogmen verpflichtet, sondern
nur der historischen Wahrheit, der sie sich weitestmöglich anzunähern versuchen.

Was willst Du mehr? Du solltest froh sein, dass es so ist... :thumbup:

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Münek
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#903 Re: Parusieverzögerung III

Beitrag von Münek » So 9. Aug 2015, 02:32

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:"Die biblischen Texte werden methodisch nicht anders behandelt als andere literarische Erzeugnisse, inbesondere solche aus der Antike".
Richtig - daran muss sich die HKM messen. - Sie kann dann bei einem geistigen Buch wie der Bibel den säkularen Teil abdecken - aber nicht mehr.

Mehr macht, kann und will sie nicht. Wenigstens das sollte inzwischen bei Dir eingesickert sein. :thumbup:

Mit dem Begriff "geistiges Buch" wüsste sie ohnehin nichts anzufangen. Was ist ein "geistiges Buch"?
Würdest Du verschriftlichen Erzählungen aus den Mythologien der Völker (Göttersagen) als "geistige
Bücher" bezeichnen?

Und selbst wenn - was wäre mit einem solchen Etikett gewonnen? Nichts!

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Münek
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#904 Re: Parusieverzögerung III

Beitrag von Münek » So 9. Aug 2015, 03:16

closs hat geschrieben:Konkret: Sie kann die Aussage, Jesus habe eine eigene Naherwartung gehabt, nur unter dem Vorbehalt treffen, dass dies ein Ergebnis EINER spezifischen Perspektive ist.

Es existiert keine spezifische Perspektive. Das redest Du Dir bloß ein...

Ein gläubiger Christ oder ein interessierter Nichtgläubiger schlägt das "Neue Testament" auf und liest in den
Evangelientexten, dass Johannes der Täufer, danach Jesus und später dessen Jünger dem Volk verkündet
haben:

"Die Zeit ist erfüllt. Tut Buße. Das Reich Gottes ist NAHE herbeigekommen."

Das sind nicht misszuverstehende biblische An- und Aussagen. So steht es nun mal klipp und klar in der "Heili-
gen Schrift". Nimm es einfach zur Kenntnis. Und die neutestamentliche Wissenschaft macht nichts anderes, als
nach akribischer Prüfung und Abwägung aller relevanten Umstände die Authentizität dieser Worte NICHT in
Frage zu stellen
...

Ihr ernsthaft vorzuwerfen, sie täte dies nur aus einer "spezifischen Perspektive", ist - sorry - höchst albern, lächerlich - und anmaßend...

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sven23
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#905 Re: Parusieverzögerung III

Beitrag von sven23 » So 9. Aug 2015, 08:45

closs hat geschrieben: Erweckt wird aber der Eindruck, dies sei eine allgemeingültige Aussage, also mehr als eine Modellaussage - so als sei der "historische Jesus" im Sinne der HKM synonym für den "wirklichen Jesus", den wir erkennen würden, könnten wir uns heute zurückbeamen lassen und als Mäuschen Zeuge seiner Aussagen sein. - Das wäre unredlich.
Es ist unter anderem ja auch das Verdienst der HKM, heraus gearbeitet zu haben, daß sich der biblische Jesus stark von dem historischen unterscheidet, weil er von Anfang an instrumentalisiert wurde. Aus der ursprünglichen Botschaft, der Verkündigung des nahen Gottesreiches, wurde die Vergottung des Wanderpredigers selbst. Wohl auch aus der Not heraus geboren, daß das Gottesreich nicht kam und Jesus hingerichtet wurde, ohne daß sich etwas änderte.
"Ihr habt aus Jesus einen ganz anderen gemacht..." beschwert sich dann auch ein Mitglied der urchristlichen Gemeinde.
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
George Orwell

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#906 Re: Parusieverzögerung III

Beitrag von closs » So 9. Aug 2015, 08:54

Münek hat geschrieben:Die Theologen, die die "historisch-kritische Auslegungsmethode" anwenden, forschen auf der Grundlage ihrer Hermeneutik ohne Glaubensbrille und damit geschichtswissenschaftlich ergebnisoffen. Sie peilen kein bestimmtes Ziel an, wollen kein bestimmtes Ergebnis erzielen
Absolut korrekt - bei der Erkenntnis-Sammlung sind hier alle Wissenschaftler gleich und das ist gut so. - Das Problem beginnt erst bei den weltanschaulich kolorierten Schlussfolgerungen aus Daten.

Münek hat geschrieben:Und selbst wenn - was wäre mit einem solchen Etikett gewonnen? Nichts!
Doch - weil die Literaturgattung die Hermeneutik bedingt/bedingen sollte. - Und die Bibel ist eben keine Chronik, sondern ein geistiges Buch mit historischem Gerüst.

Münek hat geschrieben:Mit dem Begriff "geistiges Buch" wüsste sie ohnehin nichts anzufangen.
Wenn man zwar Musik-PArtituren lesen kann, aber das Musikstück nicht hören kann, weil man taub ist, wird man sich natürlich mit den schwarzen Punkten namens "Noten" begnügen müssen. - Man wird bei tiefer Beschäftigung viel über das Stück erfahren - aber man wird es nie hörend verstehen.

In dieser Analogie sperrt die HKM ihre Ohren NICHT auf, befindet aber über Aufführungen. - Und da meine ich: Entweder Beschäftigung nur mit der "ergebnisoffenen Partitur" - dann ist man objektiv. - Aber dann darf man nicht über den eigentlichen Teil der Partitur, die man NICHT ablesen kann - nämlich die geistige Aufführung - schwadronieren.

Münek hat geschrieben:Es existiert keine spezifische Perspektive.
Daraus müsste man schließen, dass Du die HKM-Perspektive als einzige siehst - das ist eine Monopolismus-Haltung, die der mittelalterlichen RKK entspricht.

Münek hat geschrieben:So steht es nun mal klipp und klar in der "Heiligen Schrift".
Das ist zu primitiv - wenn DAS HKM wäre, wäre es ein Witz.

closs
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#907 Re: Parusieverzögerung III

Beitrag von closs » So 9. Aug 2015, 09:00

sven23 hat geschrieben:Es ist unter anderem ja auch das Verdienst der HKM, heraus gearbeitet zu haben, daß sich der biblische Jesus stark von dem historischen unterscheidet
Dieser Aspekt war neu und vielleicht irritierend, sicherlich auch heilsam - aber:

Es ändert sich nichts daran, dass BEIDES Modelle sind. - Wir haben damit unterschiedliche Perspektiven und deren Erkenntnisse. - Trotzdem wissen wir nicht, welchen Jesus wir antreffen würden, wenn wir uns 2000 Jahre zurück-beamen ließen und als Mäuschen alles hören würden, was Jesus sagte.

Für diesen Beam-Fall gäbe es drei Möglichkeiten:
* Jesus ist wirklich in etwa wie der "biblische Jesus"
* Jesus ist wirklich in etwa wie der "historische Jesus"

Diese Möglichkeiten sind nach wie vor offen - und wahrscheinlich je nach hermenentischem, also weltanschaulichem Approach.

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Andreas
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#908 Re: Parusieverzögerung III

Beitrag von Andreas » So 9. Aug 2015, 09:29

Der Arzt zu seiner Patientin: Ich hab eine gute und eine schlechte Nachricht für sie. Die gute ist: ich habe mit wissenschaftlicher Methodik eine Schwangerschaft bei ihnen nachgewiesen. Die schlechte ist: da sie keine Kollegin sind, steht es ihnen nicht zu ... nein, also bitte, schwafeln sie jetzt nicht unredlich von Mutterglück, das sind nur die Hormone ... es gibt Doppelblindstudien die belegen, dass noch nie ein Kind richtig erzogen wurde ... sie sind keine Wissenschaftlerin, was sie da sagen sind Illusionen, Wunschträume grenzenloser Phantasie ...

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#909 Re: Parusieverzögerung III

Beitrag von NIS » So 9. Aug 2015, 09:37

Da fand er Sie! (Phantasie) :devil:
Der Heilige Geist (Hauke)

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sven23
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#910 Re: Parusieverzögerung III

Beitrag von sven23 » So 9. Aug 2015, 09:41

closs hat geschrieben:
Für diesen Beam-Fall gäbe es drei Möglichkeiten:
* Jesus ist wirklich in etwa wie der "biblische Jesus"
Sehr unwahrscheinlich.


closs hat geschrieben: * Jesus ist wirklich in etwa wie der "historische Jesus"
Die wahrscheinlichere Variante, die zudem durch die Erkenntnisse der HKM untermauert werden.

Es war ja auch von Anfang an das Bestreben der HKM, herauszufinden, was an Jesu Aussagen authentisch ist und was ihm von den Schreibern möglicherweise in den Mund gelegt wurde.
Und da hat sich die Naherwartung bzw. die Verkündigung des nahen Gottereiches durch Jesus als authentischer/glaubwürdiger erwiesen als manch andere Aussagen. Insofern gibt es hier einen großen Konsens in der NT-Forschung.
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
George Orwell

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