Trinität!

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closs
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#1411 Re: Trinität!

Beitrag von closs » Fr 11. Nov 2016, 17:01

fin hat geschrieben:deine Aussage halte ich für (biblisch) unhaltbar oder kannst du Passagen anführen, die deine Annahmen belegen?
Das ist aus meiner Sicht keine biblische, sondern eine philosophische/ontologische Frage. - Wir sollten zunächst die Frage klären "Was IST eine Offenbarung?" und dann gucken, ob die Antwort darauf zur Bibel passt.

Novas
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#1412 Re: Trinität!

Beitrag von Novas » Fr 11. Nov 2016, 17:04

closs hat geschrieben:
fin hat geschrieben:deine Aussage halte ich für (biblisch) unhaltbar oder kannst du Passagen anführen, die deine Annahmen belegen?
Das ist aus meiner Sicht keine biblische, sondern eine philosophische/ontologische Frage. - Wir sollten zunächst die Frage klären "Was IST eine Offenbarung?" und dann gucken, ob die Antwort darauf zur Bibel passt.

Muss göttliche Offenbarung zwanghaft auf die Bibel begrenzt werden? Ich sehe das nicht so. Es gibt eine fortschreitende Offenbarung.

closs
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#1413 Re: Trinität!

Beitrag von closs » Fr 11. Nov 2016, 17:13

Novalis hat geschrieben:Muss göttliche Offenbarung auf die Bibel begrenzt werden?
Natürlich nicht.

Wie ich Dir auch zustimme, dass es eine Pluralität des Verständnisses gibt - auch Begriffe wie "Trinität" oder "Monotheismus" sind MENSCHLICHE Schablonen. - Deshalb dränge ich doch immer auf eine ontologische Sichtweise.

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Halman
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#1414 Re: Trinität!

Beitrag von Halman » Fr 11. Nov 2016, 17:16

closs hat geschrieben:
Halman hat geschrieben: Doch damit bleibt die Wahrheit im christologischem Sinne eine konkrete und spezielle Wahrheit, keine Allgemeine. Jesus ist die Wahrheit, nicht irgendeine; er ist der Weg, nicht irgendein Weg; er ist das Leben, nämlich das Verheißene, nicht Leben im allgemeinen Sinne.
Ich würde es genau andersrum ausdrücken: Weil Jesus eine allgemein-ontologische Figur ist, vertritt er nicht irgendeine spezielle Wahrheit, sondern die allgemeine Wahrheit. - Deshalb ist er DER Weg, DAS Leben. - Wir scheinen Begrifflichkeiten reziprok zu verwenden, aber dasselbe zu meinen.
Wenn dies stimmen würde, würde gelten:
der Weg ≡ Jesus
die Wahrheit ≡ Jesus
das Leben ≡ Jesus
Dies ist offenkundig falsch, da das Individium Jesus nicht kongruent mit den abstrakten Begriffen "der Weg", "die Wahrheit" und "das Leben" ist.
In welchem Sinne Jesus "das Leben" ist, erklärt Paulus in 1Kor 15-20-22. Dies ist offenkundig nicht identisch mit der Begrifflichkeit Leben, wie ihn Biologen verwenden.

Wenn Jesus mit dem Lógos identifiziert wird, bedeutet dies nicht, dass Jesus kongruent mit jedweder Rede und jedem Wort sei. Der Sohn Gottes ist nicht Lógos im abstrakt-allgemeinen Sinne, sondern konkret und bestimmt ὁ Λόγος (ho Lógos).

Der Begriff λόγος (lógos) ist ein ganz normales griechisches Wort und meint "Wort" nicht im Sinne eines Einzelwortes, sondern im Sinne einer Rede und im tieferen Sinne als Vernunft. So ist die Bibel, in der ja ganz viele Wörter stehen, das Wort, also ho Lógos - offenkundig in einem ganz konkreten Sinn.
Bezogen auf Deine Beiträge hier im Forum könnte ich auch von ὁ λόγος του Κλοσς (ho Lógos tu closs; die Rede des closs) sprechen und Du könntest von ὁ λόγος του Ἥλμην (ho Lógos tu Halman; die Rede des Halman) reden.

Natürlich ist die johanneische Konkretisierung im Lógos-Hymnus sehr verschieden von der oben dargestellten profanen Verwendung des Begriffes. Johannes gebraucht offenbar ganz bewusst einen Begriff aus der hellenistischen Philosophie, doch offenkundig nicht in der Absicht ihn kongruent zum heraklitischen Lógos zu gebrauchen, sondern ihn mit Bezug zur frühjüdischen Weisheitstheologie (Spr 8) im Sinne von Davar (דבר) und Memra (מימרא) neu ausdeutend und konrekt auf Jesus beziehend, um ihn als den personifizierten Inbegriff des Lógos zu verkünden.

closs hat geschrieben:Und wenn man es schon sprachlich genau nimmt:
Nach Deiner Definition von Jesus IST er nicht die Wahrheit, sondern VERTRITT sie. - Aus meiner Sicht, dass Jesus eine Selbst-OFfenbarung Gottes ist, IST er die Wahrheit und das Leben und vertritt sie nicht nur. - Ich sehe als Jesus nicht nur als inkarnierte SChöpfung, sondern auch als Offenbarung Gottes selbst - also diesen Satz als Satz von Gott und nicht von einem GEschöpf.
Jesus betete: Und nun, Vater, verherrliche du mich bei dir mit der Herrlichkeit, die ich bei dir hatte, ehe die Welt war. Unterscheidet hier der Sohn nicht klar zwischen sich und dem Vater?
Stephanus sah die Herrlichkeit Gottes und Jesus stehen zur Rechten Gottes, also offenbar zwei himmlische Entitäten.
Das dem so ist, unterstreichen meiner Meinung nach auch die äußerst bedeutsamen paulinischen Worte in 1Kor 23-28.

closs hat geschrieben:
Halman hat geschrieben:In seinem Wesen (« substantia ») ist Gott unteilbar. Das Trinitätsdiagramm drückt keine Teilung, sondern Einheit aus. Dies ist ja die Besonderheit des Dogmas.
Da sind wir uns ja einig. - Mein Problem ist, wenn man Gott in seinem Wesen (also jenseits der Offenbarungs-Ebene) als drei Personen sieht - wenn man sie also ontologisch als drei Personen sieht, was bedeutet, dass sie in ihrem Sein Skat spielen könnten, was ich persönlich ganz und gar nicht glaube.
Ob sie theoretisch Skat spielen könnten, weiß ich nicht. Leider verstehe ich den antiken Personenbegriff nicht recht, welcher der Trinität immanent ist. Rembremerding ist hier deutlich qualifizierter.

closs hat geschrieben:
Halman hat geschrieben:Die Konklussion begründet doch die nicht Prämisse.
Eigentlich ist das bei der Hermeneutik so: Je bessere und vernetzte Konklusionen aus einer Prämisse möglich sind, desto mehr verdichtet sich die Gewissheit, dass die Prämisse gut gewählt war.
Hmm - langsam erahne ich endlich, was der hermeneutische Zirkel überhaupt meint. Diesen "Zirkel" habe ich nämlich nie begriffen.

Also, wie haben z.B. einen Text und wollen ihn deuten. Nennen wir die erste Deutung die "infantile Deutung", die ihren Namen alle Ehre macht. Man vermag dem Text kaum etwa Tiefsinniges zu entehmen, er erscheint den Kritikeren mit der "infantilen Hermneutik" als Unsinn.

Wenn es nun weiseren Exegeten geliegt, dem Text durch eine reifere Interpretation einen tieferen Sinn überzeugend zu entnehmen, dann leuchtet mir ein, warum man die weisere Deutung für überlegen hält.

Hast Du dafür ein relativ einfaches Beispiel?
Tja, ein Proton müsste man sein: Dann würde man die Quantenphysik verstehen, wäre immer positiv drauf und hätte eine nahezu unendliche Lebenszeit:-) - Silvia Arroyo Camejo

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Halman
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#1415 Re: Trinität!

Beitrag von Halman » Fr 11. Nov 2016, 17:20

closs hat geschrieben:
Halman hat geschrieben:Beim meiner Recherche für meine letzten Beiträge ist mir noch etwas aufgefallen, was mir besonders interessant erscheint, und zwar Num 11:25; denn dort erhlaten 70 Älteste von Gott den Heiligen Geist.
Dazu mein Senf:

11,25f Sobald der Geist auf ihnen ruhte, gerieten sie in prophetische Verzückung <Buber: „Geistbraus“>. … Zwei Männer aber … standen in der Liste, waren aber nicht zum Offenbarungszelt hinausgegangen. Sie gerieten im Lager in prophetische Verzückung.

Der Begriff „Prophet“ wird in der „Einheitsübersetzung“ für unterschiedliche hebräische Textvorlagen verwendet: Einmal wird Aaron als „Künder“ (Buber: Ex.7,1) mit „Prophet“ übersetzt, hier im Text wird „Geistbraus“ als „prophetische Verzückung“ bezeichnet.

Ontologisch liegt beiden Varianten das Motiv des „Mittler-Seins“ zwischen Gott und Mensch zugrunde. - Während jedoch „Künder“ hinweist auf die Weitergabe-Funktion des Mittlers (man verkündet, was man als Botschaft von Gott erhält) hebt das Wort „Geistbraus“ die menschliche Anteilnahme an göttlicher Erkenntnis hervor (man gerät in „prophetische Verzückung“ (11,25)) – allerdings steht das Wort „Geistbraus“ auch allgemein für die geistige Existenz des Menschen an sich (vgl. zu Gen. 6,3), steht also nicht notwendigerweise für ausschließlich intensive geistige Regungen.

Dieser „Geistbraus“ findet nicht nur beim Offenbarungszelt statt, sondern auch bei dem Zelt Fernbleibenden, die aber „in der Liste“ standen, also von Gott ausersehen sind, „von dem Geist“ (11,25) zu erhalten. – Ontologisch weist dies darauf hin, dass die Übertragung des göttlichen Geistes nicht an Heiligtümern gebunden ist, sondern auch Menschen „im Lager“ trifft. - Im generalisierenden Sinne heißt dies: Nicht nur Priester in Heiligtümern, sondern jeder in seinem Alltag kann Empfänger göttlicher Erkenntnis und prophetischer Gaben sein. – Heilsgeschichtlich ist dies insofern ein Quantensprung, weil hier das an Ritualen definierte Ordnungs-Verhältnis zwischen Mensch und Gott aufgebrochen wird zugunsten einer spirituellen Teilhabe am Göttlichen.
In der hier besprochenen mosaischen Narration werden siebzig Älteste ausgewählt. Lass uns mal annehmen, dass es keine 2,5 Millionen Hebräer waren, sondern lediglich 40.000, wie uns in Zeltmacher erklärt wird, so standen doch jedem Ältesten rund 570 Hebräer gegenüber. Zu ihnen zu gehören war schon etwas Besonderes.

closs hat geschrieben:In unserem Zusammenhang wäre jetzt die Frage:
Spricht der Mensch in der der "Verzückung", oder Gott. - Ich meine, Gott. - Denn auch bei Bileam tritt seine Person komplett willenlos zurück, sobald er vom GEistbraus erfasst wird, also von Gott erfasst wird. - Insofern wären die 70 Ältesten resp. Bileam im Moment der "Verzückung" nicht eigen-individuelle Personen des Daseins, sondern ausschließlich Sprachrohre Gottes so wie der "Engel des Herrn". - Wenn man so will, das positive Gegenbeispiel zu satanischer Besetzung.
Bei Bileam wird explizit erzählt, dass er gar nicht anders konnte. Aus diesem Sonderfall würde ich nicht auf den allgemeinen Fall schließen. Es gibt sicher verschiedene Wirkungen des Heiligen Geistes.

Vor vielen Jahren, ja vor Dekaden, hatte ich mal den Heiligen Geist im Gebet verspürt. Ich war nie freier als in diesen Minuten.

closs hat geschrieben:
Halman hat geschrieben:Zitat aus der Buber-Übersetzung:
19 Er aber sprach weiter: Ebendarum höre SEINE Rede! Ich sah IHN sitzen auf seinem Stuhl und alle Schar des Himmels umstehn ihn zu seiner Rechten und zu seiner Linken, 20 ER aber sprach: Wer kann Achab betören, daß er ziehe, daß er falle bei Ramot in Gilad? Nun sprach der: Damit! und der sprach: Damit! 21 Da fuhr hervor der Brausewind, er stand vor SEINEM Antlitz, er sprach: Ich bins, der ihn betören wird. ER sprach zu ihm: Womit? 22 Er sprach: Ausfahre ich, ich werde ein Lügenbraus im Mund all seiner Künder! Da sprach er: Du magst betören, du wirsts auch vermögen, fahr aus und mache es so - ! 23 Und jetzt, wohlan, einen Lügenbraus hat ER in den Mund all dieser deiner Künder gegeben, Böses über dir geredet hat ER.

Das Wort „Geist“ in der Einheitsübersetzung wird im Urtext in buberscher Wiedergabe differenziert wiedergegeben: Es ist ein „Brausewind“ in Diensten Gottes, also nicht Gottes Geist, sondern eine Schöpfung Gottes, die als „Lügenbraus“ über Ahabs Propheten ist. Dies wird von Michas Propheten-Widersacher Zidkija damit zurückgewiesen, dass er den „Geistbraus“, also den Geist des Herrn, hat.

Spirituell bemerkenswert ist (vgl. zu 22,14), dass hiermit aus Sicht des Menschen unentscheidbar ist, ob ein ihm erscheinender Geist göttlicher oder diabolischer Natur ist. – Sicher dagegen ist, dass dieser „Lügenbraus“ von Gott geschickt wird, genauso wie bereits früher Gott „böses Geisten“ (Buber: Rich. 9,22) „zwischen Abimelech und die Bürger von Sichem“ (Rich. 9,22) sowie „ein böses Geisten“ (Buber: 1Sam. 16,14) über Saul geschickt hat. - Noch mehr wird es als „Geistbraus“ (Buber: Rich. 13,25 und Buber: 1Sam. 11,6), also als Gottes Geist selbst, bezeichnet, wenn Simson spirituell bewusstlos „im Lager Dans“ (Rich. 13,25) herumgetrieben wird und Saul ein Gespann Rinder in Stücke schlagen lässt (vgl. 1Sam. 11,6). - Subtil scheint Vergleichbares zu geschehen, wenn Gott – in der Version der „Einheitsübersetzung - David eine Volkszählung befiehlt (vgl. 2Sam. 24,1), was kurz später von David als Sünde erkannt und vom selben Gott bestraft wird, der die Volkszählung angeordnet hat (vgl. 24,13), wie auch Gott an anderer Stelle zumindest den Anschein erweckt, einen Propheten anzuleiten, den Gottesmann aus dem Süden zu belügen, was dem Gottesmann göttliche Strafe einbringt (vgl. zu 13,18).
In 1Sam. 16,14 wird erzählt, dass Gott Saul seinen Geist entzog. Damit ließ er Raum für den schlechten Geist. Offenbar stand der Entzug des Heiligen Geistes im kausalen Zusammenhang zum schlechten Geist in Saul.
Ich glaube nicht, dass dieser von Gott gesandt wurde. Ich denke, es verhält sich so ähnlich wie mit der Verstocktheit des Pharaos (siehe bitte meinen Beitrag vom Fr 5. Jun 2015, 22:28). Schaue Dir hierzu bitte meinen Beitrag vom Mo 26. Okt 2015, 15:41 an.

Simson hatte ein unruhiges Leben. Die Fussnote der Guten Nachricht erklärt:
Zitat der FN der GN zu Rich. 13,25:
Als einer, der von Geburt an Gott geweiht ist, steht Simson in einer besonderen Beziehung zum Geist Gottes. Weil dieser ihn treibt, werden alle seine Unternehmungen zu Auseinandersetzungen mit den Philistern. So benutzt Gott ihn als Werkzeug zur Rettung seines Volkes (Vers 5).

Zu der "Spannung" zwischen 2.Samuel 24,1ff (vermutl. geschrieben von Gad; Nathan) zu 1. Chronika 21,1ff (Esra) habe ich mal zwei mögliche Erklärungen rausgesucht:
1. Warum war die von David veranlasste Volkszählung eine Sünde?
2. Davids folgenschwere Einschreibung.
In der Buchrolle Samuel steckt vermutlich noch altertümliches Denken aus vorexilischer Zeit. Esra lebte hingegen in der Spätantike in nachexilischer Zeit. Ich sehe 1. Chronika 21,1 als esraische Erlärung zur samuelischen Narration an.

closs hat geschrieben:In dieser „Tradition“ der unklaren Geistervermengung erscheint die Botschaft aus Seins-Sicht an sich klar zu sein: Micha ist der einzige, der tatsächlich den göttlichen „Geistbraus“ hat – die Hof-Propheten Ahabs sind von anderen Geistern geleitet. – Aus Daseins-Sicht bleibt jedoch die Verwirrung, denn: Beide Seiten, Zidkijahu sogar wörtlich, beanspruchen „SEIN<EN> Geistbraus“ (22,24) für sich. – Ontologisch weist dies darauf hin, dass die objektive Realität der (verschiedenen) Geister durch subjektive Wahrnehmung des Menschen nicht zweifelsfrei zugeordnet werden kann. – Spirituell wäre grundsätzlich zu prüfen, ob die Wahrhaftigkeit eines Menschen ihm diese Unterscheidungsfähigkeit gibt – ob also im konkreten Fall Zidkijahu, wäre er ein wahrhafter Mensch, glauben könnte, tatsächlich „SEIN<EN> Geistbraus“ (22,24) zu haben, obwohl er ihn nicht hat. – Diese Frage ist aus dem Text nicht beantwortbar: Zidkijahu erscheint als Prophet, der seinem Propheten-Widersacher Micha gegenübersteht, von dem der Leser weiß, dass Micha von Gott bevollmächtigt ist, was aber Zidkijahu aus seiner Sicht nicht weiß.

Mit anderen Worten: Du hast hier ein Fass aufgemacht, denn diese Problematik ist äußert kompliziert. - Meine bisherige Auffassung ist, dass es zwei verschiedene Arten der Offenbarungen gibt:
a) Selbst-Offenbarungen Gottes = Vater, Sohn, HG, aber auch "Engel des Herren" wie auch Menschen als selbst-willenloses Sprachrohr wie etwa die 70 Ältesten und Bileam
b) Offenbarungen durch Gott = "Funktions-Offenbarungen" wie "Lügenbraus", etc.
Danke für Deine ausführliche Antwort. :)

In gewisserweise glaube ich auch an Selbst-Offenbarungen Gottes, aber anders als Du: Die prophetischen Visionen geben nicht die Wirklichkeit wieder, sondern fassen diese in Sprachbildern, in allegorischen Symbolen. Gott auf dem Thron ist so eine visionäre Selbstoffenbarung Gottes. Da schwebt nicht wirklich ein alter Mann auf einem Flammenthron im Himmel.
Tja, ein Proton müsste man sein: Dann würde man die Quantenphysik verstehen, wäre immer positiv drauf und hätte eine nahezu unendliche Lebenszeit:-) - Silvia Arroyo Camejo

Novas
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#1416 Re: Trinität!

Beitrag von Novas » Fr 11. Nov 2016, 17:35

closs hat geschrieben:
Novalis hat geschrieben:Muss göttliche Offenbarung auf die Bibel begrenzt werden?
Natürlich nicht.

Wie ich Dir auch zustimme, dass es eine Pluralität des Verständnisses gibt - auch Begriffe wie "Trinität" oder "Monotheismus" sind MENSCHLICHE Schablonen. - Deshalb dränge ich doch immer auf eine ontologische Sichtweise.

Ja, wir müssen uns deshalb nicht bekriegen ;) das Göttliche Wesen ist ein Mysterium, alle Begriffe übersteigend. Die Trinitätslehre ist entstanden, als Menschen vertieft über dieses Mysterium nachgedacht haben.

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fin
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#1417 Re: Trinität!

Beitrag von fin » Fr 11. Nov 2016, 18:34

-- Biblische Offenbarungen --

closs hat geschrieben:
fin hat geschrieben:Deine Aussage halte ich für (biblisch) unhaltbar oder kannst du Passagen anführen, die deine Annahmen belegen?
Das ist aus meiner Sicht keine biblische, sondern eine philosophische/ontologische Frage.

Novalis hat geschrieben:Muss göttliche Offenbarung zwanghaft auf die Bibel begrenzt werden?

Ja, sofern biblische Offenbarungen die Grundlagen bilden - siehe Ausgangszitat von closs:

closs hat geschrieben:Denn mit Gott meint man Jahwe und nicht die Selbstoffenbarung Jahwes "den Vater" - und Jahwe meint man IMMER, auch wenn man Jesus sagt.

Diese Aussage halte ich für (biblisch) fragwürdig und ich frage gerne nochmal (closs), wie du das (biblisch) begründen würdest.

Beste Grüße
fin

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#1418 Re: Trinität!

Beitrag von Novas » Fr 11. Nov 2016, 18:37

fin hat geschrieben:
Novalis hat geschrieben:Muss göttliche Offenbarung zwanghaft auf die Bibel begrenzt werden?

Ja, sofern biblische Offenbarungen die Grundlagen bilden - siehe Ausgangszitat von closs:

Nur weil die Bibel als Heilige Schrift die Grundlage bildet, muss die Offenbarung nicht darauf begrenzt werden. Im orthodoxen östlichen Christentum wird nicht nur im fundamentalistischen Sinne die Bibel zur Grundlage gemacht, sondern auch die Heilige Tradition gewürdigt. Das heißt, es gibt eine über die Schrift hinaus gehende fortschreitende Offenbarung :wave:

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#1419 Re: Trinität!

Beitrag von closs » Fr 11. Nov 2016, 20:26

Halman hat geschrieben:Wenn dies stimmen würde, würde gelten:
der Weg ≡ Jesus
die Wahrheit ≡ Jesus
das Leben ≡ Jesus
Dies ist offenkundig falsch, da das Individium Jesus nicht kongruent mit den abstrakten Begriffen "der Weg", "die Wahrheit" und "das Leben" ist.
Formal stimmt das - mein Gedanke geht woanders hin:
WER darf so etwas sagen außer Gott?

Halman hat geschrieben: Der Sohn Gottes ist nicht Lógos im abstrakt-allgemeinen Sinne, sondern konkret und bestimmt ὁ Λόγος (ho Lógos).
Das Konkrete nützt aber nix, wenn es nicht universal, also allgemein gültig ist - sonst wäre es eine x-beliebige Meinung.

Halman hat geschrieben:Der Begriff λόγος (lógos) ist ein ganz normales griechisches Wort und meint "Wort" nicht im Sinne eines Einzelwortes, sondern im Sinne einer Rede und im tieferen Sinne als Vernunft.
Wenn man dieses Wort ergründen will, muss man ins hebräische Wort "memra", welches noch viel universaler besetzt ist. - "Logos" ist eine verlustreiche Übersetzung ins Griechische, so wie "Wort" eine noch verlustreichere Übersetzung ins Deutsche ist.

Halman hat geschrieben:Unterscheidet hier der Sohn nicht klar zwischen sich und dem Vater?
Ja - sie haben ja auch unterschiedliche Offenbarungs-Funktionen.

Halman hat geschrieben:Hast Du dafür ein relativ einfaches Beispiel?
Ja - aber nicht biblischer, sondern salopper Natur:

Was ist nun der Hermeneutische Zirkel? Um es vorwegzunehmen: Der Hermeneutische Zirkel beschreibt ein Verfahren, wie man einer nicht-fasifizierbaren Wahrheit näher kommt, die man nicht kennt.

Das Wort „Hermeneutik“ kommt vom griechischen „hermÄ“neúō = auslegen, erklären, übersetzen". Damit charakterisiert dieser Begriff die Art von Wahrnehmung, die immer wieder überprüft und weiterentwickelt wird mit dem einzigen Ziel, sich immer mehr an den URSPRUNG der Wahrnehmung, also der Wahrheit selbst, anzunähern.

Im folgenden eine Erklärung anhand eines konkreten Beispiels:
Ein Mann sieht eine für ihn attraktive Frau und beschäftigt sich mit ihr mit dem Ziel, sich ihr anzunähern. - Ausgangspunkt für diese Beschäftigung ist zunächst das eigene Vorwissen über das Phänomen Frau. - Konkret: Man weiß – sei es konkret oder diffus -, dass eine Frau für einen Mann zielwürdig ist.

Der eigentliche Verstehensprozess, also der Hermeneutische Prozess, wird nun dadurch angeworfen, dass man aufgrund seines Vorwissens oder Vorfühlens über das Phänomen „Frau“ weitere Vermutungen über sie gleichsam in die Zukunft vorauswirft. Man zieht also Schlussfolgerungen aus seinem Vorwissen – gleichsam als Arbeitsgrundlage für die weitere Beschäftigung. - Konkret: Diese attraktive Frau lässt sich gerne zum Essen einladen, also – schlussfolgert man – wird sie auch einmal gerne für einen kochen.

Der nächste Schritt führt zu Änderungen und/oder Weiterentwicklungen des ursprünglichen Vorwissens und den darauf gegründeten Schlussfolgerungen. - Konkret: Fall 1: Sie kocht wirklich gerne für mich – die Schlussfolgerung war also richtig. – Fall 2: Sie hat ebenfalls einen Fulltimejob, deshalb gehen wir jeden Abend zum Italiener – die Schlussfolgerung war also falsch. Fall 3: Sie ist nicht Hausfrau, sondern ich bin Hausmann, und deshalb bin ich es jetzt, der gerne kocht - Wobei hier wichtig anzumerken ist, dass dieser Erkennungsprozess an sich keine Bewertung ist, sondern eben ein Erkennungsprozess – seine wertende Interpretation ist Sache der Betroffenen untereinander.

Mit diesem durch Erfahrung modifizierten, also weiterentwickelten Vorwissen kann der Verstehensprozess erneut angestoßen werden und kann im Prinzip endlos – deshalb „Hermeneutischer ZIRKEL“, besser noch wäre “Hermeneutische SPIRALE“ - wiederholt werden. Das heißt: Das Projekt der Ausdeutung einer Beziehung entwickelt sich immer weiter. In der Regel wird dies so aussehen, dass immer mehr wachsendes und sich immer mehr stabilisierendes Wissen zu Schlussfolgerungen führt, die immer realistischer werden. In unserem Bild: Die Rollenverständnisse untereinander werden immer klarer – so oder so, egal wie. - Das Entscheidende jedoch ist etwas anderes, nämlich dass diese Endlos-Beschäftigung überhaupt stattfindet – und zwar deshalb, weil beide ihre gegenseitige Beschäftigung als wichtigen Inhalt ihrer Beziehung selbst ansehen.

Martin Heidegger verallgemeinert diese „Wichtigkeit der Beschäftigung mit Wichtigem“ insofern, als dass für ihn der Ursprung des Hermeneutischen Zirkels in seiner grundsätzlichen Einbettung in der Wahrheit liegt. Damit meint er: Nur weil der Mensch gar nicht anders könne, als in der Wahrheit seines eigenen Seins zu stehen, könne er die Wahrheitsfrage über den Sinn und Grundlage seines Menschseins stellen und diese weiter ausbauen. - Und wo stellt er diese Fragen bzw. wo sollte er sie stellen? – Da, wo der Mensch sein Menschsein konkret ausbreitet, also wo er körperlich und geistig lebt, wo er also als Mensch hingestellt wurde.

Konkret: Weil unser Paar in der gegenseitigen Beziehung ein Stück seiner eigenen Wahrheit sieht, kann es zu dieser Beziehung Fragen stellen und diese Beziehung endlos ausbauen. Alternative dazu: Man trennt sich voneinander, dann hört der Hermeneutische Prozess zwar auf, sich zu entwickeln - aber eben nur auf diesem konkreten Beziehungsfeld, denn dieser Prozess wird sich zu gegebener Zeit ein anderes Feld suchen, weil es keinen Menschen gibt, der nicht in der Wahrheit seines eigenen Seins steht. Anders formuliert: Man nimmt sich überall mit.

Ein anderes Beispiel im Sinne des Hermeneutischen Zirkels:
Einem Bergsteiger, der vor sich einen Berg aufragen sieht, der nach kurzer Zeit in Wolken verschwindet, bleibt der Blick auf dem Gipfel logischerweise verwehrt. Das Vorwissen des Bergsteigers besteht darin, dass er sieht, dass etwas vor ihm aufragt, und er auch im Ansatz Routen erkennt, diesen Berg zu besteigen. - Im ersten Schritt projiziert er Schlussfolgerungen aus seinem Vorwissen, indem er annimmt, dass der Berg jenseits der Nebelgrenze nicht einfach abbricht, sondern weiter aufsteigt – das entspricht unserer Setzung, dass es Wahrheit gibt, wenn auch unbekannterweise.

Daraufhin macht er gutausgerüstet seine erste Bergtour – das entspricht unserer Ausrüstung des Dialektischen Denkens. – Diese erste Bergtour und die folgenden führen dazu, dass in den nächsten Phasen immer mehr wachsendes und sich immer mehr stabilisiertes Wissen zu immer realistischeren Schlussfolgerungen führt, wie Routen zu ändern sind und wie die beste Gipfelroute wirklich aussieht – das entspricht dem Hermeneutischen Prozess. - Das Entscheidende jedoch ist nicht, ob und wann er den Gipfel erreicht, sondern etwas anderes, nämlich dass die Besteigungsversuche kontinuierlich stattfinden – und zwar deshalb, weil er Bergsteiger „ist“ – wie wir Menschen „sind“ - und er seine Beziehung zum Berg – wie der Mensch seine Beziehung zur Wahrheit - als wichtigen Inhalt seiner Existenz, also seiner eigenen Wahrheit, ansieht.

Er kann als Bergsteiger also gar nicht anderes, als vom Berg her eine Anziehungskraft zu spüren. Genauso wie der Mensch nicht anders kann, als vom Ursprung seines eigenen Seins her, also dessen, was wir als „Wahrheit“ definiert haben, auf Dauer eine Anziehungskraft zu spüren. - Die Alternative für den Bergsteiger: Man trennt sich innerlich vom wolkenverhüllten Berg, vielleicht weil man nur auf Anhieb überschaubare Anhöhen besteigen will. Dann gibt es zwar keinen Hermeneutischen Prozess, weil man ja nur beschreitet, was man schon kennt. Jedoch wird jeder echte Bergsteiger unbefriedigt sein, wenn er sich zwar auf Hügelkuppen sonnen kann, die jedoch umgeben sind von Wolken-Bergen, die hinter den Wolken ganz offensichtlich weiter nach oben ragen. Man kann wegschauen, aber sie sind da.

Vom Beispiel zurück ins Allgemeine: Grundlage der Wahrnehmung im Sinne des Hermeneutischen Prozesses ist im Unterschied zur Naturwissenschaft somit nicht die Objektivierbarkeit der eigenen Wahrnehmung, sondern die Realisierung menschlicher Identität, oder wie Emil Staiger sagt: "Dass wir begreifen, was uns ergreift." - Den Bergsteiger interessiert zwar sehr wohl auch die objektiv beschreibbare Beschaffenheit der Felsen, die ihm begegnenden Arten von Flora und Fauna sowie Wetter und Klima. Ihn interessiert jedoch viel mehr der Gipfel selbst und der Weg dorthin. – Analog: Den spirituellen Menschen interessiert zwar sehr wohl sein irdisches Umfeld, in dem er lebt und wirkt. Ihn interessiert jedoch viel mehr sein eigener Ursprung und sein eigener Zugang dazu.

Somit ist Hermeneutik auf Basis der Hegelschen Dialektik das spirituelle Handwerkszeug oder, wenn man so will, die spirituelle Methode zur Annäherung an Wahrheit, die über Methodik der Naturwissenschaften aus deren anders ausgerichteten Fragestellung nicht leistbar ist.

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#1420 Re: Trinität!

Beitrag von closs » Fr 11. Nov 2016, 20:42

Halman hat geschrieben:Lass uns mal annehmen, dass es keine 2,5 Millionen Hebräer waren, sondern lediglich 40.000, wie uns in Zeltmacher erklärt wird, so standen doch jedem Ältesten rund 570 Hebräer gegenüber. Zu ihnen zu gehören war schon etwas Besonderes.
Ja - ist die Quote heute anders? :angel:

Halman hat geschrieben:Bei Bileam wird explizit erzählt, dass er gar nicht anders konnte. Aus diesem Sonderfall würde ich nicht auf den allgemeinen Fall schließen. Es gibt sicher verschiedene Wirkungen des Heiligen Geistes.
NAtürlich - das entscheidet der HG. - Nicht jeder Einfluss des HG hat selbst-offenbarende Wirkung nach außen.

Der entscheidende Punkt aus meiner Sicht:
Erscheint hier Gott, indem er seinen Offenbarungs-Träger (bspw. Bileam) zeitweise ersetzt, also ihn selbst in seiner Individualität ausschaltet - oder erscheint Gott in einem Individuum, um ihm Erkenntnis zu bringen.

Bei Bileam war es ersteres und zweiteres gerade NICHT - denn kurz danach, als er vom "Geistbraus" verlassen ist, hetzt er wieder gegen die Juden - als hätte er dieses seherische Erlebnis gar nicht gehabt - eben weil er es BEWUSST wirklich nicht gehabt hat. - Deshalb kommt Bileam ja im NT so schlecht weg.

Halman hat geschrieben:Offenbar stand der Entzug des Heiligen Geistes im kausalen Zusammenhang zum schlechten Geist in Saul. Ich glaube nicht, dass dieser von Gott gesandt wurde. Ich denke, es verhält sich so ähnlich wie mit der Verstocktheit des Pharaos
Sehe ich (auch beim Pharao) anders. - Beide, Saul und Pharao, haben ziemlich ehrlich die Interessen ihrer Funktion vertreten - aber dies hat nicht in die Lehrabsicht der Texte gepasst. - Um es deutlich zu sagen: Saul ist aus meiner Sicht ein besserer individueller Charakter als David. David wird erst ganz. ganz spät (nach dem Tod seines erwachsenen Sohnes - war es Abschalom?) bekehrt. - Hier wird meines Erachtens sehr viel vorauseilende SChleimerei in die Bibel interpretiert - aber das ist ein ziemlich kompliziertes Thema: Das Verhältnis von persönlichem Charakter und Heilsrolle - nur so viel hier: Beides ist ganz und gar nicht kongruent.

Halman hat geschrieben:Ich sehe 1. Chronika 21,1 als esraische Erlärung zur samuelischen Narration an.
Wenn es Dich interessiert: Auch 2.Sam. 24,3ff. lässt sich bei genauer Übersetzung (geht nur mit Buber) im Sinne von 1.Chr. 21,1ff interpretieren.

Halman hat geschrieben:Die prophetischen Visionen geben nicht die Wirklichkeit wieder, sondern fassen diese in Sprachbildern, in allegorischen Symbolen.
Das ist gar nicht anders als ich - ich würde es etwas anders ausdrücken:
Die prophetischen Visionen geben nicht die Wesens-Wirklichkeit Gottes wieder, sondern deren Ebenbildlichkeit in menschen-verständlichen Bildern. - Diese Bilder müssen nicht allegorisch sein, sondern können auch historisch sein - im Sinne Goethes: "Alles Vergängliche <also auch die Geschichte> ist nur ein GLeichnis".

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