Parusieverzögerung

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sven23
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#1601 Re: Parusieverzögerung

Beitrag von sven23 » Sa 16. Mai 2015, 20:48

closs hat geschrieben: Bezieht sich das Postulat, Jesus habe eine Nahewartung gehabt, auf den "echten" oder den "unechten" Jesus? - Wer ist überhaupt der Echte? Der historische oder der biblische? - Was weiss man überhaupt über den historischen Jesus, wenn man nur die Bibel als Quelle hat? Dann gibt es doch nur den biblischen? - Oder wie?
Endlich stellst du mal die richtigen Fragen. Natürlich bezieht sich die Naherwartung auf den biblischen Jesus. Was anderes haben wir als Quelle doch nicht zu Verfügung. Wenn es daneben einen "echten" Jesus geben sollte, der anders als der biblische ist, können wir keine Aussagen über ihn machen, mangels Quellen. Das sollte doch einleuchten.

closs hat geschrieben: Wie kann man die Bibel ohne geistige Vorprägung interpretieren?
Die historisch kritische Methode bewertet doch keine Glaubensinhalte, sie beschreibt sie höchstens.


closs hat geschrieben: Das war doch gar nicht das, was Jesus sagen wollte - außer in Bezug auf das "Jüngste Gericht". -
Warum so kompliziert? Die Aufgabenstellung könnte simpler nicht sein: Kommt das Gottesreich noch zu Lebzeiten der Zuhörer oder irgendwann später? Wenn der Sohn Gottes es nicht auf die Reihe bekommt, diesen simplen Sachverhalt zu vermittlen, dann weiß ich nicht, wie er ihnen die Trinität erklärt hat. :lol:

closs hat geschrieben: Petrus (oder wer auch immer unter seinem Namen geschrieben hat) hat wohl die Naherwartung gehabt und gepredigt - und jetzt ging ihm der Arsch auf Grundeis. - Weil er es selber nicht besser wusste.
Das ist nicht das eigentlich Interessante: Petrus bestreitet nicht, daß Jesu selbst die Naherwartung gepredigt hat. Das ist der entscheidende Punkt.

closs hat geschrieben: Dass die Urchristen eine Naherwartung hatten, ist auch in der katholischen, evangelischen und orthodoxen Theologie unbestritten - DAS ist nicht das Problem.
Und wir sollen glauben, daß der Anführer der Bewegung das Gegenteil glaubte. :roll:
"Die neutestamentliche Forschung ist sich einig, dass der Hauptinhalt der Predigt Jesu in der Ankündigung des nahen Gottesreichs bestand, wie es z.B. in Mk 1,15 ausgedrückt wird:.."
Kubitza, (Der Jesuswahn)
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
George Orwell

Hemul
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#1602 Re: Parusieverzögerung

Beitrag von Hemul » Sa 16. Mai 2015, 20:50

Hemul hat geschrieben:Warum jammerst Du genau wie Dein Kumpel Pluto?

Sven hat geschrieben:Ich jammere nicht, lieber Hemul, ich weise lediglich auf den Widerpruch von Paulus und Jesus hin.
Dazu kannst du dir mal den folgenden Bericht zu Gemüte führen:
1.Thessalonicher 4:13-17,
13 Wir wollen euch aber, Brüder, nicht in Unkenntnis lassen über die Entschlafenen, damit ihr nicht betrübt seid wie die Übrigen, die keine Hoffnung haben. 14 Denn wenn wir glauben, dass Jesus gestorben und auferstanden ist, wird auch Gott ebenso die Entschlafenen durch Jesus mit ihm bringen. 15 Denn dies sagen wir euch in einem Wort des Herrn, dass wir, die Lebenden, die übrig bleiben bis zur Ankunft des Herrn, den Entschlafenen keineswegs zuvorkommen werden. 16 Denn der Herr selbst wird beim5 Befehlsruf, bei6 der Stimme eines Erzengels und bei dem Schall der Posaune Gottes herabkommen vom Himmel, und die Toten in Christus werden zuerst auferstehen; 17 danach werden wir, die Lebenden, die übrig bleiben, zugleich mit ihnen entrückt werden in Wolken dem Herrn entgegen8 in die Luft; und so werden wir allezeit beim Herrn sein.
Wieso soll das ein Beweis dafür sein, dass Paulus hier eine Naherwartung hatte?

Hemul hat geschrieben:Wieso liest du hier eine Naherwartung der Parusie Jesu hier heraus?
:roll:
denn die Waffen, mit denen wir kämpfen, sind nicht fleischlicher Art, sondern starke Gotteswaffen zur Zerstörung von Bollwerken: wir zerstören mit ihnen klug ausgedachte Anschläge (2.Korinther 10:4)

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sven23
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#1603 Re: Parusieverzögerung

Beitrag von sven23 » Sa 16. Mai 2015, 20:53

Hemul hat geschrieben: ..dass wir, die Lebenden, die übrig bleiben bis zur Ankunft des Herrn, ...
Meinst du, daß die übrig gebliebenen nach 2000 Jahren noch leben? :lol:
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Anton B.
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#1604 Re: Parusieverzögerung

Beitrag von Anton B. » Sa 16. Mai 2015, 20:54

Savonlinna hat geschrieben:
closs hat geschrieben:Man scheint spirituelle Texte zum Ausgangspunkt von Interpretationen zu machen, die man auf eine historisch relevante Person bezieht. - Gehen da nicht sämtliche rote Lampen an?
Wen kritisierst Du denn jetzt? Ein paar Foristen, die die historisch-kritische Methode etwas, na, sagen wir eigenwillig darstellen, oder die Theologen? Das wird mir bei Dir einfach nie klar.
Mir auch nicht. Und mit roten Lampen kann ich auch nicht dienen. Zumal der Exeget ja nun auch begründen muss, warum und wie er aus dem Text -- spirituell oder nicht -- zu dieser historischen Aussage kommt.
Die Eiche "ist" - sie steht da - mit oder ohne Wildschweine.

closs
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#1605 Re: Parusieverzögerung

Beitrag von closs » Sa 16. Mai 2015, 21:02

Anton B. hat geschrieben:Zumal der Exeget ja nun auch begründen muss, warum und wie er aus dem Text -- spirituell oder nicht -- zu dieser historischen Aussage kommt.
Das ist die kleinste Übung - meine Frage setzt vorher an:

Was ist aus Deiner Sicht eine "historische Aussage"? - Dass man aus widersprüchlichen Text-Aussagen zum selben Thema eine apodiktisch anmutende Behauptung aufstellen kann? - "Jesus hatte selbst eine Nahewartung" - basta. - Mir gefällt das nach wie vor nicht.

Hemul
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#1606 Re: Parusieverzögerung

Beitrag von Hemul » Sa 16. Mai 2015, 21:03

sven23 hat geschrieben:
Hemul hat geschrieben: ..dass wir, die Lebenden, die übrig bleiben bis zur Ankunft des Herrn, ...
Meinst du, daß die übrig gebliebenen nach 2000 Jahren noch leben? :lol:

Meinst Du, dass auch nur einer der Jünger Jesu miterlebte, dass sich folgende Prophezeiungen Jesu gem. Apostelgeschichte 1:6-8 u. Matthäus 28:19+20 später erfüllt hat? :roll:
als sie zusammengekommen waren, fragten ihn und sagten: Herr, stellst du in dieser Zeit für Israel das Reich wieder her? 7 Er sprach zu ihnen: Es ist nicht eure Sache, Zeiten oder Zeitpunkte zu wissen, die der Vater in seiner eigenen Vollmacht festgesetzt hat. 8 Aber ihr werdet Kraft empfangen, wenn der Heilige Geist auf euch gekommen ist; und ihr werdet meine Zeugen sein, sowohl in Jerusalem als auch in ganz Judäa und Samaria und bis an das Ende der Welt.

18 Und Jesus trat zu ihnen und redete mit ihnen und sprach: Mir ist alle Macht gegeben im Himmel und auf Erden. 19 Geht nun hin und macht alle Nationen zu Jüngern, und tauft sie auf den Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes, 20 und lehrt sie alles zu bewahren, was ich euch geboten habe! Und siehe, ich bin bei euch alle Tage bis zur Vollendung des Zeitalters.
:chapeau:
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sven23
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#1607 Re: Parusieverzögerung

Beitrag von sven23 » Sa 16. Mai 2015, 21:07

Hemul hat geschrieben: Meinst Du, dass auch nur einer der Jünger Jesu miterlebte, dass sich folgende Prophezeiungen Jesu gem. Apostelgeschichte 1:6-8 u,
Matthäus 28:19+20 später erfüllt hat? :roll:

Bis ans Ende der Welt kamen sie sicher nicht, weshalb die Vorhersage ja auch falsch ist.
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
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#1608 Re: Parusieverzögerung

Beitrag von closs » Sa 16. Mai 2015, 21:10

sven23 hat geschrieben:Natürlich bezieht sich die Naherwartung auf den biblischen Jesus.
Die historisch-kritische Aussage wäre also: "Der biblisch beschriebene Jesus hatte bei maßstäblicher Anwendung der Bibel-Texte eine Naherwartung" --- ?? ---

sven23 hat geschrieben:Die historisch kritische Methode bewertet doch keine Glaubensinhalte
Sie würde aber (nach Deiner Interpretation) sagen: "Ein Glaubensinhalt, der Jesus keine Naherwartung unterstellt, ist falsch" --- ?? ---

sven23 hat geschrieben:Kommt das Gottesreich noch zu Lebzeiten der Zuhörer oder irgendwann später?
Jesu Antwort war
a) innerlich bald (nach der Auferstehung)
b) äußerlich irgendwann am "Ende der Welt"

sven23 hat geschrieben:Wenn der Sohn Gottes es nicht auf die Reihe bekommt, diesen simplen Sachverhalt zu vermittlen, dann weiß ich nicht, wie er ihnen die Trinität erklärt hat.
Er würde es auch heute hier im Forum schaffen, wenn er anwesend wäre.

sven23 hat geschrieben:Petrus bestreitet nicht, daß Jesu selbst die Naherwartung gepredigt hat.
Petrus bestreitet nicht, dass er das, was Jesus gesagt hat, als äußeres Erscheinen des Gottesreichs im Dasein (miss-) verstanden hat.

sven23 hat geschrieben:"Die neutestamentliche Forschung ist sich einig, dass der Hauptinhalt der Predigt Jesu in der Ankündigung des nahen Gottesreichs bestand"
Da hat Kubitza doch recht - aber er hat es falsch verstanden. - Damit ist das innere Gottesreich gemeint. - Das muss Kubitza nicht glauben - aber er muss als Wissenschaftler wissen, dass diese Interpretation naheliegend ist.

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#1609 Re: Parusieverzögerung

Beitrag von Hemul » Sa 16. Mai 2015, 21:13

sven23 hat geschrieben:
Hemul hat geschrieben: Meinst Du, dass auch nur einer der Jünger Jesu miterlebte, dass sich folgende Prophezeiungen Jesu gem. Apostelgeschichte 1:6-8 u,
Matthäus 28:19+20 später erfüllt hat? :roll:

Bis ans Ende der Welt kamen sie sicher nicht, weshalb die Vorhersage ja auch falsch ist.
Wieso ist das falsch? :roll: Jünger bedeutet Nachfolger oder Lernender. Und Jesu Nachfolger oder heutige Jünger sind heute genau wie Jesu damalige Jünger rege tätig. Ich vermute ganz stark, dass sie vor nicht allzu langer Zeit auch an Deiner Tür angeklopft haben. Oder irre ich mich hier? :roll:
denn die Waffen, mit denen wir kämpfen, sind nicht fleischlicher Art, sondern starke Gotteswaffen zur Zerstörung von Bollwerken: wir zerstören mit ihnen klug ausgedachte Anschläge (2.Korinther 10:4)

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sven23
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#1610 Re: Parusieverzögerung

Beitrag von sven23 » Sa 16. Mai 2015, 21:23

closs hat geschrieben:Die historisch-kritische Aussage wäre also: "Der biblisch beschriebene Jesus hatte bei maßstäblicher Anwendung der Bibel-Texte eine Naherwartung" --- ?? ---
Bingo!

closs hat geschrieben: "Ein Glaubensinhalt, der Jesus keine Naherwartung unterstellt, ist falsch" --- ?? ----
Suggestivfrage. Dein obiger Satz wäre passender.

closs hat geschrieben: Jesu Antwort war
a) innerlich bald (nach der Auferstehung)
b) äußerlich irgendwann am "Ende der Welt"
Dann hätte er es so kommunizieren sollen,hat er aber nicht. Die These vom "inneren Reich Gottes" ist aber schon seit Beginn des 20 Jahrhundert ad acta gelegt, das nur nebenbei.


closs hat geschrieben: Petrus bestreitet nicht, dass er das, was Jesus gesagt hat, als äußeres Erscheinen des Gottesreichs im Dasein (miss-) verstanden hat.
Falsch. Wenn Jesus keine Naherwartung gepredigt hätte, hätte Petrus das einfach richig stellen können. Hat er aber nicht. Er führt statt dessen das göttliche Zeitmaß ein.
Geht man dagegen von einer Fälschung des 2. Petrusbriefes aus (die historisch kritische Methode tut das), dann stellt sich die Frage, warum man es nicht einfach weggelassen hat oder bestritten hat, daß Jesus die Naherwartung predigte.
Das läßt sich nur so erklären, daß das aus Glaubwürdigkeitsgründen nicht möglich war. Die Ankündigungen der Naherwartung waren einfach zu sehr im öffentlichen Gedächtnis verankert.

closs hat geschrieben: Damit ist das innere Gottesreich gemeint. - Das muss Kubitza nicht glauben - aber er muss als Wissenschaftler wissen, dass diese Interpretation naheliegend ist.
Das innere Gottesreich ist schon lange nicht mehr Stand der Forschung (siehe oben) Da hinkst du etwas hinterher.
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
George Orwell

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