Parusieverzögerung III

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Halman
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#1461 Re: Parusieverzögerung III

Beitrag von Halman » Di 1. Sep 2015, 22:37

closs hat geschrieben:
Halman hat geschrieben:Bei aller Bescheidenheit (ohne Studium und nur mit mittlerer Reife, autodidaktisch aufgepeppt) habe ich dies komplett anders verstanden und zwar so, dass Hermeneutik immer der Exegese zugrundeliegt.
Da muss ich gestehen, dass ich da selber um so weniger durchblicke, je mehr hier drüber gepsrochen wird. - Ich kann Dir sagen, wie es bei uns war: Wir haben a) Quellen sprachlich und historisch undund vollkommen ergebnisoffen untersucht und uns dann b) einen interpretativen Reim drauf gemacht - und beides streng unterschieden. - Das hat den PRofessoren damals gereicht.
Dann sollte es auch hier im Forum reichen. Unsere Maßstäbe müssen hier ja wohl nicht strenger sein als die Deiner Prozessoren in der Universität.

Interessanterweise hatte ich es in meiner Abendschule, wenn auch auf sehr viel bescheidenerem Niveau, ebenso im Deutsch-Unterricht gelernt, wenn es um Erörterungen und schließlich das Buch-Referant ging. Zuerst die sachliche Auseinandersetzung, da erinnere ich mich an die nüchterne Inhaltsangabe - dann die persönliche Interpretation, die sich am zugrundeliegeden Text orientieren musste, also nicht völlig beliebig war, aber sehr wohl frei.

Allerdings hattest Du hier auch immer wieder - zu recht, möchte ich meinen - darauf hingewiesen, dass jeder Rezipient bereits eine Weltanschauung mitbringt und diese Perspektive hermeneutisch in seiner anfänglichen Rezeption einfließt und somit auch die Interpreation beeinflust. Oder hatte ich hier etwas falsch verstanden?

closs hat geschrieben:
Halman hat geschrieben:Jede Bibelauslegung, ob an der Universität oder im Bibelkreis, wird beeinflusst von bewussten oder unbewussten theologischen Grundannahmen.
Das ist das, was ich "Prämissen" nenne - der eine setzt, dass es Gott gibt - der andere setzt, dass es Gott NICHT gibt. - Dies hat eminente Auswirkung auf beiden Seiten, wenn es über das rein Beobachtende hinausgeht.
Ja und diese Prämissen sind doch weltanschaulicher Natur.

closs hat geschrieben:
Halman hat geschrieben:Als „Methodik der Geisteswissenschaften“ (Betti, 1972) untersucht die Hermeneutik (< griech. hermeneuein „erklären / deuten / interpretieren“) die Möglichkeiten und Bedingungen des Verstehens.
Hinzufügen müsste man, dass dabei Unterschiedlichstes rauskommen kann, weil sich im Zweifelsfall jeder darauf beruft.
Dies ist ja auch eine allgemeine Beschreibung der Hermeneutik, hier ist sie noch nicht speziell historisch-kritisch oder anthropologisch usw.

Falls ich aus fachlicher Sicht Unsinn schreibe, so lass es mich bitte wissen. Ich will nicht auf Irrwegen gehen.

closs hat geschrieben:Weiterhin hat es Dein Zitat in sich, weil "Möglichkeiten und Bedingungen des Verstehens" eine subjektive Größe sind. - Mit anderen Worten: Ein Mystiker des Mittelalters versteht denselben Text aufgrund anderer "Möglichkeiten" anders als ein postmoderner Atheist. - Je tiefer man hier dringt, desto unübersichtlicher wird es - zumindest für mich. :lol:
Ja, es ist in etwa so, als würde man in dem Dschungel eindringen, um den Urwald zu sehen.

Was sind also die "Möglichkeiten des Verstehens" im Falle von der sog. Parusieverzögerung? Dies wären wohl primär die zugrundeliegenden biblischen Texte des NT, sekundär ergänzende historische Erkenntnisse. Würdest Du mir darin zustimmen?
Was sind die "Bedinungen des Vestehens"? Darauf kann ich mir zurzeit keinen Reim machen. Kannst Du mir weiterhelfen?
Tja, ein Proton müsste man sein: Dann würde man die Quantenphysik verstehen, wäre immer positiv drauf und hätte eine nahezu unendliche Lebenszeit:-) - Silvia Arroyo Camejo

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#1462 Re: Parusieverzögerung III

Beitrag von Halman » Di 1. Sep 2015, 22:40

closs hat geschrieben:
Halman hat geschrieben:Habe ich Euch damit gelangweilt?
Ganz und gar nicht - man liest und nickt.

Es würde wahrscheinlich mehr Resonanz kommen, wenn Du Deine anspruchsvollen Beiträge mit einer Frage enden würdest.
Okay, da hast du natürlich recht. Was meinst Du zu Zengers Kommentar zum Jesus-Buch von Benedikt XVI?
Tja, ein Proton müsste man sein: Dann würde man die Quantenphysik verstehen, wäre immer positiv drauf und hätte eine nahezu unendliche Lebenszeit:-) - Silvia Arroyo Camejo

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#1463 Re: Parusieverzögerung III

Beitrag von Münek » Di 1. Sep 2015, 22:44

Andreas hat geschrieben:
Zeus hat geschrieben:Die liebe Savonlinna missbraucht das Fehlen eines umfassenden Forschungsberichts als Totschlag-Argument
Nee, nee. Euer Totschlag-Argument von dem niemals anständig belegten "Konsens der NT-Forschung" in Bezug auf Jesu Irrtum wird jetzt als das entlarvt, was es immer schon war - ein Totschlag-Argument.

Das wurde langsam mal Zeit. Ist nicht ganz einfach die Nicht-Existenz von so einer Luftnummer zu "beweisen". In diesem Fall geht es.

Solange Du nicht in der Lage bist, dezidierte Gegenmeinungen renommierter Theologen zu präsentieren,
hast Du ganz schlechte Karten.


Komisch, immer wenn man Euch bat, mal zu liefern, herrschte Schweigen im Walde. Da liegt es schon äußerst
nahe anzunehmen, Gegenstimmen existieren überhaupt nicht; das Thema "Jesu Irrtum" wird unter Neutesta-
mentlern nicht kontrovers diskutiert. :thumbup:

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#1464 Re: Parusieverzögerung III

Beitrag von closs » Di 1. Sep 2015, 22:48

Zeus hat geschrieben:Und jetzt siehst du ein, dass Pluto Recht hat
Da habe ich ja gleich revidiert - da hat er Recht. - Ich hatte mich auf Texte bezogen, die nunmal die Hauptsache in der Philologie sind.

Zeus hat geschrieben:Woher weißt du, dass bei der heutigen HKM nicht regelmäßig moderne naturwissenschaftliche Hilfsmittel (z. B. Erkenntnisse der Archeologie, Radiokarbon-Datierung u.A) zusätzlich benutzt werden?
Unterstelle bitte nicht wieder billig.

Die Aussage, dass bei der heutigen HKM regelmäßig moderne naturwissenschaftliche Hilfsmittel (z. B. Erkenntnisse der Archeologie, Radiokarbon-Datierung u.A) zusätzlich benutzt werden, ist auch meine Aussage - aber auch:
Zeus hat geschrieben:Literarische Wissenschaftsarbeit muss oft ohne nachmessbare, naturwissenschaftliche Assistenz auskommen

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Zeus
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#1465 Re: Parusieverzögerung III

Beitrag von Zeus » Di 1. Sep 2015, 22:56

Andreas hat geschrieben:
Zeus hat geschrieben:während der gute, dem christlichen Aberglauben verfallene Andreas seit einer gefühlten Ewigkeit allen Ernstes auf einem einzigen Spruch aus der sogenannten frohen Botschaft des Markus, dem Vers 08/15, herum reitet.
Du verwechselst da was.
Du hast was unterschlagen: Deine eigenen Antworten.
Es handelte sich also im Wesentlichen um eine Münek-Andreas Co-Produktion. :D
e^(i*Pi) + 1 = 0
Gott ist das einzige Wesen, das, um zu herrschen, noch nicht einmal existieren muss.
(Charles Baudelaire, frz. Schriftsteller, 1821-1867)

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Zeus
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#1466 Re: Parusieverzögerung III

Beitrag von Zeus » Di 1. Sep 2015, 23:04

Andreas hat geschrieben:Klar. In Abermillionen Christen ist er lebendiger denn je. Und das ärgert dich. :lol:
Wie hält der Arme das bloß aus?
Jedenfalls kann er sich meines Mitgefühls sicher sein. :grins:
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#1467 Re: Parusieverzögerung III

Beitrag von Savonlinna » Di 1. Sep 2015, 23:11

Münek hat geschrieben:
Andreas hat geschrieben:
Zeus hat geschrieben:Die liebe Savonlinna missbraucht das Fehlen eines umfassenden Forschungsberichts als Totschlag-Argument
Nee, nee. Euer Totschlag-Argument von dem niemals anständig belegten "Konsens der NT-Forschung" in Bezug auf Jesu Irrtum wird jetzt als das entlarvt, was es immer schon war - ein Totschlag-Argument.

Das wurde langsam mal Zeit. Ist nicht ganz einfach die Nicht-Existenz von so einer Luftnummer zu "beweisen". In diesem Fall geht es.

Solange Du nicht in der Lage bist, dezidierte Gegenmeinungen renommierter Theologen zu präsentieren,
hast Du ganz schlechte Karten.

Dein Spiel ist aus, Münek.

Du kannst noch hundertmal per Copy und Paste immer das selbe in die Threads kopieren:
Es ging nie darum, eine Anzahl von Theologen zu nennen.
Auf dem Prüfstand war stattdessen immer: Wie arbeitet die Wissenschaft bezüglich theologischer Fragen?

So, wie Du es Dir vorstellst, oder so, wie es sich zum Beispiel Theißen/Merz vorstellen?

Du hast dankenswerter Weise so oft auf Theißen/Merz hingewiesen, dass Du durch sie nun zu Fall gebracht worden bist.
Wissenschaft ist nicht das, was DU Dir erträumst, sondern das, was Theißen/Merz durchgezogen haben.

Ich zitiere ein paar Sätze, die ich gestern, als ich nachts nicht schlafen konnte, aus diesem Buch abgetippt habe, und was auch andere Historiker in ähnlicher Form sagen:

Theißen/Merz hat geschrieben:Historische Imagination schafft mit ihren Hypothesen eine "Fiktionalitätsaura" um die Gestalt Jesu wie die religiöse Imagination des Urchristentums. Denn hier wie dort ist eine kreative Vorstellungskraft am Werk, entzündet durch dieselbe historische Gestalt. Hier wie dort wirkt sie in unabgeschlossener Weise: Religiöse Symbole, Bilder und Mythen lassen sich immer wieder neu interpretieren, historische Hypothesen immer wieder neu korrigieren. S. 31

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#1468 Re: Parusieverzögerung III

Beitrag von closs » Di 1. Sep 2015, 23:12

Halman hat geschrieben:Was sind die "Bedinungen des Vestehens"? Darauf kann ich mir zurzeit keinen Reim machen. Kannst Du mir weiterhelfen?
Das ist ein ganzer Wissenschafts-Zweig (Lerntheorie/Entwicklungstheorie) - deshalb (mangels konkreter Kompetenz) nur eine allgemeine Antwort.

Natürlich bedarf es physikalischer/biologischer Bedingungen - lassen wir diese mal weg, weil sie klar sind. - Ansonsten läuft Deine Frage darauf raus, wie man in verschiedenen Kulturen und Zeiten geistig aktiviert ist - ein ganz einfaches Beispiel, damit es sich nicht wieder in Wissenschaftstheorien verliert - die Generation meines Vater, meine Generation, die Generation meiner Kinder am Beispiel "Brot" und "Haus/Wohnung".

Meine Eltern haben NIE ein Stück Brot weggeworfen - ich habe mich immerhin bemüht, es nicht zu tun - meine Kinder kaufen ein neues, wenn das alte etwas hart geworden ist.

Meine Eltern haben nach dem Krieg das Haus als Ort der Wärme und Sicherheit empfunden (weil mein Vater 7 Jahre kriegsbedingt in Russland war und nie mehr frieren wollte - meine Mutter, weil sie als 16Jährige im Winter nachts im Wald übernachten musste, weil die Munitions-Fabrik, in der sie arbeiten musste, und die dazugehörigen Wohnanlagen monatelang nachts bombardiert wurde) - ich war happy, als ich in den 70er Jahren beim Studium im Frankfurt ein Zimmer mit Klo/Waschbecken hatte, das 6,50m lang und 1,30 breit war - meine Kinder brauchen eine Wohnung mit Bad, Fernseher, Küche nicht unter 60qm.

Wenn also die Frage käme, wie verstehst Du "Brot" und "Wohnung/Haus", kämen in diesen drei Generationen sehr unterschiedliche Antworten, weil die eigenen Lebensumstände den eigenen Geist ganz unterschiedlich aktiviert haben.

In meiner Eltern-Generation steht es für "Ich bin dankbar fürs Überleben-Dürfen" - in meiner Generation steht es für "Es ist steigerungsfähig, aber ich bin happy damit" - in der nächsten Generation steht es für "Unter folgendem ... läuft bei mir gar nix".

Man könnte dasselbe Spiel machen innerhalb EINER Generation, wenn man die gesellschaftliche Formatierung und dementsprechende geistige Aktivierung vergleicht - etwa eine mittelständischer 18jähriger Deutschen mit einem per Boot geflüchteten Asylanten.

Das ist kein Vorwurf an irgend jemanden, soll nur zeigen, wie sich in kleinsten Dingen "Bedingungen des Verstehens" radikal ändern können.

Diese Beispiele kann man mühelos ausweiten auf geistige Fragestellungen.

Halman hat geschrieben:Was meinst Du zu Zengers Kommentar zum Jesus-Buch von Benedikt XVI?
Man merkt, dass Zenger das Buch verstanden hat und es vor allem verstehen WILL (was ja mitnichten selbstverständlich ist) - seine Kritik-Punkte fallen auf dementsprechend hohem Niveau an. - Eine gute Voraussetzung, dementsprechend zu streiten.

Pluto
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#1469 Re: Parusieverzögerung III

Beitrag von Pluto » Di 1. Sep 2015, 23:16

Halman hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:Denn die Wissenschaft ist reine Methodik.
Bist Du dir sicher? Ist diese Aussage wissenschaftshistorisch haltbar?
Natürlich gab es eine Entwicklung, aber heute können wir sagen, dass Wissenschaft auf einer sehr soliden Grundlage steht.
Allerdings ist dieses Wissenschaftsideal in der Praxis kaum erreichbar, zumindest so lange wie Wissenschaft von Menschen betreiben wird.
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

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Zeus
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#1470 Re: Parusieverzögerung III

Beitrag von Zeus » Di 1. Sep 2015, 23:29

closs hat geschrieben:
Zeus hat geschrieben:Und jetzt siehst du ein, dass Pluto Recht hat
Da habe ich ja gleich revidiert - da hat er Recht. - Ich hatte mich auf Texte bezogen, die nunmal die Hauptsache in der Philologie sind.
Es ging nicht um Philologie, Literarische Wissenschaftsarbeit oder Kafka.
Du hattest offensichtlich vergessen, dass es sich um Untermauern von Berichten in der BIBEL durch naturwissenschaftliche Hilfsmittel handelte.
[d]Zeus[/d] closs hat geschrieben:Literarische Wissenschaftsarbeit muss oft ohne nachmessbare, naturwissenschaftliche Assistenz auskommen
Siehe oben!

PS:
Mit deiner unseligen Angewohnheit, stark verstümmelte Zitate zu benutzen, hast du dir dieses Mal selber ein Bein gestellt.
e^(i*Pi) + 1 = 0
Gott ist das einzige Wesen, das, um zu herrschen, noch nicht einmal existieren muss.
(Charles Baudelaire, frz. Schriftsteller, 1821-1867)

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