Parusieverzögerung

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closs
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#1231 Re: Parusieverzögerung

Beitrag von closs » Mo 11. Mai 2015, 10:11

Münek hat geschrieben:Warum sollte Jesus so einen Blödsinn von sich gegeben haben??!!
Es ist geistig schon naheliegend. - Es ist ja nicht "kindisch" gemeint, sondern "kindlich" - hier ist das natürliche, von intellektuellen Pirouetten unkontaminierte Verständnis gemeint.

Nachdem ich selber sehr wohl eine Vorliebe für komplizierte intellektuelle Darstellung habe, hier eine Klarstellung: Es ist ein Unterschied, ob man einfache geistiges Verständnis intellektuell kompliziert erklärt (das darfst Du mir zu Recht vorhalten), oder ob man mit intellektuellen Pirouetten einfaches geistiges Verständnis vereitelt.

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Halman
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#1232 Re: Parusieverzögerung

Beitrag von Halman » Mo 11. Mai 2015, 10:13

Ab und an hatte ich auf den emeritierten Klaus Berger verwiesen. Vielleicht interessiert euch im Rahmen dieser kontroversen Diskussion, dass Berger in der Leipziger Fakultät mit dem Neutestamentler Marco Frenschkowski über sein Buch "Die Bibelfälscher" und die „Hermeneutik des Verdachts“ sprach, die meiner Meinung nach in der Exegese bis heute nachwirkt.
Bild
http://www.theologiestudierende.de/2014 ... us-berger/

Bergers Schlusswort war ein Rat an die Studierenden, dass sie
„bei Manipulation und Ideologie die Kunst des Widerstands lernen.“

Besonders interessant fand ich im ersten Kommentar folgende Aussage:
Zitat von Mark:
Erfrischend fand ich, dass Frenschkowski an einer Stelle einfach unumwunden zugegeben hat, dass es in der evangelischen Theologie Denkverbote und blinde Flecken gibt.
Dieser Link bietet uns die Möglichkeit, ein bisschen durchs Schlüsselloch zu gucken, wenn auch nur für einen flüchtigen Blick und einen Atemzug der akademischen Luft der Theologie zu schnuppern.

Wenn es richtig ist, die historisch-kritische Exegese (ja, dieser Begriff wird im Link verwendet) zu betreiben, dann stimmen all die Beführworter doch einer kritischen Betrachtung zu. Nun, ich meine, dass Kritik nicht selektiv sein sollte, sondern ausgewogen. Daher nehme ich mir die Freiheit, stehts kritisch mit Behauptungenn wie "das Evangelium wurde ganz sicher nach 70 geschrieben, das ist Fakt", und "Jesus verkündete klar eine Naherwartung" usw. kritisch umzugehen und auch das, was mit dem Argument der Autorität zementiert wird, kritisch zu hinterfragen, soweit ich dazu in der Lage bin. Dazu gehört auch das Lesen von kritischer Literatur wie von Klaus Berger.
Natürlich sehe ich auch Bergers Thesen kritisch - ich stimme mit ihm zu gefühlten 60% (plus-minus 10%) überein. Andere mögen zu anderen Ergebnissen kommen.
Doch Bergers Hauptkritik, die sich gegen Denkverbote richtet, scheint mir angebracht zu sein - zumindest erhärtet sich bei Foren-Diskussionen wir dieser dieser Eindruck bei mir.
Auch in einem anderem Forum wurde mir mal von einem sehr gescheiten Vertreter der historisch-kritischen Exegese entgegengehalten, dass ich mich mit meiner Position bei Exegeten lächerlich machen würde. Wer will schon lächerlich sein, also besser nicht widersprechen und brav die "Dogmen" lernen. Nur mit menschlicher Autorität hatte ich schon immer ein Problem, dafür bin ich zu sehr Rebell.

Es ist völlig okay, wenn ihr eure Positionen entschiedenn vertritt, doch sprech bitte keine Denkverbote aus. Dies kann auch indirekt erfolgen, indem man User, die andere Sichtweisen vertreten, rhetorisch in die Ecke drängt - sei es mit dem Argument der Autoritität oder mit Fakt-Behauptungen. Es geht auch eleganter. :)
Tja, ein Proton müsste man sein: Dann würde man die Quantenphysik verstehen, wäre immer positiv drauf und hätte eine nahezu unendliche Lebenszeit:-) - Silvia Arroyo Camejo

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Savonlinna
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#1233 Re: Parusieverzögerung

Beitrag von Savonlinna » Mo 11. Mai 2015, 10:43

Halman hat geschrieben:Ab und an hatte ich auf den emeritierten Klaus Berger verwiesen. Vielleicht interessiert euch im Rahmen dieser kontroversen Diskussion, dass Berger in der Leipziger Fakultät mit dem Neutestamentler Marco Frenschkowski [...]
Oh, Marco Frenschkowski habe ich ein paar Mal live in Tolkien-Tagungen angetroffen.
Ich hatte den besten Eindruck von ihm, ein historisch unglaublich bewanderter Mann, und bezüglich der Vereinnahmung Tolkiens durch christliche Leser - und Professoren !! - ablehnend und aufklärend.

Halman hat geschrieben:Bergers Schlusswort war ein Rat an die Studierenden, dass sie
„bei Manipulation und Ideologie die Kunst des Widerstands lernen.“
Das freut mich von Herzen.

Halman hat geschrieben:Dazu gehört auch das Lesen von kritischer Literatur wie von Klaus Berger.
Dazu gehört aber auch, dass man Bergers Befangenheit im Umgang mit Quellen erkennt und sich dafür entscheiden darf, ihm in diesem Punkt nicht mehr zu vertrauen.

Allerdings sollte man jedem eine zweite Chance geben, das werde ich dann irgendwann auch tun.

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Magdalena61
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#1234 Re: Parusieverzögerung

Beitrag von Magdalena61 » Mo 11. Mai 2015, 11:25

Münek hat geschrieben:Ich habe kürzlich die Aussagen von acht Theologieprofessoren, einem Bibelhistoriker und einem Bischof namentlich zitiert,
die wie selbstverständlich von einer Naherwartung Jesu ausgehen und an Jesu diesbezügliche Verkündigung nicht den ge-
ringsten Zweifel hegen. Das neutestamentlich Zeugnis ist einfach zu eindeutig.

Ich habe mich wirklich bemüht, eine Gegenstimme aus dem theologischen Lager ausfindig zu machen, weil mich deren Be-
gründung sehr interessiert hätte
. Ich bin nicht fündig geworden.
Hi Münek, was ist mit dem Artikel von bibelwissenschaft.de?
Magdalena61 hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Es wird auf wissenschaftlicher Basis nach bestem Wissen und Gewissen - nicht nach bestem Glauben - ge-
forscht.
Das machen die hier auch:
Steht für Parusie als Ankunftsgeschehen einer (personal vorgestellten) Gottheit kein semitisches (→ Sem/Semiten) Äquivalent - z.B. im AT - zur Verfügung, und geht das Vorkommen in frühjüdischen Schriften auf christliche → Interpolation zurück (z.B. Test XII: TestJud 22,2; TestLev 8,15), finden sich jedoch Begriff wie Vorstellung im röm.-hell. Kulturkreis (s.u. 3.1), ist die Forschung überwiegend der Meinung, dass das Urchristentum den Begriff seiner Umwelt entnommen und für seine Erwartung aktiviert hat.

Vergleichbares ist auch im nachbiblischen → Judentum zu beobachten (vgl. syrBar 30,1). Ob urchristlich auch der vorgeprägte Vorstellungsgehalt übernommen oder der Parusie Christi ein neuer Inhalt gegeben wurde, ist jeweils für den Einzelfall zu klären.

Da das Anliegen des 'Historischen Jesus' die personale Vermittlung der gegenwärtig ankommenden Gottesherrschaft für → Israel war (vgl. Lk 11,20; 17,20f), deren geschichtlich wirkmächtiger Anfang (vgl. Mk 4,31.32a) sich trotz seines Todes in Vollendung durchsetzen wird (vgl. Mk 14,25), dürfte ihm die postmortale eschatologische Parusie-Hoffnung seiner Person (vgl. die Parusie des Menschensohn-Christus Mt 24,3ff) fremd gewesen sein.[/u][/b]
bibelwissenschaft.de
LG
:) Hab's noch ein bißchen bunter gemacht.
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Zeus
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#1235 Re: Parusieverzögerung

Beitrag von Zeus » Mo 11. Mai 2015, 11:31

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Warum sollte Jesus so einen Blödsinn von sich gegeben haben??!!
Es ist geistig schon naheliegend. - Es ist ja nicht "kindisch" gemeint, sondern "kindlich" - hier ist das natürliche, von intellektuellen Pirouetten unkontaminierte Verständnis gemeint.
Genauer (ohne Kurtchens verbale Pirouetten): Das leichtgläubige, kritiklose Verständnis des Kindes.
Wenn man Jesu Aussage diese geistig naheliegende Bedeutung zuordnet, dann handelt es sich zwar nicht um ausgesprochenen Blödsinn, aber es spricht nicht unbedingt für den Wahrheitsgehalt der Botschaft Jesu.
Kinder glauben so ziemlich Alles, was ihnen Erwachsene erzählen.
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Gott ist das einzige Wesen, das, um zu herrschen, noch nicht einmal existieren muss.
(Charles Baudelaire, frz. Schriftsteller, 1821-1867)

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#1236 Re: Parusieverzögerung

Beitrag von closs » Mo 11. Mai 2015, 11:38

Zeus hat geschrieben: Das leichtgläubige, kritiklose Verständnis des Kindes.
So ist das "Werdet wie die Kinder" NICHT gemeint. - Das wäre ein grandioses Missverständis.

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Magdalena61
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#1237 Re: Parusieverzögerung

Beitrag von Magdalena61 » Mo 11. Mai 2015, 11:41

Offenbar erwarte(te)n die Jünger, ebenfalls die Schriftgelehrten/ die Pharisäer- auf die Prophetien des AT reflektierend und gerade auch unter dem Eindruck der Bedrückung durch die Römische Besatzung- sowie viele unserer Zeitgenossen... ein politisches Reich Gottes.
Diese fleischlich motivierte Erwartung erfuhr durch das Leben und Sterben Jesu eine klare Absage.
Lk. 17, 20-21
Apg. 1, 6-8
Zu diesem Zeitpunkt hatte Jesus nicht die Absicht, die Römer oder die herrschende jüdische Elite gewaltsam zu entmachten.
(Mit welcher säkularen Mannschaft hätte Er eigentlich regieren sollen?-- Mit den verlorenen Schafen des Hauses Israel? :mrgreen: )

Auch viele der heute lebenden Gläubigen sind nicht so richtig zufrieden mit dem geistlichen Reich Gottes -- Senfkorn und so weiter. Sie hätten es lieber konkreter; greifbarer, handfester. (IS- ähnliche Methoden und Zustände???)

In der Offenbarung schreibt Johannes von seinen Eindrücken-- er SAH die Herrschaftsübernahme über die sichtbare Welt durch Jesus.
Weiß man denn, wie viele der anderen, auch der namenlosen! Jünger ebenfalls in irgendeiner Form Bestätigungen der Ansagen Jesu erlebten, die jedoch nicht schriftlich fixiert wurden oder keinen Eingang in die Schriftensammlung fanden?

Die Zensur der Mächtigen war aktiv... was nicht sein DARF, dass KANN nicht sein und muß ausgemerzt werden. Stephanus hätte keine Zeit mehr gehabt, das, was er sah, in wohlgesetzten Worten und mit Schriftnachweis zu formulieren, um der Nachwelt ein Zeugnis zu geben.
Und wenn's nicht zufällig eine öffentliche Veranstaltung gewesen wäre, höchst offiziell vor dem Hohen Rat... mit Petzen (unter den Zuhörern), die nachweislich nicht "dicht" hielten, dann wüssten wir von der Vision der Stephanus ebenfalls nichts.
LG
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Zeus
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#1238 Re: Parusieverzögerung

Beitrag von Zeus » Mo 11. Mai 2015, 11:57

closs hat geschrieben:
Zeus hat geschrieben: Das leichtgläubige, kritiklose Verständnis des Kindes.
So ist das "Werdet wie die Kinder" NICHT gemeint. - Das wäre ein grandioses Missverständis.
Warum?
Es passt doch alles wunderbar zusammen:
"Selig sind die Einfältigen denn ihrer ist das Himmelreich".
Oder, wie es oft gelesen wird: "Selig sind die Armen im Geiste“.

Fühlst du dich da nicht angesprochen? :P
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#1239 Re: Parusieverzögerung

Beitrag von sven23 » Mo 11. Mai 2015, 12:05

closs hat geschrieben:Es ist geistig schon naheliegend. - Es ist ja nicht "kindisch" gemeint, sondern "kindlich" - hier ist das natürliche, von intellektuellen Pirouetten unkontaminierte Verständnis gemeint.
.
Also Theologie ohne intellektuelle Pirouetten muß erst noch erfunden werden. :lol:
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
George Orwell

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Savonlinna
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#1240 Re: Parusieverzögerung

Beitrag von Savonlinna » Mo 11. Mai 2015, 12:30

Ein sven23 ohne ständiges Spammen und Trollen müsste auch noch erfunden werden.

Dann wäre dieser Thread zumindest ein klein wenig niveauvoller.
Und man müsste nicht Tage brauchen, um durch die Seiten durchzukommen.
Bzw. müsste nicht angewidert immer wieder diesen Thread umgehen.

Ich kann diesen hämischen Smiley - :lol: - echt nicht mehr sehen.
Über andere hämen scheint des Atheisten liebste Beschäftigung zu sein; mehr Grips wäre mir lieber.

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