Parusieverzögerung III

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Rembremerding
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#1351 Re: Parusieverzögerung III

Beitrag von Rembremerding » Sa 29. Aug 2015, 19:52

Halman hat geschrieben:@Alle User

Habe ich Euch damit gelangweilt? Oder war dies wieder für die Katz? Das Problem dabei ist, sie kann nicht lesen.
Nein, keineswegs. Zengers Zitate und auch die anderer Theologen hätte ich auch bringen können. Nur: Für jene, die den modernen Ansatz der HKM bereits verstanden haben, wäre es nichts neues, nur Bestätigung. Und für jene, welche die HKM für ihre Zwecke missbrauchen, sie gar nicht verstehen oder eine altbackene HKM bevorzugen, würden auch Zengers Ausführungen keinen Fortschritt bedeuten.

Im diesem Sinn, Danke für Deine Arbeit, @Halman. :thumbup:
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Halman
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#1352 Re: Parusieverzögerung III

Beitrag von Halman » Sa 29. Aug 2015, 19:53

Andreas hat geschrieben:Wenn ich so eine Exegese mal Schritt für Schritt im Entstehungsprozess mitverfolgen könnte, wäre mir vieles klarer.
Im folgenden Link kannst Du eine Liste einsehen, welche "Werkzeuge" für die HKM verwendet werden (sofern ich mich recht entsinne :?: , hatte Sven dies schon verlinkt):
https://www.uni-due.de/EvangelischeTheo ... hode.shtml

Im Wesendlichen arbeitet die HKM mit den fachlichen "Werkzeugen" der Literaturwissenschaft, ergänzt durch die Einbeziehung des historischen Kontextes. Es geht also um Textanalyse, Literaturkitik und Historie.

Eine ausführliche Erkärung der HKM kannst Du in Bibelwissenschaft nachlesen

Bei der Textkritik geht es um denn Vergleich der verschiedenen Handschriften. Ein gutes Beispiel hierfür ist die Überlieferung des prophetischen Buches Jesaja. Ein kritischer Vergleich zwischen den masoretischen Text aus dem Mittelalter und der rund tausend Jahre älteren Jesajarolle von Qumran ist eine textkritische Betrachtung.
Wenn Du magst, schaue einfach in die Bibelaustellung rein.
Klicke bitte auf folgendes Bild:
Bild
Noch mal "Klick" hierauf: 4. Schriftrollen vom Toten Meer
Bild
Und nun hierauf:
Bild
Die Bedeutung der Jesajarolle
Der Bibeltext - HERVORRAGEND ÜBERLIEFERT!
Und Du findest einen Artikel, der den Textvergleich thematisiert.

Folgende Zusammenfassung habe ich gefunden:
Die Textkritik versucht, aus den verschiedenen Bibelhandschriften den ursprünglichen Text herauszufinden.
Die Literarkritik fragt nach den verschiedenen schriftlichen Quellen, aus denen ein biblisches Buch oder ein längerer biblischer Text zusammengesetzt ist.
In der Formkritik werden die Texte danach untersucht, welcher Form oder Gattung sie angehören: Erzählung, Sage, Prophetenspruch, Gleichnis....
Die Überlieferungskritik geht der Frage nach, welchen Weg ein Text von der mündlichen zur schriftlichen Überlieferung zurückgelegt hat.
Die Redaktionskritik untersucht, wie biblische Bücher, z. B. die Evangelien, durch Redaktoren zusammengestellt wurden und welche Veränderungen dadurch die einzelnen Texte erfahren haben.

Als Suchparameter empfehle ich "Theologie-Examen" und "Zenger". Die PDF-Dateien basieren meiner bescheidenen Kenntnis nach auf der KHM.
Tja, ein Proton müsste man sein: Dann würde man die Quantenphysik verstehen, wäre immer positiv drauf und hätte eine nahezu unendliche Lebenszeit:-) - Silvia Arroyo Camejo

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Andreas
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#1353 Re: Parusieverzögerung III

Beitrag von Andreas » Sa 29. Aug 2015, 20:14

Danke aber die Theorie kenne ich soweit ich das als Amateur verstehen kann. Ich meinte ein konkretes Beispiel aus der Praxis. Meinetwegen am Buch Kohelet oder dem Markusevangelium durchexerziert. Jeder Arbeitsschritt an diesem Beispiel gezeigt, bis hin zur fertigen historisch-kritischen Exegese, der kanonischen Exegese, der Ratzinger Exegese ...
So könnte ich mir ein deutlicheres Bild machen, besonders auch von den Unterschieden in der Theorie und ihrer Auswirkungen in der Praxis.

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Halman
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#1354 Re: Parusieverzögerung III

Beitrag von Halman » Sa 29. Aug 2015, 22:12

Andreas hat geschrieben:Danke aber die Theorie kenne ich soweit ich das als Amateur verstehen kann. Ich meinte ein konkretes Beispiel aus der Praxis. Meinetwegen am Buch Kohelet oder dem Markusevangelium durchexerziert. Jeder Arbeitsschritt an diesem Beispiel gezeigt, bis hin zur fertigen historisch-kritischen Exegese, der kanonischen Exegese, der Ratzinger Exegese ...
So könnte ich mir ein deutlicheres Bild machen, besonders auch von den Unterschieden in der Theorie und ihrer Auswirkungen in der Praxis.
Da könnte Dir hier wohl nur ein Fachmann weiterhelfen. Vielleicht hat Savonlinna ja eine Idee, anhand eines Beispieles zu vermitteln, wie die Methode in der Anwendung funktioniert.
Auch Historiker wenden diese Methode an, wenn sie historische Texte analysieren. So nehmen sie nicht jede antike Propaganda für bare Münze.

Ein Beispiel wäre vielleicht ein alter Brief von Großmutter oder noch besser Urgroßmutter. Wann wurde er geschrieben und stammt er wirklich von Urgroßmutter? Das Papier könnte untersucht werden, um das Alter zu bestimmen, doch dies ist nach meiner Kenntnis nicht die Arbeit eines Exegeten, aber er wird dergleichen wissenschaftliche Erkenntnisse sicher einbeziehen.
Erstmal wird der Text gründlich gelesen. Welcher Schriftzeichen wurden verwendet: altdeutsche oder lateinische? Welcher Sprachstiel enthält der Text: akademisch, gehoben oder eher einfach? Welche Kenntnisse besaß die Autorin?
Angenommen, der Text wurde in deutscher Kurrentschrift (altdeutscher Schrift) geschrieben, könnte man auf dem ersten Blick zum Schluss kommen, dass der Text wahrscheinlich vor dem Normalschrifterlass von 1941 verfasst wurde. Wenn darin aber die Trümmerfrauen erwähnt werden, spricht dies für eine Niederschrift ab 1945.

Ein Beispiel für Exegese anhand einer der schwierigsten Abschnitte des NT ist der erste Brief des Paulus an die Korinther / 1 Kor 11,2-16. Darin kannst Du auch sehen, wie kontrovers die Exegse sein kann.
Nun klinge ich ein wenig wie ein "Lehrer" ...
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... ich tue aber nur so, schließlich bin ich nur ein Laie.
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#1355 Re: Parusieverzögerung III

Beitrag von closs » Sa 29. Aug 2015, 22:26

Halman hat geschrieben:Wenn darin aber die Trümmerfrauen erwähnt werden, spricht dies für eine Niederschrift ab 1945.
Genau DAS (ich zitiere hier nur Deinen letzten Satz von vielen) ist HKM, die als solche von allen Theologen anerkannt ist und bspw. von der RKK als Basis ihrer Hermeneutik verwendet wird. - Reine Wissenschaft ohne irgendwelchen weltanschaulichen Einschlag - und ohnehin ergebnisoffen.

Als Nächstes käme dann irgendwann die Frage: Wie deuten wir aus UNSERER Sicht das, was wir hier lesen - und dann wird es hermeneutisch, verlässt also das Feld der HKM. - Anmerkung: Es kann sein, dass es auch den Begriff "historisch-kritische Hermeneutik" gibt - aus meiner Sicht ist ein solcher Begriff mindestens irreführend, wenn nicht sogar unzulässig.

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#1356 Re: Parusieverzögerung III

Beitrag von Halman » Sa 29. Aug 2015, 22:51

Also das verstehe ich nicht. Bei aller Bescheidenheit (ohne Studium und nur mit mittlerer Reife, autodidaktisch aufgepeppt) habe ich dies komplett anders verstanden und zwar so, dass Hermeneutik immer der Exegese zugrundeliegt. Ist denn die Hermeneutik der historisch-kritischen Exegese nicht eben historisch-kritisch, die der narrativen Exegese narrativ usw.? Falls ich nicht auf den Holzweg bin, so scheint es viele Hermeneutiken zu geben, weltanschauliche, wie die jüdische und christliche, aber auch wissenschaftliche, wie die historische.
Unter Allgemeines zur HKM heißt es:
Die Bezeichnung Historisch-kritisch verweist auf eine Kombination zweier Grundannahmen dieser hermeneutischen Methoden:
Damit sind die Grundanahmen "historisch" und "kritisch" gemeint, oder sehe ich das falsch.

Richtig ist, dass jeder Exegese Hermeneutische Grundannahmen zugrundeliegen.
Wer Bibeltexte auslegt, ohne sich mit Hermeneutikfragen zu befassen, stößt rasch an Grenzen. Jede Bibelauslegung, ob an der Universität oder im Bibelkreis, wird beeinflusst von bewussten oder unbewussten theologischen Grundannahmen. Solche hermeneutischen Grundentscheidungen führen z.B. zur unterschiedlichen Beantwortung der Frage, wie die Auferstehungsberichte zu verstehen sind: Als Halluzinationen, als nachträglich entwickelte Mythen oder als historisches Geschehen?

Die Biblische Hermeneutik - die Lehre vom Verstehen der Bibel und laut der verlinkten Artikel eine „Methodik der Geisteswissenschaften“ - also wissenschaftlich, oder?
Die Erörterung der Frage nach diesem „wie“ der Auslegung ist Gegenstand der Hermeneutik. Als „Methodik der Geisteswissenschaften“ (Betti, 1972) untersucht die Hermeneutik (< griech. hermeneuein „erklären / deuten / interpretieren“) die Möglichkeiten und Bedingungen des Verstehens.
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#1357 Re: Parusieverzögerung III

Beitrag von closs » Sa 29. Aug 2015, 23:18

Halman hat geschrieben:Bei aller Bescheidenheit (ohne Studium und nur mit mittlerer Reife, autodidaktisch aufgepeppt) habe ich dies komplett anders verstanden und zwar so, dass Hermeneutik immer der Exegese zugrundeliegt.
Da muss ich gestehen, dass ich da selber um so weniger durchblicke, je mehr hier drüber gepsrochen wird. - Ich kann Dir sagen, wie es bei uns war: Wir haben a) Quellen sprachlich und historisch undund vollkommen ergebnisoffen untersucht und uns dann b) einen interpretativen Reim drauf gemacht - und beides streng unterschieden. - Das hat den PRofessoren damals gereicht.

Halman hat geschrieben:Jede Bibelauslegung, ob an der Universität oder im Bibelkreis, wird beeinflusst von bewussten oder unbewussten theologischen Grundannahmen.
Das ist das, was ich "Prämissen" nenne - der eine setzt, dass es Gott gibt - der andere setzt, dass es Gott NICHT gibt. - Dies hat eminente Auswirkung auf beiden Seiten, wenn es über das rein Beobachtende hinausgeht.

Halman hat geschrieben:Als „Methodik der Geisteswissenschaften“ (Betti, 1972) untersucht die Hermeneutik (< griech. hermeneuein „erklären / deuten / interpretieren“) die Möglichkeiten und Bedingungen des Verstehens.
Hinzufügen müsste man, dass dabei Unterschiedlichstes rauskommen kann, weil sich im Zweifelsfall jeder darauf beruft.

Weiterhin hat es Dein Zitat in sich, weil "Möglichkeiten und Bedingungen des Verstehens" eine subjektive Größe sind. - Mit anderen Worten: Ein Mystiker des Mittelalters versteht denselben Text aufgrund anderer "Möglichkeiten" anders als ein postmoderner Atheist. - Je tiefer man hier dringt, desto unübersichtlicher wird es - zumindest für mich. :lol:

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#1358 Re: Parusieverzögerung III

Beitrag von Münek » So 30. Aug 2015, 01:24

Halman hat geschrieben:Also das verstehe ich nicht. Bei aller Bescheidenheit (ohne Studium und nur mit mittlerer Reife, autodidaktisch aufgepeppt) habe ich dies komplett anders verstanden und zwar so, dass Hermeneutik immer der Exegese zugrundeliegt. Ist denn die Hermeneutik der historisch-kritischen Exegese nicht eben historisch-kritisch,

Du hast es genau richtig verstanden.

Nicht-historisch-kritisch wäre es z.B. zu behaupten, Jesus von Nazareth wäre der Sohn eines Gottes, eine präexistente geistige Wesenheit.
Zuletzt geändert von Münek am So 30. Aug 2015, 01:51, insgesamt 1-mal geändert.

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#1359 Re: Parusieverzögerung III

Beitrag von Zeus » So 30. Aug 2015, 01:28

closs hat geschrieben:Je tiefer man hier dringt, desto unübersichtlicher wird es - zumindest für mich. :lol:
Erst seitenweise große Klappe, und nu merkste, dass du selber nix davon verstehst! :grins:
e^(i*Pi) + 1 = 0
Gott ist das einzige Wesen, das, um zu herrschen, noch nicht einmal existieren muss.
(Charles Baudelaire, frz. Schriftsteller, 1821-1867)

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#1360 Re: Parusieverzögerung III

Beitrag von Münek » So 30. Aug 2015, 02:15

closs hat geschrieben:Als Nächstes käme dann irgendwann die Frage: Wie deuten wir aus UNSERER Sicht das, was wir hier lesen - und dann wird es hermeneutisch, verlässt also das Feld der HKM. - Anmerkung: Es kann sein, dass es auch den Begriff "historisch-kritische Hermeneutik" gibt - aus meiner Sicht ist ein solcher Begriff mindestens irreführend, wenn nicht sogar unzulässig.

Wer so naiv-nichtsahnend argumentiert, will im Grunde keine Ahnung haben!

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