Gerade frage ich, was "kanonische Exegese" eigentlich genau ist. Dass sich ein "Kanon" herauskristallierte, der von Priestern, Schriftgelehrten und Aposteln im Zusammenhang betrachtet wurde, lässt sich m. E. schwerlich leugnen.
In der Zeitschrift der Katholischen Akademie in Bayern äußerte ich auch
Prof. Dr. Erich Zenger zur Debatte um das Jesus-Buch von Benedikt XVI.
Zitat von Zenger:
Ein pointiert bibeltheologisches Buch
Davon bin ich schlichtweg beeindruckt: Der Papst liebt die Bibel und lebt mit der Bibel. Und dieser Papst liest und erklärt die Bibel auf hohem bibelwissenschaftlichen Niveau (wenngleich mit sehr begrenzter Wahrnehmung der neueren Fachliteratur). Mich fasziniert, dass die Bibel und das Studium der Bibel beim späten Ratzinger konsequent "das Fundament" und "die Seele" seiner Theologie geworden sind.
Unter dem Abschnitt
"Enttäuschung über die historisch-kritische Exegese" führt er aus, dass die historisch-kritische Exegese nach dem Zweiten Vatikanum zunächst einen "Bibelfrühling" auslöste, über denn sich jedoch
"ein frostiger, winterlicher Reif der Enttäuschung gelegt" hatte. (Ich denke besonders Klaus Berger ist Repräsentant dieser Enttäuschung.)
Zitat von Zenger:
... Viele Bibelwissenschaftler präsentieren die Bibel nur als Dokumente der altorientalischen und der hellenistisch-römischen Religions- und Sozialgeschichte, aber nicht auch als formatives und normatives Lebensbuch des heutigen Christentums. Diese Relevanz der Bibel überlassen viele Exegeten der Dogmatik oder der Praktischen Theologie.
Unter dem Abschnitt
"Ein zugespitztes Buch" führt er aus:
Zitat von Zenger:
... Als sehr persönliches Buch ist es ein einseitiges und zugespitztes Buch. Was für alle Jesus-Bücher gilt, gilt auch hier (selbst wenn der Autor dem widersprechen würde): Das jeweilige Jesusbild ist (fast) immer das höchstpersönliche, subjektive und einseitige Bild ihrer Autoren. Dieses Jesus-Buch ist ein großartiges Glaubenszeugnis eines theologischen Denkers. Aber ich vermisse in ihm die Leidenschaft, die von den unsäglichen Leiden und konkreten Nöten der Menschen, von ihren berechtigten Zweifeln, ja vom Ernst ihres Nicht-Glauben-Könnens erschüttert ist. Ich will es sehr pathetisch formulieren: Dieses Jesus-Buch ist nicht in der Arena des Leids, sondern im Gelehrtenzimmer geschrieben. Es ist ein spektakulär vollkommenes Gottesbuch, aber seine Botschaft ist mir insgesamt zu wenig geerdet. ...
Für unsere Diskussion scheint mir besonders wichtig zu sein, was Zenger unter den Abschnitt
"Das hermeneutische und methodische Programm" feststellt:
Kein ernst zu nehmender Bibelwissenschaftler würde heute noch ein Leben Jesu schreiben wollen. Eine Biographie oder ein Psychogramm Jesu von Nazareth scheitert zunächst an der Spärlichkeit der Quellen. Als primäre Quellen hätten wir dafür die Evangelien und als sekundäre Quellen Hinweise bei Tacitus, Sueton und vielleicht bei Flavius Josephus. Das eigentliche Problem sind aber die Evangelien selbst, die keine historischen Berichte über die Vita Jesu sein wollen. Sie sind stark geprägt vom nachösterlichen Glauben, den sie bezeugen und verkünden. Und sie haben eine komplizierte, vielschichtige Entstehungsgeschichte. Andererseits wissen wir heute ziemlich viel über die Zeit und den Raum, in denen Jesus gelebt hat. Deshalb gibt es exzellente historisch-kritische Arbeiten, die Jesus als eine Gestalt des Judentums und die Jesusbewegung als eine innerjüdische Erneuerungsbewegung erforschen. Die historisch-kritischen Jesusbücher von Martin Ebner und Gerd Theißen sind alles andere als glaubenszersetzend, aber sie wollen und können nicht das in Jesus offenbar gewordene Gottesgeheimnis erreichen, das die biblischen Texte bezeugen und um das es Benedikt XVI. in seinem Jesus-Buch geht.
@closs
Für dürfte insbesondere der Abschnitt
"Ein ambitioniertes Gegenprogramm zur historisch-kritischen Jesus-Forschung" interessant sein.
Anschließend erläutert er die drei hermeneutischen Optionen des Papstest. Einleitend stellt er fest:
Zitat von Zenger:
Die Hermeneutik, mit der Benedikt XVI. die biblischen Texte liest, ist von drei Optionen bestimmt, die ich in meiner Terminologie synchrone, kanonische und rezeptionsästhetische Lektüre bezeichnen würde.
Abschließend noch ein Link zu Fussnoten des Buches
Bund und die Tora (evtl. ist es erfordelich bis Setie 51 im Buch-Link zur Fussnote zu scrollen).